Volltext Seite (XML)
ZUR EINFÜHRUNG In unserer der „Dresdner Musik aus fünf Jahrhunderten" gewidmeten Konzert reihe dürfen einige Beispiele aus der glanzvollen Operngeschichte dieser Stadt nicht fehlen. Vier Meister der romantischen bzw. spätromantischen deutschen Oper, deren Schaffen durch eine Verbindung mit Dresden in verschiedenartiger Weise geprägt ist, sollen deshalb im heutigen Konzert mit Ausschnitten aus bedeutenden Opernwerken zu Gehör kommen: Carl Maria von Weber, Heinrich Marschner, Richard Wagner und Richard Strauss. Eng gestaltete sich die Verbindung des großen Musikdramatikers Carl Maria von Weber zu unserer Stadt, in der er die letzten neun Jahre seines zu früh vollendeten Lebens wirkte. Aus Prag kommend, wo er seit 1813 als Operndirektor tätig gewesen war, trat Weber am 21. Dezember 1816 seine letzte Stellung ah— „Musikdirektor der Deutschen Oper" in Dresden an, die er hier aufbaute ui^H der er als hochbedeutender Opernorganisator und Dirigent neben der unter der Leitung Francesco Morlacchis stehenden Italienischen Oper ein hohes An sehen verschaffte. Zu dem gewaltigen Arbeitspensum, das Weber durch sein mit aufreibenden Kämpfen verbundenes Hofkapellmeisteramt auferlegt war, kam sein eigenes Schaffen, das in Dresden mit der Komposition seiner drei Meister opern „Der Freischütz", „Euryanthe" und „Oberon" seinen Höhepunkt erreichte. Die erforderliche Ruhe für seine schöpferische Arbeit fand der Komponist in Dres den vor allem in seinem Sommerhäuschen in Hosterwitz, wo seit 1818 große Teile seiner — freilich sämtlich nicht in Dresden uraufgeführten — Opern und andere Werke geschrieben wurden; vieles entstand nach eigenem Zeugnis auch „auf Morgenspaziergängen um Dresden oder auf der Brühlschen Terrasse, am lieb sten im schönen Keppgrund". Doch vorzeitig erlag der durch Arbeitsüberlastung geschwächte Meister seinem schweren Lungenleiden. Fern von Heimat und Familie starb der erst 39jährige 1826 in London, wo er anläßlich der Urauf führung seines „Oberon" weilte. 1844 wurden seine Gebeine auf Initiative Richard Wagners nach Dresden überführt und hier auf dem Alten Katholischen Friedhof in Friedrichstadt feierlich bestattet. Die Ouvertüre zu Webers erfolgreichstem und volkstümlichsten Opernwerk, dem 1821 in Berlin uraufgeführten „Freischütz“, eröffnet unser Konzert. Diese Komposition ist wie das gesamte Werk, das nach Mozarts „Zauberflöte", Beethovens „Fidelio" und vor Richard Wagners Musikdramen den bedeutendsten deutschen Beitrag zur Gattung Oper darstellt, eine Musikschöpfung von einzig artiger menschlicher Aussagekraft. Musik dieser Art konnte nur ein Musih^k schaffen, der wie Weber innig mit der Natur, der deutschen Landschaft verbJ^F den war, der aus dem Leben und Empfinden des Volkes heraus musizierte. For mal ist die „Freischütz“-Ouvertüre eine Tondichtung, die den wesentlichsten Ideengehalt der Opernhandlung nach klassisch-sinfonischem Prinzip verarbeitet. Der in der Oper gestaltete Sieg des Guten über das Böse hat denn auch in der Ouvertüre vollendeten künstlerischen Ausdruck gefunden. Dabei weist dieses geniale Tonstück, das mit einer knappen, feierlichen Streichereinleitung beginnt und mit der zum strahlenden Schlußhymnus gesteigerten Liebesmelodie Agathes beschlossen wird, trotz vieler Klangmalereien nichts Äußerlich-Programmatisches auf. Alles entspringt vielmehr logischer, innerer musikalischer Enwicklung. Die romantische Feenoper „Oberon", für London komponiert und dort 1826 uraufgeführt, war Webers letztes musikdramatisches Meisterstück, der Schwanen gesang des bereits Todkranken. Das nach Wielands „Oberon"-Epos verfaßte Libretto des Engländers James Robinson Planche schildert den Streit zwischen dem Elfenkönig Oberon und seiner Gemahlin Titania darüber, wer bei den CARL MARIA VON WEBER HEINRICH MARSCHNER