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satz. Das Werk zeigt die besondere Vorliebe Hurniks für die Komposition vir tuos angelegter, heiter-spielfreudiger Instrumentalmusik und verbindet in seiner neoklassizistischen Haltung große Virtuosität mit Leichtigkeit und Lockerheit des Ausdrucks. Die Sinfonie Nr. 9 D-Dur, 1909-1910 entstanden, ist Gustav Mah lers letztes vollendetes sinfonisches Werk. Es war ihm nicht mehr vergönnt, diese Sinfonie selbst zur Uraufführung bringen zu können; erst nach seinem Tode erklang sie unter der Leitung Bruno Walters erstmalig am 26. Juni 1912 in Wien. Das Gefühl banger Todesahnung, das in der Zeit der Entstehung quä lend auf dem Komponisten lastete, warf seine Schatten auf dieses Werk. Die seelische Grundstimmung des wehmutsvollen Abschieds vom Leben und von der Welt, des Scheidenmüssens bestimmt in wesentlichen, ja entscheidenden Zügen den Charakter der 9. Sinfonie, die im Grunde bereits Mahlers „Zehnte" ist — hatte er doch auch das zuvor komponierte „Lied von der Erde", eigentlich eine großangelegte sinfonische Kantate, ausdrücklich als „Sinfonie" bezeichnet und wollte es als solche gewertet wissen und hatte ihn, wohl nur eine gewisse aber gläubische Angst vor der „Neunten" (über die auch Beethoven und Bruckner nicht hinausgekommen waren) davor zurückgehalten, diese Liedersinfonie direkt in den Kreis seiner großen sinfonischen Schöpfungen einzubeziehen. Stilistisch führt die 9. Sinfonie, mit rein orchestralen Mitteln gestaltet, in vielem die Linie der Mahlerschen Insitrumental-Sinfonien Nr. 5 bis 7 fort; gleichzeitig aber macht sich eine starke Verinnerlichung des Ausdrucks, eine Vergeistigung der Form bemerkbar, die bezeichnend für Mahlers Spätstil sind. Der äußere Aufwand ist geringer, die instrumentalen Mittel werden maßvoller, zurückhaltender ein gesetzt als in früheren Werken, stellenweise wird eine für Mahler geradezu erstaunliche, fast „kammersinfonische" Durchsichtigkeit erreicht. In stärkstem Maße wird die Polyphonie oberstes Prinzip, wobei es durch eine höchst eigen willige und kühne, klangliche Härten keineswegs vermeidende lineare Stimm führung teilweise zu ganz neuartigen polytonalen, ja mitunter atonalen Ak kordbildungen und Zusammenklängen kommt. Häufig ist auf die (durch die Vorwegnahme derartiger stilistischer Momente bedingte) große Bedeutung des Werkes für die Vertreter der „musikalischen Moderne" hingewiesen worden, und es ist bezeichnend, daß Arnold Schönberg und Alban Berg Worte höchster Be wunderung gerade für diese Komposition gefunden haben. Ungewöhnlich im herkömmlichen Sinne ist ferner in der 9. Sinfonie die Satzfolge: im Gegensatz zur traditionellen Aufeinanderfolge der Sinfonie-Sätze umrahmen hier zwei langsame Außensätze zwei schnelle Mittelsätze. „Der erste Satz ist das allerherrlichste, was Mahler geschrieben hat. Er ist der Ausdruck einer unerhörten Liebe zu dieser Erde, die Sehnsucht, im Frieden auf ihr zu leben, sie, die Natur, noch auszugenießen bis in ihre tiefsten Tiefen - bevor der Tod kommt. Denn er kommt unaufhaltsam. Dieser ganze Satz ist auf Todesahnung gestellt", schrieb Alban Berg in einem Briefe vom Jahre 1912 über den ersten Satz des Werkes, den auch Bruno Walter als „eine tragisch erschütternde, edle Paraphrase des Abschiedgefühls" charakterisierte. Das in freier Sonatenform gearbeitete Andante, dessen elegisches, anfangs kaum als thematisches Gebilde zu erkennendes Hauptthema sich nach einer kurzen Ein leitung in Horn und zweiten Violinen entwickelt, bringt in seinem Verlaufe einen Wechsel von zarten, gelöst-transparenten Episoden voller ergreifend verinner lichter Töne und Teilen leidenschaftlichen, trotzigen Aufbäumens voller gewal ¬ tiger Klangentladungen und orchestraler Steigerungen. Auf dem Höhepunkt des. musikalischen Geschehens erklingt „wie ein schwerer Kondukt" ein Trauermarsch, anwachsend zur erschütternden Totenklage. Leise, gleichsam verschwebend, klingt der Satz schließlich aus. Das auf diesen so bedeutungsvollen Anfangssatz in starkem Kontrast folgende Scherzo, mit einer schwerfällig-tolpatschigen Ländlermelodie der Violinen ein setzend, zieht in häufig veränderter Bewegung an uns vorüber. Nach dem brei ten Hauptthema des Beginns kommt es durch eine Steigerung des Zeitmaßes zu einem wild dahinrasenden, grotesken Treiben, das zweimal von einem trio artigen, besänftigend wirkenden Ländlerteil unterbrochen wird. Trotz aller scheinbaren Vitalität, allen zur Schau gestellten Übermutes ist auch hier der tragische Unterton nicht zu überhören, mischen sich in die Tanzweisen immer wieder Züge spukhafter Dämonie. An dritter Stelle steht ein a-Moll-Rondo, ein Satz, dem sonst im allgemeine® Finalcharakter eigen ist. In dieser trotzigen, an den zweiten Satz der 5. Sinfo nie erinnernden Rondo-Burleske mit ihrem störrischen, bissig zufahrenden Hauptthema zeigt Mahler noch einmal in geistreicher Weise sein eminentes kontrapunktisches und instrumentatorisches Können. Ruhevolles, ergreifendes Lebewohl-Sagen bringt endlich das Adagio-Finale, das nicht zur Ausgangstonart D-Dur zurückkehrt, sondern einen Halbton tiefer, in Des-Dur steht. Ausdrucksvolle, weit ausschwingende melodische Linien von stärkster Intensität beherrschen den größtenteils von einer feierlich-weihevollen, an Bruckner gemahnenden Grundstimmung erfüllten Satz, der Mahlers letztes vollendetes Werk beschließt. Dr. Dieter Hartwig VORANKÜNDIGUNGEN : Pfingstsonntag, den 2. Juni 1968, 18 Uhr, Schloßpark Pillnitz Pfingstmontag, den 3. Juni 1968, 18 Uhr, Schloßpark Pillnitz 1. SERENADE Dirigent: Kurt Masur Solist: Fred Teschler, Dresden, Baß Chor: Kinderchor des Philharmonischen Chores Dresden Einstudierung Wolfgang Berger Werke von Haydn, Hessenberg, Mozart und Telemann 14. Juni 1968, 19 Uhr, Schloßpark Pillnitz 15. und 16. Juni 1968, jeweils 18 Uhr, Schloßpark Pillnitz 2. SERENADE Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Helmut Radatz, Dresden, Fagott Werke von Mozart, Weber und Mendelssohn Bartholdy Freier Kartenverkauf Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1967/68 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 41299 III 9 5 1,8 568 ItG 009/48 68 (•Hlharnooinio 10. PHILHARMONISCHES KONZERT 1967/68