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Nr. Sä Zschopauer Tageblatt nud Anzeiger Freitag, de» 11. Februar l933 ZftHopauer KarrdLU Schöne Gegenstände auS Zinn. Nr. 3816 lDeike M) Unsere Zeit hat die Schönheit des Materials Zinn wie der entdeckt, nachdem es lange Zeit fast ganz aus dem Ge brauch gekommen war. Mit ähnlich guten Eigenschaften auSgcstattet wie das Silber, jedoch ungleich billiger, kann cS unser bevorzugtes Material werden für diejenigen Ge brauchsgüter, die wir aus der Alltäglichkeit ein wenig her- aushcben wollen. Es eignet sich vorzüglich für Gebäck- oder Vrotschalen — Zinn gibt keinen Geschmack ab, wie manchmal irrtümlicherweise angenommen wird — für zierliche Wein krüge, für schimmernde kleine Wandleuchter. Es kommt nun nur noch darauf an,batz auch die Form der Schlichtheit des Materials sich ebenbürtig zur Seite stellt. * Der schöne Stoff fürs Heim. Was ist eigentlich ein Blaudruck? Die Kunst des Blaudruckens ist Jahrhunderte alt. Sie war in ganz Deutschland verbreitet und wird heute noch in einigen wenigen Gauen ausgeübt. Am bekanntesten sind die Erzeugnisse des hannoverschen, des Spreewälder und des bayrischen Gebietes, wo wir hente noch in ländlicher Stille den Blaudrucker bei der Arbeit finden. Ein weißer, fein bis mittelgroßer Leinwand- oder Baum wollstoff bildet die textile Grundlage für den künstlerischen Handblaudruck. Zum Drucken werden holzgeschnittene, oft uralte „Model" verwendet, die als. kostbare Erbstücke von den Blaudruckerfamtlien wie Schätze gehütet werden. Der Färber bereitet eine leim- bzw. kleisterartige, farb lose Deckmasse, den sogenannten „Papp", den er auf seine Model austrägt und damit den weißen Stoff bedruckt. Nach dem die Masse auf dem Stoff trocken ist, wird dieser mit Indigo-Blau eingefärbt. Die Stellen des Stoffes wo der „Papp" sitzt, nehmen keine Farbe an. Nach dem Färben wird die Dcckmafse ausgewaschen, und dort wo sie sich auf dem Stoffe befand, erscheint bas Muster als Weißaussparung auf Sem nun blau gefärbten Grund. Die schönsten Vlaudruckmotive sind die alten Traditions- mustcr, meist bäuerliche Motive, Jagd- und Tanzszencn, oft auch rein ornamentale Darstellungen mit feinen Blatt- und Blumenmotiven. Eine berühmte Sonderheit ist die Spree wälder sogenannte „Wickelschürze". In der Farbe sind ge wisse Unterschieds zu beachten. Die hannoverschen Drucke zeichnen sich durch ein sattes tiefes Blau aus, die bayerischen dagegen sind von freundlicher Helle. Bei den feineren Mu stern kommt dis zarte Punkt- und Liuienwirkung durch in das Holzmodcl cingelasscue Mcssingknvpfe und Linien zu stande. Der Begriff des Blaudrucks ist nicht an die blaue Farbe gebunden, er bezeichnet im wesentlichen das oben beschriebene Herstellungsverfahren. ES gibt Handdrücke in vielen schönen Farben wie: lila, wcinrot, gelb, rosa, verschiedene blaue Töne und andere mehr. j Eine Selbstverständlichkeit bei den »ach dem alten echten ! Verfahren hergcstellicn Drucken ist ihre grenzenlose Halt- s barkcit und Waschbarkeit! wir finden daher heute »och in bäuerlichen Familien ganz alte Stosse, die seit Generationen - im Gebrauch sind. In gemeinnütziger Weise nimmt sich das Deutsche Heimat werk, eine Gesellschaft des Reichsnährstandes der Erhaltung der bäuerlichen Volkskunst des Reichsnährstandes der Er haltung der bäuerlichen Volkskunst an und sorgt unter an derem auch dafür, daß das heute nur noch verhältnismäßig wenig verbreitete Gewerbe des Blaudruckcns nicht gänzlich erlischt. Aus der „Werkstatt für Wcstfalendrncke" lDeike M) Diev om Einzelhandel gebotenen Blaudruckwaren be stehen aus abgepaßten Stücken, in Abmessungen, wie sie für sarbene Möbel wird durch das ticke Blau wesentlich in lein« Wirkung gehoben, und umgekehrt bringt wiederum das Hol dio Schönheit des Textils zur rechten Geltung. Die sein ab getönte Farbenikala läßt für alle Holzarten und Pvliturei leicht das Passende finden. Der preiswerte Blaudruck gibt der einfallsreichen Haus frau viele Anregungen, ihren guten Geschmack in den Fra gen der Wohnungsgestaltung zur Entfaltung zu bringen. * Keller und Bode«. „HauSfraucnarbeit sieht man erst dann, wenn sie liegen bleibt", sagt ein altes, wahres Wort. Und die deutsch' Hausfrau wird nicht nnr dafür besorgt sein, daß ihre Wohn- nnd Gesellschaftszimmer in tadellosem, sauberem Zustand sind, sondern auch die Räume, zu denen sonst kein fremder Fuß Zutritt hat. Hierzu gehören Keller und Boden. Ge rade sieg eben als Aufbewahrungsräume für alles Möglich« nur zu leicht Gelegenheit zur Unordnung und Vcrnach^ lüssig'ung. Und doch sollten auch sie stets r?l». ijnh aufge räumt gehglteu werde» Hausfrau 7rspart sich dadü?T manchen Aerger infolge stundenlangen vergeblichen Suchens nach einem fortgelcgten Gegenstand. Man kann auch in der Nein sie» Bodenkammer viel sNichtbrcnnbarcS!) aufb.'wahret- wenn man sie systematisch einrichtct und stets alles an dess dafür bestimmten Platz legt. Und man wird bei steter Ord- nung nio das haben, was uns in der Umzugszelt sehr vcr- drietzlich ist: den sogenannten „alten Bodenrummel". Es ist sehr richtig, Gegenstände, von denen man glaubt, sie »och einmal gebrauchen zu können, aufzubewahrcn; man soll aber nicht krampfhaft alles aufhebcn, man muß sich auch von überflüssigem Plunder trennen können! Was für den Boden gilt, hat in verstärktem Matze auch für den Keller Geltung. Denn den Keller gebrauchen wir auch zum Aufbewahren von Nahrungsmitteln. Es wirkt kein günstiges Licht auf die Hausfrau, wenn Kohlen und Kartoffeln dicht beieinander liegen oder die Kellers«mtcr mit dichten Spinwcben überzogen sind. Besondere Sorgfalt im Keller verlangen im Winter die ankbewahrten Gemüse. Sie muffen öfters nachgesehcn und dabei alles Angegangene ent fernt werde». „Kampf dem Verderb!" ist heute ei» überaus ernstes Gebot. Die Kartoffeln lege man mehrmals um und lüfto bei milder Witterung. Ein unsauber gehaltener Keller ist die Brutstätte für Ungeziefer, wie Kellerwürmcr, Ohren kriecher, Asseln usw., das von dort ans seinen Weg schnell in die Wohnräumc findet. Mäuse und Natten gehören I» keinen Keller. Auch von Keller und Bode» gilt daS Wort: „Ordnung, Fleiß und Reinlichkeit sind der Hausfrau Ehren- kleid." * Die praktische Hausfrau. , Um das Brechen von Linoleum zu verhindern, reinige man es mit Oel und Essig, daS zu gleichen Teil ver mengt wird. Spiegel werden tadellos sauber und leuchtend klar, wenn man sie mit einem Brei von pulverisierter Kreide und die Verarbeitung zu Tischdecken, Schürzen und Kleidern ge eignet sind. Die Muster reihen sich in fortlaufender Wieder kehr aneinander. Der Verwendung von Blaudruck zum Schmuck des Hel mes sind kaum Grenzen gesetzt. Namentlich das Helle natur. Alkohol abreibt und dann sanft nachpolicrt. Bei Ziegenpeter reibe man die Geschwulst dreimal täglich mit folgender Salbe ein und bedecke sie dann mit Watte: Ichthyol 3 Gramm, Salmiak 1,8 Gramm, Vaselin 26,5 Gramm. Sir MMMw »er WM M Ri;man von Anny v. Panhuys. 42. Fortsetzung. „Interessiert Sie die Mordsache Wittenborn? Ich be sitze Material darüber mit Bildern des Ermordeten und 'oes Mörders." „Ja, es interessiert mich," gab Juan Tasero zu. Jetzt war er fast neugierig, mit wem dieser Neunmal- ckluge Franz Wittenborn eigentlich verwechselte. Karl Kruse erhob sich und ging an ein geschnitztes Schränkchen, dem er nach kurzem Suchen einen Aktendeckel entnahm, auf dem mit Blaustift ein großes W geschrieben stand. Er trat jetzt neben Juan Tasero, öffnete den Deckel und blätterte zwischen verschiedenen Zeitungsblättern und Ausschnitten, zog dann die halbe Seite einer Zeitung dar aus hervor. „So, hier ist das Gesuchte!" Juan Tasero las die fettgedruckte Ueberschrift: Wie ein 'Falschspieler starb! Und er sah dann das Bild Franz Wittenborns, das sich ein findiger Reporter zu verschaffen gewußt, und auf oem er sofort den Mann erkannte, den er selbst einmal, erregt vom großen Spielverlust, bis in keine Wohnung verfolgt hatte. Er sah auch das Bild eines jungen Mannes, unter dem die Worte standen: Der Mör der Wittenborns! Er las Daten und rechnete aus, daß Franz Wittenborn erst Wochen nach jener bösen Nacht hatte sterben müssen, die für sein ganzes Leben so verhängnisvoll und aus schlaggebend geworden. Aber wie hing das nur alles zusammen, welche Ge danken waren da plötzlich wach geworden und scharten sich zusammen wie ein Heer? Zogen gegen all das zu Felde,- was ihn so lange elend gemacht, was sein Leben ver-- düstert, seit er die Heimat verlassen? i Er bemühte sich mit aller Willensstärke, um seine Er regung zu verbergen, aber ihm war es, als beginne der! Boden, auf dem er stand, zu schaukeln. Er setzte sich jetzt doch, er war wie erdrückt von dem, was er eben erfahren. Der Uebergang war aber auch zu schroff gewesen. Vor Minuten war er noch ein Mensch, der, um keine besondere Aufmerksamkeit auf seine Person zu lenken,- schweigen mutzte, wenn zwei Schufte die Geliebte beleidig-! ien, der ihnen gewissermatzen die Ehre der Geliebten ab-s Faufen mutzte, und jetzt war er ein Mann, der offen und! ssrei dafür eintreten durfte. Denn niemals hatten ihn die deutschen Behörden we- Ken Mordes gesucht, niemals konnte ihn jemand verdäch- stigen, auch nicht, wenn er seinen deutschen Namen in alle Lier Winde rufen lietz von den lautesten Herolden. ^Er war schuldlos, durch einen Irrtum glaubt« er bis- Mr an ein« Schuld, die niemals begangen wurde von ihm. Lira«, Wittenborn war also damals, als er ««meint. die kleine blasse Renate damit zu belügen, wtrrua; nur ohnmächtig gewesen! Wie einem Menschen, der im aller letzten Augenblick vom sicheren Tode gerettet wird, war ihm zumute. Nun brauchte er ja nicht nochmals zu fliehen? Du lieber Himmelsvater, die Gnade war kaum zu, fasten. Karl Kruse fragte verhalten: „Fehlt Ihnen irgend etwas? Sie sehen mit einem Male so verändert aus. Ist Ihnen vielleicht ein Kognak gefällig, ich kann Ihnen mit einer anständigen Marke dienen." Juan Tasero hätte jetzt wirklich gern einen Kognak ge habt, aber von diesem Manne nahm er nichts an. Er erwiderte kurz: „Ich danke sehr! Es ist schon vor über. Mich wandelte eine kleine Schwäche an, ich leide zuweilen unter dem Klimawechsel." Er empfand plötzlich rasende Ungeduld. Er mutzte zu Renate. In welche Erregung würde sie seine Sendung, sein Brief gestürzt haben, denn sie wutzte doch, was er eben erst erfahren, schon längst. Welchen Kummer erduldete sie jetzt wohl um feinet- wegen, welche Verzweiflung mochte sie schütteln? Sie würde sein Schreiben kaum begriffen haben. Er wollte zu ihr, jede Minute war kostbar. Er zog seine Brieftasche hervor, ritz Geld heraus, zählte es auf. „So, hier sind die dreitausend Mark —" Er kam mit dem, was er hatte sagen wollen, nicht zu Ende, denn es schellte draußen plötzlich wie rasend, un unterbrochen. Otto Holz war aufgesprungen. „Wer erlaubt sich nur, solchen Lärm zu vollführen? Ich werde gehen und nachsehen." Karl Kruse war an das Fenster getreten. > „Es ist eine Dame in Trauer," sagte er. Die Klingel arbeitete immer noch. Von einem Gedanken, von einer Ahnung emporgeris sen, stand Juan Casero schon neben ihm am Fenster. Eine Dame in Trauer? Wahrhaftig! Richtig! Renate stand draußen vor dem kleinen Gittertor des Äorgärtchens, seine Ahnung hatte ihn nicht betrogen. Vor dem Hause hielt, neben dem Auto, das ihn und die zwei Komplizen vom Bahnhof hierhergefahren, ein zweiter Wagen. Renate schien damit gekommen zu sein. „Das ist Fräulein Wittenborn," stellte Karl Kruse fest, und man merkte ihm deutlich die Verstimmung an. „Ich meine natürlich, Herr Tasero," sagte er, freund lich tuend, „daß unsere Angelegenheit wegen des Manu skriptes der jungen Dame nicht zu Ohren kommen braucht. Für alle Fälle können wir ja schnell unser Geschäft zum Abschluß bringen. Es ist ja höchst einfach. Sie stecken das Manuskript und ich das Geld ein! Ich begreife, offen ge standen, überhaupt nicht, wie wir zu diesem Besuch kom men." Juan Tasero war das genau so unklar, aber darauf kam es jetzt nicht an. Renate war da, befand sich in seiner Nähe, war kaum zwanzig Schritte von ihm entfernt. «SAMS Renate war da, war ihm nahe, und er war kein Mör- I der, er durfte ihr nun tausendmal wiederholen: Ich Habs s dich lieb! Nichts war geschehen, was sie beide verhinderte, . miteinander glücklich zu werden. Er sagte: „Nehmen Sie das Geld vom Tisch und brin- - gen Sie mir das Manuskript hierher ans Fenster, ich möchte sehen, ob Fräulein Wittenborn von Ihrem Sozius einge lasten wird." Karl Kruse trug das Geld schon in der Tasche, jetzt reichte er Juan Tasero das Manuskript, der es mechanisch zusammenfaltete und einsteckte. Renate war da, würde in wenigen Minuten bei ihm sein! Er vermochte jetzt an nichts anderes zu denken. Alles andere war ja gering dagegen: Er war nicht mehr unfrei, die Fesseln seiner Schuld waren gelöst, und Renate durfte die Seine werden! Otto Holz stand am Gittertor, doch machte er keine An stalten, Renate zu öffnen. Er hielt diesen Besuch jetzt für höchst überflüssig und störend. Deshalb log er sie an, antwortete auf ihre Fragen: „Ein Herr Casero ist nicht bei uns, ich kenne einen Herrn dieses Namens überhaupt nicht. Der Hoteljunge ist blöd, wir waren doch heute in keinem Tiergartenhotel. Die Be kannten von so armen Tintenkulis, wie mein Freund und ich sind, wohnen nicht so nobel." „Aber Sie und Ihr Kompagnon Karl Kruse wurden mir doch von dem Jungen so genau beschrieben," wider sprach Renate, „daß ich Sie beide, ohne daß der Junge einen Namen wutzte, danach sofort erkannre. Ich mutz aber Herrn Casero sprechen, ich mutz! Sagen Sie mir doch, wie lange Sie mit ihm zusammen waren und wohin er viel leicht dann gegangen sein könnte." Sie weinte fast. Otto Holz, der nicht wußte, daß er vom Fenster au« beobachtet wurde, zuckte die Achseln. „Wir haben wichtigen geschäftlichen Besuch und bedaure ich sehr, mich nicht aufhalten zu können. Da mir ein Herr Casero unbekannt ist, vermag ich Ihnen ja doch nicht zu helfen." Renate mutzte sich mit beiden Händen am Turgitter festhalten, um nicht umzusinken, so elend und schwach fühlte sie sich. Sie war mit so viel Hoffnung hierher gekommen. We nigstens einen kleinen Fingerzeig hatte sie fast bestimmt erwartet. Nun aber war die weite Fahrt vergebens ge wesen, vergebens ihr verzweifeltes Hoffen. Juan Casero sah, wie Otto Holz sich eben mit lässiger Gebärde von Renate abwandte. Da riß er das Fenster auf. .Renate!" rief er überlaut und noch einmal: „Renate! Wie schmetternder Fanfarenstotz zog der geliebte Name zu ihr hinüber, die da mit tränenschimmernden Augen, in völlig gebrochener Haltung, am Gitter lehnte. Sie hatte mit einem Ruck den Kopf erhoben. Ihr Name war auf sie zugeflogen, von der geliebtesten Stimme gerufen. .... Es schien ihr di« köstlichste Musik. iForts. folgt.!