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UI Nachdruck verboten. Er fing wieder lcbhas, und ycner an zu plaudern, als gälte es eine Scharte aaszuwctzen, und darüber war der kleine Zwischenfall bal» in Vergessenheit geraten. Die Unterhaltung kehrte mch: wieder zu Professor Graham und seiner Nichte zurück, sondern drehte sich um andere Dinge. Sie sprachen von Theatern, Büchern und Blumen, und als sie so weit waren, sand Zane eine einfache Ueberleitung auf Mr. Gravne. „Ich habe seilte .Königin der Anden' auf der Aus stellung gesehen", erzählte sie. „Die Blume war von un sagbarem Liebreiz." „Ich habe die Blume auch gesehen", nickte Stafford, „und schließe mich Ihrem Urteil bedingungslos an. Nur der Züchter will mir nicht gefallen." „Mr. Grayne?" staunte das Mädchen „Aus welchem Grunde denn?" „Finden Sie ihn liebenswert?" fragte Stafford rasch zurück. „Das muß ich wohl sagen", nickte Jane. „Er ist immer so freundlich und so nett. Ich plaudere immer gern mit ihm, wenn sich eine Gelegenheit ergibt." . „Ich möchte Ihnen einen besseren Umgang wünschen",- bemerkte der Rechtsanwalt. „Grayne ist nichts für Sie." „Wieso denn nicht?" ,Das werden Sie vermutlich noch erfahren. Mir ist die Gabe des Erzählens nicht beschiedeu. Ich will natürlich Ihren Gefühlen leinen Abbruch tun. Die Geschmäcker sind verschieden. Jhncü gefällt Mr. Grayne, mir gefällt er nicht." „Ich kann mir Ihre Ansicht beim besten Willen nicht zu eigen machen", versetzte Jane. „Mr. Grayne ist in jeder ' Hinsicht das, was ich mir unter einem Gentlemen vor stelle, innerlich und äußerlich. Ich fühle mich jedesmal förmlich verjüngt, wenn ich mit ihm plaudere. Er hat eine so Uebenswttrdige Art, auf alles und jedes einzugchen — kurz und gut: er ist mir einfach sympathisch." „Was sagen Sie zu Lady Shene?" Diese Frage kam Jane einigermaßen unerwartet. „Ich kenne die Dame nur vom Sehen und möchte mir kein Urteil erlauben", drückte sie sich vorsichtig aus. „Das heißt also, daß Sie für die Shene nicht viel übrig haben?" „Das möchte ich nicht gesagt haben, denn, wie gesagt, ich kenne die Dame nicht weiter." „Haben Sie das Gefühl,' daß Sie sich mit ihr an- freunden könnten ß* „Um zwei Menschen zu Freunden zu machen, ist das Gefühl, das man vorher hat, in keiner Weise ausschlag gebend", wich Jane abermals aus. „Uns Frauen sagt man zwar in dieser Hinsicht ein ziemlich sicheres Gefühl nach, aber auch dieses sogenannte sichere Gefühl hat schon oft genug kläglich Schiffbruch erlitten." „Ich bin überzeugt, daß Sie im Fall Shene mit Ihrem Gefühl keinen Schiffbruch erleiden werden." Stafford echob sich und trug Flasche und Gläser nach dem Schrank zurück. „Ich gebe Ihnen jetzt frei, Miß Heather. Sie brauchen vor drei Uhr nachmittags nicht zu kommen. Sehr wahr scheinlich habe ich Besuch, wenn Sie nachmittags kommen. Es wäre mir lieb, keinerlei Störung zu erleiden. Weisen Sie also glle Leute ab. die mich etwa sprechen wollen." Als das Mädchen das Pirro verlassen hatte, sperrte er die Tür von Zimmer Nummer 8 zu — Jane hatte einen eigenen Schlüssel — und kehrte in seinen Privatraum zurück, in dem ssch ein zweiter Fernsprecher befand. Er führte einige dringende Gespräche und hieraus entnahm er Dem Wandschrank einen Revolver, den er aufmerksam prüfte, entsicherte und in seine Tasche steckte. Um die willkommene Freizeit gehörig auszunutzen, be schloß Jane, ein paar Stpndcn auf der Themse zu rudern. Des herrlichen Wetters wegen herrschte schon seit mehreren Tagen reges Leben auf dem Fluß, und Jane war eine leidenschaftliche Ruderin. Der Wein hatte ihr Appetit ge- macht, und so gedachte sie, zuerst zu lunchen. Die kleine Gaststätte, in der sie ihre Hauptmahlzeiten einzunehmen pflegte, lag auf der anderen Seite von Oxford Street, beinahe ihrem Geschäftshause gegenüber. Es be fand sich säst niemand in dem etwas steifen Lokal, als sie eintrat. Nur in einer Fensternische saß ein graugeklcideter Herr, der eine Zeitung vor seinem Gesicht hielt. Jane glaubte ihn aber doch zu kennen, und sie mußte lächeln, als sie des letzten Teils ihrer Unterhaltung mit Stafford gedachte. Federnden Schritts und leicht und freudig ging sic auf den einsam Sitzenden zu und klopfte vergnügt auf seine Hand. Die Zeitung fiel herunter, und dahinter erschien Mr. Graynes rotes Gesicht. Er sprang mit einem heiteren Ausruf auf und streckte ihr seine Rechte entgegen. „Mir scheint, heute erscheinen wir beide etwas früher als gewöhnlich zum Lunch"? lachte er behäbig. „Hat Ihr brummiger Rechtsanwalt Sie 'rausgeworfen oder sind Sie ihm aus freien Stücken davongelaufen?' „Weder — noch!" erklärte Jane. „Mein brummiger Mechtsanwalt, der übrigens seit dem gestrigen Tage an- gesangen hat, sich allen Ernstes zu bessern, hat mir fr.i gegeben. Ich darf bis drei Uhr nachmittags tun und lassen was ich will. Vorläufig gedenke ich mal ein bißchen zu essen, und dann' will ich sehen, ob ich meine .Nixe' vom vorigen Jahre wiedcrkriegen kann. Es war ein fabelhaftes Boot." Sie speisten zusammen. „Rudern ist ein sehr empfehlenswerter Sport", an erkannte Grayne, während er bedächtig eine Kalbskeule zerlegte. „Ich hätte mir das in früheren Jahren über legen müssen. Dann hätte sich vermutlich nicht so viel Fett angesctzt." „Sie sollen nicht über Ihre gute Figur lästern, Mr. Grayne", bemerkte Jane ernsthaft. „Sie haben kein Gramm zuviel an sich." . „Das ist eine Schmeichelei. Aber es ist keine Schmeiche lei, sondern Wahrheit und Bewunderung, wenn ich Ihnen sage, daß Sie eine gute Figur haben." Jane lachte. „Es ist doch merkwürdig, wie sich zwei sonst ganz ver nünftige Menschen beim Lunch verfahren können. Finden Sie nicht?" „Ich vermute, das kommt von den fetten Sachen, die wir essen. Uebrigens bedaure ich sehr, daß Sie über Ihre Freizeit schon verfügt haben. Andernfalls hätte ich Ihnen nämlich etwas gezeigt, wenn Ihnen der Weg nach Letherby Mansions nicht zu weit gewesen wäre." „Oh!" sagte Jane erstaunt und sah ihn mit glänzenden Augen an. „Erzählen Sie mir jetzt bloß nicht, daß Sie mir Ihre .Königin der Anden' zeigen wollten, sonst werde tch meinem vorgefaßten Entschluß untreu." „Das ist'es eben, was ich Ihnen zu zeigen gedachte", nickte Grayne eifrig. „Meine .Königin der Anden'! Sie steht zwar noch nicht in Blüte, aber der Knospensaum färbt sich bereits rot, und der Anblick allein verlohnt einen Gang nach Rice Garden." Jane erwiderte nichts darauf, aber die Ruderet rückte in ihren Gedanken weit in den Hintergrund. Mit der „Nixe" konnte sie sich immer noch abquälen, aber nicht jeden Tag erhielt man eine Einladung, eine der köstlichsten Blumen der Erde zu bewundern. „Was fagen Sie zu meinem Vorschlag?" riß Graynes dunkle Stimme sie aus ihren verlockenden Gedanken. „Ich warte auf Ihre Einladung." „Muß ich niederknten oder soll ich die Hände falten oder einen Frack anlegen?" „Sie sollen sagen: Miß Heather, ich gewähre Ihnen die große Gunst, Ihnen meine .Königin der Anden' zu zeigen. Folgen Sie mir nach Rice Garden! Ich nehme diese Form der Einladung als ausgesprochen an und er widere: Herzlichen Dank, ich komme gern!" „Was Sie aus dieser kleinen Sache machen!" lächelte Grayne kopfschüttelnd. „Ich freue mich immer so sehr, gelegentlich jemand zu finden, den ich mit meinen Blumen beglücken kann." Sie brachen nach dem Essen auf und fuhren bis Glochester Road mit einem Omnibus. Von dort aus ent- schlossen sie sich, den Rest, der etwa eine halbe Stunde ausmachte, zu Fuß zurückzulegen. Das Wetter war zu schön, als daß man es sich in einem dumpfen Wagen hätte entgehen lasten dürfen. Grayne war ein vorzüglicher Plauderer, und er unter- hielt Jane so vortrefflich, daß sie ganz überrascht auf- schaute, als er vor einem grünpmrankten Gartentor stehen- blieb und nach einem Schlüssel griff. „Das ist Letherby Mansions", sagte er, durch das Tor auf das Haus weisend. „Wir sind angelangt." „Wie im Märchen ist das!" entfuhr es Jane, während sie das niedliche Gebäude inmitten seiner Umgebung von freundlichem Grün und blühenden Bäumen mit trunkenen Blicken betrachtete. „So möchte ich einmal wohnen. Wissen Sie eigentlich, wie glücklich Sie sind, Mr. Grayne? Dumme Frage! Natürlich , wissen Sie es, sonst wären Sie nicht immer so froh und heiler.« Er hatte das Tor geöffnet und schloß es hinter sich wieder ab. Dann schritt er mit seiner Begleiterin zunächst einmal auf das Haus zu. „Ich will bloß den Schlüssel zum Treibhaus holen", erklärte er. ' Auf seine Aufforderung folgte sie ihm ins Gebäude. Er geleitete sie in das Zimmer, in dem er seine wenigen Besuche zu empfangen Pflegte, und bat sie, ihn auf ein paar Augenblicke zu entschuldigen. Jane vertiefte sich in die Betrachtung der Kakteen die auf dem Tisch standen, und sie hatte Muße, dies zu tun, denn es währte verhältnismäßig lange, bis Grayne wiederkam. Sie sah es seinem Gesicht unschwer an, daß irgend etwas nicht in Ordnung war. „Das ist verflucht komisch", sagte er und starrte das Mädchen an. „Nun kann ich den Schlüssel nicht finden. Weder dort, wo ich ihn immer aufbewahre, noch anderswo." Sein sonst rosiges Gesicht war blaß, und seine Augen hatten alle Freundlichkeit verloren. „Weiß der Teufel, wieso das kommen mag!' „Vielleicht haben Sie den Schlüssel fieckenlaffen, als Sie das letztemal im Treibhaus waren", meinte d«S Mädchen. . - „Wenn ich das getan habe, will ich mich aus der Etcüe totschießen lasten", erwiderte er. „Kommen Sie." Sie folgte ihm aus dem Hause quer durch den Garten auf den roten Backsteinbau zu. Grayne blieb plötzlich stehe«, und alle seine Mienen spannten sich. „Sehen Sie!" lachte Jane. „Ich habe recht behalten!" Und sie wies mit dem ausgestreckten Arm nach der Tür des Bauwerks, aus dessen. Schloß der vermißte Schlüssel ragte. Grayne erwiderte nichts. Er fing plötzlich an zu laufen, und Jane eilte ihm leichtfüßig nach. Es wunderte sie sehr, daß sich der Mann von einer Kleinigkeit wie dieser derart aus der Fassung bringen ließ. Der in der Tür steckengebliebene Schlüssel bedeutete doch kein Unglück. Es gelangte ja niemand in den verschlossenen Garten. „Sie sollten das nicht so tragisch nehmen", sagte st« schweratmend, als sie gleichzeitig mit ihm vor der Tür anlangte. „Das kommt immer wieder mal vor, daß man in Gedanken einen Schlüssel stecken läßt." Ueber Graynes Lippen kam nur ein verzerrter Laut, und jetzt erst gewahrte Jane die Schweißtropjeii, die auf seiner Stirn standen. Niemals zuvor hatte sie den Mann je auch nur im geringsten erregt gesehen, und nun schien er alle Fassung verloren zu haben. Er mußte eine namen lose Angst um seine Blumen ausstehen. Ein verstörteres Gesicht als das Graynes hätte sich Jane nicht vorstellen können 14 Er öffnete die Tür so weit, daß er eben einlreten tonnte, und winkte dem Mädchen, zurück zu bleiben. Jane folgte der stummen Aufforderung. Grayne sah sich nach allen Seiten um, dann schob er die Tür noch ein Stück auf und sah über die Schulter zurück. . „Kommen Sie, Miß Heather!" Seine Stimm« klang schon wieder frei und leicht, und sein Gesicht bekam wieder Farbe und das alte, muntere Lächeln. „Es tut mir sehr leid, daß ich mich so unbeherrscht gezeigt habe, aber Sie müssen bedenken, was unter Umständen für mich aus dem Spiele stand, wenn jemand hier unbcfugterweise eindräng." Er schloß die Tür hinter dem Mädchen. „Me Zucht der .Königin der Anden', die eine Heißluft- und eine Kühlanlage erforderlich macht, kostet mich nicht nur sehr viel Geld, sondern noch viel mehr Mühe und Opfer an Zeit und Geduld. Ein Fremder, der hier herein kommt und die Pflanze vielleicht unsanft anfaßt, würde den teuer erkauften Erfolg aller meiner Opfer und Be mühungen viele Monate hindurch zunichte machen. Der Gedanke hätte mich beinahe um den Verstand gebracht. Es scheint nun aber doch, als wäre niemand herein gekommen. Wie tch allerdings vergessen konnte, den Schlüssel abzuziehen, verstehe ich nicht, und wenn ich hundert Jahre alt werde. In dieser Hinsicht bin ich näm lich die Vorsicht selbst. Wenn ich das Treibhaus verlasse, überzeuge ich mich immer ein halbes dutzendmal, den Schlüssel in der Tasche zu tragen, und sehe sogar noch zu allem Ueberfluß auf die Tür zurück. Trotz alledem muß ich heute morgen vergessen haben, den Schlüssel von der Tür abzuzichen. Anders ist die Sache nicht zu erklären. Lasten wir die dumme Geschichte jetzt." Die ganze Zelt über hatte er die Pflanze nicht aus den Augen gelassen. Nun trat er mit dem Mädchen dicht an den Gecöllhausen heran. Die grüne Knolle war in den letzten Tagen beträchtlich in die Hänge gegangen und lies in einer seidigschimmernden Oeffnung aus, die von einem dunklen Not übertönt war. Jane beugte sich voller Freude darüber. „Kann sich der Kelch nicht stündlich öffnen, Mr. Grayne?" „Nein!" erwiderte Grayne. „Das ist eben die Eigenart der Pflanze. Der Kelch hält die heranreifende Farben pracht außerordentlich lange umschlossen, während die Blüte im Licht schon nach verhältnismäßig wenigen Stunden dahinsiecht." > Er gab ihr noch eine ganze Reihe von Erklärungen, und obwohl Jane, aufmerksam seinen Ausführungen lauschte und gleichzeitig den geschlossenen Blütenkelch be wunderte, merkte sie doch, daß Grayne nicht gänz bei der Sache war. Seine Augen waren bald do, bald dort, und gelegentlich setzte er in seinem Wortschwall aus, um dann nicht gleich wieder die rechte Fortsetzung zu finden. Er schien also immer noch über dtd Sache mit dem Schlüssel nachzugrübeln. Sie vertiefte sich in die Betrachtung der riesigen Blätter und der starken, wasserhellen Zweige. Grayne Letzte in ' seinem Vortrag aus, und als sie sich ihm nach einer Weile zuwandte, kam er eben aus dem Hintergrund des Raumes. „Miß Heather", sagte er und seine Stimme enthielt wieder einen Anflug von Heiserkeit, „würden Sie bitte nach dem Zimmer gehen, in das ich Sie vorhin führte, und die Zange holen, die dort auf der Kommode liegt. Ich fürchte, eines der Hcißluftrohre ist schadhaft geworden. * Die Rohre enthalten Mischluft, die für die menschliche Lunge außerordentlich schädlich ist. Bitte, tun Sie mir den ' Gefallen." „Aber gern!" nickte Jane, ohne sich im mindesten Ge- danken über diese Bitte zu machen. Sie ging, und er machte die Tür hinter ihr zu. Zwci Minuten später erschien er im Freien. Ein Blick aus das Haus besagte ihm, daß Jane noch nicht zurück kam. Ver mutlich suchte sie nach der Zange. Er lächelte kurz, dann lief er hinter den Backsteinbau. Zwischen diesem und j»em Schrägzaun des Gartens befand sich ein schmaler Weg,-der mjt rötlichem Sand bedeckt war. Hatte sich ein Unbefugter Zutritt zum Garten ver schafft, so char er sicher über den verhältnismäßig niedrigen Schrägzaun gestiegen, der obendrein gegen Rice Garden gut gedeckt war (Fortsetzung folgt) l i r ( t t i 2 r e g ü li <u V K «I h< kc bc S< sei du na N0 fa! sp' de! fln -t« ha Zr oci wc sie Lö ge, NIU Mc Tei Ga Sei Du Ins Ion luu geb iag, nun binr abg, den