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«r. Zschopa«« »»» N»z«ig«, WMFkk« Zwei Todesopfer auf Zeche „Heinrich". Eine Schlagwetter- fntzündung auf der Zeche „Heinrich" i» Essen-Ueber- »uhr hat zwei Todesopfer gefordert. Die beiden Hauer, die fiach dem Unglück vermisst wurden, wurden nach überaus schwierigen Neitungsarbeiten tot geborger'. Beim Winken die Hand abgerissen. Ans einer Eisenbahn- fahrl an der Nahe winkte eine Frau aus dem Abteilfenster. Ei» entgegenkommender Schnellzug erfasste die rechte Hand der Frau und riss sie ab. Im Zuge befindliche Sanitäter leisteten »ie erste Hilse. Schäumt das Maul, dann steht eS faul! Das Schösfen- ßcricht in Pirmasens verurteilte einen 69jährigen Land wirt zu 100 Mark Geldstrafe, hilssweise einem Monat Gefäng nis, weil er die aus Maul- und Klauenseuche in seit ein Vieh bestände hindculcnden Anzeichen nicht sofort gemeldet hatte. Fu der Urteilsbegründung hiess es, schon das Schäumen der Mäuler hätte dem erfahrenen Landwirt als verdächtig aus- sallen müssen. Ordnungsstrafe als — Hochzcitsgeschcnk. Als in einer Sitzung des Weissen selber Schöffengerichts die Zeugen «ufgerusen wurden, fehlte ein junges Brautpaar, das ord- »ungsmässig geladen war. Wie das Gericht von einem Zeugen rrsuhr, fand am Vcrhandlungslage gerade die Hochzeit statt. Trotzdem haue es aber das Brautpaar nicht für nölig be funden, sich zu entschuldigen. Bei dieser Sachlage glaubte auch bas Gericht, mit einem kleinen „Hochzeitsgeschenk" aufwarten zu müssen, das dem jungen Paar in Gestalt einer Ordnungs strafe von je 15 Mark, Hilfsweise drei Tagen Haft, über mittelt wurde. Speck mit Maden verkauft. Wegen Vergehens gegen das keber smittelgesetz verurteilte das Strafgericht in Graz die Geschäftsfrau Noth aus Obergnas, weil sie einem Arbeiter von Maden wimmelnden Speck verkauft hatte. Grösste Empörung löste ihre Erklärung vor Gericht aus, dass sie nur vergessen habe, die Maden vor dem Verkauf des Specks weg- zuputzen. — Das Urteil lautete auf 500 Mark Geldstrafe und acht Tage Arrest. Acht Personen ertrunken. Die Hitzewelle in Frankreich forderte mehrere Todesopfer. An Alencon im Departe ment Uran kenterten drei junge Menschen mit ihrem Kahn und ertranken in de» Flute». In Algier wurden mehrere Badende durch eine plötzliche Flutwelle überrascht uud ins Meer gerissen, wo drei ertranken. Ein Soldat und ein Mann ertranken beim Baden an anderer Stelle Harlan Pe«eß ergebnislos abgebrochen. In dem etwa elf Wochen dauernden Harlar»Prozeß in London-Kentucky (USA.) gegen 89 Einzelpersonen und 16 Bergwerksgesell- schäften, die beschuldigt wurden, durch EtnschüchterungS- und Terrormethoden die Organisierung der Bergarbeiter ini Nahmen des Wagnergesetzes, das den Arbeitnehmern daS Recht zu Kollektivverhandlungen zugesteht, verhindert zu haben, wurde das Strafverfahren für ergebnislos erklärt. Die Ge schworenen hatten sich nicht auf einen Wahrspruch einige» können. DaS Gericht setzte den 17. September als Termin zur Beratung des Antrags des Negierungsanwalts an, ein neues Verfahren einzulciten. JSlandS Sender in Betrieb gesetzt, In Reykjavik wurde der große isländische Sender, der mit einer Energie von 100 Kilowatt arbeitet, in Betrieb gesetzt. Die Eröffnung wurde durch die Kronprinzessin Ingrid vorgenommen. An schließend nahm Kronprinz Frederik bas Wort, um in iSlän- ländWer Sprache dem Lande zur Vollendung dieses grossen WeM Glück zu wünschen. . — Aus Sachsens Gerichissälen - Wäschewaschen in der Wohnung Die Iustizpressestelle Dresden teilt mit: In den letzten Wochen ging durch einen grossen Teil der deutschen Presse ein Urteil eines sächsischen Amtsgerichts über die Frage ob das Waschen der sogenannten „grossen Wäsche" mit Waschma schinen in Wohnräumen verboten sei. Die Wiedergabe dieses Urteils ist zum Teil unter der Ueberlchrift ergangen: „Wäsche waschen in der Wohnung auch mit Maschine verboten". Diese Ueberschrist trifft nicht den Kern der Entscheidung. Auch nach dieser Entscheidung kommt es immer darauf an, ob die Aus wirkungen des gesamten Wasckoorganges auf das Haus und seine Bewohner gegen Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstossen. Da es auch Waschmaschinen geben soll, die bei kleinerer Wäsche keinerlei irgendwie nachteilige Begleit erscheinungen in der angedeuteten Richtung haben, wird deren Verwendung — selbst bei vertraglicher Ausschliessung des Wa schens im Mietvertrag — zulässig sein. Die einzelnen Umstände >n jedem Falle können so verschieden sein, dass man von einem grundsätzlichen Verbot der Verwendung von Waschmaschinen auch nach dem obenerwähnten Urteil des Amtsgerichts nicht sprechen kann. Ein Jahr Gefängnis für einen Brandstifter Die Grosse Strafkammer des Leipziger Landgerichts ver urteilte den 33 Jahre alten Herbert Grimmer aus Leipzig wegen vollendeter und versuchter Brandstiftung, Sachbeschädi gung in drei Fällen und schweren Diebstahls zu einer Gesamt strafe von einem Jahr Gefängnis. Aus Erregung, wie Grimmer in der Verhandlung angab, über eine Verurteilung wegen fal scher Anschuldigung, wobei ausserdem noch reichlich genossener Alkohol mitgewirkt haben soll, begab sich der Verurteilte am Tag der Aburteilung, am 2. März d. I., in einen Leipziger Klemgärtneroerein, um dort in Lauben Feuer zu legen. Der Schaden war jedoch in diesem Falle beträchtlich und betrug über övll NM. Bereits drei Tage später war Grimmer erneut zu seltsamem Tun in der Nacht unterwegs. Zunächst brach er in den Kleingarten seines zukünftigen Schwiegervaters ein, um dort Kaninchen zu stehlen und diese zu verkaufen. In einer benachbarten Laube legte er wieder einen Brand, den er wie derum sogleich ablöschle. Dafür legte er dann im Garten des Schwiegervaters Feuer, um die Spuren des Kaninchendiebstahls zu verwischen. Das Feuer wurde rechtzeitig von einem Polizei- beamten entdeckt. So seltsam sich die verschiedenen Fälle anhör ten, der Sachverständige «ivsste in seinem Gutachten oe» Ange klagten als verantwortlich bezeichnen. Empfindliche Zuchthausstrafe für Einbrecher Die letzte Warnung vor der Sicherungsverwahrung erhielt der am 6. August 1907 geborene Kurt Kerger, der sich vor dem Schöfsengericht Chemnitz wegen einfachen Rücksalldiebstahls in drei Fällen und Einbruchdiebstahls im Rückfall in zwei Fällen zu verantworten hatte. Kerger ist schon in seiner Jugend kriminell vorbestraft. Einige Jahre vermochte er sich zwar j Großfeuer in-er Rhön 'i'v - ' 16 Gebäude abgebrannt ' - ' - In dem Rhünstädtchen Fladungen in Unter- sranlen wurden durch ein Feuer acht Wohnhäuser und acht Scheune» mit den Nebengebäuden eingeäschert. Der Brand breitete sich, durch die enge Bauweise begünstigt, «wischen Rathaus und Postgebäude sehr schnell aus und fand in den großen Heuvorrätcn der Scheunen reiche Nahrung. Die Feuerwehren aus Fladungen und sechs weiteren Ortschaften mussten sich wegen des anfänglichen Wasser mangels auf die Lokalisierung des Brandes beschränken. Hervorragenden Anteil an den Nettungs- und Lösch- grbeiten nahmen die Arbeitsdien st männer aus den Lagern Fladungen, Hausen, Leubach und Rüden- fchwinhen, die im Laufschritt nach Fladungen eilten. Sie errichteten aus Steinen und Rasenstücken ein Stauwehr, jo dass der Wassermangel behoben und die Motorspritzen eingesetzt werden konnten. Der gesamte Viehbestand lonnte mit Ausnahme einiger Schweine gerettet werden. Sieben Tote durch Blitzschlag Ein schweres Unwetter suchte die Woiwodschaft Wilna heim. In verschiedenen Kreisen dieses Gebietes wurden durch Blitzschlag sieben Personen getötet und )7 Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude in Brand gesetzt. Mittwoch, be» » August 1SS8 straffrei zu halten, aber im April und Mai dieses Jahres packte ihn wieder der Trieb des Vagabundierens und er verließ grundlos seine Arbeitsstelle. In Siegmar-Schönau und in Rabenstein stahl er aus Zigarettenautomaten die er erbrochen hatte, über hundert Packungen Zigaretten und 100 RM. Dann brach er in Bauerngüter in Grüna ein und entwendete Lebens mittel, eine goldene Armbanduhr und Bargeld. Kerger wurde zu drei Jahren sechs Monaten Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. Handel, WWaft md Btttehr Amtliche Berliner Notierungen vom 2. August (Sämtliche Notierungen ohn« Gewähr) Berliner Wertpapierbörse. Die Kurse ani Aktienmarlt Ware» abermals rückgängig. Am Rente »markt ging Um- schuldunasanleihe auf 94,60 zurück. Alibrsihanleibe gab eben falls nach. Der Geldmarkt war leicht . Die Sätze für Blan- kotageSgeld waren auf 2,87 bis 3,12 Prozent ermässigt. Am internationalen Devisenmarkt lag der Dollar fest. Berliner Magerviehmarkt. (Amtlicher Marktbericht vom Magerviehhof in Berlin-Friedrichsfelde.) Schweine- und Fcr- kelmarkt. Auftrieb: 168 Schweine, 205 Ferkel. Verlaus: ruhig, Preise unverändert. ES wurden gezahlt im Grosshandel für Läuferschweine (4—5 Monate alt) Stück 52—64 Mark, Pölke (3-4 Monate alt) Stück 42—52 Mark, Ferkel (8-12 Woche» alt) Stück 32—42 Mark, Ferkel (6-8 Wochen alt) Stück 23 bis 32 Mark. Berliner Schlachtviehmarkt. Auftrieb: 528 Rinder, darunter 60 Ochsen, 63 Bullen, 346 Kühe, 59 Färsen; 1444 Kälber; 2567 Schafe; 13 238 Schweine; 21 Ziegen. Verlaus: bei Nindern ziigeteilt, Ausstichtiere über Notiz; bei Kälbern verteilt; bei Schafen verteilt; bei Schweine» verteilt. Preise für 50 Kilogramm Lebendgewicht in Reichsmark: Ochsen: 45, 8 41, 0 36, v 29; Bullen: ä 43. 8 39, c 34, 0 27; Kühe: ä 43, 8 39, L 33, O 23—25; Färsen: L 44, 8 40, 0 35, l) 28; Doppellender: 68—78; Kälber: 63, 8 57, 6 48, v 38; Lämmer und Hammel: -U 50, ä2 50, 81 46—48, 82 L 40-43, v —; Schafe: L 40, 8 38-40, 6 28-30; Schweine: ä 57,50, 81 56,50, 82 55,50, L 53,50, v 50,50, 8 bis 50,50. 8 —; Sauen; 01 54,50, 02 bis 52,50; Alischneider: tt 54,50- Eber: l 43. Mio-MMau Donnerstag, den 4. August. Deutschlaudsender. 5.05 Konzert. 6.30 Nachrichten. 10.00 Volkslicdsingcn. 11.30 Dreissig bunte Minuten. 12.00 Kon zert. 13.45 Nachrichten. 14.00 Allerlei — vor Zwei bis Drei! 15.00 Wetter-, Markt-, Börsenberichte. 15.15 Hausmusik einst und jetzt. 15.85 Schützt die Höse — schlitzt die Wälder! 16.00 Konzert. 17.00 Streb 13 vcrstürzt — drei Mann verschüttet. Bergmannserzählung. 17.10 Musik am Nachmittag. 18.00 Das Wort hat der Sport. 18.15 Violine und Klavier. 18.45 Musik auf dem Trautouium. 19.00 Dcutschlaudecho. 19.30 ... uud jetzt ist Feierabend. 20.00 Nachrichten, Wetter. 20.30 Melodie des Sommers. 22.00 Tages-, Wetter- und Sport nachrichten. Dcutschlandechv. 22.30 Eine kleine Nachtmusik. 23.00 Lpätkouzert. 24.00 Nachtkouzcrt. Leipzig. 5.50 Nachrichten, Wetter für den Bauern. 6.10 Gymnastik. 6.30 Frühkouzert. 7.00 Nachrichten. 8.00 Gym nastik. 8.20 Kleine Musik. 8.30 Konzert 10.30 Wetter, Ta gesprogramm. 11.35 Heute vor ... Jahren. 11.40 Chronik des Alltags. 11.35 Zeit, Wetter. 12.00 Musik für die Ar beitspause. 13.00 Zeit, Nachrichten, Wetter. 13.15 Konzert. 14.00 Zeit, Nachrichten, Börse. Musik nach Tisch. 15.15 Fernsehtelephvnistin — «in neuer Fraucuberuf. 15.30 Pimpfe gehen auf Jagd. 15.50 Brasilien spricht. 16.00 Konzert. 17.00 Zeit, Wetter, Wirtschaftsnachrichten. 18.00 Das mittel deutsche Recht. 18.20 Lieder uud Tänze zur Guitarre. 18.35 Adam Lux. Erzählung. 19.00 Fröhlicher Feierabend. 19.50 Umschau. 20.00 Nachrichten. 20.10 Sudeteudcutsches Schick sal. 21.00 Unterhaltungskonzert. 22.30 Aus dem Schrifttum der Bewegung. 22.45 Volks- uud Unterhaltungsmusik.-24.00 Nachtkouzcrt. Oop^rigkt 1937 ^uUvärts-Vorlag, 8srlia LVV 68 49. Fortsetzung. Barbara beachtet diese Geste nicht, sie hat nur den einen Lringenide» Wunsch, dem Direktor das Sektglas an den Kopf zu werfen und fortzulausen — z» laufen, bis sie diesem Lokal mit seiner ganzen ekelhaften Atmosphäre aus Alkoholdunst und Zigarettenrauch entkomme« ist, dem sie sich mit ihrem Anstellnngsvertrag heute uachmittag verschrieben hat. „Na, prost! Auf gute Zusammenarbeit!" sagt ihr Gegenüber und hebt sein Glas. Das allzu süsse Girren einer Hawaii-Gitarre setzt ein und intoniert den schmel zenden Refrain eines Tangos. Barbara sicht Herrn Sindermann an und trinkt ihr nengefülltes Glas zur Hälfte lccr. Der Sekt steigt Ihr zu Kopf als eiu leichter, roscnfarbcncr Nebel, der allmählich die hässlichen Dinge ringsumher cinzuhüllcn beginnt und sogar das breite, grinsende Faungcsicht des Direktors weniger abstoßend erscheinen lässt. Gott, was hätte sie den» tun sollen? Die Miete für ihr Atelier ist seit zwei Monate» unbezahlt, der Haus wirt droht mit Räumungsklage — wer kauft noch schöne stille Sommerlandschaften wie den „Mittag im Garten", wer hat noch Geld für ihre Kunst? Jetzt wird sie also die Wände di fes Lokals mit wenig bekleideten Nymphen ver zieren, mit tanzenden Satyren, mit badenden Mädchen — denn so ungefähr hat Herr Sindermann den Motiv- krels umrissen, den er für die Ausschmückung seines Tanz pavillons wünscht. Sie wird Reklamekarten und Unter grundbahn-Plakate entwerfen, auf denen unsagbar schöne Mädchen von ebenso bestechenden Männern zum Tanz ge- führt werden, und rätselhaft lächelnde Bardamen bunte Eisgetränke kredenzen. Sie wird ein Podium für die Kapelle bauen lassen, das m r > Retchshaupistadt nicht seinesgleichen haben soll, sie wird die neue Saaldeloration für die Wintersaison überwache», sie wird vielleicht zu weilen auch hier mit Direktor Sindermann Sekt trinken müssen — und für all das wird sie den vielen, den all mählich unerträglich gewordenen Sorgen enthoben sein, »l« l>« bl« beul« vlaaten. Sie wird endlich einmal keine Angst mehr vor dem kommenden Tag zu habe» brauchen, der unbezahlte Rechnungen und mahnende Gläubiger und nie, nie, nie den so lange ersehnten Kunstfreund bringen wird, dem ihre Bilder etwas zu sagen haben. Ach, da ist wieder die verhasste, widerliche Hand des Direktors, ihres neuen Wohltäters, ihres Chefs uud Brot herrn auf ihrem Arm. „Komme» Sic, wir wolle» tanzen!" sagt er, und sein schmieriger Blick tastet wie abschätzend a» ihr herum. Er erhebt sich, verneigt sich. „Nein, danke, ich möchie nicht, ich bin nicht aufgelegt heute!" sagt Barbara ablehnend. Dieser Mau» soll sie umgreife», seine Hand auf ihren Rücken legen, sie nach den Klängen dieser Musik durch den Saal drehen — nein, das kann sie nicht ertragen, das kann sie nicht! „Kommen Sie!" sagt Herr Sindermann noch einmal, und es liegt wie eine Drohung in seiner Stimme. „Lassen Sie mich nicht warten!" Und Barbara steht auf, der Ekel will sie fast ersticken, sie legt ihren Arm in seinen Arm — oh, er ergreift ihre Hand! — und schreitet mit dem Verhaßten durch den schmale» Zugang neben ihrem Tisch auf die Tanzfläche. Herr Sindermann ist fast einen halben Kopf kleiner als sie, und die Mängel seiner Figur vermochte auch der erste Schneider Berlins nicht zu vertuschen — so steht er im bunten Licht der Scheinwerfer vor ihr, grotesk, hässlich und voll gespreiztem Selbstbewusstsein, verbeugt sich noch einmal, und zieht sie zur Tauzstellung au sich, zieht sie so nahe! Barbara erzittert iu seinen Armen vor Ekel und Scham, während sie über den glatten Parkettboden schreiten. Herr Sindermann bemerkt das Beben des jungen Körpers und fühlt sich sicher, wieder eine Eroberung ge macht zu haben. Grüne Lichtwogen umflutcn sie. Wie der Schlagzeuger auf dem Podium grinst! Er wirft seine Klöppel in die Lust und fängt sie wieder mit der einen Hand, während er mit der änderest die beiden großen Messingbeckcn auf einanderklirren läßt. Das Licht wechselt in Blau, sie schreiten wie durch die kristallklaren Wasser eines südlichen Meeres. Herr Sinder mann zieht seine Tänzerin näher an sich, es ist wie ein Kampf zwischen ihnen um die paar Zeutimelcr Abstand, die Barbara zwischen ihre beiden Körper legen will. „Seien Sie doch nicht so widerspenstig, schöne Frau!* lacht Herr Sindermann. „Lassen Sie mich doch sichren — hier auf der Tanzbahn bestimme ich, nicht wahr!" Wenn doch der Tanz zu Ende wäre!, denkt Barbara. Sie kommt sich vor wie beschmutzt durch die Nähe dieses Mannes, durch seinen ttzbriaen Blick, berste nicht losläßt während des Tanzens, durch das lüsterne Funkeln seiner Augen. Nächste Woche hätte mich der Hauswirt hinausgesetzt!, denkt sie krampfhaft. Ich habe kein Geld mehr, neue Farbe zu, kaufen; der Bäcker gibt auch keinen Kredit mehr. Ich muss hier aushalten, ich muß einfach... Unter den Tanzenden macht sich eine gewisse an gespannte Erregung bemerkbar, schneller treiben die Paare dahin, enger fassen sie sich. Blau, blau, blau — uoch immer werfen die Scheinwerfer ihr blaues Licht hinab in den Saal, aber es kann nicht mehr lange dauern, und... Knack, macht da ein Schalter, und ein Halbdunkel senkt sich herab, das den lichtgewohnten Augen als tiefschwarz» Nacht erscheint. Hier und dort flattert eine erschreckt« Frauenstimme auf und durchbricht den Rhythmus der Musik, Lachen erklingt und scherzhaftes Schelten: „Nein, laß mich doch, nein!" Barbara und ihr Tänzer sind stehcngeblieben wie die meisten der anderen. Und da reiht der Mann sie an sich, ehe sie noch festen Fuß fassen und sich wehren kann; Barbara spürt den keuchenden Atem an ihrer Wange, da sie das Gesicht krampfhaft abgedreht hat, um dem Ver hassten möglichst fern zu sei». Sie weiß es, er will diesen Augenblick der dunklen Geborgenheit ausnützen, um mit seinen hässlichen wulstigen Lippen die ihren zu suchen, sie zu küsse«. Der Abscheu, die Wut geben ihr Kraft: mit der rechten Hand stösst sie ihn vor die Brust, dass er zurücktaumelt, ohne doch ihre Linke loszulassen. Sie schlägt noch einmal nnd trifft sein Gesicht. „Kanaille!" zischt er und lässt sie fahren. Fort, fort von hier! Barbara stösst gegen Menschen wie gegen eine weiche Mauer, findet einen Durchgang, der nach wenigen Schritten wieder verbaut ist, umgeht auch das neue Hindernis, drängt sich durch zwischen aufgestörtc«, schimp fenden, fragenden Paaren, um ihrem Verfolger möglichst fern zu sein, wenn das Licht wiederkehrt. Sie findet sich dicht neben ihrem Tisch, als der Strahl der Scheinwerfer de« Saal überflutet wie eine lichte Morgenröte nach langer Nacht. Sie sieht sich nicht nach ihrem geprügelten Tänzer um, sie rafft in besinnungsloser Hast ihren Seidenschal und ihre Abendtasche von, Stuhl und flieht durch die Tischreihen hinüber zum Ausgang des Saals. Ein Kellner öffne« ihr mit erstauntem Blick die Tür. ' ' «Fortsetzung folgt).