Volltext Seite (XML)
SU- M Heimatfest . Vergaß Sei HM net' So«veea«Baave ,ÄfMopa«er Laaevlaßtes" Aus den Erinnerungen alter Zschopauer Unter unseren lieben Alten gibt es noch viele, di« nicht nur bas biblische Alter von 7V Jahren, sondern das gottbegnadete Alter von 80 Jahren und darüber hinaus erreicht haben. Ihre Erinnerungen bedeuten acht Jahrzehnte Zschopauer Geschichte. An ihren Augen sind all die Ereignisse vorüber ge zogen, von denen jetzt nur noch die Chronik berichtet. Sie haben noch bas blühende Ge werbe der Hausweberet erlebt, das ganz ver schwunden ist, den Niedergang der Stadt, wo die Einwohnerzahl von 8000 auf 6000 zurück ging, aber auch den Aufstieg und bas Empor blühen Zschopaus durch die Metallindustrie zur Fabrikstadt, zur weltbekannten DKW- Stadt. Sie waren Zeugen der Kriege von 1866 und 1870/71, des groben Schcunenbran- des am 29. September 1869 und weiter des Weltkrieges von?914 bis 1918, der schweren Zeit der Hungerblockade und der alles Kapi tal vernichtenden Inflation. Sie lebten unter vier sächsischen Königen und unter drei deut schen Kaisern in der Republik und im Volks staat. Aber sie durften auch die nationale Er hebung unter unserem Führer Adolf Hitler erleben, die Geburt des Dritten Reiches, den Aufschwnng auf allen Gebieten unserer Wirt schaft. Deutschland wurde wieder frei von den Fesseln des Versailler Vertrags, wurde wieder, gestützt auf seine Wehrmacht, eine mitbestimmenbe Großmacht unter den Staa ten der Welt. Und die Krone all ihrer Er lebnisse bildete die Wiedervereinigung unserer deutschen Brüder in Oesterreich mit dem Deut schen Reich, wodurch der Traum von Jahr hunderten seins Erfüllung fand. Das Deut sche Reich ist zum Groß-Deutschland gewor ben. 76 Millionen Deutsche bilden ein Reich, ein Volk, geleitet von einem geliebten Füh rer, zu dem die ganze Nation mit felsenfestem Vertrauen emporsieht. Wir wollen im Folgenden etwas erzählen aus dem Leben einiger alten Zschopauer, das gewiß viele Volksgenossen interessieren dürfte. Stadtrat Paul Franz Eins bekannte und überall beliebte Per sönlichkeit unsrer Stadt ist der Kaufmann Paul Fran». Er entstammt einer alten Zschopauer Familie und wurde am 8. Dezember 1866 hier geboren. Er besuchte bie hiesige Bürgerschule und dann das Real gymnasium zu Chem- nitz. Seiner Militär pflicht. genügte er als Einjährig-Freiwilliger beim Artillerie-Regi ment in Freiberg, machte dann eine Offiziers übung in Metz mit, wo er als Leutnant der Reserve entlassen wurde, später rückte er zum Oberleutnant der Reserve auf. Im Jahre 1880 gründete er die Firma Paul Franz — Kohlen engros und detail — bie er aus kleinen Anfängen heraus zu einem bedeutenden Unternehmen dieser Branche ? "wickelte. Im Jahre 1980 traten seine bei ten Söhns Erich und Herbert Franz als Teilhaber in den Betrieb ein. Leider war es dem jüngsten Sohn Herbert, der als Leutnant den Weltkrieg mitgemacht hat, nicht lange vergönnt, seine Kräfte dem emporblühenden Geschäft zu widmen. Er starb am 11. Ja nuar 1981 an den Folgen eines Kriegs leidens. Dies war ein schwerer Verlust fll'r dis Firma. , Stabtrat Paul Franz war ein vielseitig gebildeter Herr, er war unermüdlich vom rühen Morgen bis zum späten Abend. Außer einer rührigen und umsichtigen Tätigkeit in einem weitverzweigten Betrieb fand er noch Zeit, der Stadt und vielen Vereinen mit Nat und Tat zur Seite zu stehen. Er war der Gründer der Sanitätskolonne vom Noten Kreuz in Zschopau, lange Jahre war er Stadtverordneter, Stadtverordnetenvorsteher, Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister. Hier hat er sich große Verdienste um die hie sige Gasanstalt erworben. An Auszeich nungen besitzt Paul Franz bas Kriegsver dienstkreuz und bie Rote-Kreuz-Medaille, fer ner war er Ehrenmitglied des Chorgesang vereins und -es Allgemeinen Turnverein- lDT.j. Auch mar er Mitglied des Kirchen vorstaudes und Vorsitzender der Siedelungs- genofsenschaft Zschopau. Ueberall war sein Rat hochwillkommen. Am 1. September 1930 konnte er daS 60jährige Bestehen seiner Firma begehen und im Januar 1982 war es ihm vergönnt, mit Kiner Gattin Frau Clara geb. Oehm« daS seltene Fest der Goldenen Hochzeit zu feiern. Hm Fahre 1986 mußte der alt« Herr tnfolg« Anes leichten Schlaganfalles sein« nimmer» «t»d« tm ««schüft aufgeden «nb er lebt nun, betreut von den Seinen, Im wohl verdienten Ruhestand. Besondere Verdienste hat Staötrat Paul Franz sich durch die Erbauung des Postgebäudes erworben. Wenige Jahre nach der Jahr hundertwende war bie Frage nach einem neuen Postgebäube wegen Raummangels brennend geworben. Der Staat, bzw. die Reichspost, wollte den Bau übernehmen, der auf dem vorderen Teil des Königsplatzcs er richtet werden sollte. Schon waren Zeich nungen, Modelle und Kostenanschläge bereit. Da entstand In der Bürgerschaft ein heftiger Streit Uber die Platzfrage. Die einen waren mit dem Projekt auf dem Königsplatz ein verstanden, di« anderen wollten die Post mit ten in der Stadt haben. In Versammlungen, im Stadtparlament und an den Stammtischen tobte der Kampf der Meinungen, der sogar zu persönlichen Feindschaften, ja Tätlichkeiten führte. Hie Innere Stadt! Hie Künigsplatz! lauteten die Kampfparolen. Da griff nun Stadtrat Franz mit Energie ein, er fuhr nach Berlin und erhob Einspruch gegen das Projekt auf dem Königsplatz. Er erbot sich, das Postgebäudc selbst zu erbauen und Hatto Erfolg damit — das Postgebäude kam auf den Altmarkt! Bald wurde mit dem Bau begönnen. Um Naum zu gewinnen, mußten zwei Häuser am Altmarkt weggcrissen werben, -as Sprung- unü das Göbelhaus, und an deren Stelle entstand nun das neue schöne Postgebäube, bas am 16. September 1908 feierlich einge weiht und in Betrieb genommen wurde. Ehrenobermeister Franz Nestler Einer der ältesten Mitbürger unserer Stadt, der, so Gott will, im nächsten Jahre sei- nen 90. Geburtstag fei ern kann, ist der Ehren obermeister. -er Zscho pauer Fleischer-Innung Franz Neßler. Er ist geistig und körperlich noch vollständig auf der Höhe, geht spazieren, findet seinen Weg zum Stammtisch und spielt in Freundesmitte noch gern seinen Doppel kopf. Sein Geburtsjahrgang scheint ein recht gesunder gewesen zu sein, denn von seinen ehemaligen Schulkameraden leben noch eine Anzahl, wie z. B. der alte Wagner und -er alte Wunderlich, welch letzterer als Front kämpfer 1870/71 mit in Frankreich war. Franz Neßler wurde im Revolutionsjahre 1849 am 4. November in Zschopau geboren. Er besuchte bie Bürgerschule -aselbst und hat nach Entlassung aus derselben das Fleischer- Handwerk bei seinem Großvater, dem dama ligen Fleischermeister Johann Paul Rüber, iu den Jahren 1863 bis 1867 erlernt. Wäh rend seiner sechsjährigen Gesellenzeit hat er in größeren Städten, wie Braunschweig und B -men, die er in seinen Wanderschaftsjahrsn ! ' besuchte, sich weiter im Beruf ausgebildet. N dem Tode seines Großvaters übernahm er dessen Geschäft. Am 22. Februar 1874 wurde er als Meister In der hiesigen Flei scher-Innung ausgenommen. Im Jahrs 1880 wurde er in den Vorstand der Innung be rufen und übernahm das Amt des damaligen Handwerkschveibers, welches «r bis zu seiner Wahl zum Obermeister, die am 21. Mai 1883 erfolgte, ausübte. Als Obermeister leitete er die Geschäfte der Innung vom Jahre 1883 bis zum Jahre 1924, also fast 41 Jahre. In dieser langen Zeit, in welcher er der Innung vorstand, kamen mitunter schwere Tage für den Führer der Innung. Es erfolgte in dieser Zeit der Ucbergang zur Gewerbefreiheit, das dama lige Schlachthaus fiel einem Brand zum Op fer, der Wiederaufbau desselben, dann der im Jahre 1898 erfolgte Bau des neuen Schlacht hofes usw. All diese Vorkommnisse erforder ten reifliche Ueberlegung und viel Arbeit sei tens des Obermeisters. Aber auch in privaten und wohltätigen Vereinen war unser alter Handwerker, Ve teran Neßler stets mit in leitender Stellung. Er fand trotz der Arbeit als JnnungSobcr- meister noch Zeit, die Interessen -es Hand werks als langjähriger Stadtverordneter in einem Zeitraum von 21 Jahren zu vertreten, ebenso mar er zwei Jahrzehnte im Kirchcn- vorstand als Mitglied tätig. Auch sonst stanö der Jubilar noch verschiedenen öffentlichen Ehrenämtern vor. Er hat es stets verstan den, wo er gewirkt, sich die Verehrung aller seiner Mitarbeiter zu erwerben. Die höchste Ehrung seiner Innung wurde ihm durch die Ernennung zum Ehrenober meister der Zschopauer Fleischer-Innung zu teil,' außerdem ehrte ihn die Gewerbekammcr zu Chemnitz für seine Verdienste um das Handwerk durch Verleihung des Ehren diplomes. Neben der Fleischerei betrieb Franz Neß ler auch noch die Landwirtschaft. Auch hier war er vorbildlich tätig. So war er lauge Jahre Vorstand des Landwirtschaftlichen Ver eins, Vorstand -er Zuchtgenossenschaft für Bullen, Jagdvorstand usw. Ueberall wurde sein Nat gern gehört und befolgt. Franz Neßler Hatto vier Kinder, einen Sohn und drei Töchter, zwölf Enkel und zwölf Urenkel. Gewiß ein reich gesegnetes Leben! i Der alte Urgroßvater Neßler kann viel erzählen von früheren Zetten und die Zu hörer werden nicht müde, auf sein« leben digen Schilderungen aus seinem langen Leben zu lauschen. So hat er die Holzflößerei auf ber Zscho pau noch miterlebt, hat gesehen, wie die Scheits herausgefischt und geborgen wurden, wis znm Schluß di« „Schwänzer" auf kühnem Floß dahergeschwommen kamen und den Nest des geflößten Holzes in Sicherheit brachten. Als am 13. Mai 1868 mit dem Bau unserer Eisenbahn begonnen wurde, als ein Teil des Friedhofes mit dem Aufgang verlegt werden mußte, als neun Häuser -eS Bahnbaues we gen verschwinden mußte», -a war unser Neßler im letzten Schuljahre und -a kann sich jeder benk«n, wie aktiv er mit seinen Schul kameraden dabei war. Ein besonderes Fest war es natürlich, als am 1. Februar 1866 der erste Zug, reich mit Blumen geschmückt, auf unserem Bahnhof einfuhr und von der Stadt unter Musik und Böllerschüssen empfangen wurde, da durste natürlich der jung« Neßler auch nicht fehlen. Der Krieg von 1866 brachte auch für Zschopau Durchzüge preußischer Truppen, die sich auf dem Wege nach und von Böhmen be fanden. So zog am 11. Juli ein Bataillon preußischer Landwehr hier durch und drei Schwadronen preußische Gardc-Landwehr- Ulanen übernachteten hier. Sie wurden in sämtlichen Scheunen untergebracht und die Zschopauer mußten, der Feuersgefahr wegen, Wachtposten stellen, zu denen auch unser Ness« ler herangezogen wurde. So konnten hie» noch viele Durchzüge preußischer Truppe» beobachtet werden, bis am 30. Oktober auH Bahnhof Zschopau 886 sächsische Kriegsreser» visten unter Führung des Oberstleutnant« d'Elsa vom böhmischen Kriegsschauplatz «in! trafen und natürlich auf -as freudigste emp< fangen wurden. So gingen diese Er«igniss« an den Augen unseres damals noch jungem Freundes vorüber. Für alles zeigte e» Interesse und über alles kann «r heute nocfs berichten, wie vom Bau und der Weihe deH Lehrerseminars, vom erste» Gaslicht In Zscho« pau und vieles andere mehr.. >! Ein besonderes Kapitel für sich bildete Setz große Stabtbrand am 29. September 1869, -e^ den Ostteil der Stadt mit 81 Scheunen und 41 Wohnhäusern ohne die Hinter- und Neben« gebäude in Asche legte und 700 Menschen ob« dachlos machte. Hier kann Franz Neßler viel erzähle», von vielen Einzelheiten berichten^ die kein Chronist verzeichnet. Es kam dann der deutsch-französische Krieg von 1870/71, auch hier kann er erzählen. Später folgten all die Ereignisse, die der jetzt lebenden Generation bekannt sind und hieg nicht weiter erörtert zu werden brauchen. Frau Luise Kluge geborene Fritzsche Die Frau Klugs ge« hört noch keineswegs dem Grcisenalter aH wie die beiden schon genannten Herren, una doch gehört sie unter di« Ueberschrift „Erinn«- rungcn alter Zscho^ pauer", denn auch sij kann viel erzählen unL ganz besonders von de» Weihe unserer Bürger« schule vor 60 Jahren. Frau Kluge, unt Ihrem Mädchenname« Luise Fritzsche, entstammt einen: alten Zschoji pauer Geschlecht, sie wurde in den: Hause de» Wiesenstraße, wo sie lebt und wirkt, geborest^ auch ihr Vater, ber Bäckermeister Fritzschö. der in: Alter von 77 Jahren starb, ist in dteA sem Hauss geboren und hat hier Zeit feinet Lebens gewirkt und geschafft, ja ein Ahn« von ihr hat in dies«m Hause, vor beinahe 20^ Jahren, im Jahre 1762 die dortige Bäckerek begründet. Als vor 60 Jahren, am 23. August 188H, bie neue Bürgerschule geweiht würbe, watz Luise Fritzsche bis Klassenerste der oberste» Mädchenklasse. Sie wurde dazu bestimmt, aus einem Atlaskissen den Schlüssel zur neuen Schule an Bürgermeister Dr. Kretzschmar z» überreichen. In ihrer Begleitung befände» sich dis Schülerinnen Friedericke Bodibne« und Lina Sättler. Beim Festmahl nach der Weihe ber Schul» das im „Deutschen Haus" stattfanL, liess Schuldirektor Rado den Dank der Jugend von einem Knaben und einem MäbcheA deklamatorisch vorbringen und äußerlich auch! -rücken durch Ueberrsichung von vi«r präch» tigen Blumensträußen an Schulrat Eichest« berg, Bürgermeister Kretzschmar, Stadtvech ordnetenvorsteher Emmrich und BaustabtraH Vogler. Das Mädchen, das das Dankgebet dekla» mierte, war unsere liebe Luise Fritzsche. Sitz hat das Gedicht, welches Schuldirektor Rada verfaßt hat und von dem keine Abschrift mehß vorhanden ist, noch vollständig im Kopfe, so daß es nun hier zum Abdruck gelangen kau». Es lautet: Lst« Huudel», mch »"»«»»«schule Photo: ragr-lalt-Archiv „Endlich wäre denn heute der köstlich» Tag mir gekommen, De», ach so lange, mit mir so viele Herze» ersehnt, War mir die kindliche Brust In der altest Schule beklonnsten, Ach, wie hat sie sich heut in der neuen so weit und freudig gedehnt. Frohe Gefühle des Dankes begleiten zu Worten der Freude Mich zu deneu dahin, die mich so fröhlich ge macht. Klopfenden Herzens, bie Augen gesenkt, sei heute Durch mich ber Jugend Dank hierdurch sym bolisch gebracht. Nehmt, hohe Herren, bi« ihr so schwere Sorgen gehabt für Stadt und Land, Nehmt hin, was dieser Sommermorgen zu unserm Feste mir gesandt, Hier diese Rosen, sie «rblühn, aus Dank für Gunst und reich Bemüh::." Der lieben „Klugen-Bäckcn", wie sie iw Volksmund« heißt, di«, wis oben gesagt, au der Schulweih« vor 60 Jahren aktiv beteiligt war, wünschen wir noch «ine frohe und reich gesegnete Zukunft! Reimold Timm«.