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Beilage zur Wetheritz-Zeilung 103. Jahrgang Nr. 277 Sonnabend, den 27. November 1937 VRUM VH SskenLmt Msmi wie und die und 0» 10 a e > r 1 setts Gwendolyn ^idnde uingekommen. Wir haben 7» 30 8» I. e a e t t i Ein toller Fall aus Amerikas KriminalgeschichtS Von Clemens Laar e > tauen, in Zweifelssällen die Noten in Wasser zu tauchen. Färbte die Note ab, so war sie echt. Die unechte behielt die Farbe. ..Klipp und klar gesprochen, die Fälschungen waren also vcsser als die Originale . . . Well, ich mutzte nur gerade daran denken. -Ich finde cs sehr komisch." Die übrigen Herren finden die Neigung des Unter- staatssekrctärs zu lustigen Parallelen etwas deplaciert;- das entspringt offenbar einem Mangel an Phantasie. Sie können sich nicht so wie der schmunzelnde Offizielle vor- stellcn, wie cs wirken winche, wenn das Schatzamt der amerikanischen Oeffentlichkeit mittcilte, cs seien Fälschun gen im Umlauf, die man erkennen könne, wenn man die betreffenden Noten in eine Lösung aus verschiedenen Säuren tauchte. Wenn der Zahlenanfdrnck verschwinde, so wären sic echt. Man Hai, bei Gott, an anderes zu denken, vor allen Dingen, da die Entdeckung des Laboratoriums ein weite res Anhaltspünktchen zu den zwei gegebenen gefügt hat. Die Platten müssen in sehr mühevoller und, wenn man ehrlich sein will, geradezu genialer Weise aus lithographi schem Wege hcrgcstcllt worden sein. Dadurch hatte man auch die Erklärung für das wiederholte Anftauchen ein Zeichnung: Drewitz — Al. I« Ordnung, Chaps! Wir haben die Bnrschcn. Cs ist nur «och eine Frage der Zeit!" und derselben Nummer. Wahrscheinlich besitzen die Fäl scher nur zwei oder drei Platten und können infolgedessen auch nur dementsprechend die Nummern ihrer Fälschun gen ändern. Ein nener Weg öffnet'sich plötzlich. Nur fehr- wenig Menschen besitzen eine solche handwerkliche Geschick lichkeit, um auf dem unendlich mühseligen Wege über die Reproduktion einer echten Note Druckplatten hcrzustellen. Das Papier zu fabrizieren, ist demgegenüber relativ simpel. Wer also kommt nach den bisherigen Erfahrungen in Frage? Es sind ungefähr zwölf vorbestrafte Persön lichkeiten, die sich aus dem Archiv des Geheimdienstes er geben, und gerade ist man dabei, einen Fahndungsscldzug auf breitester Basis zn eröffnen und an sämtliche bundes staatlichen Polizeibehörden entsprechende Ersuchen zn kabeln, da lätzt sich beim Eoloncl Grouse, dem Leiter des Geheimdienstes in New Bork, der Polizeikommissar von Michigan, van Zoorn, melde«. Ueber Nacht ist aus eiNdr Masche ein sehr haltbares und gefährliches Netz über einen gewisse» Gwen Nhyde geworden. Wen-uno in Ser Mlensasche Walter Louis van Zoorn glaubt, als ein Mann bei dem Geheimdienst anfzuta»chen, der eine Niederlage er litten hat. Er kommt allein nicht mehr weiter. Es ist un möglich, und jeder weitere Versuch würde eine' Gefähr dung der schliesslich überaus bedeutsamen Angelegenheit bedeuten. Zwar hat sein Chefarzt ausgezeichnet gearbeitet, aber alle anfgewandtc Mühe scheint nutzlos gewesen zu sein. Van Zoorn trägt in seiner Aktentasche einige Fingcr- abdruckvergrötzerungcn des Mannes, der schon seit vielen Monaten tot ist, und der sich Hnmphrey Bogner nannte. Es sind nicht gerade meisterhafte Abdrücke, aber sic er füllen ihren Zweck. So hat beispielsweise die Fingerabdrnckabteilnng seines eigenen Polizeiamtes sehr gegen alle Erwartungen Gwendolyn Rhydc ist der einzige, der von sechzehn Leuchtturmwärtern, die nacheinander auf dem Leucht- tnrm von Chcstcrland an der Sumpfküste Floridas Dienst tun, nicht den, Fieber zum Opfer fällt. Er hat diese« verlorenen Posten übernommen, als die Polizei dreier Staaten nach ihm fahndete. Dann geschieht die Sache mit Humph Bogner: Der Abbruchunternehmer verunglückte im Auto tödlich, die Polizei findet bei ihm zwei Dollarnoten, beide Nr. 700 618, berdc echt. Irrtum des Schatzamtes oder Fälschungen? Der ehr geizige Polizeikommissar von Michigan, van Zoorn, beschließt, Fiifgcrabdrückc von dem Toten nehmen zu lassen, während der Geheimdienst noch im Dunkel« tappt. nur zn gut bekannt war. Patrick ÄSHea. Hat zusammen gearbeitet mit einem gewissen Gwendolyn Nhyde Joshua Dyke. Das Kleeblatt hat schou mehrfach aus Linie gearbeitet, wenn auch noch niemals so geschickt diesmal. Einmal haben wir sic überführen können. Burschen sind auch prompt ius Loch gewandert. Sie un» Ver ¬ des Kommissars van Zoorn festgestellt, daß in il-reH Sammlung keine ähnlichen vorhanden waren. E« schnelles Weiterarbeiten ist nur unter Hinzuziehung all« bundesstaatlichen Polizeibehörden möglich, und das wie^ derum bringt nur der Geheimdienst fertig. Als er dem Colonel Grouse Vie Geschichte der beide« Hundertdollarnoten mit der Nummer 700 618 erzählt und dabei, die Fingerabdrücke des sogenannten Humphrey Bogner vorlegt, weih er nicht, daß er in achtundvierzig Stunden der große Mann sein wird. Der MaNn, ver in, seinem Reisegepäck die große Wendung mitgebracht hat^j Colonel Grouse sieht tn den Bericht seiner Fingers abdruckabtcilung, blättert in dem Aktenstück aus der Kar-l tothek, und dann geht eine Mine in die Luft. ColvmB Grouse steht aus «nd knöpft sich den Sakko zu. „In Ordnung, Chaps! Wir haben die Burschen. EÄ ist nur noch eine Frage der Zeit!" Ja, es ist nur noch eine Frage der Zeit. Der Geheime dienst braucht nicht mehr nach einem Dutzend Leute zw jagen, sondern nur noch nach einem einzelnen Mannit Jählings ist alles ganz einfach und klar geworden. Ast Gwen My-e tot ? „Die Fingerabdrücke gehören einen) Mann, der uns! (4. Fortsetzung.) Es ist ebenso klar, oay man cs mehr oder weniger ' einem glücklichen Zufall überlassen muß, eine richtung weisende Spur zu finden. Der Geheimdienst mobilisiert alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte. In allen Häfen, an allen Grenzstationen treffen neue Neberwachungsbeamtc ein, und jeder einzelne von ihnen steht im Dienste des Geheimdienstes. Keiner weiß etwas vom anderen. Wochenlang hindurch werden in den Tresorabteilungen der Großbanken geschickt ver- schleicrte, Razzien dnrchgeführt, aber nur dreimal führen sie zu einem Resultat. Von einem Erfolg kann nicht die Rede sein. Man konfisziert noch sechs Noten zu hundert Dollar, von denen vier weitere die Nummer 700 618 ' tragen. » Um eine Baude aber muß cs sich handel«, denn nur iilit einer sehr breiten, nach allen Richtungen hin getarn ten Verteilungsorganisation konnte es möglich sein, die < echten falschen Noten unterznbringen, ohne daß cs schon nach kurzer Zeit zu einer Entdeckung kam. Schüsse in das Dunkel sind alle weiteren Maßnahmen. Das Kontrollsystem an den Grenzen und in den Häfen nnd der Streifendienst, den man eingerichtet Hai. Dexrn fest steht vorerst nnr das eine: die Herstellung derart vollendeter Fälschungen verlangt maschinelle Einrichtungen, wie sic in einer Stadt nicht auszu stellen sind, ohne daß die Aufmerksamkeit der Um gebung erweckt worden wäre. Die Wahrschcinlichkeii spricht dafür, daß die Werkstatt in irgendeiner un- besiedelte« Gegend zu suchen ist. Gel-fabrik unter -er Erde ? Sicher ist zweierlei. Die geheime Druckerei ist nicht im Ausland. Alle Wege, die in das Land hin- cinführen, sind einer Kontrolle unterworfen gewesen, wie man sie bisher nur selten durchgeftthrt hat. Alle Geschäftsreisenden, die allzn häufig die Grenze in beiden Richtungen passierten, haben sich verschiedenen Unannehmlichkeiten unterziehen müssen. Sicher ist also, datz irgendwo eine illegale Noten presse arbeitet und daß dies im eigenen Lande ge schieht. Wo aber, das mag der Teusel wissen. Nach allen Gesetzen der Wahrscheinlichkeit muß diese Mi niatur-Geldfabrik entweder in den Wolken oder unter der Erde stecken. Neben dieser Untersuchung laufen selbstverständ lich noch hundert andere. Eine Unzahl von Fäden hat der Geheimdienst ausgelegt, aber sie wollen sich nicht zu einem sinnvollen Gewebe fügen. Die Nach forschungen tn den Staatsdruckereien, die Ueber- wachung der Arbeiter und Beamten, unzählige Haus suchungen und Verhöre haben ebenfalls nichts er geben. Was man zunächst anzunehmen geneigt war, scheint nicht zu stimmen: daß die geistige Leitung der Fälscherbande im eigenen Hauptquartier der Wäh rung steckt. Keinerlei Anhaltspunkte für die Vermutung fin den sich, datz irgendwann einmal heimliche Wachs oder Pappmatrizen von den Druckplatten genommen worden sind. Und doch kann es eigentlich nicht anders - sein. Es muß eine Verbindungslinie von den staat lichen Druckereien zu den unbekannten Fälschern führen. Der Fall gerät in eine neue, sensationelle Phase. Die nach allen Richtungen hin erfolgten chemischen Untersuchungen der beschlagnahmten Noten ergeben eines Tages ein verblüffendes Resul tat. Die Nummernaufdrucke der Fälschungen sind im tech nischen Sinne keine Aufdrucke, also nicht in einem beson deren Verfahren hergestellt, sondern müssen sich bereits auf der Originalplatte vorfinden. Das heißt, man hat jetzt einen Weg gefunden, die echten von den falschen Noten zu unterscheiden. Vortrag des Leiters des chemischen Untersuchungs laboratoriums vor dem Ausschuß des Schatzamtes und des Geheimdienstes. „Es ist nicht möglich, den Zahlendruck vom Farb untergrund der eigentlichen Note zu isolieren, wie man es bei den echten Noten kann. Es ist bei den Fälschungen zwar durch wiederholten Aufdruck der Nummer der Ein druck entstanden, datz es sich, wie bei den echten Noten, mn gewöhnlichen Rotationsdruck handelt, aber bei den Fäl schungen ist zu diesem Zweck immer nur die Original- platte verwandt worden. Die Nummernschrift auf den Fälschungen läßt sich nur bis zu einem gewissen Grade entfernen. Bei den echten Noten ist sie restlos zu tilgen." , Irgend jemand lacht unvermittelt. Alle Köpfe fahren herum. Es ist ein sehr würdiger älterer Nnterstaats- sekretär. „Mir fällt nur gerade eine Parallele ein", erklärt der sehr würdevolle silberhaarige Herr, der immer noch mit dem Lachen zu kämpfen hat. „Vielleicht erinnern Sie sich, meine Herren. Das war, glaube ich, im Jahre 1920, da wurde zum zweiten oder dritten Male die autonome Sowjetrepublik Aserbeidschan, unten am Rande von Per sien, gegründet. Der erste Akt der neuen Negierung war selbstverständlich, Geld zu drucken, und sehr zu ihrem Mißvergnügen mußten die neuen Sowjcthcrren nach kur zer Zeit feststellen, daß außer ihnen noch jemand anders Banknoten druckte. Und zwar so ausgezeichnete, daß sie von den echten nicht zn unterscheiden waren. Schließlich bekam man ein Verfahren in die Hand, wodurch eine Untersuchung möglich war, «nd man versäumte nicht, sie durch öffentliche Anschläge dem Volke bekanntzugebcn. Es riet also der Herr Finanzkommissar seinen Untcr- wurden zu verschiedenen Terminen entlassen, vor drei Jahren ist bei einer Schießerei in Massachu- hier einen Bericht des Sheriffs von Groome über den Vorfall. Nhyde batte noch die Entlassungs papiere mit Angabe seiner Strafe und seines Ver gebens bei sich, und daher wurde uns die Sache ge meldet. Der zweite aus dem dreiblättrigen Klee blatt, nämlich Patrick O'Shea, ist, wie wir nuir wissen, ebenfalls toi, so daß Joe Dyke übrigbleibr. Wir haben seine Fingerabdrücke, sein Bild unv außerdem hat er das Pech, einmal die Kngel eines- unserer Leute durch die linke Kniescheibe bekommen, zu haben. Das Bein ist steif geblieben, und Jo» hinkt infolgedessen stark. Unmißverständliche Kenn zeichen also. Wir werden demnach zunächst folgendes, unternehmen, meine Herren . . ." In diesem Augenblick macht einer der Federal- tlgenten einen Einwurf: „Ich glaube nicht, daß Gwen Nhyde tot ist." „So? Und warum nicht?" „Aus mehreren Gründen. Es ist keine Frage, daß die Arbeit, mit der wir jetzt zu tun haben, von, unseren alten Freunden stammt. Wir wissen aber von früher, daß der Kopf der Bande immer Gwen^ Nhyde war. Obwohl er es nie gelernt hat, jeden- falls nicht bei einem ehrlichen Handwerker, war er« immer der eigentliche Verfertiger der Fälschungen. Ein nach allen Richtungen hin begabter Kerl. Nack» allem, was wir von dieser neuen Affäre wissen, mntz inan vermuten, datz wieder er der eigentliche Draht zieher ist." „Das ist alles?" „Nein. Patrick O'Shea ist mit falschen Papieren bei einem Autounsall ums Leben gekommen. Wenn Patrick falsche Papiere hatte, so ist anzunehmen, daß dies auch für seine beiden Kumpane gilt. Wer Weitz, mit wem sie ihrc echten Papiere getauscht haben. Wer weitz, wer der Mann ist, der als Gwen Nhyde in Groome erschossen wurde. Der Mann ist ja nie identifiziert woryek." Das hat Hand und Fuß. Der Geheimdienst be ginnt nicht nur das Treiben ans einen Mann immens Joe Dyke, sondern auch aus Gwen Nhyde. Man kann sagen, datz alles, was nun geschieht, in» Grunde wieder dem gleichen launenhaften Spiel des Zu falls zuzuschreiben ist wie vor einigen Monaten der Um stand, daß ein gewisser Patrick O'Shea, der sich auch Hnmph Bogner nannte, in der Betäubung der Schreck sekunde die Handbremse seines Packard nicht zu fassen bekam. Man kann aber anch mehr darin sehen. Die Attswirkung einer höheren Gerechtigkeit vielleicht, das Arbeiten göttlich regelnder Kräfte, die in jede Schuld von Anbeginn der Keim einer Sühne hineinscnken. Man kann cs ausdeuten, wie man will, klar erkenntlich bleibt die jähe, schicksalhafte Zusammenballung, die plötzliche, zielstrebige Kurve in der Geschichte um den Turm VH in Chcstcrland Bay, der gleichzeitig Bühne, Kulisse, Vor dergrund und über alle räumlichen Begriffe hinweg das charakteristische Moment in einem der größten Falsch münzerfälle der Kriminalgeschichte war. Vielleicht ist cs ein Zufall, daß John W. Martin, der Gouverneur von Florida, gerade ausgangs des Jah res 1926 eine Verwirrung des Arbeitsmarktes durch un kontrolliert in das Laud strömende chinesische Einwanderer fcststellen muß. Vielleicht ist es ein Zufall, daß ihm un widerlegbar nachgewiesen wird, ans welche Weise diese Einwanderung allein vor sich gehen kann. Es handelt sich nm ebenso plumpen wie gut organisierten Menschen- schmiiggel. Die Folge davon sind neue und überaus scharfe Dienstanweisungen für die Beamten der Coast Gnnrd, der Küstcnwache. Es weht eine ungemütliche Lust an dem Küstenstreifcn von Florida, nnd deshalb geschieht cs, daß sich im Oktober 1926 der Inspektor Finn der City-Polizei von Key West lebhaft für die verschiedenen Jachtklubs und Hoch see-Angelvereine zu interessieren beginnt, deren luxuriöse Motorkreuzer auf der Reede und dem Jachthafen von Key West liegen. Auf überaus interessante Dinge stößt der In spektor Finn bei diesem Herumsiöbcrn, aber das Lebe« belohnt ihn ganz anders, als er cs sich vorgcsteklt hat. ,Schluß solat.1 -7 -V