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der Druck und Verlag: Wochenblatt für Zschopau und Umgegend: Richard BolgtlSnder in Zschopau, Schrlstleitung: Margarete Voigtländer tu Zschopau. »inen Menschen, der mit sich selbst im reinen mar, ein Aden- für gute und große Gedanken. Das Rauschen, das sie so liebte, stieg aus dem Tal bis zur Brüstung -er Terrasse empor und erfüllte den Raum. Ein Echritt auf die Terrasse — und Krau Gildis stand unter dem Sternenhimmel, den ihr kein Baum und kein Dach first beengte. Die dunklen Berge trugen ihn. Er ruhte wie schwerer, schwarzblauer Damast auf dem matten Schimmer der Felsen. Sie stand lange ohne Bewegung, in den Anblick der Glanznacht versunken, und gab sich jener seltsamen Be freiung hin, die der Sternenhimmel des eigenen IchS, von der Enge aller zettgebundenen Hoffnungen und Befürchtungen, die vor der Ewigkeit verblassen müssen. Frau Gildis atmete tief. Die Luft war satt von Heu geruch und Duft der Kletterrosen. Ein gesundes Schlaf bedürfnis überfiel sie. Sie wandte sich und wollte die Tcrrassentttre schließen. Da streifte ihr Blick einen aufznckenden Lichtschein im Tal, der sich zeitweilig zwischen Baumgruppen ver lor, wieder auftauchte und langsam nähcrschaukelte. Nun mar das wandernde Licht bereits auf ihrem Grundstück, sie hörte deutlich das Knirschen von Schrit ten auf dem GartcnkieS. Herzklopfende Unruhe befiel sie. Ihre Hände wurden kalt. Das Schuldgefühl, das sie seit GlonauS Weggang nicht mehr verlassen hatte, wuchs an zur Angst. Ihre Augen wollten das Dunkel durchdringen, sie schmerzten beinahe; aber das Licht war verschwunden. Sie konnte nicht wissen, -aß der Neitensepp die Laterne ausgelöscht hatte, als ihnen der Lichtschein des Hauses den Weg wies. So schrie sie leise auf, als plötzlich ein großer, wuchtiger Schatten mitten am der Sterntreppe stand, ein Bauer aus -er Nachbarschaft, den sie flüchtig kannte, aber nie sonderlich beachtet hatte. „Wer sind Sie?" Der Neitensepp staunte. Das war städtische Art, den nächsten Nachbarn nicht zu kennen. War doch was Wich tiges um die Nachbarschaft, man war auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen, es konnte brennen, eine Lahn konnte niedergehen — man mußte doch wissen, ob Leute da waren, auf die ein Verlaß in Ler Nör. „I bin der Neitensepp!" sagte er und blitzte Fran Gllöis unter buschigen Brauen an. Neitensepp — Reüenlehen — ihr schoß das Blut zum Herzen. Im Reiteniehen hatte Walter gewohnt, so hatte man ihr gesagt. Sie ahnte Zusammenhänge und begann zu zittern. Aber ihre Stimme war hart und spröde, so eisern beherrschte sie sich. „Was ist mit meinem Mann?" Es fiel ihr nicht auf, wir rückhaltlos sie sich mit dieser Frage zu ihm be kannte. Aber im Gesicht des Neitensepp zuckte es. „Wir bringen ihn ..." sagte er kurz. Er trat zur Seite und gab ihr den Weg frei. Als sie an ihm vvrüberschritt und der weiße Batist ihres Sommerkleides ihn streifte, sah er, wie die Frau am ganzen Körper bebte. Da war er rasch an ihrer Seite. Er, der den Schrecken in ihr Leben tragen wollte, hatte jeH Sorge um sic. Man hatte Glonau bis zur Terrassentreppe getragen mrd dort abgesetzt. Der Lackner-Simon stand am Fuß ende der Bahre. Frau GildiS sah verschwommen sein junges Gesicht, das sie voll Neugier anstarrte. Daneben mW'Ler Kupferglanz von Almuts Haar, er reizte sie stW jetzt noch. Sie machte eine fahrige Bewegung, NlS'wollte sie daS Mädchen von der Bahre wegscheuchen, Md.Almut trat ins Dunkel zurück. : Ftau GildiS beugte sich über Glonau. Er war schlecht iW recht verbunden, und ihre Hand tastete prüfend über seine Stirn. Als sie den Kopf wieder hob, war sie Mchtbür bleich. Sie blickte auf den Neitensepp. „Er ist doch nicht tot. War es nötig, mich so zn er schrecken?" Der Bauer biß sich auf die Lippen. Diese Frau durch schaute ihn, sie war ihm überlegen, trotz ihrer sichtlichen Erschütterung. In ihren Augen mar bereits wieder ein Schein von Spott. Aber da reckte sich der Neitensepp. „I hab mir denkt, er iS koa Hocunatloser, den fremde Leut warten müassen, wenn er krank iS. Er hat a Frau, Hab 1 mir denkt . . ." Sie sah ihn unverwandt an und nickte stumm. Wucher Skizze von Karl Bahnmüller. In einer schwarzen Nacht, tief schon im Frühjahr, wuroe »8 Plötzlich warm. Es wehte wild, und der Morgen ging in einem gelben Schein auf, der Unheil ankündigte. Die Schneedecke zer riß. Ihre braunen Löcher wuchsen, und unaufhörlich wehte es. Uebcrall war das klopfende, rinnende Geräusch der Tauwasser. Am Abend schwamm eine dicke Dunkelheit durch die Straßen. Zwei gingen schon eine Weile stumm nebeneinander her. Sie wußten nicht, wie cs zuging, aber bei dieser Begegnung ver drehten sich die Worte ins Böse und verletzten. Besser war es, dachte das Mädchen, man sagte gar nichts'mehr. Der Diann halte seinen Kopf zwischen die Schultern ein- gezogen, er lehnte sich gegen den Wind, und immer schneller schritt er auS. Fanny konnte kaum noch folgen. Vielleicht hatte er vergessen, daß sie an seiner Seite war. Plötzlich wandte er sich doch um. „Lauge", sagte er mit gebleckten Zähnen, „treibst du es nicht mehr mit mir. Ich habe es satt... diese ew'gen Vorwürfe..." Nnr die Tauwasscr, die unaufhörlich schwatzenden, waren zu Höven. „Sag' doch wenigstens etwas", verlangte er. „Ja, Georg." Sie kam ihm sehr nahe. Es war, als wolle sie sich an ihn schmiegen, und dennoch schwankte sie alsbald, wie abgestoßen von ihm wieder zur Seite. „Glaubst du niir oder glaubst du mir nicht?" „Ich will dir ja glauben. Aber wenn ich mir von meiner Lchwcstcr erzählen lassen muß..." „Deine Schwester ist eine alberne Person, sie weiß gar ucbtZ." „DU.. „Du...", asstc er sie nach und dann: „Stech! du, meser Ton macht mich wild. Ich kann ihn einfach nicht ertragen." „Du mußt ja nicht", erwiderte sie, und jetzt blieb sie stehen. Er lief weiter und weiter, ganz unbekümmert. Bei der nächsten Laterne war er noch zu sehen, eine einsame Gestalt, geduckt, gezerrt vom Wind, der das Licht an- und abschwellen ließ. Das Ungefähre, worin die Brücke eingegangen war, nahm auch ihn auf. Fanny lief schnell zurück. Daheim saßen sie, init mürrischen Gesichtern, um den Tisch. Die ältere Schwester allein schickte der Heimgclehrten einen lan gen Muk zu, und der war hart von einem überlegenen Mitleid. Fanny wär müde, und sie wollte eben heimkehren, als sie sich, von einem unbestimmten Lärm erschreckt, noch einmal um drehte. Was sie aber sehen mußte, das machte sie starr. Wie gelähmt stand sie da. Anna schritt der Brücke entgegen. Mit alle« Kleidern, wie sie war, so watete sie durch die Flut, in der die Straße ertrunken war. Sie stemmte sich gegen das Reißen, die Arme hochgehoben. Bis zur Mitte war sie nun schon umspült. Schwankte sie? Ja, aber sie kam stetig voran. Me hielten den Atem an, auch Fanny, und es war, als dürfe kein Laut aufkommen, sonst wäre es um das Mädchen geschehen. Fanny wollte nicht, daß jene umgerissen würde von der gelblichen heimtückischen Flut. Tiefer nur sollte sie einsinken, sie sollte gewahr werden, daß alle Hoffnung vergebens war. Oder die Pfeiler sollten einstürzen, ehe sie die Brücke erreicht hatte. Dann mußte sie umkehren. So sehr verlangte Fannv danach, die andere möchte doch nicht hinüberfinden, daß ihr das Herz bis in den Hals hinausschlug. Ihr wurde ein wenig schwindlig, sie mußte wegsehen. Und dann hatte sie den Augenblick verpaßt, in dem die Ge fahr vorbei war. Da rubelten sie ringsum. Also war Anna nicht tief genug geraten, also hatten die Pfeiler gehalten. Und wie Fanny wieder bei sich selber war, wie sie Anna suchte, da war das unbegreifliche Mädchen schon drüben bei den dunkel« Häu sern, wo Georg weilte. Dunkelheit fiel auf die gurgelnde Flut, die Nacht verging und mit ihr die Wasser. Die Brücke war nicht eingestürzt, das Wohl, man konnte wiederum ungefährdet hinübergehen ans andere Ufer, aber was nützte das Fanny? Sie blieb, wo fie war. Eines Abends kam die Schwester aufgeregt nach Hause. Sie kramte aus, was sie eingekauft hatte, aber noch etwas ganz ande res hatte sie mitgebracht. „Fanny", begann sie, und ihre Worte waren wie in Watte eingewickelt, „liebe Fanny, ich möchte ja nicht, daß du dich grämst, aber du mußt es doch wissen. Dein Georg... ach, eS ist eine Schande, am hellichten Tag.. .^ch weiß, ich weiß es ja." „Du weißt, daß er und die Anna... Ich so, dann ist es ganz überflüssig, zn erzählen, was ich gesehen habe?" „Ja, ganz überflüssig^ . , , - , Eine Weile wartete Fanny noch. Sie wartete auf einen Brief, auf einen Ruf, der nachts an ihr Fenster Wagen sollte« Es kam aber nichts. „Er hat mir viel von Ihnen verzählt. Mr haben ost von Ihne» gredt.. ^Lon mir? Bon m'r gesprochen?" In Frau GildiS :en kam Leben. Der Neitensepp sah, wie das Blut in ihre Wangen zuriickkehrte. Er nickte eifrig. Sie warf einen Blick über die Schulter zurück nach Almut. „Und die dort? Wohnt die auch in Ihrem Haus?" „Noa! Dös Fräulein iS beim Lackner ent. I stech'S lfsche es) zum erstenmal .. ." Almut war nicht gewillt, eine neue Beleidigung zu ertragen. Cie sah, wie die Blicke -ei Miiüver an ihr hafteten, und errötete heiß. „Du hast kein Recht, mich zu verdächtigen, GildiSI Keinen Grund und kein Recht! Ich säge dir das hie« zum letztenmal/ Frau Gildis sah sie forschend an. ES war ein Zug von Ueberdruß und Berachtung in Almuts Gcstcht?oe« sie stutzig machte. Zum erstenmal erwog sie die Mög lichkeit, -aß sie Almut unrecht getan haben könnte, und erschrak. Eine lange Reihe von Irrtümern fiel in ein Nichts zusammen, wenn Almut schuldlos war. Si« stand wre erstarrt. „Man muß nach dem Arzt telephonieren .. sagt« Almut hart. Da erwachte Frau Gildis. Eine Ueberfülle von Auf gaben drang auf fie ein. Sie nickte Almut zu: „Ja, tu das, bitte!" Wenige Minuten später waren sämtliche Fenster des Hauses hell. Man hatte Glonau nach oben getragen, flüsterndes Personal stand in Ler Halle und blickte voll Neugier auf Almut, die mit dem Arzt telephonierte. Die Hörmuschel zitterte in ihrer Hand. Dann warf sie sich, ohne auf ihre Umgebung zu achten, in einen Stuhl und brütete vor sich hin. Sie war sehr erschöpft. Eins Berührung an der Schulter weckte sie. „Gehn ma hoaml" sagt« der Lackner-Simon. „Da Herinn hamma nix mehr verlor» .. Er stand neben ihr, sehr steif, und trotzig, als müsse er sie vor neugierigen Blicken schützen. Alumt erhob sich gehorsam. Sie war froh, wenn ein anderer über fie be stimmte. Eigene Entschlüsse zu fassen, war ihr nicht mehr möglich. Als sie hinaus in die Sommernacht traten, atmete sie auf. Es war gut so. EtwaS Entscheidendes war ge schehen. Walter war wieder bet GilLtS. Und sie, Almut, hatte mitgeholfen, ihn Ser Schwester ins Haus zu tra gen. Nun war es wohl genug. Schweigend ging sie neben dem Burschen durch den Wald. Feierlich rauschende Mosel gaben manchmal einen Durchblick auf Lie Sterne stet. Bergwasser tosten im Grund. Alles schien ihr unwirklich. Die Ereignisse der letzten Stunden wurden zu einem schweren Traum, dessen Druck sich langsam milderte. Sie schlief beinahe I im Gehen. I „Hoppla!" sagte der Lackner-Simon und fing sie auf, l Sie war gestolpert und gegen ihn getaumelt. Sie sah in der Hellen Stacht deutlich setn Gesicht, dessen trotzige. Schönheit ihr schon öfter aufgestllen war. Er schien ihr Ausdruck und Verkörperung dieses Landes, sie hatte wohlwollende Anteilnahme für ihn. „Sie und Ihr Nachbar hatten viel Mühe mit uns Fremden," sagte sie entschuldigend. „Ist man hier immer so hilfsbereit?" „Bei uns in die Berg passiert allerhand. Da muaß ma ost oan 'ruuterholn aus der Wand, vom Göll oder I sonstwo. Mir sau dös gwohnt." „Aber das ist doch gefährlich?" „IS mancher scho blieben!" Er zuckte die Achseln. I „Wiäs halt sein will! Oft ziagt (zieht) a Toter no an Lebendigen nach." Almut schwieg. Aus Len kurzen Worten LeS Bur schen reimte sie sich Hochgebirgstragödien zusammen, wie man sie in nüchternen Zeitungsspalten lesen kaum Von nun an würde sie wissen, was dahinter war: das Felsenantlitz des Todes. BergwtnL würde sie streife». Sturm -er letzten Höhen. Ich habe viel erlebt! Lachte Almut. Es war nicht umsonst. Sie kamen an eine Wegkreuzung, wo neben einer j Baumgruppe ein Marterl stano, eine einfache Holz tafel urtter einem kleinen, vorspringenden Dach aus vor ihr. „Wenn die Pfeiler nur halten", wiederholte jemand. Bei alledem zeigten sich dann und wann Leute auf Brücke. Man konnte sie herüberwinken sehen. „Warum sperrt man nicht? DaS ist Loch gefährlich." „Gleich Witt» eS aus sein", antwortete ein anderer, „die Polizei ist gewiß schon unterwegs." M Wille MI» Kttisr Und magst du viel auch fragen, Wirb Antwort dir doch nicht. So vieles bleibt zu sagen Vom Schatten und vom Licht. Bist du dabei zu sinnen, Pflügt Zeit die tiefe Spur. DaS Leben zu gewinnen Ruft jeden Tag die Uhr. Alfred Thiem» Tannenborke. Der Simon nahm -M Hüt SS.' Das Marterl ehrte das Gedächtnis seines Bakers. Ap Liej ser Stelle hatte man den alten Lackner zum letztenmal gesehen. Da trat aus dem Baumschatten schmal und schüchtern die ReS. Sie hatte lange auf der Lauer gelegen und stand nun da, sprungbereit, den Fuß ein wenig hoch« gezogen, wie es ein Reh tun mag. daS aus dem Wald Kervortritt auf die ungeschützte Wiese. AIS fie Almut gewahrte, wollte fie -avonlaufen. Aber -er Simon hielt sie zurück. Er war mit zwei großen Schritten bei ihr und faßte ihre Hände, als wollte er fie nimmer los- lassen. Er vergaß auch Almut und alles andere. Aber Hie ReS wehrte sich und blickte voller Mißtrauest aut Hie Fremde. Eifersucht regte sich in ihr. WaS hatte Le« Kimon mit der da zu schüfst«2 » Almut begriff. Sie war näh'eraetreten, jeder Zug Leg Zungen Gesichtes lag offen vor ihr. . „Mein Gotti" fügte sie. „Was für ein Kind noch! Sie müssen sehr güt zu ihr sein ..." . ' Der Simon lachte stolz. Er merkte sofort, bah -te ReS. Mmut wohlgefisl und Besitzersreuöe regte sich tu ihm. Ms war immer das gleiche: in der Nähe der ReS was 'alles gut. Alles schien einfach und klar. Es gah kein« ^Wirrnisse mehr. ' , i Aber die Nes war heute bockig. Cie riß sich «nver- Fetzens los und fegte in langen Sprüngen davon. De« Mopf war ihr wirbelig. Der Simon urid die Nothaarigel Mas war nicht in Ordnung. Das paßte ihr nicht. ' Erst am Waldrand fing sie Ler Simon ein. war Hinter ihr hergerannt, alle Nitterpflichten bei Almut UvergessenL. Obwohl der Tag so viel Ernstes gebracht Matte, mußte Almut lachen. Ein Lustspiel auf läuLl che, Mühne, so Lachte sie. Eine DutzenLliebschaft mit glück lichem Ausgang, kein Wölkchen am Himmel, vielleicht irmr ein wenig Theaterdonner. Immer noch lächelnd ging sie allein zum LaMerlehen Mrück. " /K , « . Mer Simon Wie Ler NaZ die Flausen auSgervdet. ' '„Was Lenkst denn!" hatte er gesagt. „So oane iS Lös Fräulein Niti I woatz scho, es gibt so städtische Weiberleut, die gern ihren Gspaß haben mit unseroana. Uber zu waS gib. t Mi Lit her. Und überhaapts - hob. S Sil" > Sie war erleichtert in seinem Arme gelegen, für Augenblicke war alles gut. Aber dann kam die Unruhe wieder, die sie aus dem Reitenlehen sortgetrieben hatte, selbst auf die Gefahr hin, dem Vater, Ler noch nicht Deimgekommen war, in Lie Hände zu lcmfen. Wie zwei Minder, die sich im Dunkeln fürchten, saßen sie nun bei sammen und besprachen flüsternd — Len Schret. - „A Hirsch!..mutmaßte Ler Simon. ' ,A WalLkauz ..." meinte Lie Nes. . Aber keines glaubte daran. Sie schwiegen eine Weile und horchten in die Nacht hinaus. Beide grübelten dem seltsamen Erlebnis nach, dem Grauen, das sie in jene« Macht auSeincmdergetrieben hatte. Der Schrei war zwischen fie gefallen wie ein trennender Blitz. Abe« reines wußte noch genau, was und wie er eigentlich yewesen war, fie fühlten nur einen lähmenden Schemer, Ker ihnen immer noch nachschlich und daS kurze Bei- zammenssin trübte. , Endlich brach die ReS -aS Schweige^ (Fortsetzung folgt). Später, in der Kammer, hieß es: „Also, ich Habe recht ge habt, nicht wahr?" „Nein", antwortete Fanny unnachgiebig. Die andere lachte geringschätzig: „Ach, dir ist ja nicht zu helfen. Wenn ich dir sage, mit meinen eigenen Augen habe ich die beiden gesehen. Legt ein Mann vielleicht seinen Arm um eine, so mir nichts, dir nchts?" „Sie läuft ihm nach, mußt du wissen. Er schickt sie fort, aber sie heult ihm was vor, so eine ist sie, und was soll er da machen? Er kann nichts dafür, daß sie ihm nachläuft." „Du selber läufst ihm ja nach. „Ach, was weißt denn du? Das sagst du ja nur aus Neid, weil du niemanden hast, weil keiner mit Luc geht und dich gern hat." Ein großes, spitzes Gelächter füllt die Kammer, und eS endet in einem hohen Ton, wie wenn Glas bricht. Fortan war es still bis auf den klagenden Wind, bis auf die unablässig rinnenden Wasser. Drunten aber trat der Fluß weit über seine Ufer. Am nächsten Tag ging Fanny zur Brücke hinab, um sich, in einer grausig lustvollen Erregung, die trübe gelbliche Flut anzu schauen, in der die Gärten und Straßen untergingen. Man stand bei den letzten Häusern, ein dunkler Haufen, und die Wasser beleckten träge und wie unschuldig die Schuhe. Von der Brücke herüber rauschte es jedoch ungeheuer. Sie sagten: „Wenn die Pfeiler nur halten." Fanny wandte sich um, dem Sprecher zu, doch unterwegs blieb ihr Blick hängen. Drüben eingeklemmt zwischen etliche alte Frauen, die ihre Hände gefaltet» auf den Schürzen liegen hatten, stand sie, Anna, die dem Georg nachlief. Aller Schmerz sammelte sich und machte Fanny schwer. Sie sah in das verschattete Gesicht der andern, die sah auch hinüber zu den dunklen Häuserreihen, jenseits der Brücke, wo Georg wohnte. Dann schlug sie die Augen nieder und zog sich zusam men. Eine Hoffnung, eine wilde, unsinnige Hoffnung mußte die Anna in sich tragen. Immer Höher stieg die Flut an, und die Menge wich zurück