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Zschopauer Tageblatt und Anzeiger Mittwoch, dcu 38 EWilllmkran in Hamburg gekentert Bon einer 6urM erW Jin Hamburger Hafen kenterte infolge einer Sturmbö am Lrnnhocft rin großer Schwimmkran. An Bord bcsandrn sich acht Mann. Der Kran wurde losgcrissen, auf den Strom ge trieben und daun auf die Seite geworfen. Das große Fahrzeug kam kieloben zu liegen. Die Besatzung des Fahrzeuges war in dem Schiffskörper eingeschlossen und gab bald nach dem Unfall Klopfzeichen. Man öffnete den Schiffskörper mit Schncidebrennern, und "s gelang, sechs Mann zu retten. Drei von den Gereiteten wurden in ein KranleuhauS geschasst. Die beiden noch eingeschlossenen Besatzungsmitglieder dürften tot sein, da von den Ret tungsmannschaften keine Klopfzeichen mehr gehört wurden. >* Der orkanartige Sturm der letzten Tage und Nächte, der gewaltige Wassermassen in die Elbe trieb, hat im Untcrclbegebiet schwere Hochwasserschäden hervor- gcrusen. Aus dem Alten Lande und dem Ostegebiet wer den vielfach Deichbrüche gemeldet. In der Vilster Marsch kam es ebenfalls zu Deichbrüchen und großen Uebe» flntnngen. Die Männer des Arbeitsdienstes und die Be völkerung liegen seit Tagen in Alarmbereitschaft oder wurden zur Abdichtung der Deiche eingesetzt. Englisches Fischerboot gesunken Die lSköpfige Besatzung ertrunken Bei den Orkneyinseln ist das englische Fischer boot „Leicestershire" im Sturm untergcgangcn. Die lököpfige Besatzung hat den Tod in den Wellen gefunden. Ein anderes englisches Fischerboot „Bostanian", daS seit einigen Tagen überfällig ist, wurde ausgegebeu. Die zwiLf Mann Besatzung dürften ebenfalls ertrunken sei». Italienischer Dampfer gestrandet Der schwere Südweststurm über England erreichte an den Küsten eine Stundengcschwindigkeit von rund MO Kilometer. Infolge der stürmischen See wurde in der S t. - I v e s - B u ch t der italienische Dampfer „Alba" aus eiuen Felsen geworfen. Ein Rettungsboot ans St. Ives konnte 20 Alaun der Besatzung des gestrandeten Dampfers anfnehmen, kenterte dann aber selbst infolge des hoben Wellenganges Dabei ertränken vier Mann. Die übrigen Insassen des Rettungsbootes konnten schwimmend das User erreichen. Drei Mann der Besatzung des italienischen Dampsers werden noch vermißt. Nie verprügelte Schmugglerbraut Sie verriet aus Rache ihre Kumpane Durch einen neckischen Zufall kam die Warschauer Polizei einer gefährlichen Geldschmugglerbande auf die Spur. Ihr Anführer war der ehemalige amerikanische Gangster Karmanski, seinerzeit die rechte Hand von Jack Monroe, dem Konkurrenten des berüchtigten Räubers Al Capone. Seiner Verhaftung hatte er sich durch die Flucht nach Europa entzogen und trieb seitdem in Frankreich, England und anderen Ländern sein Unwesen. In Polen '"mmette er eine G e l d sch m u g g l e r b a n d e um sich, die mit den jüdischen „schwarzen Börsen" Hand in Hand arbeitete. Mithelferin der internationalen Verbrecher war auch die „Freundin" des Karmanski. Kürzlich hatte sic das Pech, noch gerisseneren Gaunern in die Finger zu fallen, die ihr während einer EiseMahnfahrt das Schmuggelgeld stahlen. Ihre Kumpane gerieten darüber so in Wut, daß sie die Schmugglerbraut schrecklich verprügelten. Sie aber lief in ihrer Bedrängnis zur Polizei und verriet alles, was sie von dem Schmuggelbeirieb wußte. Es war dadurch möglich, außer der Bande auch eine Anzahl der jüdischen Geldschieber dingfest zu machen. 46 Wohnhäuser eingeäscheri Rlesenfeucr in England. In Newbiggln by the Sea, einem Städtchen in North- umbcrlaud, wurde bei einem Großseuer ein ganzer Straßen- zug mit >6 Holzhäusern vernichtet. Die dort wohnenden Fa milien, 55 Personen, einschließlich Frauen und Kinder, wurden obdachlos Der Feuerwehr gelang es nicht, den Brand wirk sam zu bekämpfen, da der Orkan, der augenblicklich in Eng land herrscht, jede Eindämmung des Feuers unmöglich machte. Kurz vor der Heirat 100» Mark gewonnen. Von einem jungen Mädchen wurde in Essen bei einem Loskauf ein Hauptgewinn der WiMerhilfslotterie über llM Mark gezogen. Man kann sich die Freude der glücklichen Gewinnerin, die kurz vor der Heirat steht, vorstellen. Vollstreckung eines Todesurteils. Nm 1. Februar 1938 wurde in Berlin der am 15. August 1915 geborene Walter Schlitzkus hingerichlet, der vom Schwurgericht in Frankfurt am Main wegen Mordes zum Tode verurteilt worden ist. Schlitz kus, ein schon mehrfach vorbestrafter Mensch, hat in der Nacht zum 2l. Juli 1937 in Frankfurt am Main-Zeilsheim den 53 Jahre allen Schausteller Karl Bauer mit einer Axt erschlagen, um ihn berauben zu können. Jungrs Mädchen ermordet. Auf dem Wege von ihrer elter lichen Wohnung in dem bekannten Trachtendorf Schönwald zu ihrer Arbeitsstätte in der Stadt Glciwitz wurde eine 22- jährige übersatten und ermordet Die Ursache des Verbrechens sowie d!e Person des Täters sind noch inIMnkel gehüllt. Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche in England. Die Maul- nnd Klauenseuche hat sich in England weiter o»s- gebreilei. Es sind nunmehr Fälle auch in der Grafschaft Somerfcih ausgetreten. Als verseucht gelten jetzt drei Graf schaften. Drei englische Militärflugzeuge abgestürzt. Bel heftigem Sturm stieß ein Flugzeug der englischen Fliegerschule Han- worth niit einem anderen Flugzeug zusammen und ging in Flammen aus. Ein Flugschüler wurde getötet, ein anderer schwer verletzt. — Ein Zweisitzer der Fliegerschule von Leuchars stürzte aus ein Eiscnbahngclcis, wobei der Pilot getötet wurde. Bei einem dritten Flugzeugabsturz in Ufsord wurde ein Flie- gerofsizicr getötet und sein Begleiter verletzt. Polnisch« Hasen für trockengelegte Zuidersee. Zur Ver edelung und Verstärkung des Wildbestanoes in den Revieren, die in vem durch Trockenlegung eines Teils der Zuidersee entstandenen Neuland geschaffen wurden, wurde ein Transport von in Polen gefangenen Hasen nach Holland angesetzt. Die Hasen waren zunächst aus Veranlassung deS Reichsserum dienstes einer Quarantäne unterzogen worden, um die Gewähr zu haben, daß es sich um Tiere handelt«, die frei von anstecken- vcn Krankheiten sind. Eine Frau zum Schulzen gewählt. Bei der Schulzenwahl tn der Landgemeinde Wvrobti wurde Frau Skuviszak zum Schulzen und Frau Przvbilkska zum Stellvertreter gewählt. ES ist dies der erste Fall m der Woiwodschaft Posen, daß die Verwaltung einer Dorfgemeinde in den Händen von Frauen liegt. Ein ungemein heftiger Wirbelsturin hat in Palermo und Umgebling beträchtlichen Schaden ungerichtet. Im Hasen sind einige Schiffe zusammengrstoßen und dabei, wenn auch zumeist nur leicht, beschädig, worden. Die KdF.-Schisse „Oceana", „Der Deutsche" und „Sierra Cordoba" sind völlig verschont geblieben, konnten aber erst mit zehnstündiger Ver spätung ihre Fahrt nach Venedig fortsetzen In Palermo und den benachbarten Ortschaften wurden zahlreiche TelearapMn- masten und Bäume umgerissen und verschiedene Dächer ganz oder teilweise abgedeckt, doch sind Menschen glücklicherweise nicht zu Schaden gekommen. Der weltbekannte Name. In den Vereinigten Staa ten von Nordamerika zählt die Vereinigung der Träger des Namens Schmidt iSmithl 294 000 Mitglieder. Im Londoner Telephonverzeichnis sind über 3000 Smith vorhanden, überhaupt steht der Name in den englisch sprechenden Ländern an erster Stelle. An zweiter und dritter Stelle kommen die Tailors «Schneider» und Brown «Braun». Bei allen Völkern der Erde gibt es den Namen Schmidt, beispielsweise heißt er bei den Griechen Kleion und bei den Eskimos Kaddaia. Erster Segelflug in Kolumbien. Der deutsche Segelflieger Peier Riedel führte auf dem Flugplatz Cali den ersten Scgel- slng über Kolumbien aus Peter Riedel blieb mit seiuem „Kranich" 6'/, Stunden in der Luft. Mio-MWa» Donnerstag, dr» 3. Februar 1938. DeutschlaudsonLer. 6.00 Glockenspiel, Mvrgenruf, Wet ter. 6.32 Konzert. Dazwischen 7.00 Nachrichten. 10.00 Volksliedsingen. 11.30 Dreißig bunte Minuten. 12.00 Konzert. 13.00 Glückwünsche. 13.52 Nachrichten. 14.22 Allerlei von Zwei bis Drei! 15.22 Wetter, Börse, Markt bericht. 15.15 Hausmusik einst und jetzt. 15.55 Programm- Hinweise. 16.20 Musik am Nachmittag. 18.22 Goethe in Liedern seiner Zeit. 18.42 Deutsches Turn- und Sportfr st 1918. 19.22 Kernspruch. Wetter. Kurznachrichten. 19.12 ... und jetzt ist Feierabend! 22.22 Deutschlandechv. 22.12 Blasmusik. 21.22 Verhör um Mitternacht. 22.22 Wetter-, Presse, Sport. Anschl.: Deutschlandecho. 22.30 Eine kleine Nachtmusik. 23.20 Spätmusik. Leipzig. 6.00 Morgenruf, Wetter. 6.30 Frühkonzert. Dazwischen 6.52 Nachrichten, Weiter für den Bauern. 8.20 Gymnastik. 8.20 Kleine Musik. 8.30 Konzert. 12.00 Volksliedsingen. 10.30 Wetter, Tagesprogramm. 11.35 Heute vor ... Jahren. 11.40 Kleine Chronik des Alltags. 11.55 Zeit, Wetter. 12.00 Konzert. Dazwischen 13.00 Zeit, Wetter, Nachrichten. 14.00 Zeit, Nachrichten, Börse. Anschl.: Melodien aus klassischen Operetten. 15.05 Ilse Langner: Als Braut im Carin-Göring-Heim. 15.20 Welt liegt iin Winterkleid. Sungmädel singen. 15.50 Brasilien spricht. 16.00 Konzert. Dazwischen 17.00 Zeit, Wetter, Wirtschaftsnachrichten. 18.00 Dr. Hugo Adolf Bernatzik: Goldgräber und Kannibalen in Neu-Guinea. 18.20 Kla viermusik. 18.45 Deutsche Erzcugungsschlacht. 19.00 Nach richten. 19.10 Dorf im Winter. 20.00 Draußen dicht am Wiener Wald.. 22.00 Nachrichten, Wetter, Sport. 22.15 Nie nachlassen! Ein Rundfunkbericht vom Februar-Ab zeichen des WHW. 22.30 Tanz und Anterhaltung. M MM« »kl WM» Mil Roman von Anny v. Panhuy». 34. Fortsetzung. . Lie schnitt ein sehr verschmitztes Gesicht. , „Können Sie sich nicht zuin Schein den Fuß verstauchen? Lie mühten doch dann das Zimmer hüten." Der Mann muhte lachen. Wie einfach und durchaus glaubhaft der Grund war. , Das Lachen ermutigte Martha. „Und wenn Fräulein Renate dann schon einmal hier ist, können Sie doch vielleicht gleich drei oder vier Stunden arbeiten, da geht die Uebersetzung natürlich auch bedeutend rascher. Und darauf kommt es Ihnen doch schließlich nur an." „Selbstverständlich, nur darauf kommt es mir an!" be stätigte er, unwillkürlich belustigt. Fast freute er sich der iKlatschgeschichte, denn er dachte es sich wunderschön, Re inste in einein hübschen eleganten Rahmen zu sehen. ! „Ich werde mir also den Fuh verstauchen," lächelte er, !„und an Fräulein Wittenborn entsprechend schreiben. Wenn !6ie dann Fräulein Wittenborn zu mir hierherbegleiten wollen, so wäre das ungemein liebenswürdig von Ihnen." Er fügte noch hinzu: „Glauben Sie aber auch bestimmt, sie «ntschlieht sich zuin Kommen?" Er fragte es so ängstlich, dah ihn Martha erstaunt ansah. Er merkte die stumine Frage in dem auf ihn gerichte- cken Blick und erklärte hastig: „Ich sagte das nur, weil inir die Uebersetzung sehr, sehr wichtig ist, und Fräulein Wit tenborn schreibt so schnell und fehlerfei. Ich möchte mit kei ner anderen Stenotypistin mehr anfangen bei der Arbeit." „Das brauchen Sie auch nicht, verlassen Sie sich auf mich," tröstete Martha. „Schreiben Sie ihr nur! Ich garan tiere Ihnen, dah sie kommen wird." Nach einem Weilchen sagte sie beschwörend: „Aber ver raten dürfen Sie mich auf keinen Fall! Von dem bösen Klatsch sollen weder Fräulein Renate noch meine Mutter etwas erfahren." „Bewahre, Fräulein Kuschke, ich schweige bestimmt," versprach er, und Martha bedankte sich herzlich. Sie ahnte nicht, dah sie Juan Casero heute einen viel gröheren befallen erwiesen, als dieser ihr. Gegen zwei Uhr nachmittags trat ein Bote in Frau Kuschkes Lädchen. „Ich habe einen Brief für ein Fräulein Wittenborn, die hier wohnen soll. Ich möchte gleich eine Antwort mit- mehmen." Martha freute sich^wie schnell Juan Casero die Ange legenheit betrieb. Sie ging mit dem Boten hinüber zu Renate und hatte Mühe, ihr Lachen zu verbeißen, als die ihr erschreckt mit- ckeilte, Herr Casero habe sich den Fuh verstauch*, und es sei ihm vcrerst vom Arzt verboten worden, durch Laufen den Fuh anzustrengen. Er schrieb weiter: „Dankbar wäre ich Ihnen, wenn wir die Uebersetzung bei mir fortsetzen könnten. Ich wechsle nur ungern meine Schreibhilfe, möchte aber auch die Arbeit «nicht ruhen lassen^ gerade jetzt, wo ich ans Zimmer ge- feyelt wn. Lvenn Sie, aus irgendeinem Grund, nicht allein kommen mögen, so ist Fräulein Kuschke vielleicht so lie benswürdig, Sie zu begleiten. Eine Maschine, derselben Marke wie die Ihre, würde mir vom Hotel zur Verfügung gestellt werden können. Darf ich Sie um vier oder fünf Uhr erwarten?" Renate las den Brief immer wieder, gab ihn dann Martha, damit sie ihn auch lesen solle. Der Bote machte schon ein etwas ungeduldiges Gesicht. Als sich Renate dann setzte, um die Antwort zu schrei ben, zitterte die Hand, die nach dem Federhalter fahle. Martha beobachtete es und erschrak. Renate Wittenborn wollte die Bitte Herrn Caseros doch nicht etwa ablehnen und war nun erregt, weil eine gute Einnahmequelle versiegte. Eie hielt ihr die Hand fest. „Fräulein Renate, überlegen Sie, was Sie tun. Herr Casero ist kein Karl Kruse. Auch bin ich gern bereit, Sie zu begleiten, trotzdem ich finde, das sähe beleidigend für Herrn Casero aus." Renate sah sie groß an, neigte ein wenig den schmalen Kopf. „Sie haben recht, Martha, es wäre töricht von mir, nicht zu gehen." > Sie schrieb, sie würde um vier Uhr im Hotel sein und gab dem Boten die Antwort. Martha lächelte zufrieden. Nun war auf die einfachste Weise der Welt den Klatschmäulern die Nahrung entzogen worden, ihren Geifer über das schöne Mädchen hinzuspritzen. * Kauin hielt Juan Casero Renates Antwort in der Hand, mietete er einen Salon neben seinem Zimmer, be stellte sich dann ein Auto zur Ausfahrt. Er fuhr damit in die Leipziger Strahe, kaust« eine Schreibmaschine, wir sie Renate benützte, kaufte Rosen und köstliche kleine Kuchen, um dann sofort wieder heimzufahren. Er bestellte dein Portier noch, wenn eine Dame käme, allein oder in Begleitung des junge» Mädchens vom Vor mittag, sie sofort zu ihm zu führen. Es sei seine Mitarbei terin bei einer Uebersetzung. Er fand, das klang gut und beugte jedem mißtrauischen Blick vor. Er zog dann auf seinen linken Fuh einen Hausschuh, weil er meinte, das mache sich besser und zuverlässiger bei einem verstauchten Fuh. Und daun wanete er. Wartete wie ein ganz junges Kerlchen auf dte Geliebte. Um puntl vier Uhr meldete der Hotelpage Fritz, die erwarten« Dam« sei gekommen. Also ko« Renate allein. Er freute sich Varübör, es war ihm lieber. Juan Casero humpelte der Eintretenden entgegen, zur gröhten Verwunderung von Fritz, der den Hotelgast aus Uruguay doch erst vor knapp zehn Minuten flink und ge wandt aus dem Auto hatte springen sehen. Als der Junge gegangen war, legte Renate Mantel und Hut ab und fragte teilnehmend: „Ist Ihr Fuh sehr schlimm, schmerzt er sehr?" „Wenn ich ihn ruhig halte, fühle ich fast gar keinen Schmerz," erwiderte er. „Hoffentlich wird die Verstauchung bald wieder gut," sagte sie treuherzig. Nach einem Weilchen meinte sie er staunt: „Anscheinend ist diese Schreibmaschine noch gar nicht benützt worden." „Möglich, sie ist vorläufig im Hotelbüro überzählig," antwortete er, „man lieh sie mir deshalb." Und dann setzte sie sich an die Arbeit," auch Papier lag schon bereit und Juan Casero diktierte. Gegen fünf Uhr sagte er: „Ich habe jetzt jeden Nach mittag bei Ihnen Kaffee mitgetrunken, jetzt trinken Sie, bitte, auch einmal Kaffee bei mir." Weshalb hätte sie nein sagen sollen? Sie trank mit Genuß den vorzüglichen Kaffee und sie hatte viel zu lange keinen guten Kuchen mehr gegessen, um es sich, trotz aller Erinnerungen, nicht doch schmecken zu lassen. Ein köstliches Fest dünkten ihr die drei Stunden hier. Ehe sie ging, legte ihr Juan Casero zwei Zehnmark scheine auf die Schreibmaschine. Renate machte eine Bewegung der Abwehr. „Das ist viel zu viel!" „Bewahre! Sie haben erstens eine Stunde länger ge arbeitet als sonst und dann durch den langen Weg hierher und zurück mindestens eine Stunde versäumt," erklärte er. Am nächsten Tag kam sie um vier Uhr wieder und am übernächsten ebenfalls. Nnd Juan Caseros Fuß war immer noch verstaucht, aber nur des Nachmittags von vier Uhr bis abends um sieben. Vorher und nachher trug Juan Casero Stiefel an beide» Füßen, von vier bis siebe» am linken Fuß den Hausschuh. Mit jedem ihrer Besuche ging Renate mehr aus sich heraus. Juan Casero verstand es so gut, ihre Lippen zu öffnen. Nur den Tod ihres Vaters berührte sie kaum. „Ich Mag nicht so sehr daran denken," äußerte sie ein mal, „es ist ei» zu furchtbarer Gedanke, daß mein Vater ermordet wurde." Juan Casero hatte nicht gewagt, auch nur die kleinste Aeugerung dazu zu tun, er kam sich wie der alleroerächt- lichste Menich vor. Cs wollte ihin ja überhaupt nicht mehr gelingen, sich dainit zu beruhigen, in Notwehr gehandelt zu haben. Und die zwecklose Uebersetzung schritt vorwärts. Re nate blieb oft bis acht Uhr und sie dachte mit stockendem Atem an den Tag, da Juan Casero zu ihr sagen würde, er bedürfe ihrer nicht mehr. Wie einsam und traurig mußte sich dann wieder ihr Leben gestalten. Und der gefürchtete Tag war wohl nicht mehr fern. Juan Casero dachte auch oft an diesen Tag, aber er litt dabei fast noch mehr als Renate. Denn er war sich dessen voll und ganz bewußt, er liebte dieses schöne Mädchen mit starker, elementarer Liebe. Er hätte zu ihr sagen können: Ich habe dich lieb und ich will dich aus der Kleinlichkeit und Not deines jetzigen Lebens herausnehmen; was ich habe, ist dein! Er war frei und niemand hinderte ihn daran, das zu ihr zu sagen, niemand — nur sein eigenes schlechtes Ge wissen. Denn er durfte doch nicht die Tochter des Mannes zum Altar führen, der er den Vater getötet! IFortsehmig folgt).