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MWWMWMN^M^ "I-^MM « M/tMMK (6. Fortsetzung.) Aber tatsächlich blieb Jrmingart von Schadow wie ver steinert sitzen. Ihr feines Gesicht war wie zu Marmor er starrt. Bleich und ohne Regung. „Na — überlegen Sie sich's I Ich habe jetzt keine Zeit weiter. Im übrigen können Sie ruhig mal eine Pause machen. Ihr zarter Körper ist wohl säum einer andauern den robusten Arbeitsleistung gewachsen. Bei einem Manne ist das etwas anderes. Und, wissen Sie, derjenige, der sich Erfolg und damit Geld erarbeitet, kann nicht den ganzen Tag in Frack und Seide gehen. Er muß Muskeln haben — verstehen Sie?" Mit diesen Worten ließ Henneberg seine Angestellte endlich allein. Doch als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ließ Jrmingart den schönen Kopf hart auf die Schreibtischplatte sinken. Eine Mutlosigkeit ergriff sie vor der Zukunft. Und Ekel und Abscheu vor diesem Leben überfielen sie. „Väterchen, liebes, gutes Väterchen! Du ahnst nicht — nein, du darfst es niemals ahnen, welche Demütigungen dein Kind über sich ergehen lassen mutz. Aber ich werde schon tapfer sein!* Doch ihre Schläfen hämmerten wild, und ihr Herz schmerzte. „Arbeit!* Das war das einzige, was es gab, um die Demütigungen zu vergessen. Sie stand schnell auf, um draußen beim Bedienen zu helfen. Und wirklich, cs gelang ihr für Stunden, die trüben Gedanken zu ver scheuchen und Henneberg aus dem Wege zu gehen. Jetzt um die Mittagszeit lag der Laden fast einsam da. Nur hier und da waren einige Anordnungen zu treffen. Schmunzelnd schaute Henneberg durch das kleine Glas- senster hinaus in den Verkaufsraum. Aber von allem, was da draußen vor sich ging, nahm er fast keine Notiz. Seine Blicke umklammerten gleichsam nur die Gestalt Jrmingart von Schadows. Er rieb sich andauernd die Hände. War es Vorfreude? Seine wässerigen Augen verfolgten Jrmingart auf Schritt und Tritt. Wie sie die Füße setzte! Die schlanken Fesseln. In jeder Bewegung vollendete Aristokratin. Und doch — bettelarm, bettelarm... Aber gerade diese Gewißheit gab ihm ja Hoffnung und Sicherheit. Fünftes Kapitel. OnKberg konnte es nicht mehr lange in seinem Büro ! tzüShalten. Auch jetzt trat er schon wieder hinaus in den , Ladest und postierte sich. Manchmal wurde er durch das Erscheinen eines Kunden von seinen Betrachtungen ab- ! gelenkt, um sich aber gleich darauf wieder in Jrmingarts Anblick zu versenken. Die anderen Angestellten notierten bereits mit ver schiedenen Kommentaren die Wandlung ihres Chefs. Und hauptsächlich Frieda Warner war bis zum Explodieren geladen. „Fräulein Warner! Was stehen Sie denn da und gaffen mich an? Hat Ihnen Fräulein Schadow nicht eben etwas befohlen?* „Nein, Herr Henneberg, Fräulein Schadow bat mich nur eben, dafür zu sorgen, daß die Schaufenster heute noch geputzt werden. Sonst nichts.* „Was heißt: bat mich? Was Fräulein Schadow sagt, ist für jeden ein Befehl — auch für Sie, merken Sie sich das. Oder halten Sie sich mit einem Male für zu gut für solche Arbeiten — wie?* Merkte Henneberg denn nicht, wie Weh Jrmingart diese Zurechtweisungen taten? Mußte er damit nicht gerade das Gegenteil von dem erreichen, was er be absichtigte? Hennebergs drohende Haltung riß die Angestellten zu emsiger Tätigkeit hin. Niemand konnte und wollte es sich leisten, in diesen Tagen seinen Zorn zu erregen. Er würde bestimmt mit übereilten Kündigungen nicht sparen. Aber dergleichen Wutausbrüche schürten nur den Haß aller gegen die „Neue", die in den wenigen Tagen ihres Hierseins die ganze bisherige Ruhe verscheucht hatte. Draußen fuhren die Straßenbahnen in der engen Innenstadt mit lautem Lärm vorbei. Hupensignale tönten schrill und stechend in die hastige Arbeit der Angestellten. Diejenigen, die ihre Mittagspause nahe wußten, atmeten erleichtert auf. Noch ein paar Minuten, dann halte das gehetzte Wettrennen für anderthalb Stunden ein Enve. Jrmingart von Schadow-Boltzien sah sekundenlang mit ihren großen Augen hinaus in das freie, ungebundene Auf und Ab der Verkehrsstraße. Sie hatte plötzlich Sehn sucht, auch einmal für eine kleine Stunde da draußen unterzutauchen, sich den ständig beobachtenden Augen des Chefs zu entziehen. Hennebergs lautes, brutales Wesen war ihr in tiefster Seele zuwider. Und ihm war sie nun aus so lauge Zeit verpflichtet? Plötzlich kam Leben in Henneberg. Er lief mit großen, schnellen Schritten auf die Eingangslür zu, durch die ein ! schlanker, großer Herr eintrat, dem ein uniformierter 1 Chauffeur folgte. „Ich habe die Ehre! Womit kann ich Herrn Doktor dienen?* Henneberg machte eine plumpe, ungelenke Ver beugung. Hartmut von Camprath nickte nur, ohne auf die unter würfige Frage des Geschäftsinhabers gleich eine Antwort zu geben. Bedächtig zog er schließlich den weichen Velourhur. Das korrekt gescheitelte Haar glänzte in der Mittagssonne. Sein Gesicht war vornehm-gütig, und doch verrieten die kühnen, scharfen Augen sofort den an Abenteuer und Ge fahren gewöhnten Flieger. Er trug einen langen, stlbergrauen Staubmantel. Das mattschimmernde, weißsetdene Halstuch stach von der herr lich gebräunten Haut seines Gesichts wirkungsvoll ab. In respektvoller Entfernung hinter ihm blieb der Chauffeur, dem man den Stolz auf seinen jungen, aber weltberühmten Herrn deutlich vom ehrlichen Gesicht ab lesen konnte. Ein Dritter gesellte sich plötzlich noch hinzu, blieb aber, ebenfalls Distanz wahrend, zurück. „Kraus? Kommen Sie doch, bitte!* i Der Bordmonteur trat an seinen Führer heran. Er trug eine dunkelblaue Fliegeruniform mit dem silbernen Fliegerabzeichen aus der Kriegszeit. „Bitte, Herr Doktor!* „Helfen Sie mir zusammenstellen, daß nichts vergessen wird!" Und zu dem nervös hin und her blickenden Henneberg meinte Hartmut von Camprath: „Ich habe bereits alles zusammengestellt, Herr Henne berg. Allerdings müssen alle Marinaden geprüft werden, daß sie auch unbedingt frisch sind. Und die gelöteten Konservenbüchsen müssen sorgfältig auf ihre Dichtigkeit hin untersucht werden.* „Ich habe eine ganz frische Sendung, Herr Doktor. Darf ich Herrn Doktor ins Büro bitten? Es wird mir eine Ehre sein, den Ruf meines erstklassigen Spezial geschäftes auch weiterhin zu festigen." Gewiß, es war von jeher Hennebergs Art gewesen, den einflußreichen und berühmten Flieger in seinem Büro abzufertigen. Er ließ dann eben alle gewünschten Waren zur Auswahl bringen. Aber heute hatte er doch noch einen besonderen Grund. Keine andere Verkäuferin als Jrmingart von Schadow sollte bedienen. Hm, das würde ihm eine Freude sein! Henneberg rechnete immer. So auch jetzt. Sicher würde sich der berühmte Flieger lieber von einer Dame seiner Kreise bedienen lassen und sich dann auch weniger kritisch benehmen. Und wenn schon eine kleine Reklamation kam, dann lag es eben an der Arbeit von Fräulein von Schadow. <Fort>etzm-^ folgt.) Volhsbibliothek Dippoldiswalde geöffnet Montags, Mittwochs, Freitags von 7 biS 8 1lhr.