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verbraucht, lebcusFungiTg, der verurleltt ist, als niitletd- erregendcs Geschöpf in der Welt herumzuschwanleu, ans- geschlossen von allen Freuden seines Alters, abgeschnitten von allein was das Leben eines Zwanzigjährigen lebens- wert machtI Ich stand in dieser Zeit immer kurz vor dem Selbstmord; vielleicht hielt mich nur der Gedanke an meine Mutter aufrecht. Sie besuchte mich täglich; sie war eine fromme Frau und hatte es in ihrem schweren und mühe vollen Leben gelernt, alles als gottgesandte Fügung an- znsehen — es gelang ihr zwar damals nicht, auch mir zn diesem Glauben zu verhelfen. Aber ich sah ein, daß ich ihr den Schmerz nicht antun durste, als ein Sünder ohne Gnade vor Gottes Gericht zu treten. Ich blieb also am Leben — hoffnungslos, verzweifelt, endlich in stumpfer Ergebenheit.* Zögernd wandle Heßdorf das Blatt. War es nicht besser, auch das zu streichen? Wen ging es schließlich etwas an, was er gelitten? Wen interessierte es, wie er zu seiner Mutter gestanden hatte? Mitleid wollte er nicht erwecken, oh, um keinen Preisl Er strich rasch entschlossen die letzte halbe Seite. Dann las er weiter: „Zu dieser Zett war ich j tn München Student der Voltswirlscha,«. e-un Stipendium ermöglichte mir das Studium, ich wollte versuchen, irgend ein Bankangestellter oder Treuhänder zu werden; eine andere als sitzende Lebensweise kam für mich ja nicht in Betracht. Trotz aller bisherigen Fehlschläge und obgleich seit meiner Verwundung schon fast zwei Jahre vergangen waren, hatte ich doch immer noch die geheime Hoffnung, Einmal wieder ganz gesund zu werden. Ich hatte davon gehört, daß in einzelnen Fällen eine erneute Operation geholfen hatte; so begab ich mich zu Professor Tomary in Behandlung, der damals Extraordinarius für Chirurgie in München war. Obwohl ich nur ein armer Student war, interessierte sich der Professor sofort lebhaft für meinen Fall; er untersuchte mich gründlich, dann erklärte er, die wandernden Granatsplitter gefunden zu haben — er würde mich operieren, und versprach mir baldige Heilung. Er machte mir einen so überzeugenden und vertrauen erweckenden Eindruck, daß ich mich ohne Zögern zur Operation entschloß und in seine Klinik ging. Ja, ich schöpfte wieder neuen Lebensrngt. Die Operation wurde ausgeführt, die noch vorhandenen Granatsplitter wurden entfernt — scheinbar war alles in Ordnung. Ich lag wochenlang schwer krank damals — wieder eine neue, harte Geduldsprobe, aber, so hoffte ich bestimmt, die letzte. Endlich war es so wett, daß ich auf stehen und die ersten Gehversuche machen sollte. Die Ent täuschung war furchtbar: ich war kränker als zuvor. Hatte ich vorher wenigstens noch an Stöcken gehen können, so konnte ich mich jetzt ohne Krücken überhaupt nicht mehr vorwärts bewegen." So weit ging der Bericht. Heßdorf griff zur Feder und wollte weiterschreiben, aber er hielt inne. Sollte er hier von seinen schweren, plötzlichen Auseinandersetzungen mit dem Professor berichten? Sollte er' ntederschreiben, welch sonderbare Vorschläge dieser ihm gemacht? Nein — wozu? Er wollte Ellas Vater schonen, soweit es möglich war, und er war ja tot jetzt, es konnte nichts mehr ge schehen. Er war tot! Aber es war nicht nur der Professor Tomary, der schlechte Arzt, der tot war, auch Elkas Väter war nicht mehr, der sich seiner Verbindung mit der Tochter so heftig widersetzt hatte. Erst jetzt wagte Heßdorf sich klar zumachen, was das möglicherweise für ihn und Elka be deuten konnte. Der Widerstand des Professors gegen eine Heirat zwischen ihm und Elka war ja so unsinnig gewesen, kein vernünftiger Mensch hätte die Gründe anerkennen können, die den Professor zu seiner Absage bestimmt hatten. Jetzt war niemand mehr da, der zwischen ihnen stand. Elka dachte noch an ihn; ihre Verlobung mit dem jungen Thurandt war ein übereilter Schritt gewesen, den sie nach allem, was Doktor Reiser ihm berichtet hatte, sicher schon bereute. Und er selbst... Heßdorf warf die Papiere in die Schublade zurück; hastig zündete er eine zwe.le Zlgn^i.e an und begann aufs neue ruhelos I i Naum aus und ab zu gehen Er selbst, er hatte nie ,i...^rhört, Elka zu lieben, und er würde sie auch weiter lieben müssen, mochte nun geschehen, was da wollte. Halte er nicht im vorigen Jahre, nach der brüsken Absage des Professors, mit allen Mitteln ver sucht, sich von der Liebe zu ihr zu befreien? Ja, er hatte cs sogar unternommen, durch Selbstanalyse die Ursprünge dieser Liebe auszuspüren, sie so vom Irrationalen, Sclück- salmäßigen zu lösen und auf diese Weise zum Absterbeu zu bringen. Durch angestrengte Rückerinnerung an seine Kiiab.ii- zcil war es ihm gelungen, jenes Erlebnis zurückzurusen, das er als den eigentlichen Ursprung seiner Liebe zu Ella Tomary anzusehen geneigt war. Er war fünfzehn Jahre alt und der beste Schüler in der Untersekunda. Dabei war er kein Musterknabe, sondern rin Draufgänger und Raufbold, und die meisten seiner Mitschüler zollten ihm insgeheim Anerkennung. Nach außen hin wagten sie sie nicht recht zu zeigen, da alle sich dem Einfluß eben jener „feudalen Clique" beugten, für die nnr Herkunft, Stand und Kleidung ausschlaggebend waren, und die den Arbeitersohn niemals als ihresgleichen oder gar als überlegen ansehen konnten. Aber da war Knrt Kaufmann gewesen, der Sohn -ines Rechtsanwalts. Er war mit seinen Eltern viel gereist nnd wagte es, sich ein eigenes Urteil zu bilden; er lief nicht blindlings mit den anderen mit und wurde anerkannt, ob wohl er zu den eigentlichen „Feudalen", den jungen „Jndustriebaronen" nicht gehörte. Knrt Kaufmann halte im Jnni Geburtstag, und er lud fast die ganze Klasse zn einem Gartenfest ein; auch Guido Heßdorf war geladen, und er kam. Er erinnerte sich noch genau, wie unglücklich er sich in seinem ausgewachsenen Konfirmationsanzug unter den anderen gefühlt hatte, die schwarze Abendanzüge, gestärkte Wäsche nnd Blumen im Knopfloch trugen. Scheu und linkisch hatte er sich in diesen, Kreise herumgedrückt; besonders unbehaglich fühlte er sich den Mädchen gegenüber, die so bunt heransgeputzt waren und in einem fort lachten und kicherten. Wie glücklich war er gewesen, als endlich die Tafel aufgehoben war; freilich war es nun eigentlich nur noch schlimmer, denn es wurde getanzt, und er hatte nicht tanzen gelernt. Aber wenig stens war er nicht mehr an seinen Platz am Tisch auf der Terrasse neben so ein schnatterndes Mädel festgebannt; unbemerkt verzog er sich allein in den dämmerigen Park. Er war auf einen Platz gekommen, in dessen Mitte ein kleiner Springbrunnen rauschte; gegenüber führte eine breite Treppe in einen höher gelegenen Teil des Parks. Nnd diese Treppe hinunter kam plötzlich, ganz langsam, mit leichten schwebenden Schritten, ein Märchenwesen, so schien es ihm. Ein zierliches Mädchen, nicht älter als vierzehn Jahre, dem dunkelbraune Locken über die schmalen Schultern sielen. Große blaue Augen blickten ihn forschend an; sie trug ein schmuckloses weißes Kleidchen und in der Hand eine weiße Rose. Wie verzaubert hatte er sie an- gestarrt; er fühlte, sie gehörte einer Welt an, von der er ewig ausgcstoßen sein würde. Das Mädchen kam auf ihn zu und sagte etwas zu ihm in einer fremden Sprache, die er nicht verstand. Er zuckte nur hilflos die Achseln. Da lachte sie leise; sie hielt ihm die Rose hin und deutete auf sein Knopfloch. Plötzlich hatte er die Blume in der Hand; sie aber war ver schwunden, wie eine Erscheinung. Er hatte sie nicht wiedergesehen, und er hätte daS Ganze für einen Traum gehalten, hätte ihm nicht Kurt Kaufmann später erzählt, seine englische Kusine sei an jenem Abend auf kurze Zett im Garten gewesen. Jetzt wäre sie längst wieder abgeretst. Die Erscheinung jenes Abends war zum Jdealtraum seiner Jugend geworden. Sie hatte ihn davor bewahrt, sich wie die Kameraden ein paar Jahre später mit billigem Liebesgenuß zu begnügen. Durch den Krieg und daS grauenvolle Erleben jener Jahre war dieses Bild dann im Unbewußtsein versunken. BkMW im Ml s ' Skizze von P.E. Lukinger. Fünf Jahre nach dem großen Krieg und drei einsame Bauernhöfe, die sich im weiten Land eng und schüchtern anein ander schmiegten, das gab Zeit und Rahmen für die kleine Ge schichte, die sich am Totensonntag 1923 hier zutrug. Im Hause des eine» fehlten zwei Söhne, im Hause des andern der Großknecht und im dritten — nein, da hatte man keinen Toten, da wartete man Tag um Tag auf den Schritt im Flur, der den Vater bringen mußte. — Da wartete man seit sechs Jahren, denn damals war der letzte Brief von der russischen Front gekommen, und — dann war Schweigen. Die junge Frau horchte in stiller Nacht nach dem.Donner ferner Geschütze, aber es war nur das Blut hinter ihrer Stirn, das so dumpf schlug. Dann sagte man ihr, es sei Frieden, und sie wachte und lag mit offenem Munde, damit sie hörte, ob nicht des Nachbarn Hund unruhig war. Bellte er aber einmal, dann griff sie nach dem Herzen, sprang aus dem warmen Bett, machte Licht und trat zur Tür — es war nichts, und der kalte Pfosten am Tor grub sich in ihre zarte Haut und zog einen dunkelroten Strich, als habe sie eine Peitsche getroffen. „Sechs Jahre", flüsterte sie jetzt zwischen den engen Lippen und schob langsam den Stuhl weg, denn sie war lange am Tisch gesessen und hatte mit blasser Hand über das ebene, kühle Holz gestrichen. „Ja, sechs Jahre!" Und sie nahm ein dunkles Tuch lein aus der Trube an der Wand und verhüllte damit das Kreuz im Herrgottswinkel, daß es nur mehr ein schwarzes Dreieck war. Die Großmutter am Ofen zog den Enkel näher, hielt ihm sanft ihre Finger vor den kleinen Mund, damit er nicht losplaudere und senkte den Kopf mit dem silberweißen Haar tief auf die Brust. Dann nahm die junge Frau das Bild eines Mannes, breitete ein Helles Tuch über den Tisch und stellte eS darauf. Eine Papier rose, die sie am Vormittag gemacht hatte, legte sie vor den Rahmen. Dann setzte sie sich wieder, und ihre Lippen bewegten sich, als spreche sie mit dem Mann in der grauen Joppe. „Sollst nicht um ihn trauern, Theres!" Brüchig und mit müder Stimme sprach eS die Frau am Ofen. ,Jst doch nur vermißt, dein HanS. — Vielleicht kommt er wieder. — Kom men immer noch welche auS Rußland!" Aber dieser Zuspruch klang eher wie ein^rralteS Mbet und war woyi aucy meyr an einen anoeren gerichtet," woyi an oen, der jetzt ein graues Dämmern über die Erde sandte. Die alte Frau war dem schon sehr nahe gekommen und von dem Leben weit weggerückt. Ihre Worte waren wie Aeste im Herbst, durch die wir so aut mm Himmel sehen können und unter denen wir dennoch fröstelnd erschauern. Der kleine Junge batte sich an ihre Schulter geschmiegt, und eS knisterte fein die dunkle Seide ihres weichen Aermels. Hinterm Ofen hingen lange gelbe Ketten trocknender Apfelscheiben, und wie das Licht leise aus der Stube schlüpfte, breitete sich der Duft der Früchte aus und lag über Bank und Sims und Tisch. Der Bub schaute auf seine Füße. Noch hatte er'die derben Schuhe an, daran sich brauner Lehm in runden Klümpchen fest krallte. Warum hatte ihm Heute niemand geboten, sie auszu ziehen? Er streifte sie rasch von'den dicken Strümpfen, legte sie an die grünen Kacheln und lehnte sich wieder an den sanft faltigen Stoff von Großmutters Sonntagskleid. Die sah nicht auf. Vor dem Fenster stieg -er Nebel sachte über den Lattenzaun, ging durch die Äaumreihe und stand naß und frierend vor den Türen. Da knickte die letzte Aster, und dort brach ein spätes Blatt vom müden Zweige. Nun war ein schwingendes Gleiten im Zimmer. Die junge Frau blickte auf. Wie ein Vogel flog eS auf sie zu und legte sich ihr zu Füßen. — Sie hatte daS dunkle Tüchlem wohl nicht recht fest gemacht im HersgottSwinkel, und nun stand im schweigenden Dunkel das Kreuz über ihnen, und der Weiße Lew hing dort und breitete die Arme. Sie bückte sich, hob das Tuch vom Boden, nestelte es in ihre Bluse, Wack noch einen langen scheidenden Blick auf das Bild am Tisch, legte ihren Mantel um die Schultern und ging aus bE Zimm.-. Auf der schmalen Straße ging eine dunkle Frau. Es begann sachte zu schneien. Aber der Boden war noch zu warm, und so wandelte sich unter ihren Schritten das junge Weiß in braun faltigen-uralten Lehm. Sie sah geradeaus und fühlte eS kaum, wenn auf ihren heiße» Wangen die fallenden Flocken zu schnellen, bleigrauen Perlen wurden, die unablässig aus ihre Brust rollten. Wohin ging sie? Oh, daS war ja so gleichgültig. Nur fort aus der warmen Stube. Dieser kühle, segnende Wind hier, wie hatte sie sich danach gesehnt. Da» Dorf war noch weit. Man umnt» e» nur ahnen. Unter den tiefen Wolken versank alles, rünzedMi Sprech! nicht wnend von den Token. >Wo sie weilen, ist es still. !Spürt ihr nicht, wie rein ihr Wesen Her zu uns gelangen will? Himer Millionen Kreuzen: Sehl ihr nicht das starke Licht lleberirdisch Widerscheinen Her von ihrem Angesicht? Hon: e>. fragen ihre Stimmen Ans den Fernen Tag und Nacht: „Wird die Tat. die wir begonnen, Gni enüller und vollbracht?" W.e sie tragen. Wie sie lordern, Neigt euch lauschend ihnen hin. Sprecht nicht tönend von den Tote:» Einfach sei der Rede Sinn. Walter Nispeier-Burloch. So konnte er es zunächst nicht begreifen, was lhn so be troffen gemacht hatte, als er Elka zum ersten Male be gegnete. Es war vor zwei Jahren gewesen, etwa ein Jahr nachdem Professor Tomary sich in der Stadt als Chirurg niedergelassen hatte. Er hatte mit einem Kollegen abends draußen in Barensfeld im Gartenrestanrant ge sessen; die Mnsik hatte Wiener Walzer gespielt, und von den Bäumen schwebte ab und zu ein welkes Blatt zitternd zu Boden. Ging jemand vorüber, so gab es jenes leichte Rascheln, das die Begleitmusik des Herbstes ist. Aber der Abend war klar und sommerlich warm. Da hatte der Kollege ihn plötzlich angestoßen: „Sehen Sie, Heßdors, das ist der Chirurg Tomary! Und eine Dame hat er bei sich, alle Achtung!" Neben Tomary, den er gar nicht beachtete, schritt eins zierliche schlanke Gestalt die Stufen zum Restaurant heü unter. Sie trug ein weißes Leinenkleid, braune Haar^ wellten sich unter dem großen dunklen Hut und großis blaue Augen sahen träumerisch über ihn hinweg. Wie eist elektrischer Schlag hatte es ihn durchzuckt; er wußte soi gleich, das war die Frau, die er lieben müßte. Dort stand sie, nur wenige Schritte von ihm entfernt --s aber sie sah ihn nicht, und sie war ausgerechnet Professor Tomarys Tochter! Warum er sie lieben mußte, daß sie das Ideal seiner Knabenzeil verkörperte, das hatte er sich erst später klav gemacht, als er versucht hatte, diese Liebe zum Erlöschef zu bringen. Aber die strenge Selbstanalyse hatte nichts geholfen; was nützte es ihm, daß er sich über den Ursprung des Gefühls klar wurde! Es war dadurch höchstens uocj tiefer geworden. Elka hatte ihn im Gefängnis nicht besucht; er wußte sie konnte es nicht, aus tausend Gründen. Aber an det Tagen der Hauptverhandlung würde sie da sein; sie müßtt ja als Zeugin erscheinen, und er würde sie sehen, Sri würde aussagen, und er dürfte wieder ihre Stimme hörens Und vielleicht — vielleicht — wer wußte, wie es noch kommen würde! Jedenfalls war dieser Gedanke ein Grunit mehr für Heßdorf, die Lauvtverb.andluna mit Ungednlq herbeizuwünschen. lFortsetzung folgt ^M^— '^IIMII »II IIS t Wei« Auflösung des Buchstaben »Rätsels: Zucker Laube gr ad M öven S a lome Zugvogel. Straße, Baum, Strauch und — das Dorf. Einmal blieb sie kurz stehen und lauschte, denn sie glaubte einen Schritt gehört zu haben, und sie hob ihre rechte Hand über >ie Augen, als blenoe sie der graue Wirbel des m Nacht ver« inkenden Himmels. Dann ging sie weiter, aber sie sah, daß sie ich nicht getäuscht habe. Der Schritt vor ihr wurde lauter. ES war ein schweres, festes Gehen. Dort, wo sonst die ragenden Pappeln standen, schalte sich, rasch deutlicher werdend, die Ge stalt eines Menschen aus -dem Nebel. Er kam auf sie zu, und sie ging mit rascher Wendung zur Seite, um Platz zu machen. „Guten Abend!" sagte sie ganz leise. Aber sie bekam keine Antwort. Nun schritt ein Mann dicht auf sie zu und — an ihr vorüber. Einen langen grauen Soldatenmantel hatte er an, schwere Schuhe, und unter der Soldatenmütze saß ihm der enge Strich einer Hellen Binde. Die Frau drehte sich um, als habe sie der Wind bei den Schultern gepackt. Sie wollte schreien, doch sie preßte nur beide Hände fest an de^Mund. Schon war der Mann viele Schritte weiter, da begann sie ihm nachzulaufen. Doch sie holte ihn nimmer ein. So sehr sie lief, ihre Brust flog und ihr heißer Atem, ihre Füße taumelten, und sie glitt im schlackigen Boden aus, stürzte hin und stemmt« sich wieder auf, — sie erreichte ihn nicht. Jetzt machte der Weg eme Biegung. „Ich falle! — Wart« doch! — Hans!" Und sie fiel wieder, und ihre Hande bekamen blutige Streifen. „HanS! — Hans!" Ihr Lauf glich dem eine» Trunkenen. , Nun kamen endlich die drei Gehöfte. Im vordersten, in ihrem Hause, war Licht. Der Mann ging durch den Garten und inS HauS. Sie eilte ihm nach und stand nun in der Stube. Doch sie war ganz allein. „HanS!^ schrie sie, und die Wände bebten unter ihrer Stimme. Da kam die Großmutter über die Stiege. „Kind, ich habe den Buben zu Bett gebracht! — WaS ist mit dir?" „Hansl" rief sie nochmals, doch jetzt ganz schwach, und sie sank stöhnend auf die Ofenbank. Der Nebel war durch dre offene Tur eingetreten und um hüllte die junge Frau, die nun in schwerem Freber lag. < „Nun weiß ich doch, daß er tot ist!" sagte die Vroßmutte^ M und gläubig. . - Druck und Verlag: Wochenblatt für Zschopau und Umgegend: Richard Voigtländer t« Zschopau. Schriftlettung: Margaret« Voigtländer tu Zschopau.