Suche löschen...
Zschopauer Tageblatt und Anzeiger : 22.11.1938
- Erscheinungsdatum
- 1938-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1780077211-193811226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1780077211-19381122
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1780077211-19381122
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Zschopauer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1938
-
Monat
1938-11
- Tag 1938-11-22
-
Monat
1938-11
-
Jahr
1938
- Titel
- Zschopauer Tageblatt und Anzeiger : 22.11.1938
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Gin Gast aus dem Weltraum Ein Metcorwurde beobachtet — BeiFrank- furt am Main niedergegangen? In Süd- und Westdeutschland wurde am Sonntag abend eine außergewöhnliche Naturerscheinung beobachtet. Es handelt sich um einen Meteor, der außer gewöhnliche Helligkeit und Leuchtkraft besaß und zuerst in der Gegend nm München gesehen wurde. Das prachtvolle Bild dieser Erscheinung ließ zunächst vermuten, daß es sich um einen großen Kometen handele. Da sich aber erwies, daß der Meteor seine Bahn in Richtung auf Westdeutsch land genommen hatte, wo er z. B. über Frankfurt am Main etwa 2Ü Minuten lang beobachtet werden konnte, wird angenommen, daß der Meteor irgendwo in diesem Gebiet niedergegangen ist. Das Institut für Meteorologie und Geophysik an der Universität Frankfurt hat Nachforschungen nach dem ver- mutlichen Verlauf der Bahn des Meteors angestellt. Auf Grund der bis jetzt getroffenen Feststellungen ist an der Lichterscheinnng selbst nicht zu zweifeln, doch spielt — wie stets bej solchen Vorgängen — auch hier die Phantasie reich lich mit. Die Aufschlagstelle ist bisher nicht ge funden worden. Es ist auch noch keinesfalls erwiesen, 'ob der Meteor an einem erreichbaren Punkt nieder gegangen ist. An verschiedenen Orten, wo der Meteor gesehen wurde, war sein Lichtschein so stark, daß die Zimmer hell erleuchtet wurden. Die Aussagen über die Er scheinung gehen naturgemäß stark auseinander. Die einen sprechen davon, daß der Meteor einen rötlich leuchtenden Kern und einen bläulich schimmernden, raketenähnlichen Schwanz befaß. Andere wieder wollen ihn als eine große grüne Kugel gesehen haben, die einen feuerroten, schlan- genähnlichcn Schwanz nach sich zog. An sich sind derartige Himmelserscheinnngen schon ziemlich oft beobachtet worden. Es handelt sich dabei um einen festen Körper, der im Weltraum frei herumfliegt, in den Anziehuugsbereich der Erdkugel kommt und bei der Berührung mit den irdischen Luftschichten von seiner Weltraumtemperatur von minus 237 Grad so erhitzt wird, daß er ins Glühen gerät und schließlich oft noch vor dem Aufschlag auf den Erdboden in Atome zersplittert. Meistens erreichen nur ganz große Meteorstücke den Erdboden selbst, und so hat man beispielsweise in Sibirien riesige Meteortrichter beobachtet, die beim Einschlag entstanden sind. — Hinrichtung zweier Landesverräter Die Justizprcssestclle beim Volksgerichtshof teilt mit: Der am 1. August 1938 vom Volksgerichtshof wegen Landesverrats zum Tode und zu dauerndem Ehrverlust verurteilte 26jährige Erich Bodach aus Geycrsdorf, Kreis Fraustadt, und der am 13. August 1938 vom Volksgerichts hof wegen Landesverrats zum Tode und zu dauerndem Ehrverlust verurteilte 37jährige Alfred Koser sind hin gerichtet worden. Bodach hat sich aus Leichtsinn und Eigennutz von ausländischen Grenzbcamten zum Landesverrat verleiten lassen, um mit dem Erlös seiner Verratstätigkeit leicht fertige Ankäufe abzudecken. Kofcr hat eine Vertrauensstellung dazu mißbraucht, Vorgänge und Maßnahmen der deutschen Landesverteidi gung, die ihm auf Grund seiner Stellung bekannt wurden, für Geld an einen ausländischen Spionagedienst preiszu- gcben. Als er schließlich von seinen Auftraggebern fallen gelassen wurde, hat er sich dem Nachrichtendienst eines anderen Staates ebenfalls zur Verfügung gestellt. Jetzt bat ihn d'c verdiente Strafe erreicht, der über kurz oder lang kein Landesverräter entgeht. Hans von Benda 5t> Jahre alt. Generalmusikdirektor Hans von Benda, der künstlerische Leiter des Philharmonischen Orchesters und Dirigent des Philharmonischen Kammer- orchcstcrs, feiert am 22. November seinen 50. Geburtstag. SSL Ganze ^/-Standarte im BerufSwettkampf. Der Gauob- mann der DAF. München-Oberbayern bat vom jj-Stan- dartenführer Buchmann ein Telegramm folgenden Wortlauts erhalten: „Anläßlich deS Standartenappells der 1. ss-Stan- darte .Julins Schreck' babe ich allen meinen jj-Angchörigen die Teilnahme am Berufswettkampf aller Schaffenden zur Pflicht gemacht." Kugel aus dem Weltkriege ansgehustet. Ein eigenartiger Vorfall trug sich in einem Betriebe in Kassel zu. Ein 46- jähriger Facharbeiter hatte im Weltkrieg einen Lungenstcck- schuß erhalten. Die Kugel konnte bisher nicht entfernt werden. Plötzlich vaespürte der Mann jetzt Schmerzen und schweren Hustenreiz. Beim Husten flog ihm die seit über zwanzig Jahren im Körper befindliche Kugel aus dem Munde. Vater erschoß den Liebhaber seiner Tochter. In Korbach lWaldeck) war ver Sohn eines Gutspächters mit der 16jäh- rigen Tochter eines Bauern in Verbindung getreten. DaS Verhältnis blieb nicht ohne Folgen, und vor kurzem wurde das Mädchen von einem Kind entbunden. Der Bauer uns sein« Toch" - '"Zuchten vergeblich, den Kindesvatcr dazu zu bestimmen, die Ehe elnzugehen. Aufs höchste erregt durch die Ablehnung zog der Bauer einen Revolver und gab vier Schüsse aus den Gutspächtersohn ab, der tot niedersank. Gaunertrick mit altem Hundertmarkschein. Der bereits fünfmal vorbestrafte 22 Jahre alle Siegfried Wartenberg aus Hamburg ließ im Sommer dieses Jahres seine Arbeitsstelle im Stich und fuhr mit dem Fahrrad nach Mitteldeutschland. In Pred el, wo er übernachtete, legte er der Wirtin zur Bezah lung einen Hundertmarkschein vor. Als dieser Schein später gewechselt werden sollte, stellte cs sich heraus, daß es sich um einen längst verfallenen Geldschein handelte. Wegen dieser Gaunerei verurteilte das Schöffengericht Weißenfels den An geklagten zu einem Jahr zwei Monaten Gefängnis und drei Jahren Ehrverlust. Begnadigung durch den Führer. Der Führer und Reichs kanzler hat die gegen die Eheleute Paul und Martha Schröder vom Schwurgericht in Stolp wegen gemeinschaft lichen Mordes ihres neugeborenen Kindes erkannten Todes strafen im Gnadenwege in Zuchthausstrafen von je fünfzehn Jahren umgewandelt, weil die Verurteilten in ernster Notlage aus schwerer Sorge nm ihr und ihrer drei lebenden Kinder -Fortkommen gehandelt haben. Schadenfeuer durch Brandstiftung. In der Dachbodenwoh- nung eines Hauses in Marienbad brach Feuer aus, das großen Schaden anrichtete. Sechs im vierten Stock des Hauses wohnende Familien konnten fast nur das nackte Leben retten. Feuerwehr, Polizei und Gendarmerie konnten durch ihr Ein greifen den Brand auf das Dachgeschoß und das vierte Stock werk beschränken. Man nimmt an, daß Brandstiftung vorliegt. Der mutmaßliche Täter ist verhaftet worden. Cayenne-Sträflinge revoltieren. Im Zuchthaus der Insel San Martin de Nö, das als Sammellager für die nach der Verbrechcrkolonie Cayenne Verbannten rückfälligen Sträf linge dient, kam es in der Nacht zu einer Meuterei, als Vie Verbrecher erfuhren, daß sie an Bord des schwimmenden Zucht hauses „Martiniöre" nach Cayenne überführt werden sollten. Die Zuchthauswärter behielten jedoch die Oberhand und konn ten die Ruhe und Ordnung wieder Herstellen. 20 Zuchthäusler wurden mehr oder weniger schwer verletzt. HaM, MWst und BerW Amtliche Berliner Notierungen vom 21. November (Sämtliche Notierungen ohne Gewähr) Berliner Wertpapierbörse. Das Geschäft an der Berliner Börse hielt sich in engen Grenzen. Die Grundhaltung war nicht ganz einheitlich, und gegen Schluß stellte sich eine leichte Ab- schwächung ein.' Am Renten markt war die Altbesihan- leihe widerstandsfähig. Ans anderen Gebieten gab es leichte Abschwächungen. Blankotagesgeld zog auf 2,37 bis 2,62 v. H. an. Berliner Devisenbörse. (Telegraphische Auszahlungen.) Argentinien 0,566 (0,570); Belgien 42,18 (42,26); Dänemark 52,34 (52,41); Danzig 47,00 (47,10); England 11,720 (11,750); Explosion in einer Synagoge in Rumänien. In Karls burg in Siebenbürgen, dem Sitz des Statthalters des Vcr- waltnngsgaues Mieresch, ereignete sich eine Explosion in der Synagoge. Das Gebäude wurde erheblich beschädigt. Die Be hörden haben sofort die Nachforschungen nach den unbekann ten Tätern ausgenommen Berliner PreiSnotierungrn für Hühnereier in Reichs- Pfennigen >e Stück für waggonweisen Bezug, frachtfrei Empfangsstation, verzollt und versteuert, einschließlich Unrer- schicdsbetrag, einschließlich Kennzeichnung, Verpackung und Banderolierung. JnlandSeier: l. 61 (vollsrisch): Sonder klasse 65 Gramm und darüber 13,50, Größe X 60—65 Gramm 13. Größe 3 55—60 Gramm 12,50, Größe 6 50—55 Gramm, 11,75, Größe v 45—50 Gramm 11; II. 6 2 (frisch): Sonder klasse 13,25, Größe ä 12,75. Größe 8 12,25, Größe C 11,50, Größe 0 10,75. lll, Aussortiene Ware: 45 Gramm und dar über 11, darunter 10. Enteneier in- und ausländischer Herkunft (sortiert): über 60 Gramm 10,75, bis 60 Gramm 9,75. Un- gekennzeichneter Verbraucherhöchstpreis für.Kurmark 12. Aus- land sei er: Holländer. Dänen. Schweden. Norweger, Finnen, Belgier, Estländer, Irländer, Leiten. Litauer. Polen, Bulgaren, Ungarn, Jugoslawen, Türken, Chilenen, Argentinier und Rumänen: Sonderklasse 11, Größe ä 10,50, Größe 8 10, Größe 6 9,25, Größe v 8,50; Bulgaren Original 54—55 Gramm (unsortiert) 9,50: Polen Original 54—55 Gramm (unsortiert) 9,50. — Kühlbauseier: Sonderklasse 10, Größe 9,50, Größe 3 8,75. Größe 0 8,25, Größe 0 7,75. Mlo-NMWll Mittwoch, den 28. November. Deutschlanbsender. 6.10 Eine kleine Melodie. 6.30 Kon zert. 7.00 Nachrichten. 9.40 Kleine Turnstunde. 10.00 Ein Leben voller Abenteuer. 10.30 Fröhlicher Kindergarten. 11.30 Dreißig bunte Minuten. 12.00 Konzert. 13.45 Nach richten. 14.00 Allerlei von Zwei bis Drei. 15.00 Wetter, Markt, Börse. 15.15 Kinbcrliebersingen. 15.30 Frederik Hippmann spielt. 16.00 Musik am Nachmittag. 17.00 Zeit geschehen. 18.00 Vollblutzucht und Nennen! 18.20 ... er scheint in neuer Auflage! 18.30 Die klassische Sonate. 19.00 Deutschlanüecho. 19.15 Wenn zwei das gleiche tun. 20.15 Musik aus dem Leipziger Gewandhaus. 22.00 Nachrichten, Wetter, Sport. Deutschlandecho. 22.30 Eine kleine Nacht musik. 23.00 Konzert. Leipzig. 6.30 Konzert 7.00 Nachrichten. 8.00 Gymnastik. 8.20 Kleine Musik. 8.30 Konzert. 10.00 Hörfolge. 11.15 Er zeugung und Verbrauch. 11.35 Heute vor ... Jahre». 11.40 Sammelt Schilfkolben. 12.00 Musik für die Arbeitspause. 13.00 Nachrichten, Wetter. 13.15 Konzert. 14.00 Nachrichten, Musik nach Tisch. 15.05 Ach wie bald schwindet Schönheit und Gestalt. 15.25 Die Unstrut. 15.45 In meiner Mutter Garten. 16.00 Bunter Nachmittag. 17.00 Wetter, Wirtichafts- nachrichten. Marktbericht. 18.00 Seltsames Asien. 18.20 Zwischenspiel. 18.40 Vorlesung. 19.00 Vetriebsfeierstunde. 19.50 Umschau am Abend. 20.00 Nachrichten. 20.15 Stunde der jungen Nation. Die Schillschen Offiziere. 21.15 Froh sinn für alle. 22.00 Nachrichten, Wetter, Sport. 22.30 Kon zert. 23.00 Konzert. 24.00 Nachtkonzert. ME Leipziger Jahrbuch 1939. HerauSgcgeben von Georg Merseburger. Verlag Otto Beyer, Leipzig-Berlin. Mit vielen farbigen Tafeln und über 120 Bildern im Text. Preis 2,80 Geschenkband Hlbl. 4,00 — Ein lebendiges Spiegelbild von der Vergangenheit und Gegenwart der Neichsmessestaöt stellt das Leipziger Jahrbuch 1939 dar, daS zugleich eine umfassende Chronik des Stadt- und Welt- gcfchehcns bietet. Dieses Werk erscheint als zeitgemäße Fortsetzung des weitbekannten Leipziger Kalenders unter Mitarbeit berufenster Stellen, denen es seine gediegene Aus stattung in bezug auf Wahl und Gestaltung seines Stoffes verdankt. Aus feinem reichen Inhalt erwähnen wir: Leip zig in der Durchbruchszeit der Reformation. Die Völker schlacht, ein Sedan? — Deutsche Künstler zeichnen in Leipzig (mit unbekannten Zeichnungen von Adolf,Menzel) — Un veröffentlichte Körnerbriefe — Leipzigs Jtalienbcziehungen — Die Garteucntwicklung Leipzigs. — Und aus der Gegen wart: Leipzig baut — Bon der ersten zur zweiten Neichs- messestadt — Dichtung unserer Zeit — Leipzig als Stadt der großen Museen. — Das gegenwärtige Schaffen der Leipziger Bühnen mit vier farbigen Bilderbogen nach Farbfotos. Das Buch ist zum Eigcnbesitz wie zum Geschenk gleich geeignet. Gefahr uw Bianca Roman vonHaraldBaumgarten. 57. Fortsetzung. Wagen um Wagen fährt'vor, wie es erst zum Standes amt geht und dann in die Kirche, die voller Blumen ist. Der Herr Bürgermeister hat eine wohleinstudierte Rede gehalten. Aber Bianca hört kaum die Worte. Sie sieht wieder nach dem bunten Elasfenster mit den musizieren, den Engelchen. Ihr Herz ist so voller Dankbarkeit und Glück, daß ihr „Ja" diesmal ganz ängstlich und beklommen herauskommt. Um so lauter dröhnt die Stimme von Peter durch den Saal, „Ja! Ja!" sagt er, und nun unterschreiben sie wieder, während Fräulein Vielhaben vor Rührung jchluchzt. Was Jette mißbilligt; denn sie findet, daß diese Hochzeit keine Veranlassung zu Tränen bietet. Was sie je doch nicht abhält, ihr Gesicht in einem großen Taschentuch zu verbergen. Was für ein Eläserklingen in dem großen Saale des Hotels an der Elbe! Welche Toaste auf die Braut, auf den Bräutigam, auf die Mutter! Alle Augenblicke kommt ein Telegramm. Der Vräuti- gam verliest sie der Reihe nach. Eines ist dabei, das liest er langsam vor, so, als wisse er nicht recht, ob es für einen großen Kreis bestimmt sei. Es kommt aus Santa Blanca und lautet: „Wir senden herzliche Glückwünsche. Uns geht es gut. Marietta ist ge sund und froh. Dürfen wir hier bleiben? Stein und Frau." Verschiedene wollen wißen, wer die Absender sind. Aber Peter gibt keine Antwort. Er neigt sich zu seiner jungen Frau nieder. „Was sollen wir antworten, Bianca?" Sie sieht zu ihm auf. „Daß wir Stein zum Verwalter der Santa Blanca machen, Peter, und daß wir ihnen alles Gute wünschen!" Peter gibt gleich ein langes Kabel auf. das in Kürze zwei Menschen in den Be»gen Boliviens glücklich macht. Wie die Schatten des Abends schon Hereinbrechen, sitzt die Gesellschaft noch immer beisammen. Heimlich gehen Bianca und Peter, wie das so üblich Ist bei jungen, glücklichen Ehepaaren. Abends fährt der Zug nach der Riviera, und vorher wollen sie noch eine Stunde mit Mutter in dem kleinen Häuschen beisammen sein. Jette ist schon vorausgeeilt; denn sie ist der Meinung, das Hochzeitodiner mit den vielen Gängen habe nicht ge nügt, und sie hat noch ein Abendessen hergerichiet. Das hätte sie sich nicht nehmen lassen. Das ist eine besondere Uebexraschung. Wie es klingelt, eilt sie an die Tür, und da steht ihr Herr Peter und hat seine kleine Prinzessin im Arm. — In der Hafenstadt Le Havre war es. Dort, in einer der schmutzigen Gassen war ein Kaba rett, das Seeleute und Durchreisende besuchten. Ein min derwertiges Lokal, in dem nur Künstler auftraten, die an derswo kein Unterkommen fanden. Da schrillte eine Helle Glocke in der Garderobe, in der die Künstlerinnen saßen, und mahnte, daß es Zeit sei, aufzutreten. In solch einer Garderobe saß an diesem Abend Eva Stahl — wie sie sich nannte. Vorne aber — in dem ver rauchten Oval des Zuschauerraumes bediente als Kellner Edgar Brandt, ihr Mann. In wilder Hast waren sie vor Monaten aus Berlin ge flohen. Edgar hatte genügend flüssige Mittel mitgenom men, um mit Eva an die Riviera zu fahren. Sie spielten in Monte Carlo. Sie gehörten zu der Zahl von gestran deten Existenzen, die Nacht für Nacht mit der Bank kämp fen Aber dann hatte der unersättliche Rachen der Spiel bank auch ihr Geld verschlungen. Gänzlich mittellos und zu ängstlich, an ihre Mutter zu schreiben — denn sie be fürchteten, man werde auch sie zur Rechenschaft ziehen —, hatte Eva es vorgezogen, ein Engagement zu suchen. Aber wo war ihre Stimme geblieben? Nur noch ein Schatten davon. Gerade genug, um in kläglichen Stätten des Ver gnügens für ein paar Franks den Abend auftreten zu können. Da Edgar Brandt nichts gelernt hatte, als Geld zu verschwenden, so gab es kein anderes Mittel, als daß er sich als Kellner anbot. Als Aushilfskellner, der den Zuaven und Matrosen in den Hafenkneipen den roten Landwern brachte. Sie verschwanden in der Menge unglücklicher Exi stenzen. Man hat nie wieder von ihnen gehört. Peter und Bianca hörten*nur den Ton der Glocke, der die alte Jette herbeigerufen hatte. Sie sind ein wenig be schämt. wie Jette sich abwendet, als sie sieht, daß Peter seine junge Frau küßt. Aber dann lachen sie Jette aus. Die alte Frau Fanning kommt, und sie gehen auf die Veranda. Da brennen die Lampions; denn es ist schon recht schummrig. Ein linder Frühlingswind weht. Sie sitzen noch ein wenig beisammen, und dann geht Bianca, um sich umzukleiden. Die weißhaarige Frau sieht ihren Cohn an. „Du liebst Bianca?" fragt sie leise. Erstaunt, fast beleidigt sieht er sie an. Was ist das nur für eine Frage! „Ich habe immer nur Bianca ge liebt!" antwortet er. Und so ist es. Ganz fest ist er davon überzeugt, daß er die Wahrheit gesprochen hat. So sehr hält ibn die Gegenwart im Bann. < - «> sie aus. — Ende. — Die Mutter widerspricht ihm nicht. Im Gegenteil. Sie küßt ihn auf die Stirn und lächelt. „Ich Habs es gewußt, ich allein habe es gewußt, mein Junge, daß du immer nur Bianca geliebt hast." Ein kleiner Schalk sitzt in ihren Augen. „Halt — ich will ehrlich sein. Einer war es auch noch. Den kennst du auch — es war der Karojunge!" und sie lacht herzlich vor lauter Glück den erstaunten Ehe mann an. Bianca kommt herunter. In einem aparten Reisekostum. Ein kleines Hütchen mit einem flatternden Schleier bän digt die Flut ihrer Haare. Als einzigen Schmuck trägt sie die Jnkakette. Nun gehen sie durch den Garten. Sie sehen sich noch einmal um. Aber dann gehen sie voraus. In ihr Leben. In das neue Leben, das vor ihnen liegt. Und das ihnen Freud und Leid bringen wird wie jedem Menschenleben. Nun sind sie schon an der Gartenpforte — der Pforte, an der Bianca so oft gewartet hat — und unten rauscht der Strom. Die Laterne blinzelt. Es ist fast so, als kniffe sie ein Auge zu, um dadurch ihre Freude und ihren Spaß anzu- zeigen. Es ist der Wind, der ihre Flamme bald höher leuch ten läßt, bald sie niederdrückt. Durch diese Gartenpforte, an dieser Laterne vorbei ist die kleine Bianca zum ersten Male in dies Haus gegangen. Peter denkt daran. Und fleht seine kleine, zierliche Frau an. Die Straße ist leer — denn es ist Abend — und er kann es vor Glück nicht aushalten. Er muß sie erst einmal gründlich in die Arme nehmen. Oh, denkt die Laterne — was ist das? Und sie blinzelt stärker. Ihr Licht fällt auf die Inkakette; denn bet der Umarmung hat sich das Kostüm von Bianca ein wenig ver schoben. Auch Peter bemerkt diesen Glanz. „Die Kette der Inka, Bianca — die glücklich macht, wer reine Liebe trägt. Er innerst du dich?" Sie nickt. „Sie war der Grund von ^lem. Sie hat dich geführt, bis du dich zu mir gefunden haftl" „Nein, Bianca — nur du! Du und dein gütiges Herz! Und deine große Liebe!" Oho! — denkt die Laterne. — Das geht zu weit. Was sollen die Leute denken, wenn sie sehen, wie sich dieses junge Paar umarmt? Der Wind weht warm und lebencrweckend von der Elbe her. Da blinzelt die Laterne noch einmal. Sie sieht, wie die beiden sich Immer noch umschlungen halten. Ganz warm wird der alten Laterne ums Herz. Sie meint, daß ihr Licht stören könne. Da wirft sie ihre Flamme dem brau senden Winde entgegen, und mit einem leisen Seufzer geht
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite