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N», »» - : Skch-Vft«, r«ge»l«tt Mt» , . Sreiia», -«» r» De»««»« 1«- övdwig Richter: Ein Maler der deutschen Weihnacht >1 Flocken auf. — Ein Feinheiten lassen sich Üchkabinett bewundern Archiv Deutscher Maternverlag (M) Der erste Schnee Auch das gibt es: Eine Doktorarbeit über den Kuß Im allgemeinen mag die Auffassung vorherrschen, daß Doktorarbeiten sich mit ernsten wissenschaftlichen Pro blemen befassen, deren Behandlung ja bei dieser Prü fungsarbeit Zeugnis der Fähigkeit und Urteilskraft des Doktoranten dokumentieren soll. Aber es gibt auch Themen, die an sich fernab jeder Wissenschaftlichkeit liegen und erst dadurch in die Sphäre wissenschaftlicher Betrach tung gerückt werden, daß sie eben für eine Doktorarbeit herhalten müssen. So wird jetzt aus England berichtet, daß dort ein Student der Universität Oxford als Doklorarbeit eine Kulturgeschichte des Küssens verfaßt hat. Er ist dabei zu Feststellungen gekommen, die zweifellos die breiteste Oeffentlichleit interessieren dürften. Nach dieser Darstel lung hat der Kuß im Altertum keineswegs die Bedeutung einer Zärtlichkeitsbezeigung im Sinne der Liebe zwischen Mann und Frau besessen, sondern war bei den Griechen und Römern nichts anderes als ein Zeichen großer Ehr erbietung und «im äußer« Betonung freundschaftlicher Gesinnung. Natürlich führt der Verfasser der Kultur- Leschichte veS Küssen- zum Beweise auch an. daß nirgends Archiv Deutscher Maternverlag (M) „Ekoria in excelsis Deo et in terra pax* Ein Blatt Ludwig Richters, in dem das Wunder der Weih nacht gepaart ist mit deutschem Naturempfinden, wie es immer wieder in der Kunst lebendig wird. Wann gäbe es mehr zu schauen al» zur Weihnachtszeit? Freudiges Schauen, liebevolles, hingebendes Betrachten wünscht sich auch Kieses «ikd <Vgl. Text) vermerkt sei, daß die schöne Helena jemals Sen Paris küßts oder daß Odysseus auf seinen abenteuerlichen Fahrten mit der schönen Nymphe Kallypso und mit der verführerischen Kirke Küsse austauschte. Damals, so stellt dis Wissenschaft« liche Betrachtung fest, galt der Odem als Sitz der Seels des Menschen, und es war üblich, den letzten Hauch eines sterbenden Menschen mit einem Kuß aufzufangen, um da mit seine Seele aufzunchmen, damit sie unsterblich bliebe. Der Kuß ist nach der erwähnten Doktorarbeit erst viele Zeit später der Ausdruck von Zärtlichkeitsbezeigungen zwischen Liebespärchen geworden. Allerdings gibt es auch Länder, in denen der Lippen- kuß verpönt ist, wie zum Beispiel in Japan, wo auch schon nur eine Andeutung des Lippenkusses in den dort zur Auf führung gelangenden amerikanischen Filmen durch die Zensur herausgeschnitten wird. In Amerika wird der Lippenkuß selbst zwischen Menschen, die nicht in direkten Liebesbeziehungen stehen, als etwas Harmloses betrachtet und als ein „nur belangloser Flirt* bezeichnet. Das sind so kurz gefaßt die interessantesten Ausführungen in jener wissenschaftlichen Abhandlung, die deshalb Aufsehen er regt, weil sie eine Angelegenheit berührt, über die man sonst im allgemeinen nicht viel zu diskutieren pflegt. Deutsche Weihnacht will deutschen Wlnter, und so kehren wir in seiner Bildmappe von den Jahreszeiten denn auch im Winter bei ihm ein. Da sitzt die Groß mutter bezeichnenderweise unter dem „Lebensbaum*, der Laub, Früchte, Nadeln, Lichter und einen Stern trägt, und erzählt der Enkelin Märchen, vielleicht das von „Genovefa*, das von „Rotkäppchen* oder „Hänsel und Gretel*, die er uns alle mit dem Stlberstift seines Kinderherzens ausge zeichnet hat. Kinderlust und Kinderjubel herrschen vor dem Stadttor, ein Bild, das alte deutsche Kleinstadtseligkeit erfaßt. Einen Schneemann hat man gebaut. Run wird er mit Schneekugeln bombardiert, und ein Großvater, der ganz gewiß noch aus der Zopfzeit stammt, steht schmun zelnd dabei. Wie in einen heftigen Vorhof zur Weihnacht führt das berühmte Bild „Wetnenurnicht, Heimchen l*. Natur. Mensch und Tier sind hier im kalten Wintertag zu Im Reich der Großen» dichter, Maler und Musiker, die, ergriffen von ihrem Wunder, die Weihnacht in ihren Werken darzustellen versuchten, nimmt Ludwig Rich ter eine Sonderstellung ein, weil er Heimat- und volks gebunden wie selten ein Künstler diese Wesenszüge auch in seine Werke trug, und so darf man ihn einen „Maler der deutschen Weihnacht* schlechthin nennen. Diese Behaup tung wird man erst dann völlig verstehen, wenn man auch sein Werk und Leben im ganzen erfaßt. Ludwig Richter ist einer jener deutschen Künstler, die mit Schwind und Spitzweg die Welt der deutschen Innig keit in Händen halten. Er gehört zu jenen großen Sach sen, die wie Fichte, Schumann. Weber und Wagner nicht aus der deutschen Gedanken- und Herzenswelt ausgestrichen werden können. Seine „Lebenserinnerungen* künden den Geist der Heimat ebenso wie den des 19. Jahrhunderts« In ihnen erkennen wir sein Schicksal. Am 28. September 1803 geboren, wird er an der Seite des Vaters in einer Wett von Armut und reicher Erfah rung groß, wird sein Gehilfe in der Kunst, zeichnet, schnei det m Holz, radiert, erregt Aufsehen, geht als Reisebeglei ter eines reichen Russen nach Südfrankreich, wird vom Kunsthändler Arnold drei Jahre nach Nom geschickt, kommt in der Fremde fast um vor Heimweh, kehrt 1826 zurück, heiratet 1827 und wird 1828 nach Meißen berufen. Im mer wieder finden wir die malerischen Winkel dieser alten schönen sächsischen Stadt in seinen Bildern. Der Nieder schlag seines Familienglückes ist darin zu finden und auch der Zauber der nahen ländlichen Umgebung. Eine Reise in das böhmische Mittelgebirge lehrt ihn ganz, die deutsche Heimat mit dem Herzen zu sehen. Schwere Lebensschick sale, die Krankheit seiner Frau, das Hinsterben der gelieb ten Tochter Marta und der Verlust der Gattin vertiefen seine Kunst hin zu jener Weisheit, in der er spricht: „Wer endlich rein aus der Quelle schöpft, wird nicht irrey und wird großen Frieden haben. Archiv Deutscher Maternverlag (M) Sonst flüchtiger Leser, scheu auch das! Wie den Winter, so hat Richter die anderen Jahreszeiten nicht minder eingefangen. Daß er dabei aus dem Erleben sächsischer Landschaft schuf, macht ihn uns wert. Ludwig Richter hat hier die ganze Familie um di« Eingangstür versammelt. Ein Junge ist voll Freude hinausgesprungen und fängt mit dem Hut einige der tanzenden Flocken auf. — Ein Bild der Zeit seligen Kindseins. — Die ' " " nur am Original im Dresdner Kupfersti einer rührend verbundenen Einheit geworden: und es ist, als liege in der tröstenden Gebärde des Schwesterchens, das seinem Brüderchen die Tränen trocknet, auch etwa« vom süßen, vorgeahnten Trost der Weihnachtszeit. Nun aber ist ein Blatt in dieser Reihe „Gloria in excelsis Deo et in terra pax*, das, gewiß eines der schönsten Weihnachtsdarstellungen, noch viel zu wenig Beachtung gefunden hat. Und doch enthält es neben der christlichen Legende, die sich in einem heimatlichen Stall begibt, zwei Wesenszüge, die für unsere Weihnacht im Geiste des Volkstums hochbedeutsam sind. Die Weihnachts« geschichte begibt sich hier vor Kindern. Kinder sind die Hirten, Kinder kommen zur Anbetung, und auch ist die Engelschöre ist das Kinderherz eingebettet. So ist der tiefe mütterliche Sinn der Weihnacht mit dem ewigen Kinderwesen, an dem wir selbst genesen sollen, hier ein heitlich zum Ausdruck gebracht worden. Eingerahmt wird dieses Geschehen wiederum von zwei Lebensbäumen, dis Fruchtbaum und Weihnachtsbaum zugleich sind, so daß auch darin die Verschmelzung mit germanischem Naturi« empfinden, wie wir sie in der Weihnacht erkennen, voll endet dargestellt erscheint. Ganz volkstümlichen Weih« nachtsgeift atmet das Bild „V o m C h r i st m a rkt*. Zwes Kinder sitzen hinter ihrem Verkaufsstand mit Pflaumen* Nuprechten. Ueber dem Geschäftsbild bläst ein Engel daA Signal „Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe* in den dunk len Winterabend, in dessen Schatten man die Umrisse von Dresden erkennt. Ein Bild der deutschen Wohnstube schlechthin ist daH berühmte „Die Christnacht*, in dem Engel den Lich« terbaum vom Himmel herunter in die weihnachtlich« Kleinstadt bringen. Friede und Freude gehen von diesen? Bilde aus, das Ludwig Richters größte Radierung über« Haupt ist. Er vollendete daS Kunstblatt tm Jahr 18SA nach angestrengter Arbeit, die sein späteres Augenleiden zur Folge hatte, für den Dresdner Kunstverein. Man dar in der Keinen Stadt, in der die Bläser vom Turm ihr« Wethnachtsmusik verkünden, Wohl wieder Meißen erkenh nen, ebenso in der zweiten Darstellung „EhreseiGoti tn der Höhe*. Ist im ersten Bild das Licht und dtä Kraft um den Weihnachtsbaum gelegt, so hier um de« Turm, auf dem Kinder und Greise in kalter Winternachs hoch über der Stadt, die in der Dämmerung liegt, ver* sammelt sind, um des Schöpfers Lob zu singen und z» blasen. Wenn je einer Welt deutsche Herzlichkeit aus deutscher» Volksempfinden dargelegt werden sollte, hier ist sie zu» Offenbarung geworden, und was durch das ganze Werr Ludwig Richters wie eine frohe Botschaft tönt, was durch feinen Winter und seine Weihnacht klingt und jubelt, form» sich zu der Erkenntnis, daß das deutsche Volk niemals zuerst groß war durch kalten, berechnenden Verstand, sonS dern immer und am meisten durch die Wärme und Krass seines Herzens und durch die Macht seines Gem teS. So wird auch manchem «tns«nen Menschen WetK nacht erblühen, wenn er seine LMMg-Richter-Mappe außi schlägt und in ihr das deutsche Wethnachtsherz entdeckt^ Max Zeibta.