Volltext Seite (XML)
KO NGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Sonnabend, den 11. November 1967, 19.30 Uhr Sonntag, den 12. November 1967, 19.30 Uhr 6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Gert Bahner, Berlin Solist: Michail Waiman, Sowjetunion, Violine MICHAIL WAIMAN, Ver- dienter Künstler der RSFSR, Preisträger von drei internatio nalen Wettbewerben (1949 Jan- Kubelik-Wettbewerb Prag, 1950 Bach-Wettbewerb Leipzig, 1951 Ysaye-Wettbewerb Brüssel), wurde 1926 in Bug (Ukraine) geboren. Bereits achtjährig er hielt er in Odessa Geigenunter richt, 1941 wurde er Schüler am Leningrader Konservatorium. Im Jahre 1949 legte Waiman dort mit Auszeichnung seine Ab schlußprüfungen ab. Anschlie ßend blieb er, zunächst als As sistent, am Konservatorium, wo er 1962 eine eigene Klasse erhielt und gegenwärtig als Professor wirkt. Seit 1950 widmet sich der Künstler einer aus gedehnten Konzerttätigkeit im In- und Ausland. Er gastierte u. a. sehr erfolgreich in Öster reich, der DDR und West deutschland, in Dänemark, Finn land, Polen, der CSSR, in Albanien, Israel, im Fernen Osten und — im Januar 1967 — in den USA. Mit der Dresdner Philharmonie konzertierte er be reits in den Jahren 1956, 1962, 1965 und im Juni 1967 in Halle. Felix Mendelssohn Bartholdy Sinfonie Nr. 8 für Streichorchester D-Dur 1809-1847 Adagio e Grave - Allegro Adagio Menuetto Allegro molto Johann Sebastian Bach 1685-1750 Konzert Nr. 2 für Violine und Streichorchester E-Dur BWV 1042 Allegro Adagio Allegro assai PAUSE GERT BAHNER, 1930 in Neuwiese (Erzgebirge) geboren, studierte von 1949 bis 1954 an der Leipziger Musikhochschule (u. a. bei den Professoren Langer und Fischer) die Fächer Klavier und Dirigieren. Sein erstes Engagement führte ihn als Solorepetitor an die Ko mische Oper Berlin, 1958 ging er als musikalischer Oberleiter an das Hans-Otto-Theater Pots dam. Seit 1962 wirkte er als Generalmusikdirektor an den Städtischen Bühnen Karl-Marx- Stadt, ehe er 1965 als Kapell meister an die Komische Oper Berlin zurückging. Der Dirigent trat bisher mit vielbeachteten Operneinstudierungen (zuletzt mit der Uraufführung der Oper „Der letzte Schuß" von Siegfried Matthus) sowie in zahlreichen Sinfoniekonzerten hervor. Johannes Brahms Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77 1833-1897 Allegro non troppo Adagio Allegro giocoso, ma non troppo vivace ZUR EINFÜHRUNG Der 1809 in Hamburg geborene Felix Mendelssohn Bartholdy wuchs in einem überaus kultivierten und musikliebenden Elternhaus auf und er das Finale bereit. nn Sebastian Bach formal an Vorgänger und Zeitgenossen an und Orchestertutti und Soloinstrument bei. hielt mit seiner gleichfalls ungewöhnlich musikalisch begabten Schwester Fanny den besten Musikunterricht und die beste humanistische Bildung, die die dama lige Zeit zu bieten vermochte. Seit dem Jahre 1811 lebte die Familie in Berlin, wo das früh zutagetretende erstaunliche Musiktalent des jungen Felix zunächst von der Mutter gefördert wurde, dann vor allem von dem damals sehr geschätz ten Ludwig Berger (Klavierspiel) und von Karl Friedrich Zelter (Kontrapunkt) ausgebildet wurde. Schon als Knabe hatte Mendelssohn die Möglichkeit, als Sänger in Zelters Singakademie sowie als Pianist und Komponist in den Haus konzerten seiner Eltern sein Talent zu erproben. Schon vom Jahre 1819 ab ent standen beachtliche frühreife Kompositionen, die erst in neuester Zeit eine Würdigung durch Aufführungen und Ausgaben (Leipziger Ausgabe der Werk^ Felix Mendelssohn Bartholdys) erfahren haben. Im Alter von 11 bis 16 Jahren komponierte Mendelssohn u. a. vier Singspiele, dreizehn Streichersinfonien, drei Doppelkonzerte, zwei Solokonzerte, Kammermusik, Lieder und zahlreiche kir chenmusikalische Werke. Bei „Sonntagsmusiken'' im Elternhaus — zum Teil mit einem eigens dafür engagierten Orchester — wurden diese Werke einem statt lichen Publikum vorgetragen. Reisen mit den Eitern (1821 zu Goethe nach Weimar, 1822 in die Schweiz) förderten die Bildung des heranreifenden Knaben. Bach, Mozart, der frühe Schubert und Weber waren die Meister, an denen der junge Mendelssohn geschult wurde. Die heute erklingende Streichersinfonie Nr. 8 D-Dur entstand im Jahre 1822, also im 13. Lebensjahr des Komponisten - vier Jahre vor dem Genie streich der „Sommernachtstraum"-Ouvertüre. Es ist in seiner genialischen Früh reife ein wahrhaft bemerkenswertes Werk, das in seinen vier, dem klassischen Muster folgenden Sätzen schon einen durchaus „männlichen", „reifen" Ausdrucks charakter besitzt, keineswegs etwas Kindliches. Es ist Mendelssohns erste große Sinfonie, wenn sie auch von ihm noch nicht als solche gezählt und gewertet wurde. In unserer Aufführung erklingt sie in ihrer Originalgestalt als Streicherwerk (in einer zweiten Fassung fügte er nämlich später Bläser hinzu). Die Sinfonie zeigt bei aller offensichtlichen Verwurzelung im Bach- und Mozartstil schon we sentliche, für Mendelssohn charakteristische stilistische Merkmale, wie etwa di| farbige, chromatische, modulatorische Anlage ihrer Themen (z. B. Hauptthema des ersten Satzes) und eine gewisse melodiegesättigte Atmosphäre (zweiter Satz). Insgesamt hat man seine helle Freude an der mit Mozartschem Musizier geist virtuos durchgeführten kontrapunktischen Arbeit des originellen, frischen Werkes. Besondere Überraschungen hält In seinen Violinkonzerten knüpfte J o h a die entsprechenden Schöpfungen seiner behielt das abwechselnde Spiel zwischen Dennoch mischt sich bei ihm wesentlich stärker als bei seinen Zeitgenossen der Orchesterpart mit den Partien der Solo-Violine und umgekehrt; auch ist das the matisch-motivische Satzgefüge von Solo und Tutti so eng ineinander verschränkt, daß der moderne Konzertbegriff hier seinen Ausgang nimmt.