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Thema eröffnet und steigert sich — bei origineller, witziger Auswertung des thematischen Materials — zu wirkungsvollen Höhepunkten. Die im August 1932 vollendete Komposition erinnert an einen zu Unrecht vergessenen Dresdner Meister. Aus Prag kam Fidelio F. Finke nach dem zweiten Weltkrieg nach Dresden, prominentester Senior der gegenwärtig in unserer Stadt lebenden Komponisten. In den Jahren 1946 bis 1951 leitete er als Rektor die Staatliche Akademie für Musik und Theater, an der er zugleich eine Meisterklasse für Komposition übernahm. Eine Fülle von Kompositionen, Kammermusiken, Orchestersuiten, Lieder, die Oper „Der Zauberfisch“, hat Altmeister Finke seitdem in Dresden geschaffen. Dazu gehört auch das geistvoll-witzige Capriccio über ein polnisches Volkslied für Klavier und Orchester, das 1953 entstand und das in überzeugender Weise Finkes reifen Stil der fünfziger Jahre vertritt, über den Charakter des Werkes äußerte der Komponist: „Mein .Capriccio für Klavier und Orchester über ein polnisches Volkslied’ ist gleichermaßen von der ungemein schlichten Melodi^ wie vom Text des Volksliedes angeregt. Das elf Strophen lange Gedicht schi" dert in humorvoll-anschaulicher Weise, wie ein Häslein aus seiner vermeint lichen Sicherheit am Waldrain durch den Ruf der Jagdhörner aufgescheucht wird und sein Heil in der Flucht sucht. Immer näher kommen Hörnerrufe und Gekläff der Hundemeute. Häslein klagt in seiner Todesangst, wie winzig seine Sünden seien und wie ungeheuerlich die Mordgier der Verfolger. In höchster Not bringt ein kühner Haken Rettung in schützendem Gebüsch. Regen fällt und tilgt die Spur, durchnäßt ziehen die Jäger heim. Häslein triumphiert und reckt sein Blümchen hoch: ,Küßt mich drauf! Was ich fallen ließ auf meiner Flucht, sei euch geschenkt, ihr Jäger, sucht! Will euch diese Sachen noch im Testament vermachen!’ Wer will, kann aus meiner Musik eine genaue Schil derung des Gedichtes heraushören. Man kann aber ebensogut darin den Grundriß einer klassischen Sinfonie in Miniatur finden. Was ich wollte, war ein heiteres, .musikantisches, von allerhand .Tiefsinn’ unbeschwertes Stüde, im konzertanten Klavierpart anknüpfend an Mozart, Weber und Chopin. Es muß einmal ohne Oktavengedonner und wuchtige Akkorde gehen, die seit Liszt bei Klavierkonzerten unentbehrlich scheinen." Den Abschluß des Konzertes bildet die Gegenüberstellung der originalen, spielerisch-eleganten Klavierfassung von Carl Maria von Webers „Aufforderung zum Tanz“ op. 65, die der Meister am 28. Juli 1819 in seinem Hosterwitzer Sommerhaus komponierte, mit der Orchesterbear beitung (1841) von Hector Berlioz, der übrigens 1843 und 1854 mit der Hofka pelle die Dresdner mit eigenen Werken (Symphonie fantastique, Harold-Sin-' fonie, Fausts Verdammung u. a.) bekannt machte. Nach neueren Forschungen ist anzunehmen, daß Weber diese volkstümliche Komposition, die neben den^ „Freischütz“ fraglos seine bekannteste ist, seinen Hosterwitzer Dorffreundr^p in der kleinen Gaststube der Keppmühle zum ersten Mal vorgespielt hat. Übei Webers Dresdner Wirken wird noch an anderer Stelle zu berichten sein. Dr. Dieter Härtwig Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1967/68 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 41839 III 9 5 1,35 168 ItG 009/2/68