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Freitag, den 21. Juni 1S38 Nr. "5 , , „ Lögen über den SkeichMrer sf Unrrhörte Verunglimpfung der Itallcuischen Poliz» Eine sattsam bekannte, gewisse Auslandspresse bringt t« den letzten Tagen Hetzartikel über einen angeblich vom Rcichsfübrcr sf nnd Chef der deutschen Polizei er statteten abträglichen Bericht über die faschistischen Ver- bältnisse in Italien, über den Duce insbesondere nnd über das Verhältnis der deutschen zur italienischen Poli zei, um schließlich zu behaupten, daß die deutsche Polizei einen Führungsanspruch gegenüber der italienischen er hebe. Daß alle diese Ansichten oder Urteile, die dem Reichs- sührer in den Mund gelegt werden, in das Kapitel der Lügenagitation gehören und daß ein solcher Bericht über haupt nicht existiert, bedarf keiner weiteren Darlegung. Was insbesondere die unübertreffliche Organisation der Italienischen Polizei anlangt, die sich besonders in den Lagen des Besuches des Führers so ausgezeichnet und vorbildlich bewährt hat, so weiß jeder, welchen hervor ragenden Rang gerade die italienische Polizei unter den Polizeien der Welt einnimmt. Die Kameradschaft und die Freundschaft, welche die deutsche Polizei mit der italienischen Polizei seit Jah ren verbindet, wird durch derartige durchsichtige Frech heiten nicht beeinträchtigt: im Gegenteil: sie wird, wenn es überhaupt noch möglich ist, in genauer Erkenntnis der gemeinsamen Gegner nur noch weiter gefestigt und ver tieft. BtthMtzM in Memel Ein bedauerlicher Zwischenfall ereignete sich, als das Motorschiff „Preußen" des Seedienstes Ostpreußen am 80 Juni abends fahrplanmäßig den Memeler Hafen an lief. Die Ankunft des schmucken deutschen Schiffes hatte bei dem schönen Sommerwetter wie üblich eine große Zahl schaulustiger Memelländer an den Hafen gelockt, die ihrer Freude durch Zurufe und das Absingen von va terländischen Liedern Ausdruck gaben. Als die Menschen menge nach dem Wiederauslaufen des Schiffes sich zu zer streuen begann, erschien die litauische politische Polizei, und nahm aus der Menge heraus zahlreiche Verhaftun gen vor, was lebhafte Empörung bei der Volksmenge auslöste und zu ernsten Zusammenstößen mit der litau ischen Polizei führte. Im weiteren Verlauf des Abends kam es zu Demonstrationen vor dem Gebäude der litau ischen Grenzpolizei, wobei die durch das Vorgehen der Wolirei erreate Menae die Serausaabe der Verhafteten L. > -7F '-"'ritz-.» - " >. Zschopaner Tageblatt und Anzeiger verlangte Es "gelang schließlich der memelläKdischrn Landespolizei, deren Anordnungen die Menge willige Folge leistete, die Ordnung wiederherzustellen. Dir Zahl der verhafteten Memelländer wird auf jtw^. ^0 geschätzt. Keine Verhandlung mit TschianglaWel Die Haltung Japans im Chinakonslikt Diejapanische Zeitung „Tokyo Asahi Schimbnn" meldet, daß nach dem Abschluß der Besprechungen des engeren Ministerrates die Einberufung einer neuen Konfe renz unter dem Vorsitz des Kaisers etwartet werde. Die Regierung werde ihre grundsätzliche Haltung gegen über China, die in der klaren Feststellung wurzele, „mit dem Regime TschiangkaischekS nicht zu ver handeln", noch einmal betonen. Politische Kreise der Hauptstadt schließen aus der augenblicklichen Gesamtlage, daß Japan so lange jede Aussprache über die Möglichkeit eines Friedensschlusses ablehnen werde, als Tschiangkaischek sich im Amte befinde. Wenn General Ugaki der Auslandspresse gegenüber gesagt habe, daß „in Zukunft die Möglichkeit gegeben sei, diese Frage zu erwägen, sofern sich die Lage von Grund auf ändere", so sei hierunter eben die Beseitigung der Regie rung TschiangkaischekS zu verstehen. Unter allen Um ständen werde die Haltung Japans bei einer Lösung des chinesischen Konfliktes einzig und allein durch ein Ver bleiben oder Nichtverbleiben TschiangkaischekS im Amte bestimmt werden. Mrtschastslontrolle in Zapan verschärft Einfuhrdroffelung der nicht lebenswichtigen Rohstoffe Die japanische Regierung hat neue kriegswirtschaft liche Maßnahmen bekanntgegeben, die notwendig gewor den seien, um den verlängerten Chinakonslikt wirksam durchzuführen. Die Regierung betont, daß die Zahl der mobilisierten Truppen bisher in Japans Geschichte einzig dastehe und deshalb Sondermaßnahmen notwendig seien zur Ergänzung des Kriegsmaterials. Es ist eine ver schärfte Kontrolle der gesamten Kriegswirtschaft Japans vorgesehen. Diese Kontrolle wird sich auf die Einführung und Verteilung der lebenswichtigen Rohstoffe erstrecken. Die Wahlschiebungen in Preßburg Unrechtmäßige Ausgabe von Wahlausweisen Gegen die Durchführung der Gemeindewahlen in Preßbura wurde ein von 120 Wählern und Mit- 2 W » > L s sokElZkhio SS2Z baL/L oikUNäS MAMM» SS5 7 boMe S6Y2 gliedern der KarpatLndeutschen Partei unterschriebener Einspruch eingereicht. Auch die acht neu gewählten magya- rischen Gemeindevertreter Preßburgs haben sich ange schlossen. Der Einspruch stützt sich auf die unrechtmäßigen Ausgaben von Wahlausweisen an Personen, die bereit waren, mittels dieser unrechtmäßigen Wahlausweise ihre Stimme auf die Liste der Tschechoslowakischen Einheits partei abzugeben. Der Einspruch ist mit genauen Daten belegt. Daß eS bei der Preßburger Gemeindewahl nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, beweist u. a. die a m t l ich e E r kl ä r u n g, nach der eine strenge Untersuchung im Gange sein soll. Das Preßburger Deutschtum erwartet mit begreiflicher Spannung das Ergebnis dieser Untersuchung. LoubertiN'DenImal in Baden-Baden Gedenkfeier für den Erneuerer der Olympischen Spiels Im Verlauf des 2. Deutsch-Französischen Kongress ses in Baden-Baden wurde am Donnerstag eine Gedenkt feier für den verstorbenen Erneuerer der Olympische^ Spiele, Pierre de Coubertin, abgehalten. Dabei übergah im Auftrag des Reichssportführers Dr. Diem das von dem Berliner Bildhauer Gutwillinger geschaffene Denk» mal in die Obhut der Stadt. Außerordentlich bewegt sprach dann Marquis Pollignac der Deutsch-Französiz schen Gesellschaft den Dank des Comite France-Allemagn, aus. In einem lauschigen Winkel unter alten Bäumen hat das Denkmal seinen Platz gefunden. Es besteht auS einem Sockel aus blauem Muschelkalk, der eine niedere Säule mit der Bronzebüste des Erweckcrs der Olympft schen Spiele trägt. Die Inschrift auf dem Sockel lautet: „Dem Erneuerer der Olympischen Spiele Pierre de Cou bertin errichtet während der Deutsch-Französischen Kult turtagung vom 19. bis 25. Juni 1938. Baden-Baden." Wio-BMM Sonnabend, den 28. Jimi. Deutichlandsender. 5.08 Konzert. 6.80 Konzert. 7.00 Nachrichten. 10.00 Hörbilder. 10.30 Fröhlicher Kindergarten. 11.30 Dreißig bunte Minuten. 12.00 Mittagskonzert. 13.48 Nachrichten. 14.00 Allerlei — von Zwei bis Drei. 15.00 Wetter-, Markt- und Börsenberichte. 15.15 Buntes Wochen ende. 16.00 Konzert. 18.00 Musikalische Kurzweil. 18.40 Länder-Zweikämpfe im Achter. 10.00 Kurznachrichten. 19.10 ... und jetzt ist Feierabend. 20.00 Die Welt auf Schienen. 22.00 Presse, Wetter, Sport. 22.20 Deutschlandecho. 22.30 Eine kleine Nachtmusik. 23.00 Tanz. 24.00 Nachtmusik. Leipzig. 6.30 Konzert. 7.00 Nachrichten. 8.00 Gymnastik. 8.20 Klein« Musik. 8.80 Konzert. 10.00 Hörbilder. 10.30 Wetter, Tagesprogramm. 11.35 Heute vor ... Jahren. 11.40 Erzeugung und Verbrauch. 11.55 Zeit, Wetter. 12.00 Kon zert. 13.00 Zeit, Nachrichten, Wetter. 14.00 Zeit, Nachrich ten, Börse. Musik nach Tisch. 15.20 Zirkus Fabelhaft. 15.50 Zeit, Wetter, Wirtschaftsuachrichten. 16.00 Konzert. 18.00 Gegenwartslexikon. 18.15 Ueber Berg und Tal durch Kärn ten. 19.00 Nachrichten. 19.10 Fröhlicher Abendbummel. 21.00 Nundsunkball. 22.00 Nachrichten, Wetter, Sport. 22.40 Un- terhaltungs- und Tanzmusik. 23.15 3 Tage Mittclgcbirgs- fahrt. 1.00 Nachtmusik. Dichter deutscher Volksseele Zu Peter Roseggers 2V. Todestag am 26. Juni Die Verfasser von Literaturgeschichten haben cs manchmal nicht leicht. Sie haben hie und da die Dichtung und die Dichter ein für allemal, damit alles seine Ord nung habe, fein säuberlich in Klassen und Kategorien und Untergruppen eingetcilt, und jeder Dichter erhö t seinen Stempel und kommt in sein Fach, und da steht er dann und hat seinen Platz, an den er gehört. Manchmal aber kommt einer daher, der ganz gegen alle Vorschriften ist; der paßt in keine Klasse und in kein Fach, und wenn ihn der „Fachmann für Dichtung" in das Prokrustesbett einer Sparte zwängt, dann dauert es nicht lange, bis der un gebärdige Dichter wieder mit allen Gliedern über den Bettrand hinausragt, und es ist ein ewiger Aergcr mit diesem Mann. Ein solcher Dichter war der Peter Rosegger, der aus den steirischen Bergen frisch und fröhlich mit etwas un gelenkem Bauerntritt in die deutsche Literatur hcreinge- stapft kam und nicht aufhörte, denen Sorge zu machen, die den Garten der deutschen Dichtung zu betreuen hatten. Mit seinen treuherzigen Augen, seinen schlichten, biederen, warmherzigen Worten hatte er sich schnell, nicht nur in seiner österreichischen Heimat, sondern weit im ganzen deutschen Sprachgebiet, die Herzen der Bücherleser er obert; die Wirkung, d»e von ihm ausging, war die un mittelbarste, mit der ein schreibender Mensch die Gemüter seiner Mitmenschen zu rühren vermag; die ibn lasen, lachten und weinten, jubelten und bangten mit seinen Helden; das Licht, das aus seinen Werken strahlte, war der edle Glanz der echten Dichtung, — aber irgend etwas stimmte dabei nicht. Er war „doch eigentlich" im strengen Sinne „kein Dichter". Er dichtete drauflos, wie ihm sein steirischer Schnabel gewachsen war, nnd die Menschen lasen ihn und liebten ihn wie so leicht keinen anderen, und immer wieder griff das Volk zn seinen Büchern und sah in ihnen seinen liebsten Platz. Tas aber war nicht so wie mit den seichten Schreibern, die in der großen Masse der Anspruchslosen ihre Leser fanden, sondern die den steiri schen Dichter lasen, das waren unter den Menschen die stillen und besinnlichen, die feinen und ernsten, und da von diesen unter dem einfachen Volke viele leben, so war es wohl zunächst „das Volk", das seinen Rosegger las und lieble; und siehe da! — so sand sich schließlich auch für den Mann aus dem steirischen Walde eine Rangklasse, und sie nannten ihn einen „Volksschriftsteller". Sie gaben ihm damit nicht den höchsten Rang; denn daß sie ihn einen „Schriftsteller" nannten nnd nicht einen „Dichter", das sollte heißen, daß er den höchsten Anforderungen und Maßen der Dichtung nicht entsprach. Aber das war nun das Merkwürdigste an ihm: ihn focht das alles gar nicht an: er schrieb und schrieb, und die ihn liebten, lasen ihn weiter, und das waren nicht nur die einfachen Leute aus dem „Volke", sondern auch viele gerade unter denen, die sonst ein Buch nach Tabula tur uud Goldenem Schnitt zu messen pflegten; die fragten beim Rosegger plötzlich nicht nach Regel und Ordnung, sondern gaben sich hin an das Große, Tiefe und Echte, das aus diesen Schriften leuchtete, an das warme Herz, an den edlen Sinn, an die hohe Güte, die wie wärmen des Herbsener den Leser heimelig anstrahlte; sie ließen sich willig von dem schlichten Manne an die Hand nehmen rind in seine Heimat führen, in die „Waldheimat" der steiri schen Berge, die wie keine andere durch 50 Jahre Mil lionen von Lesern zur Wahlheimat ihrer Herzen wurde. Tas Leben dieses Dichters ist wie eine Bilderbuch geschichte. Der Lorenz Rosegger, cm armer Bauer in Alpl bei Krieglach in der Steiermark, der weder lesen noch schreiben kann, zeugt mit seinem Weibe Maria, dem wenigstens das gedruckte Wort nicht fremd ist, einen Knaben, den Peter, der am 31. Juli 1843 zur Welt kommt. Der muß früh mit in der Wirtschaft heran und soll natürlich selbst ein Bauer werden. Aber er ist ein zartes Kind und lauscht lieber den Geschichten der Mutter, deren Herz und Sinn voll ist der Sagen- und Märchen- Poesie der heimischen Wälder. Hervorgegangen aus dem tiefsten Dunkel des Gebirges, eingcschlossen seit frühester Kindheit in die geheimnisreiche Welt dieser Waldnatnr, vereinigt sie in ibrem Hellen, regen Geiste vielfältige Ele mente, die sich ungekannt in ihrem Geschlechte fortgeerbt haben. Ihre Seele ist irgendwie der Sammelpunkt der Volkspoesie von entlegenen Zeiten her geworden. Und nun fließen diese durch Jahrhunderte ««gestauten dichterischen Elemente aus den Seelen der Ahnen, aus de» tausend fachen Quellen der Wald, und Berguatur der Heimat, aus Sitte und Sage der Urväterzeiten in dieses Sohnes Seele zusammen. Bei keinem Dichter bricht der Drang zu poetischem Schaffen so elementar hervor wie bei ihm; noch nie zuvor ist die Durchbruchstelle an so entlegener, auf den ersten Blick fast ungeeignet scheinender Stelle zu- tage getreten wie bei diesem Bauernburschen, dem das innerste Gesetz seiner Seele und seiner Sippe gebietet, ein Dichter zu sein, der aber erst ein Schneiderlehrling werden muß und ein Schneidergesell, bevor der Wildbach der Phantasie, der aus ihm wie in vulkanischer Eruption her- vordringt, sich selbst sein Bett schafft, in dem er dann 50 Jahre lang dahinströmen wird. Kaum je hat aus einer Dichterseele heraus die konzentrierte Seele eines Volks- stammcs sich so bekannt wie im Falle dieses Dichters. Die Urkraft der Poesie in Peter Roseggers Seele, die nichts anderes war als die dichtende Urkraft der steirischen Volksseele, war so groß, daß der Quell seiner Dichtung unaufhaltsam sprudelte, solange der Mann am Leben war, den das Schicksal gewählt halte, dieses Wunder zu voll bringen. So wurde dann nicht das sogenannte „Hand werk des Dichtens" zur Hauptsache, sondern der seelische Inhalt der äußeren Form. Die poetische Seele schuf sich den Körper, offenbarte sich in selbstgefundcncn Formen, die einen wesentlichen Teil des Originellen und Origi nalen in Roseggers Schaffen bilden. Dieser Mensch nnd Dichter war von so vollkommenem und einmaligem Eigcn- wnchs, daß er, so wie er war und wie er sein mußte, so, wie nur er allein zu sein ein Recht hatte, durch diese Welt gehen und sich in sie hineinschreiben durfte, abseits aller „Richtungen", aller literarischen Moden, aller Schulen, aller Klassen, Kategorie» und Cliquen. Der Mann, den die Universität Heidelberg nicht an seinem, sondern an ihrem eigenen Ehrentage, sich selbst in ihm und damit ihn noch höher ehrend, zum Ehrendoktor machte, auf der Höhe jenes Dichterweges, der begonnen batte, als im Winter 1864 der Redakteur der „Grazer Tagespost", Dr. Adalbert Swoboda, einen Aufsatz über den jungen „Volks, dichter" schrieb, der, lang aufgeschossen schmächtig, blaß und ungelenk, vor seinen Nedaktionstisch getreten war, — dieser Mann war so sicher in sich selbst, in seinem Heimat- boden und in seiner Begabung verwurzelt, daß er wachsen durfte wie ein wilder, knorriger Baum auf den Berg- Hängen seiner grünen Steiermark.