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ü! Il ¬ li ic ?! k 1 Lop^rigkt 1937 bzi ^ukvürt»,Vorlag, Lerim 5VV 68 «I Nachdruck verboten. „Das ist ja lächerlich*, ereiferte sich Graham, und Kath- -een vernahm seine hastigen Atemzüge bis zu ihrem Stand ort. „Verrückt ist das Mord...! Dergleichen schiebt man immer vor, wenn man nicht weiter kommt. Warum schnüffelt man überhaupt noch in dieser Sache umher? Es ist doch alles längst abgetan und in Vergessenheit ge raten." „Der Yard vergißt nichts", versetzte Bruce, und aus dem Klang seiner leisen Stimme konnte Kathleen ent nehmen, datz er lächelte. „Der Fall Eddie Fenchel ist eine außerordentliche Angelegenheit, die mehr Leute be schäftigt, als wir beide vielleicht annehmen. Aber wir wollen nicht länger davon sprechen. Es führt zu nichts." In ihrer Erwartung, daß ihr Onkel das Gespräch fort setzen würde, sah sich Kathleen enttäuscht. Er erwähnte die Sache mit keinem Wort mehr, und nun sprachen sie von anderen Dingen. In der Zwischenzeit betätigte sich Burnett un Gang und auf der Treppe mit einem Staubsauger. Tas war eine stille Arbeit, bei der er auch auf die Putzfrau achten konnte, die einige Räume im Erdgeschoß zu säubern hatte. Sie war ziemlich groß, schwarzhaarig und hatte ein schläf riges Gesicht. Ihr Name lautete Gibson. Gesprächig schien sie nicht zu sein. Mit der früheren Putzfrau hatte man ge legentlich einmal ein paar lustige Worte wechseln können. Mrs. Gibson war vor acht Tagen zum ersten Male hier erschienen und hatte erklärt, daß sie nun hier arbeiten würde, weil ihre Vorgängerin von der Hausangestellten vermittlung aus einem anderen Wirkungsbereich zugeteilt worden wäre. Burnett kam eben die Treppe herauf, als er Mrs. Gib son aus Kathleens Schlafzimmer treten sah. Das gab ihm zu denken, denn an diesem Morgen hatte die Frau im Zimmer des Mädchens nichts zu suchen. Sie war mit ihrer Arbeit fertig, sagte ein schläfriges „Guten Morgen!" zu Burnett und schritt die Stufen hinunter. In diesem Augenblick erschien Kathleen auf dem Gang. Sie erspähte die Frau eben noch auf dem unteren Treppen absatz und kam flink auf den Diener zu. „Wie kommt es, daß wir jetzt eine neue Putzfrau haben, Burnett?" erkundigte sie sich. „Soviel ich gemerkt habe, kommt nun immer auch ein neues Milchmädchen in der Frühe. Aus welchem Grunde denn?" Der Alte sah die Fragestellerin mit einem freundlichen Lächeln an und zuckle die Schulter. „Ich weiß nicht, wieso das kommt, Miß Heynen", er widerte er. „Ich kümmere mich um diese Dinge nicht. Wir bekommen die Leute von einer Vermittlung aus zugestellt, und wenn ich nicht irre, wird da hin und wieder ge wechselt." Er hustete. „Uebcr der ganzen Aufregung heule morgen habe ich auf eine kleine Sache vergessen. Gestern abend sah ich Lady Shene auf der Straße. Hätte ich Sie verständigen sollen?" „Nein!" schüttelte Kathleen den Kopf. „Es ist auch gar nicht anzunehmen, daß die Dame auf mich gewartet hat." Sie spielte mit der Schließe ihres Gürtels und machte ein abweisendes Gesicht. „Sie wissen ja, wie die Dinge liegen, Burnett. Ich habe Lady Shene vor einiger Zeit in einem Kaufhause kennengelernt, und seit der Zeit hat sie mich verschiedene Male zu sich nach Barkeley Square geladen, wo sie eine große Wohnung hält. Ich mag aber diese Art Bekanntschaften nicht und bin noch nie yingegangen. Es liegt mir nichts daran, mich mit dieser Dame anzufreunden, obtzoHl ich g^,ch mA ganz unhöflich sein möchte." Sie lächelte und 'seufzte leicht^ - > „Eigentlich sollte ich ja dankbar und froh sein, wenn sich jemand für mich interessiert, nachdem ich immer so ganz allein und verlassen bin. Wenn dieser Bruce bloß ein paar Witze machen wollte. Jetzt unterhält er sich mit meinem Onkel über Lombroso und Fingerabdrücke. Uebrigens...", sie griff fast heftig nach Burnetts Arm. „Sie müssen mir eine Frage beantworten. Wer ist Eddie Fencher?" Für den Bruchteil einer Sekunde zogen sich die Lider des Alten zusammen, dann lächelten seine Augen wieder gutmütig. „Eddie Fencher? Vermutlich ist das ein Mann. Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich habe nie etwas von einem Eddie Fencher gehört." Kathleen war enttäuscht. Sie war aber doch froh, daß Burnett keine Fragen stellte, denn sie hätte ihm kaum eine befriedigende Antwort geben können. Sie warf einen Blick nach der Tür des Speisezimmers, dann griff sie abermals nach dem Arm des Alten. „Sie müssen mir helfen, Burnett!" Sie war dicht vor ihn hingetreten und sah ihn aus ihren schönen, Hellen Augen bittend an. „Ich will mich heute abend mit Jane Heather, einer früheren Schulfreundin, treffen", fuhr sie eindringlich fort. „Meinem Onkel sagte ich es gestern schon. Er will aber nicht viel davon wissen. Heute mittag will er mir Bescheid geben. Bitte, legen Sie ein gutes Wort fü»E^ ein! Wollen Sie es tun?" ^fumett lächelte, indes seine Hände mit den Bändern arttnen Sckür»« ivtelten?dte er über seinem Amua trua. „Ich will Ihnen gern gefällig sein, Miß Heynen, denn ich weiß, daß Sie keine Dummheiten machen werden, auch wenn Sie" — er hüstelte — „vielleicht jemand anders als eine Schulfreundin treffen wollen." Kathleen stand da und hatte g.rade das Gefühl, als hätte ihr der Mann eine Predigt gehalten. Sie mußte gewaltsam ein Gefühl der Scham Niederkämpfen. „Helfen Sie mir", bat sie nochmal. „Allein bringe ich das nicht zustande, nachdem mir bereits für nachmittags ein Ausgang bewilligt worden ist. Ich will nicht ein trocknen und will keine Gefangene sein." Und ohne eine Antwort abzuwarten, sprang sie flink die Treppe hinunter. Der Mann sah ihr lächelnd nach, dann, als sie verschwunden war, wandte er sich ihrem Schlafzimmer zu. Er trat ein und brauchte nicht lange danach zu suchen, welche Gründe Mrs. Gibson vorhin in diesen Raum geführt hatten. Auf dem Tisch, halb verdeckt von einem Buch, lag ein' schmaler Brief. Er nahm ihn an sich, betrachtete ihn aufmerksam und riß ihn mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt auf. Ein feiner Leinenbogen kam zum Vorschein, auf dem in zierlicher Schrift diese Worte standen: Verehrte Miß Heynen! Nachdem Sie in der letzten Woche anscheinend leider verhindert waren, meinen Einladungen zu folgen, lade ich sie heute von neuem zu mir. Ich freue mich darauf, ein nettes Plauderstündchen mit Ihnen zu verbringen und rechne auf alle Fälle mit Ihrem Kommen. Der Einfachheit halber erwarte ich Sie heute abend acht Uhr mit meinem Wagen an der Unterführung in Tanners Hill. Bis dahin mit den besten Grüßen Ihre Elsie Shene. Burnett lächelte und zerriß Schreiben und Umschlag in kleine Stücke, die er in seiner Tasche verschwinden ließ. Das Mittagessen, an dem auch der Diener teilnahm, verlief einsilbiger als sonst. Bertie Graham aß hastig und voller Unruhe, als müßte er mit jeder Minute geizen. Kathleen war vas schon gewohnt, aber an diesem Mittag war es schlimmer als gewöhnlich. Das Gesicht des Pro fessors war von erschreckender Blässe, und bei jedem Ge räusch zuckte er zusammen. Sie wagte keine Frage, um ihn nicht gegen sich einzunchmen. Er blieb sitzen, als Burnett das Zimmer verließ. Seine Blicke glitten an dem Mädchen vorüber nach dem offenen Fenster. Kathleen wußte, was nun kommen würde. Sie wagte nicht, den Kopf zu heben und starrte beklommen und schweigend auf ihre Knie nieder. Warum ist das alles nur so?, dachte sie. Kanti er denn sein schrullenhaftes Wesen nie ablegen? Wenn er wie Mr. Grayne wäre! So freundlich und so liebenswürdig und immer so voller besorgter Aufmerksamkeit! Ich fahre heute nachmittag zu Mr. Grayne nach Letherby Mansions. Jemand muß wieder einmal gut zu mir sein, sonst sterbe ich! „Wahnsinn!" knirschte Graham unvermittelt zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor. „Wahnsinn ist das." Er sprang auf und hob die Arme halb empor. „DiFse verfluchte Schnüffelei! Ich gehe noch fort..., das ist nicht auszuhaltcn!" Er raste an die Tür. Schon draußen, steckte er den Kopf noch einmal herein. „Du kannst also heute abend deine Schulfreundin aufsuchen!" d Am südlichen Ende von Rice Garden, von Wiesen, Bäumen und Blumen umgeben, lag ein hübsches, ein stöckiges Landhaus, das von einem früheren Bewohner her den Namen Letherby Mansions erhalten hatte. Der Name war dem Gebäude geblieben, wenngleich es nun mehr von Mr. I. P. Grayne bewohnt wurde. Mr. Graynes Einzug hatte verschiedene Umänderungen mit sich gebracht. Das Haus war mit einem neuen, freund lichen Anstrich versehen worden, und vor allem waren es Blumen der verschiedensten Sorten und Größen, Vie an ven Fenstern des Hauses, in gepslegten Beeten und in Treibhäusern in allen Farben und Schattierungen prangten und sproßten. Das allein hätte Graynes Beliebtheit in Rice Garden nicht ausgemacht. Die meisten Leute wußten nicht einmal, daß er Blumen züchtete. Aber jedermann wußte, daß er ein großer Kinderfreund und ein ebenso großer Wohltäter war. Er mochte auftauchen, wo er wollte, immer liefen ihm Knaben und Mädchen jubelnd entgegen, und immer lmtte er offene Hände. Die Kinder kamen auch in seinen Garten und in sein Haus, und er hatte seinen Spaß daran. Grayne war Junggeselle und zählte knapp fünfzig Jahre. Er war von voller, mittelgroßer Gestalt und hatte ein breites Gesicht, das den ganzen Tag ein frohes Lächeln zeigte. Seine Mahlzeiten ließ er sich von einer nahen Gast- stätte ins Haus bringen, und für die Ordnuna in keinen Räumen korate eine Aukwartckrau. «o uno j« waren aua> ein paar Ganner für tyn tätig Die meiste Arbeit in dieser Hinsicht pflegte er aber selbst zu erledigen. Seine Treibhäuser waren für jedermann verschlossen. Das galt namentlich für den roten Backstein bau am Ende seines Gartens, in dem sich die „Königin der Anden" befand. Drei Tage in der Woche blieb Grayne unsichtbar. Den Grund wußte man. Er besaß im Stadt- innern ein Jmmobilienbüro, in dem er Montags, Mitt wochs und Freitags arbeitete. An den übrigen Tagen sah man ihn in Hemdsärmeln im Garten herumlausen und seine Blumen betreuen, und meist waren Kinder bei ihm, die er mit Kaffee und Kuchen zu bewirten pflegte. Wollte er wirklich einmal allein und ungestört sein, so schloß er das Gartentor ab. Dann hatte er Ruhe vor seinen kleinen Freunden und Freundinnen. Das Tor stand aber meist sperrangelweit offen. An diesem Nachmittag war es ausnahmsweise ab gesperrt. Grayne trat aus dem Hause. Er war in Hemds ärmeln und hatte eine Schürze umgebunden. In der Rechten trug er ein kleines Kistchen. Er warf einen auf merksamen Blick nach dem Tor, als wollte er sich nochmal vergewissern, daß der Riegel vorgeschoben war. Dann begab er sich mit raschen Schritten nach dem etwa fünfzig Meter abseits liegenden Backsteinbau, der gut ausgeführt war und sich stilvoll in das Ganze einfügte. Ein schmaler Kiesweg führte hin, und seitlich davon liefen, von ge stampften Erdwällen verdeckt, Heißluftrohre, die dem Backsteinbau und den übrigen Treibhäusern die nötige Wärme zuführten. Grayne hatte das rote Bauwerk erreicht. Er holte einen Schlüssel aus seiner Tasche hervor und schloß die mit rotlackiertem Eisenblech beschlagene Tür auf. Ein Heller Raum — der Bau hatte ein Glasdach — erschloß sich vor ihm. Die Temperatur darin war außerordentlich heiß und trocken. Grayne schloß die Tür hinter sich. Er sah nach dem Thermometer, dann stellte er das Kistchen nieder. Wer diesen Raum, den Grayne wie ein Heiligtum vor aller Welt abschloß, mit hochgespannten Erwartungen be treten hätte, wäre sehr enttäuscht gewesen. Es war ledig lich ein großer Geröllhaufen vorhanden, der mit rötlichem Sand überstreut war. Aus der Spitze dieses Haufens wuchs ein starker Pflanzenschaft, der sich nach oben ver jüngte und in einer schmalen, zartgrünen Knolle auslief. An der Stelle, wo der Schaft den Haufen durchbrach, strebten verschiedene Zweige von wasserklarem Aussehen weg, an denen Blätter von rjesiger Größe hingen. Grayne bückte sich und nahm einen der Zweige in die Hand. Er betastete ihn sorgfältig zwischen Daumen und Zeigefinger und war befriedigt. Dann trat er mit dem Fuß auf den Haufen und beugte sich über die Knolle, ohne sie jedoch zu berühren. Seine Augen leuchteten, als er nach einer Weile zurück trat. Er fuhr sich mit dem Taschentuch über die Stirn, denn die Hitze war fast unerträglich. Hierauf nahm er das mit. gebrachte Kistchen wieder an sich und näherte sich damit dem Hintergrund des Raumes. Dort befand sich eine großx, schwarze Truhe, die mit einem starken Vorhänge schloß abgesperrt war. Er klopfte mit den Fingern einige Male auf den Deckel, indes er das Gesicht zur Seite drehte. Nach einer kleinen Pause brachte er einen Schlüssel zum Vorschein, mit dem er sich über das Vorhängeschloß beugte Im gleichen Augenblick drang ein schrilles Läuten vom Haus herüber an seine Ohren. Grayüe fuhr empor, und über seiner Nase prägte sich eine scharfe Falte. „Verdammt!" murmelte er. „Wer will da zu mir? Ich bin für niemand zu sprechen, und wenn es der Prinz von Wales ist, der Einlaß begehrt." Er lief aber doch an die Tür und öffnete sie zu einem winzigen Spalt, um Ausschau zu halten. Man konnie von hier ans schlecht bis zum Gartentor sehen, denn ein paar Bäume taten der Sicht starte Einbuße. Grayne erspäht, mit seinen scharfen Augen aber doch ein Stück gelbscideney Kleides, und das ließ die Falten an seiner Nasenwurzel mit überraschender Schnelligkeit verschwinden. Sein ganzes Gesicht drückte plötzlich Freude und Vergnügen aus Er stellte das Kistchen, das er immer noch in der Hanl hielt, nieder und sauste ins Freie. Mit einem Ruck war! er die schwere Tür ins Schloß, dann lief er schräg übe, den kurzgeschnittenen Rasen auf den Garteneingang zu „Miß Heynen!" rief er voller Freude und etwas kurz atmig vor Eile, als er am Tor anlangte und den Riege« zurückschob. „Bei Gott, welches Vergnügen, Sie wieder Zusehen! Ich ahnte ja, daß mir heute noch etwas Liebes bevorstünde." Er riß die Tür aus und streckte ihr mit strahlenden Gesicht beide Hände entgegen. Die ungeheuchelte Herzlich keit des Mannes tat Kathleen wohl. Sie trat flink eir und überließ ihm ihre Rechte, die er mit beiden Händcr drückte. „Guten Tag, Mr. Grayne", grüßte sie ihn freudig. „Ick hatte schon ein bißchen Angst, Sie möchten am Ende gm nicht zu Hause sein." „Das war eine ganz und gar unangebrachte Be fürchtung", versetzte er lächelnd. „Sie wissen doch, wenr ich nicht im Geschäft stecke, bin ich bei meinen Blumen Eben komme ich von meiner .Königin der Anden'. Wenr nicht unvorhergesehene Schwierigkeiten eintreten, dürft, die Blüte in etwa acht Tagen Hervorbrechen." „Oh!" sagte Kathleen und bekam große Augen. „Dar! ich mal sehen?" Grayne schien zu überlegen, dann nickte er. „Obwohl nicht viel zu sehen ist, kann ich Ihnen di, Bitte nicht abschlagen. Nur fürchte ich, Sie möchten ent- täuscht sein. Das heißt, Sie . wissen ja bereits von dei Ausstellung her, wie die Pflanze in ihrem gewöhnlicher Zustand aussieht. Vorläufig ist noch nichts Könitzliches daran. Kommen Sie!" Sie folgte ihm freudig über den Rasen auf den Back steinbau zu. In Graynes Gesellschaft fiel alles Drückend, und Schwere von ihr ab. Da war sie immer froh unt m»-^ ny voll prickelnder Lebensfreude. ^Aar«I»d»nn knlatt