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Nr. 83 Zschopauer Tageblatt und Anzeiger ÄfGopauer Hausfrau Hausgerät der Orbuuug. Fast plötzlich, etwa um das Jahr 1700, siel die gute alt« Truhe, die den Menschen seil Jahrhunderten zur Auf bewahrung ihres, besonders auf Bekleidung bezüglichen Hausrats gedient hatte, in Ungnade, obwohl man sie bisher als ein dekoratives Möbelstück auf Dielen und sogar in Wohnräumcn gern geduldet hatte. Und warum? Die Menschen waren bequem geworden und mochten sich nicht mehr bücken, was aber bet der Truhe notivendig war, denn sie hatte nur einen Deckel, höchstens ganz unten eine einzige Schublade, und so mußte man den Rücken tief beugen oder gar niederknien, um das Gesuchte herauszukramen. Bet Photo Selle (Deike M) der Schreibarbeit am ,Oüro" ober „Sekretär" war alles viel leichter und lag wohlgeordnet in Schubladen. Nun wollte mm» es auch In häuslichen Dingen „kommode" haben, und so wurde die „Kommode" erfunden, bis Truhe aber tn ländliche Regionen verbannt, zu den Bauern, die ohnedies einen zähen Buckel hatten. Da aber eine neue Mode, nach Gewohnheit der dama ligen Zeit, von oben „kreiert" werden mußte, so war dte Kommode in den ersten Jahrhunderten ihres Daseins ein gar feines Ding. Sie wurde das richtige, mit sichtbarem Reichtum und von besten Künstlern ausgestattete Prunk möbel. Wer ein echter Protz war, ließ sie sich ganz und gar aus Silber (!) schmieden,' aber der den Geschmack bestim mende König Ludwig XIV., der viele hervorragende Kunst tischler — manche von ihnen waren Deutsche — für sich allein beschäftigte, machte solche Torheiten nicht mit,' er hatte unter feinen Mitarbeitern einen, der sich besonders auf Einlcge- arbeien aus edlem Metall, Schildpatt usw. verstand, und schuf mit ihm zusammen eine Spezialität, die ihm für di« Kommode besonders geeignet erschien. To entstanden jene „Boulle"-Kommodcn, genannt nach dem Pariser Tischler Andree Charles Boulle, die noch in Museen und Schlössern unsere Bewunderung erregen. Als nach der großen französischen Revolution die Könige ab- und die Bürger hervorgetreten waren, wurde es anders. Aber man kann nicht sagen, daß die Biedermeier-Kommode si^ neben senen Kömgsdingcn schlecht gehalten hätte, nur war sie eben bescheidener, dafür aber solider und vernünf tiger in der ihr aufgetragencn Zweckersüllung. Toch kaum waren die Burger etwas zu Vermögen gekommen, da woll ten sie es haben, wie cs „bei Königs" gewesen war, und sie konnten es sich nicht genug tun, die brave geduldige Kom mode mit nachgcahmten Stilformcn und Ornamenten zu überladen, baß sich daran wund stieß, wer sie öffnen wollt«. Diese „Kunstwerke" waren von Kunst so weit entfernt, wie irgend möglich. Da traten die wirklichen Kunstler — meist waren es keine Berufstischler, sondern Architekten, Maler oder Bild hauer — auf den Plan, nm Ordnung zu schaffen und die Ehre der „Form" zu retten. Teils waren sie selbst noch mit stilistischen Gefühlen belastet, teils waren sie von dem Wunsch beseelt, einen neuen „Stil" zu „schaffen", was be kanntlich mit vorgefaßter Absicht nicht möglich ist, genug, was sie schafften, war besser, als das Bisherige, aber immer noch alles andere, als „kommode", Es wurde erst richtig, als die Grundsätze des „Deutschen Werlbundcs" Geltung erlangten, der zunächst einmal die reine, ursprüngliche, dem Zweck » bienende Grundform wieder hcrgestellt wissen wollte. I Nun war die Kommode, die vor lauter Repräsentation niemals recht zu ihrer Diensterfüllung hatte kommen kön nen, endlich von aller Hvchfahrt und Kostümierung befreit. Sie mar wieder das geworden, was die Engländer „Ehest of drawcrs", nämlich „Truhe mit Schubladen" genannt hatten. Um dies zu sein, hatte man sie ja auch „Kommode", die „Bequeme" genannt. Das ist sie nun auch geblieben, wenn auch, was nur natürlich ist, das Schmuckbedürfnis sich wieder geregt und begonnen hat, sie vorsichtig mit etwas Zierde zu beleben. Solange diese die Form nicht zerstört und die Zweckersüllung verschleiert, ist nichts dagegen ein- znwende». * Für die Küche. Schwarzwurzel-Fricco. 50g Butter im Topf verstreichen, 500 g Schweinekamm, in Würfel geschnitten, hineinlegen, Salz, Paprika und abwechselnd 750 g Schwarz wurzeln, geschabt, in fingerlange Stücke geschnitten und 750 g Kartoffeln, in dicke Scheiben geschnitten. Neber das Ganze Liter Buttermilch gießen. Wenn das Gericht gar ist, ver rührt man I gestrichenen Eßlöffel Stärkemehl mit einachtel Liter Buttermilch, gießt die Flüssigkeit hinzu undl äßt noch einmal aufkochen. Gefüllter Wirsingkohl. 1 Kopf Wirsingkohl dcrL änge nach aufschneiden, beide Hälften anshllhlen, das HcrauSgcnommcnc mit etwas Fett weich dünsten und fein wiegen. Nachdem die Masse erkaltet ist, mengt man sie mit 875 g Gehacktem, 1 eingeweichten Brötchen und schmeckt mit Salz gut ab. Man gibt diese Füllung in den ausgehöhlten Kohlkopf, fügt beide Hälften aneinander und umwickelt sie fest mit sauberen Fäden. Hierauf dünstet man den Kohl in Fett recht iveich, wobei man von Zeit zu Zeit etwas Wasser oder Brühe nachgibt. Zuletzt macht man die Brühe mit etwas angerührtcm Mehl sämig. GekochteFischklöße. 500 Gramm Secfischsilet mit etwas Wurzclwerk und 1 eingeweichteu, ausgcdrückten Bröt chen durch die Maschine geben, 1 Eßlöffel geriebene Semmel und etwas Salz untermengen, nicht zu große Klöße fornren, in Wurzclwerkbrühe garinachen. Bon 30 Gramm Fett und 50 Gramm Mehl Helle Mehlschwitze bereiten, mit Liter Kloßwasser auffüllen, mit 1—SEßlöffel geriebenem Käse ab- schmcckcn und über die Klöße gießen. * Die praktische Hausfrau. Grünes Gemüse behält die Farbe und wird rascher weich, wenn man ein« Prise Natron oder besser noch Borax dazu tut. - t Spitzen und Bänder werden aufgesrischt, wenn sie in kaltem Wasser eingcweicht, ausgedrückt und durch Spi ritus gezogen, hierauf in Tücher geschlagen und, noch feucht, mit einem Tuch überdeckt, gebügelt werden. > Teekannen zu reinigen. Metallene Teekannen laufen häufig innen dunkelbraun an. In solche Kannen legt man ein Stück Soda, löst eS mit kochendem Wasser aus und läßt die Lauge mehrere Stunden stehe». Dan» scheuert man den Teetopf mit der Sodalösung aus, spült mit kalten» Was ser nach und wird freudig gewahren, daß das Innere sich ebenso leuchtend blank präsentiert wie das Aeußcre. Ein Adressenbuch, in das wir in alphabetischer Reihenfolge die Namen, Wohnorte und Telcphoniiiimmcrn unserer Bekannten, mit denen wir Beziehungen pflegen, so wie gute Bezugsquellen nicdcrschreibe» und Kebnrts-, Hoch- zcits- und Sterbcdaten vermerken, ist in jeden» Haushalt von qre'^n Nutzen, da cs Zeit und Kosten erspart. «io-MMSm Sonnabend, den ü. April. Denl'chlandscndcr. 6,00 Fröhliche Morgcmnusik. 7,00 Nachrichten. 0,40 Neichssenduiigcn. 10,00 Bolts- und Unter haltungsmusik. 11.00 Unterhaltungsmusik. 12,00 Mittags konzert. 13.00 und 14.00 Nachrichten. 14.10 Zwei Länder kehrten heim zum Reich. 15,00 Soldaten — Kameraden. 17,00 Heitere Musik. 18,00 Unterhaltungsmusik. 10,00 Nach richten. 19.-3 Konzert. 20.00 Schöne Melodie»» Deutscher Meister. 22.00 Nachrichten. 22,20 Unterhaltungskonzert. 24.00 Volksmusik und Tanz. 2.00 Tanz- und Unterhaltungs musik. Leipzig. 5.50 Nachrichten und Wettermeldungen für den Bauern. 6.00 Gymnastik. 6.80 Konzert. 7.00 Nachrichten. 8.00 Gymnastik. 8.20 Kleine Musik. 8.30 Konzert. 10.00 Neichssenbungen. Oop^rlgkt 1937 bz? Xukvärts-Verlsg, Herlin 68 41. Fortsetzung. Er würde sich geschämt haben, ihr von Liebe zu reden. Trstzdem hätte er es vielleicht mit größerer Berechti gung getan, als je zuvor zu einer Frau. Denn alles, was er für sie fühlte, war gegründet auf ehrlichster Achtung, auf Bewunderung ihres Charakters, ihres Menschentums. Er lernte jetzt kennen, was er niemals geglaubt hatte, wenn man ihm einmal so etwas angedeutetr wie fern wahrer Liebe sinnliches Begehren liegen kann. Als er zum ersten Male nach jener wüsten Szene wieder zu ihr gekommen war, hatte sie ihm gesagt, ohne ihre Augen vor ihm niederzuschlagen: „Ich muß Ihnen bekennen, ich habe Sie gehaßt, weil Sie das von mir gesagt haben. Aber jetzt sehe ich ein: es ging wohl nicht anders!" Seitdem herrschte die schönste Kameradschaft zwischen ihnen. Oft war er bei ihr. Zuweilen nur auf Minuten. Manchmal, wenn er länger Zeit hatte, spielte sie ihm vor. In ihrem Spiel lag ein ganzes Menschenleben be schlossen, seine Höhen und seine Tiefen, seine Leiden schaften und seine Ruhe. Woher weiß sie das alles!, dachte Nings wohl, der, abgesehen von seiner Vorliebe für Licbesgetändcl, ein Mensch von Verstand und Bildung war, weit über das Maß der Offiziere seiner Zeit und seines Landes hinaus. Aber er verbesserte sich immer sogleich: Sie weiß es ja gar nicht. Sie ahnt cs nur. Künstlertum! Der Wunsch, sie vor alleni^Ungemach zu bewahren, war sehr groß in ihm. Er wuchs?» dem Maße, als er sie all mählich wirklich kcnncnlernte, ihre Art erfaßte. Würde es ihm möglich sein? Die russischen Heere durchtränkten das ganze Land. Nirgends war eine Lücke, durch dte es möglich gewesen wäre, Maria Delorme durchzulassen, selbst wenn der Groß fürst ihr Gclcitbriefe gegeben hätte. Höchstens rückwärts, durch Rußland. Und wer hätte das wagen wollen? Go wuchs der Leichtsinn, mit dem er sie zurllckgehalten, ZU furchtbarer Schuld aus, die ihn um so mehr drückte, als er sie achten und verehren lernte. Und wenn ich nun gar abkommandiert werde?, dacht« ", ehrlich verzweifelt um ihretwillen. Pie durfte von dieser neuen Gefahr noch gar nicht- ahn»v... »Ach sgh Stz «den kommen, Graf Rings!" begrüßte ihn Maria, indem sie ihm kameradschaftlich die Hand hin- strcckte. „Wie gut von Ihnen, daß Sie mich gleich auf- suchcn!" „Da ist ein Brief von Signe gekommen. Ich habe ihn heute morgen gekriegt. Erst während der Fahrt konnte ich einen Augenblick Zeit gewinnen, ihn zu lesen. Er wird Sie interessieren. Ich lasse ihn Ihnen hier. Wollen Sie ihr vielleicht ein paar Worte schreiben? Es würde Signe beruhigen. Wir schließen Ihre Grüße in meinen Bries ein!" Maria nahm den Umschlag aus seiner Hand. „Bis morgen!" sagte er. „Ich habe keine Minute länger Zeit. Der Großfürst ist scharf auf mich. Di- -roden Hetzen!" „Wegen neulich!" sagte sie traurig. „Auch!" Sie seufzte. „Und manchmal denke ich, es ist doch alles u^sons.»" Nings lächelte tröstlich. „Das macht die Einsamkeit...", sagte er munter. Du kannst recht haben!, dachte er bedrückt. Nascher, als selbst Nings gefürchtet, kam das Kom mando, das ihn abricf. Das Gerücht von dem kräftig einsetzenden Widerstand der Deutschen hatte sich bewahrheitet. Ninas wurde als Kommandeur einer Nachrichten truppe zur besonderen Verwendung der -oerkomman- dicrcnden ernannt. Er hatte die Verbindung zwischen den beiden Hauptquartieren aufrechtzuhalten. Alles in allem war es besser gekommen, als er an genommen hatte. In dieser seiner Eigenschaft konnte er, wenn er wollte, wieder und immer wieder nach Waldburg zurückkehren; sehr gutwillige Vorgesetzte würden — wenn er manche Dinge selbst erledigte, zu denen er andere hätte schicken können! — an besonderen Diensteifer glauben. Er würde Sorge tragen, daß ihnen dieser Glaube erhalten blieb. Wenn irgend möglich, sollte auf diese Weise Maria gar nicht erfahren, daß ihr Beschützer sie verlassen mußte. Nur daß er seltener zu ihr heraufkommen würde, wollte er ihr Mitteilen. Sie nahm es gelassen aus; aber er merkte doch, daß ihre Wangen noch blasser wurden, als sie waren. Sie tat ihm unaussprechlich leid. Unwillkürlich sah er auf ihre Hände. Er hatte bemerkt, daß mehr noch als ihr Antlitz, dessen Züge sie zu beherrschen verstand, ihre beseelten Geigerinnenhände die Stimmungen verrieten, die sie durch- beblen. Er sah auch jetzt, daß sie blutlos geworden waren, wie verfallen. So nahm er sie denn zwischen seine warmen, braunen Reiterfäuste, die schön gewesen wären, ihrer Form nach, wenn nicht der tiefste Kern seines Wesens, rücksichtslose Selbstsucht, maßlose Eitelkeit, ihnen den Stempel auf gedrückt hätten. „Schwesterchen!" sagte er weich. Und wirklich empfand V jetzt beinahe brüderlich für sie. Zu hoch, zu klug, zu könnend und zu rein war sie ihm für oberflächliches Liebesspiel. Sie merkte das wohl und empfand es dankbar und als Schutz. Mit Tränen in den Augen sah sie zu ihm auf. „Ich werde viel Heimweh nach Ihnen haben", sagte sie wehmütig. Ihr kühner Stolz brach zusammen unter der Last von Leid und Angst, die sie bedrückte. Es lag aber auch in ihrer Art nichts als freundschaft liche Zuneigung. Er seufzte unwillkürlich. Ihr Vertrauen ehrte ihn vor sich selbst; es belastete ihn aber auch. Würde er es rechtfertigen können? Und hatte er es nicht schon gebrochen, ehe sie cs nur einmal empfunden hatte? „Sie kommen aber doch, so oft es irgend geht?" bat sie, und ihr To» verriet ihm, wie grenzenlos verlassen sie sich fühlte. „So oft es geht!" Sein Wort war ein Schwur. Sie fühlte es und lächelte zuversichtlich und getröstet. Nings suchte Jakob und Fra»» Miete auf. Er sprach eindringlich mit ihnen. Ja, gewiß, sie waren beide bereit zu tun, was sie konnten. Aber: was konnten sie tun? Sie mußten froh sein, wenn sie selbst nicht irgendwie auffielen. Frau Miete war durch des Großfürsten Küchen chef ziemlich aus ihrer beherrschenden Stellung verdrängt worden, eben, daß man sie als Hilfe in der Küche ließ. Ein Glück, daß sich der Großfürst an Jakobs Bedienung gewöhnt hatte, ihn in manchen den eigener» Leuten vorzog. Allerdings hatte er auf diese Weise wenig Zeit für Maria. Vielleicht aber konnte er im äußersten Notfall etwas für sie erbitten. Vielleicht. Nings gab strenge Befehle an ihin untergeordnete Offiziere. Sie glaubten ihn zu verstehen. Er ließ sie bei ihrem Irrtum, weil er hoffte, er werde Marias Sicherheit ver größern. So mußte er denn fort, schweren Herzens. Jakob versuchte ab und au, zu Maria herauf',«schlüpfen. Er war in den wenigen Tagen, die der Krieg doch erst dauerte, schlohweiß geworden. Seine sonst so überlegenen Goethcaugcn flackerten unruhig. Seine Züge hatten einen angespannte»» Ausdruck. Es war den» alten Manne fast zur Manie geworden: irgend etwas auszukundschaften, irgend etwas zu erfahren, was den eigenen Leute», nützen könne. Das sollte unmöglich sein? Hier? Saß inan nicht sozusagen im Herzen der russischen Kriegführung? Aber davon sprach er zu keinem, auch nicht z», Maria (Fortsetzung folgt.)