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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y G I E N E - M U S E U M Sonnabend, den 18. Mai 1968, 19.30 Uhr Sonntag, den 19. Mai 1968, 19.30 Uhr 9. ZYKLUS - KONZERT • DRESDNER MUSIK AUS FÜNF JAHRHUNDERTEN Dirigent: Kurt Masur Solist: Werner Metzner, Dresden, Klarinette Rainer Kunad geb. 1936 Concerto per archi Caput I Rezitativ I Caput II Rezitativ II Caput III Zum ersten Male Carl Maria von Weber 1786-1826 Concertino für Klarinette und Orchester Es-Dur op.^ Adagio ma non troppo — Andante — Allegro ” PAUSE Sergej Rachmaninow 1873-1943 Sinfonie Nr. 2 e-Moll op. 27 Largo — Allegro moderato Allegro molto — Moderato Adagio Allegro vivace — Adagio Zum ersten Male mente erstrebt der Komponist nunmehr in seiner jüngsten Schaffensperiode, die von seiner kurz vor der Vollendung stehenden heiteren Oper „Maitre Pathe- lin" (für die Dresdner Staatsoper) eingeleitet wird. Die Dresdner Philharmonie setzte sich bisher erfolgreich für Kunads „Sinfonie 64" und sein II. Streichquartett ein. Anstelle der ursprünglich vorgesehenen Uraufführung des Gryphius-Oratoriums „Pax mundi", die - wie bereits mitge teilt wurde - auf den Beginn der übernächsten Spielzeit verlegt werden mußte, erklingt in unserem heutigen Konzert das 1966 für das Haydn-Kammer orchester der Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus" komponierte Concerto per archi (Konzert für Streicher), das von diesem Klang körper unter der Leitung seines Dirigenten Peter Doß - übrigens Solocellist der Dresdner Philharmonie - am 15. Juni 1967 erfolgreich uraufgeführt wurde. Inzwischen entstand noch eine Rundfunkproduktion mit dem Rundfunksinfonie orchester Leipzig unter Siegfried Kurz. Rainer Kunad äußerte zu dem Werj „Die Tatsache, daß dieses Stück zugleich von Berufs- wie Laienorchestern auf geführt wird, zeigt mein Bemühen, so zu komponieren, daß die Kluft zwischen sogenannter Berufs- und Laienkunst überbrückt wird. Ich versuchte, bei über schaubarer thematischer Arbeit das Klangbild der Streicher zu erweitern. Es fallen vielfache Teilungen ins Gewicht, Klangballungen, die kontrapunktisch geführt werden. Der konzertierende Charakter des Stückes (im Sinne von con- certare = streiten) wird sowohl durch die Einbeziehung von Soloinstrumenten als auch durch solistisch geprägte Zwischensätze (Rezitative) zum Ausdruck gebracht. Die Rezitative nehmen jeweils auf den vorangegangenen Hauptsatz (caput) thematisch Bezug." Carl Maria von Weber, der Dresden eng verbundene, von 1817 bis zu seinem frühen Tode 1826 hier wirkende Meister, hatte eine besondere Vor liebe für die Klarinette, da deren klangliche Möglichkeiten seinen romantischen Klangvorstellungen sehr entgegenkamen. Er schrieb sechs Kompositionen für die ses Instrument, darunter drei konzertante Werke: das heute erklingende Con certino für Klavier und Orchester Es-Dur op. 26 und die beiden Klarinettenkonzerte op. 73 und 74, die sämtlich im Jahre 1811 entstan den sind. Unmittelbar angeregt zu diesen Konzertwerken wurde Weber durch den ihm befreundeten berühmten Klarinettenvirtuosen Heinrich Joseph BäJ mann (1784—1847), der auch das ihm gewidmete Concertino am 5. April 1811 in München zur Uraufführung brachte. Das reizvolle Werkchen, das sich vor allem durch eine frische, ungekünstelte Melodik auszeichnet, ist wie die beiden anderen Konzerte ein ausgesprochenes Virtuosenstück, in dem der Solist alle Möglichkeiten seines Instrumentes zur Geltung bringen kann, während das Orchester demgegenüber etwas zurücktritt. Trotz seiner formal traditionellen, klassischen Anlage mit drei unmittelbar ineinander übergehenden Sätzen zeigt das Concertino des jungen, 24jährigen Komponisten in seinem Ausdrucksge halt jedoch bereits typisch romantische Züge. ZUR EINFÜHRUNG Rainer Kunad, der zu den verheißungsvollsten, originellsten Begabungen unter den jungen Komponisten unserer Republik gehört, wurde 1936 im dama ligen Chemnitz geboren. Er war Kompositionsschüler von Paul Kurzbach, Werner Hübschmann und — an der Leipziger Musikhochschule — von Fidelio F. Finke und Ottmar Gersten Zunächst tätig als Dozent für Musiktheorie und Gehör bildung am Robert-Schumann-Konservatorium Zwickau, wirkt er seit 1960 als Leiter der Schauspielmusik am Staatstheater Dresden und trat mit eigenge prägten Bühnenwerken, Kantaten, Orchester- und Kammermusikwerken sowie zahlreichen Musiken zu Schauspielen und Fernsehspielen an die Öffentlich keit. Das kompositorische Schaffen Rainer Kunads entfaltete sich bisher in vier Entwicklungsetappen. In den Jahren 1953 bis 1959 erschloß er sich - nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit der Orff-Schule - verschiedenste musi kalische Ausdrucksformen und -möglichkeiten, um sich in einer zweiten Etappe (1959-1964) mit unterschiedlichsten Themen vornehmlich dem Musiktheater zu zuwenden. Auf diesem Gebiet erfolgte mit den von den Landesbühnen Sachsen 1965 uraufgeführten Einaktern „Bill Brook" und „Old Fritz" der schöpferische Durchbruch des Künstlers, dessen suggestive, kühne, vitale und expressive Art zu musizieren seitdem aus dem Musikleben Dresdens und unserer Republik nicht mehr wegzudenken ist. Die Jahre 1964 bis 1967 waren für Kunad eine Zeit schöpferischen Suchens und Experimentierens, des Ausprobierens neuer WERNER METZNER wurde 1929 geboren. Er studierte bei Kam mervirtuos Richter in Burgstädt bzw. am Robert-Schumann-Kon servatorium in Zwickau. Im Sep tember 1957 wurde er als Klarinettist an die Dresdner Philharmonie verpflichtet. Seit 1958 wirkt er hier als Solokla rinettist und entfaltete außer dem eine rege solistische Tätig keit bei verschiedenen Orchestern der DDR wie innerhalb von Konzerten der Dresdner Phil harmonie. Kompositions- und Spieltechniken (Dodekaphonie, serielle und aleatorische Mit einer ruhigen, gesanglichen Einleitung (Adagio ma non troppo) in c-Moll Elemente usw.), ohne daß er darüber den emotionellen Aspekt seiner Tonkunst beginnt das Werk. Den Mittelteil bildet ein Andante con anima; sein liedhaf- vernachlässigte. Eine stärkere Synthese traditioneller und experimenteller Ele- tes Thema wird in zwei figurativen, sehr virtuosen Variationen abgewandelt,