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Erlebniffe am afrikanischen Lagerfeuer von F. G. Schmidt - O lös n l4. F.ortsetzung.) Glfenbetnwil-ern - keine Hel-entat „Albernheiten!' stichelte er. „Wenn ich mit solchen Läppereien meine Zeit in Portugiesisch-Ost vertrödelt hätte, dann könnte ich Euch wohl keinen anständigen An teil am Gewinn versprechen! Aber — Elefantenjagd ist auch eine Sache für Männer! Und besonders dann, wenn man nicht mit-einer großen Safari und allen möglichen Jagdscheinen in der Tasche loszieht, sondern auch noch die Wildschutzbeamten zu Gegnern hat...' Pat brummte gutmütig: „Elefanten zu wildern, kann doch nicht so schwer sein... in ein?m Lande, wo die Weißen Beamten doch kaum etwas davon erfahren können —!'... Fuller schnaufte verächtlich: „Wie sich solche Grün hörner so etwas vorstellen! — Ein geschossener Elefant lockt sofort die Eingeborenen der ganzen Umgebung an, die in Scharen herbeiströmen, um sich Fleisch zu holen. Und daß dann der Wildinspektor auch bald zur Stelle ist, könnt Ihr Euch wohl denken!' „Das wird man dann wohl kaum verhindern können', lachte Pat, „wenn man nicht etwa alle Schwarzen ab- schießen will!' * Fuller nickte verständnisvoll. „Nur wenn es gar nicht anders geht — denn so etwas macht immer böses Blut... Aber ich war doch schlauer, als die Beamten dachten... Die Rigger kommen doch nur, weil sie die Punkte der schwebenden Geier sehen, die über dem Kadaver kreisen. Und da habe ich eben von meinen Boys ein dichtes Blätterdach über die toten Elefanten bauen lasten...' Pat lächelte verschmitzt vor sich hin und meinte dann bewundernd: „Mächtig schlau, Mr. Fuller! Auf diese Weise haben Sie es jedenfalls fertiggebracht, nie erwischt zu werden!' Der Goliath grinste geschmeichelt: „Meistens glückte das ja — aber manchmal mußte ich gegen zudringlichen Besuch doch das Schießeisen gebrauchen. Na — die Wälder drüben sind dicht genug — und erzählen nichts. Und auch Weiße können schließlich in diesem Affenlande auf einer Safari tödlich verunglücken oder sonstwie sterben...' Er grinste hämisch vor sich hin. — „Die Hauptsache bleibt, daß das Geschäft sich lohnt. Und davon werdet Ihr Euch ja bald selbst überzeugen können. Denn alles Elfen bein, das ich in fünf Jahren gewildert habe, liegt jetzt auf einem Haufen....' Fullers Augen glänzten habgierig, und er wurde fast geschwätzig, als er fortfuhr: „Das heißt, ein kleiner Teil fehlt doch bereits. Den habe ich an einen Dummkopf ver kauft, der dann auch noch helfen sollte, den Hauptteil des Elfenbeins über die Grenze zu bringen... Aber dazu hatte der Bursche keine Lust und keinen Mut! Ich habe zwar versucht, ihm die einzubläuen — aber das konnte er doch wohl nicht vertragen...' Dabei sah Fuller mit höhnischem Grinsen auf seine Fäuste, drehte sich dann plötzlich um, als ob er bereute, schon zuviel erzählt zu haben, und verschwand mit unver ständlichem Geknurr. . Pm lachte mich vielsagend an: „Ich kann Wohl am besten beurteilen, wie es dem schmächtigen Fabeck allein mit diesem Lumpen ergangen ist! Die Freude bei dem un verhofften Wiedersehen der beiden kann ich mir lebhaft vorstellen...' Wir sahen Fuller nach, der auf seine Schnapskiste los steuerte und sich dann mit einer vollen Rumslasche in der Hand in die Büsche schlug. Haftbefehl sogen Sen Wilderet Pat und ich setzten unsere Pfeifen in Brand und schlenderten über das knisternde Steppengras auf den Bergkegel zu, der im blauen Dunst verschwamm. Die Sonne neigte sich zum Untergang, und überall traten Gruppen der zierlichen Grantsgazellen aus den Schatten der Bäume. In weiter Ferne ragten wie spitze Türme dts langen Hälse der Giraffen ans dem Geäst der Mimosen, und wir gingen näher heran, um die Tiere zu beobachten. Dabei wurde eS dunkel; als wir den Heimweg an traten, stachen in weiter Ferne die Lichtkegel von Auw scheinwerfern durch die Nacht. — Clifton kam mit zwei Herren von Aruscha zurück... Polizeibeamten, die den Haftbefehl gegen Fuller bei sich trugen. Fabeck war bald nach seiner Einlieferung im Hospital so weit zu sich ge kommen. um genügend belastende Aussagen gegen Fuller machen zu können. Dazu kamen jetzt die Aeußerungen, zu denen sich Fuller hatte heute hinreißen lassen... Bei unserer Ankunft im Lager war Fuller schon wieder schwer betrunken. Er kletterte dann aber doch ver hältnismäßig gutwillig in das Polizeiauto, was zum größten Teil den schußfertigen Revolvern der Beamten zuzuschreiben war... Clifton erzählte uns später, daß Fabeck voraussicht lich in einigen Wochen das Hospital verlassen werde. Bis zu seiner völligen Genesung würden aber doch noch Mo nate ins Land gehen. Die konnte der Genesende dann nutzbringend verwenden, um sein Elfenbein freizubekom men nnd zu verkaufen. Und für einen Teil dieses Erlöses sollte eine Farm am Kilimaudjaro erstanden werden, auf die dann Karl mit seiner Ursel einzichcn sollte... Unser „Motorenfachmann' schwamm natürlich in eitel Wonne, und wir verdachten es ihm nicht, daß er sich für die nächsten paar Tage beurlaubte.... Wir nahmen während dieser Zeit gern die Einladung des gastfreundlichen Clifton an. Ritten Jagden mit auf Zebras und Antilopen und freuten uns über das An wachsen der eingefangenen Jungtiere im Kral. Aber als Karl dann endlich mit unserem Auto ein- traf, kam doch der Tag, au dem wir nach Norden fuhren. Zett zur Rückfahrt konnten wir uns nehmen. Und dabei unserem Freunde Karl behilflich sein, die verkäuf lichen Farmen in dieser Gegend zu besichtigen. Bei einem alten Afrikaner machten wir Nast. Und da Mik eine« «frenSchen PoriM. <rn Labak, Zucker, Whisky nnd ähnlichen seltenen Genüssen in dem Packraum unseres Autos verstaut hatten, wollte uns der alte Ohm , Piet am liebsten gar nicht mehr weglassen. In einer Beziehung war das erfreulich. Denn als ich am frühen Morgen in den großen Wohnraum trat, hatte ich Gelegenheit, die Einladung zu der merkwürdigsten Löweniagd zu erhalten, von der ich je gehört hatte. Die seltsamste Löwemag» »er Welt „Sie wissen, daß die Raubtiere keinen, Menschen etwas zuleide tun. Und ich weiß das natürlich auch! Nur ist es nicht immer sicher, ob es gerade der Löwe Weitz, mit dem ich irgendwo in der Steppe zusammengerate...' Der alte Bur greift nach seiner Doppelflinte über dem Türrahmen, klappt sic auf und pustet eine Wolke von Staub und Spinnenweben aus den Läufen. Dann fährt er fort: „Aber wenn so ein Katzenvieh in die Viehherden einbricht, dann ist das das Klingelzeichen!' Ich sehe verständnislos zu, wie der alte Afrikaner zwei grobe Schrotpatronen in seine Waffe stopft. „Klingelzeichen — wozu?' — „Zum Menschenfresser', brummt der Bur und wischt mit dem Jackenärmel den dicksten Staub von seiner 'Flinte. „Denn dann wird der Bursche steif und alt und kann nicht mehr jagen. Und Pension gibt es für ihn nicht. Jetzt reitzt er noch ein Rind oder eine Ziege — aber bald mutz er an die schwächste und hilfloseste Beute — den Menschen. Deshalb mutz er heute noch in die ewigen Jagdgründe!' Der Alte packt seine Flinte und fordert mich mit einem Kopfnicken auf, ihm zu folgen. Draußen stehen die beiden Massaihirten mit zwei Pferden. Wir sitzen auf und folgen den beiden Farbigen, die soeben die Nachricht ge bracht haben, daß in der Nacht ein Löwe aus dem Vieh- Die Massai in Ostasrika sind tapsere ^oodaebilfen und Krieger. kral des Buren ein Rind geraubt hat. Am Hunoezwinger pfeift der Farmer gellend auf zwei Fingern. Eine selt same Meute kommt angeprescht. Airedales. Burenhunde aus dem Süden und deutsche Schäferhunde umringen «ns, aufgeregt blaffend und winselnd. Mir wird etwas seltsam zumute bei dieser merkwür digen Löwenjagd. „Sie wollen doch nicht etwa mit Ihrer verrosteten Schrotspritze auf Löwen schießen?' frage ich. Der Alte würdigt mich keiner Antwort und setzt seinen .Gaul in Galopp. " Die Massaihirten traben vor uns her. Mühelos ar beiten die langen sehnigen Beine, und nur der Zopf in ihrem Nacken mit der in der Spitze eingeslochtenen Pa tronenhülle wippt gleichmäßig auf und nieder. Nach einer Weile zeigt sich ein dunkler Klumpen, der hinter einem Termitenhügel hervorragt. Die Ueberreste des gerissenen Rindes. Eingeweide und Weichteile fehlen. Da k.ann der Löwe nicht weit sein, denn sonst hätten Hyänen, Schakale und Geier längst reinen Tisch gemacht. Mit gesträubten Nackenhaaren umkreist die Meute den Kadaver, um dann im Galopp die Löwenfährte aufzu nehmen. Durch stachliges Gestrüpp und verfilztes Gras geht die wilde Jagd über einen ausgetrockncten Bach. Aber dann wendet sich die Fährte und führt im Halbkreis zurück Endlich verschwinden die Hunde in einem dichten Gebüsch. Und dann hören wir Standlaut und kurzes drohendes Fauchen Der Far mer schwingt sich aus dem Sattel und wirft die Zügel einem der Mas sais zu. Dann saßt er seinen Schieß prügel fester nnd dringt in das Ge büsch ein. „Catch him — catch!" höre ich ihn brüllen, nnd die Hnndc antwor ten jedesinal mit lautem Geheul. Ich reite etwas seitlich vor, bis ich über die Büsche sehen kann. Der Löwe tft gestellt In blendendem Morgenlicht liegt etwa dreißig Schritte vor mir ein alter Mähnenlöwe und äugt Leopard hat ein Zebra geschlagen. Leoparden sind noch größere Vieh- räuber als die Löwen. Aufnahmen: Archiv SDP. — M. nach der Richtung, aus der das Brechen und Krachen der Aeste und das anfeuernde Geschrei des Farmers tönen. In achtungsvoller Eutfermnm umkreist heulend und kläffend die Meute das mächtige Raubtier. Plötzlich richtet sich der Löwe mit kurzem Ruck ge schmeidig auf. Sprungfertig duckt er sich auf die musku lösen Vorderpranken nieder. Die halbrunden Gehöre liegen eng am Schädel. Die Lefzen sind wett nach oben gezogen und zeigen das furchtbare Gebiß mtt den langen gelben Neitzzähnen. Und das stöhnende, keuchende Grollen läßt den Gaul unter mir in wahnsinniger Angst erzittern, so daß ich ihn nur mit Mühe am Platze halten kann. Als jetzt das Knacken und Prasseln und das Schwan ken der Büsche am Rande der Lichtung näher kommt, hebe ich atemlos die schwere Pistole. Vielleicht kann ich bei dem nahenden Drama damit dem leichtsinnigen Jäger zu Hilse kommen! Mit.markerschütterndem Gebrüll springt der gereizte Löwe auf den Alten zu. Sofort aber sitzen die wie toll heulenden Hunde dem Raubtier in den Hintcrpranken — und auf zehn Schritt Entfernung schiebt der kaltblütige Bur. Ein mächtiger Satz nach vorn bringt den Löwen bis dicht an den Schützen — ein Prankenhieb lätzt einen un vorsichtigen Hund durch die Luft wirbeln — und dann wirft die zweite Schrotladnng den stolzen König der Tiere steif und leblos auf die Seite. Kläffend und heulend stürzt die Meute über den toten Löwen und zerrt und reißt wütend an der dunklen Mähne... Merkwürdig — kein Gesühl stolzer Jägersreude steigt in mir auf. Eher eine leife Traurigkeit über das rühmlose Ende des tapferen Räubers. Und der Bur wirkt auch nicht wie ein stolzer Löwenjäger, als er jetzt geschäftsmäßig seinen Massais Anweisungen über das Streifen der Decke gibt und dabei am entblößten Unterarm die Längs der Mähne mißt. „Fünfzehn Pfund sollten dafür heraus springen" — murmelt er kritisch. „.Aber Bessie war eine gute Kuh und mindestens ihre acht Pfund wert..." , Umständlich rechnet er mir auf dem Hcimritt den ver mutlichen Gewinn vor und zählt an seinen knorrigen : Fingern die Verlustpfunde nach rückwärts ab. Endlich ist - er zufrieden und geht auf meine Einwände ein. „Wieso - unwcidmännisch und unsportlich? — Weil der Löwe keine Chance hatte?" Er lacht gutmütig und zieht seinem stolpernde» Gaul . nachdrücklich und gewissenhaft zwei Hiebe über den gläu- ' zenden Schenkel. Dann klemmt er den dicken Knüppel, den er als Reitgerte benutzt, unter den Arm und spuckt zu frieden einen Strahl braunen Tabaksaftes auf die staubige Steppe. „Keine Chance hatte! — Soll er auch nicht, wenn er mein Vieh anrührt!" Das lederfarbene Gesicht des Alten ist unbewegt. Er hat keine Ahnung, daß er soeben der schönen afrikanischen Tierwelt das unerbittliche Todesurteil gesprochen hat. Denn überall nimmt die fortschreitende Zivilisation den Tieren ihre Lebensbedingungen. t Vass mtt »er Flimmerkiste Wir saßen auf der Hotelterrasse in Nairobi, wohin wir zurückgekehrt waren, und sahen auf das vorbeihastende Straßenleben. Der Farmer neben mir sah ungeduldig auf seine Uhr. — „Jetzt könnte meine Frau wirklich schon zurück seins Aber seit dieser unglückselige Mr. Bags mit seinem Flimmerkasten aufgetaucht ist, muß sie ihn doch überallhin schleppen, wo „ursprüngliches Eingeborencnlcbcn' zn sehen und zu filmen ist!" Er unterbrach sich und winkte einem heranschlendern den Paar zu. „Hallo, Ruth! Wir müssen heute noch mit dem Packen unserer Koffer fertig werden, damit sie morgen das Lastauto mitnimmt!' Die junge Frau verabschiedete- sich lachend von ihrem Begleiter und stieg die wenigen Stufen zu unserer Veranda herauf. Der Mann auf der Straße verteilte sorg fältig einzelne kleine Münzen an den Schwarm der Neger, der ihn umdrängle.. Offenbar kannte er jeden einzelnen seiner Filmstatisten und ließ sich durch gelegentliches Ge schrei eines Unzufriedenen nicht ans der Ruhe bringen. Dann nahm er seine Kamera am Niemen und verschwand im Hoteleingang. Wir hatten uns erhoben und begrüßten die Ankom mende. .„Hoffentlich reist dieser Mr. Bags noch vor uns ab — am liebsten nach Cayenne oder dem Nordpol!' meinte der Farmer mißmutig, während wir es uns wieder in den breiten Bombaystühlen bequem machten. (Fortsetzung folgt.)