Volltext Seite (XML)
aber erst nach der Beendigung des ..Don':Tm^^V91 ihre endgültige Gestalt empfangen. Es ist das erste Werk des Tondic^^R, in dem der dichterische Vorwurf die musikalische Form bedingt hat; wie ja überhaupt das ,,Pro gramm" bei Richard Strauß niemals einen anderen Sinn hat. als den eines form- und stilbildenden Elements der Musik, und niemals den. zu irgend welcher musikalischen Illustration gestaltet zu werden. Im ,,Macbeth“, einem durchaus düsteren, leidenschaftlich harten Werk, ist die Abhängigkeit von Liszt in der Formgebung noch fühlbar. Die Ton sprache und die Art der thematischen Entwicklung gehört schon ganz Richard Strauß an. wenn er auch selten vorher oder nachher ein ähnliches, dunkelglühendes Kolorit gewagt hat. Der spätere Strauß ist rauschender, beschwingter, farbiger; in diesem frühen Werk malt er schwarz in schwarz mit einer Unerbittlichkeit, die dieses Nachtbild in Tönen von allen anderen Werken des Tondichters unterscheidet. Die Form des „Macbeth", wie die vieler der einsätzigen sinfonischen Dichtungen von Strauß, ist die eines frei behandelten Sonatensatzes. Nur wenige Themen herrschen. Das Thema Macbeths (eigentlich ein Doppel thema, das das schicksalhaft Vordrängende und das Zerrissene des Macbeth wesens kennzeichnet) und das der Lady Macbeth in seiner gleißenden, verführerischen Geschmeidigkeit sind die determinierenden. Kriegerische Motive, wie gleich das des Eingangs, und zahlreiche andere, die als Motive des Gewissens, des Zweifels und der immer wiederkehrenden Verführung auszudeuten wären, vervollständigen das knappe, aber wie aus Stahl ge hämmerte, überaus plastische Motivmaterial des ganz von tragischer Ciröße erfüllten Werkes. Die erste Fassung des Werkes schloß mit einem strahlen den Triumphmarsch, der Macduffs Sieg über Macbeth versinnlichte. Auf Hans von Biilows Einwand, daß der Held des Stückes doch Macbeth und nicht Macduff sei, änderte Strauß diesen Schluß und ließ dem triumphalen straften Marschteil noch einen Epilog folgen, in dessen ersterbenden Klängen die Themen Macbeths und der Lady gleichsam verlöschen: ein ergreifendes Tonsymbol für den Untergang der beiden Heldengestalten." Anton Dvoraks Vierte Sinfonie ist in England erschienen und vielleicht schon aus diesem Grunde weniger bekannt geworden. Sie neigt zu dem Wesen der Smetanaschen Tondichtungen und dem von Dvoraks eigenen slawischen Rhapsodien. Der erste Satz wird von einer elegischen Weise in g-moll eingeleitet; in der Mitte drängt sich ein Marschmotiv her vor. Dieser Einleitung, die sich hauptsächlich auf Cello und Horn stützt, folgt die Flöte mit einem Thema in G-dur, das unter den zahlreichen Ideen, die dem Komponisten während dieses Satzes durch den Kopf ziehen, die erste Stelle einnimmt. Nächst ihm gelangt das Marschmotiv zur größten Bedeutung. Nachdem das zweite Thema mit seinem Gefolge vorbei ist, kehrt die Einleitung in Moll wieder. Dann folgen Durchführung und Reprise. Der zweite Satz ist der originellste der Sinfonie und einer der eigensten überhaupt, die wir auf diesem Gebiete haben. Feierliche Kirchenmusik. Serenaden, von fern her kecke Marschklänge — ganz disparate Elemente schließen sich da höchst glücklich zusammen. Der dritte Satz hat zum Hauptthema eine Melodie von sehr breitem Wurf und einem Charakter, der sich ganz für den Hausschatz der älteren Romantik eignen würde. Als Seitenthema folgt ihr eine chromatisch beginnende Weise, die in einem etwas halsstarrigen Kanon durchgeführt wird. Der beste Teil des Satzes ist das Trio in C-dur. Seine Melodie hat Kinderaugen. Das Finale wird von einem sehr anspruchsvollen Trompetensolo eingeleitet, das uns wohl zu einem Nationaltest ruft. Volksspiele in Gestalt von Variationen über eine Paraphrase des Hauptthemas vom ersten Satz füllen es zum größten Teil aus. (Nach Hermann Kretzschmar, Führer durch den Konzertsaal.)