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RMeMMe in SaÄken Nkit Stolz vcruebme ich von den beiden Volksgcnos- sinnen aus Westfnlen, die mir im D-Zug-Abtcil gcgeu- nbersitzcn, dos; sie cinf cinige Wochen nach Sachsen kämen, um an Ort und Stelle Land und Menschen kennenzulcr- nen. Vor allem wollten sie Dresden besuchen, das. wie ihnen immer wieder gesagt worden wäre, zu den schön sten Städten Deutschlands gehöre. Ich erzähle ihnen des halb von der Tatkraft, Weitsicht und Kampshärte unseres sächsischen Volkstums, das die schicksalsrcichc tausendjäh rige Geschichte seiner Grcnzlandheimat soldatisch gemei stert und aus seinem Gau ein Industrie- und Wirtschafts gebiet erster Ordnung gemacht hat, das zugleich den Ruf genießt, die Heimat vieler großer Dichter und Denker, Künstler und Musiker zu sein. Ich erzähle von Theodor Körner, Schill und Iminmelmann, die für die geschicht liche Gemeinschaft unseres Volkes gekämpft haben und mit gleichem Opfermut dafür gestorben sind, wie die Helden des Weltkrieges und der nationalsozialistischen Kampfzeit, die Sachsen in beträchtlich hoher Zahl stellte. Ans Richard Wagner und Robert Schumann, Leibniz und Fichte, Treitschke und Nietzsche, Lessing und Novalis, Lud wig Richter und Max Klinger weise ich hin, die als große Sachseu die deutsche Kulturgeschichte ungemein bereichert haben. Ich berichte davon, daß Sachsen als Ausgangs- land der deutschen Reformation, der hochdeutschen Ein heitssprache. der deutschen Romantik und der National sozialistischen Bewegung außerhalb Bayerns der kultu relle Mittelpunkt des Reiches geworden ist, der weit in die übrigen Gaue Deutschlands und weit in die ganze Welt hinausstrahlt, daß sächsischer Arbeitsfleiß die Hei mat zur Werkstatt Deutschlands gemacht hat. deren Er zeugnisse Weltruf haben. Nicht zuletzt spreche ich davon, daß unsere Sachsenheimat so schön wie mir irgendeine andere Landschaft in der Welt ist. In ihrer wunderbaren Vielfalt-ist sie mit ihren waldumrauschten Höhen an der Grenze, mit ihren Bergen und Felsen in der Sächsischen Schweiz und im Erzgebirge, in der Obcrlausitz und im Vogtland, mit ihren romantischen Burgen und Fluß- tälern und ihren erhabenen Baudenkmälern in Stadt und Land ein Spiegelbild der großen deutschen Heimat. Die beiden Volksgenossinnen ans Westfalen lassen sich für Sachsen begeistern und sind des Lobes voll über ihre ersten Eindrücke,^ie sie bereits erlcbi Haven. Aber ach! Die Tmc des Abteils geht auf. Ein pru stender, dicklicher Herr, unrasiert und mit verrutschtem Schlips fläzt sich in das Abteil, holt sich seine Zigarren aus der Tasche und jammert zwanzig Minuten lang in einer lässigen Sprechweise darüber, daß die schönen Zi garren leider Gottes zerdrückt sind. Schließlich zankt er sich mit seiner Frau, die neben ihm Platz genommen hat, und erklärt ihr, daß er, gerade weil sie ihm das Rauchen verböte, erst recht sich Mühe geben werde, eine seiner Zi garren doch noch in Brand zu setzen. Die Sache wirkt allmählich lächerlich. Die beiden Volksgenossinnen aus Westfalen können sich eines Lä cheln. nicht erwehren; und ich empfinde das Gefühl, daß die Albernheit dieses einzelnen vieles von dem guten Eindruck verwischt, den die beiden Volksgenossinnen von gegenüber bisher über Sachsen gewonnen haben. Das Bild eines Menschen mag vor ihnen dabei aufgetancht sein, das in so reichem Maß verbreitet und seit kurzem endgültig ans der Welt geschafft worden ist. Tas ver pflichtet um so mehr, daß sich jeder einzelne befleiüiat. die i Hebel dort anzusetzen, wo es gilt, wirkliche innere Fehler l und Schwächen abzustellen, die den Anforderungen des j Nationalsozialismus auf Charakterstärfe, männliche Hal- ! tnng und Heimatstolz widersprechen. Damit läßt sich nicht vereinbaren, daß die Sprechweise des einzelnen verwa schen ist. Wer nachlässig spricht, erweckt den An schein, daß er keine innere Haltung besitzt, mag er sich auch noch so tüchtig im Leben zeigen. ! So tatkräftig gerade vom Heimatwerk Sachen aus eine solche erzieherische Arbeit in Angriff genommen worden ist, so unerläßlich ist es, daß jeder einsatzbereit mitarbeitet und vor allem bei sich anfängt. Darum, Volks genossen. denkt immer daran, Euch durch vorbildliche Haltung, sprachliche Zucht und unbändige Liebe zu Volks tum und Heimat auszuzeichnen, die dem Ansehen unserer engeren Heimat, nicht zuletzt dem ganzen Vaterland, dienen. „Zes MMen Engel ist die Zeil" Unser ganzes Dasein ist anfS innigste mit dem Zeit- j ocgriff verknüpft. Die Zeit ist kostbar, die Zeit entrinnt, j sie läßt sich nicht halten und keine Macht der Welt vermag verlorene Zeit, vergeudete Zeil zurückzuholen. Das ist der verschwenderischste Mensch, der mit seiner Zeit nicht ! hauszuhalten vermag. Wer die Stunden der Arbeit und ! der Erholung, ja wer alle Stunden seines Daseins recht ' zu nutzen weiß, ist der wahrhaft glückliche Mensch. Er ' verdoppelt sein Leben, weil er keine leeren inhaltlosen ! Stunden kennt. Es gibt aber Augenblicke im Leben, da i wir durch irgendein Ereignis ans unserem Gleichgewicht ! gebracht tverden: sei cs ein Unglück, sei 'es eine schwere ! Enttäuschung oder sonstige schwere Sorgen, die wir aus eigener Kraft nicht zu überwinden vermögen. Da wird uns jede Minute zur Last, da möchten wir unsere Gedan ken betäuben. Das sind die Stunden, da man in Gefahr - gerät, die Zeil totznschlagen, d. h. in unnützen Zerstreu- ! ungen eine Ablenkung zu suchen. Und dennoch wissen , wir, daß wir der Zeit nicht entrinnen können. Einmal j kommt die Stunde, da sich die Auseinandersetzung mit unseren Bedrückungen nicht mehr hinausschieben läßt. Darum schaue mau auch der Zeit mutig ius Antlitz, und ! vor allem denke man daran, daß die Zeit schließlich alles . heilt, denn Schiller hat recht, wenn <'>- -mssvricht: „Des ' Menschen Engel ist die Zeit!", ! Volkswirtschaft Berliner Effektenbörse l Die Berliner Aktienbörse lag ziemlich lustlos. Größere Umsätze gab cs nur am Markt der Bankaktien, aus dem die Aktien der DD-Baul abermals um l Prozent auf 124 anzoa. Bei den übrigen Werten war die Tendenz nicht einheitlich. i Orenstein konnten sich abermals um 2,25 Prozent verbessern. Sonst waren Maschincnsabrikaklien vernachlässigt. Am Montan markt waren Harpencr, Mannesmann und Stolberger Zink gebessert. Chemische Werte unregelmäßig. Siemens notierte schwächer. Ebenso Bemberg nnd Deutsche Erdöl. Zellstoff- werte zogen an. ! Am internationalen Devisenmarkt konnte der französische Franken sich behaupten, während der Dollar weiter abge schwächt war. , Devisenkurse. Belga (Belgien) 41,89 lGeld) 41,97 lBrief), dän. Krone 55,29 55,41, cngl. Pfund 12,385 12,415, franz. Franc 9,326 9,344, holl. Gulden 137,25 137,53, ital. Lira 13,09 13,11, norw. Krone 62.24 62.36. öüerr. Scbillina 48.95 49.65. voln. Zwiv 47,19 47,20, schweb. Krone 63,8» 63,88, s'chweiz. Frauken 57,14 47,26, span. Peseta l6,98 17.62, lschech. Krone 8,651 8,669,! amer. Dollar 2,489 2,493. Amtlicher Großmarkt Mr Getreide und Futtermittel zu Berlin. In Weizen nnd Roggen erfolgen laufend Zufuhren. Mit> Weizen sind einige Mühlen bereits für einen Monatsbedarf! eingedeckt. Weizenmehl blieb weiter begehrt. Noggcnmehl war, reichlich vorhanden. Funergetreide gelangte noch nicht zum Angebot. Angebot in Wintergerste war nicht vorhanden. Brau gerste konnte nicht umgesetzt werden. Schlnchtviehmarkt. Berlin, 30. Juli. Auftrieb: 617 Rinder «darunter 37 Ochsen, 43 Bullen, 489 Kühe, 48 Färsen), 963 Kälber, 5324 Schafe, 2062 Schweine, 29 Ziegen. Verlauf: Rinder zngcteilt, Ausstichtierc über Notiz, Kälber verteilt, Schafe verteilt, Schweine verteilt. Preise für 50 Kg. Lebend gewicht in RM: Ochsen: 1. 44, 2. 40, 3. 35; Bullen: 1. 42, 2. 38, 3. 33, 4. 26; Kühe: 1. 42, 2. 38, 3. 32, 4. 22-24; Färsen: 1. 43, 2. 39, 3. 34, 4. 27; Kälber: 1. 78, 2. 63, 3. 57, 4. 48, 5. 38; Lämmer und Hammel: 1. 53, 2. 52, 3. 52, 4. 51—53, 5. 45, 6. 38-42; Schafe: 1. 45, 2. 42-45, 3. 27—38; Schweine: 1. 53. 2. 52. 3. 49; Sauen: 1. 53, 2. 51. Turnen und Sport Die Borläufc zur Deutschen Stehermeisterschaft in Frank-! furt (Main) hatten das erwartete Ergebnis. Den ersten Lauf! gewann der Berliner Stach vor Lohmann und Schindler und den zweiten Meister Metze gegen Schön lind Ifland. Diese! Fahrer und der Leipziger Hille als bester vierter bestreiten! den Endlaus. Alle übrigen Fahrer sind ausgeschieden, dar»! unter auch der zur Extraklasse zählende Kölner Krewer. Einen neuen deutschen Rekord im Hammerwerfen erzielte der Olympiasieger und deutsche Meister Karl Hein-Hamburg iw Osnabrück. Er wars den Hammer 56,68 Meter weit und über-! traf so seine bei den Olympischen Spielen aufgestellte Best»! leistung um 20 Zentimeter. „DaS Deutsche Stadion". Die im Neichsparteitagsgelände! geplante große Sportarena wird die Bezeichnung „Das Deut«! sche Stadion" tragen. Das bisherige Nürnberger Stadion wirb! in Zukunft .Ältes Stadion" heißen. Leichtathletik — Städtrkampf Dresden-Chemnitz—Leipzig Am 26. September wird in Chemnitz der erste Leicht athletik-Städtekampf zwischen Dresden, Leipzig und Chemnitz zum Austrag gelangen. Alle leichtathletischen Wettbewerbe für ENänner nnd Frauen sind vorgesehen. Leichtathletil-Länderlampf in Dresden etin 22. August, nachmittags, wird aus dem Platz ocs Dresdener Sportklubs im Ostrageheae der Leichtathletik-Lau- derkampf Deutschland gegen Tschechoslowakei durchgesührt. Der 10 000-Metcr-Lans dieses Länderkampfes wird am Sonnabend, 21. August, während der Halbzeit des Fußballspieles DSC. gegen Bayern München gelaufen. Deutsche Schützen erzielen Wettrelord Bei ihrer Vorbereitung zur Weltmeisterschaft in Helsinki haben die deutschen Schützen eine hervorragende Leistung voll bracht. Die fünf zur Weltmeisterschaft gemeldeten Schützen er zielten in Berlin Wannfee im Stehcndschießcn mit der Klein- kalibcrbüchse 1844 Ringe von 2000 möglichen und überboten! damit den Weltrekord Finnlands um 31 Ringe. Im Liegenschießcn blieben die fünf Deutschen mit 1963 Ringen nnr um eine« Ning hinter dem Weltrekord Estlands zurück. Beim Schnellseuerschießen mit automatischen Pistolen auf Schattenrisse schoß der Olympiasieger van Oven als ein- -iger alle Serien bts 3 Sekunden fehlerfrei. (6. Fortsetzung.) Die Tür fiel hinter ihr zu und trennte die beiden Men schen, einen nachdenklichen und erstaunten alten Herrn und «ine schöne Frau, die plötzlich wie gehetzt die Friedrich straße zurücklief. Warum wohl? Wollte Ann-Christin die Kette, da sie nicht echt war, schleunigst fortwerfen, ins Wasser? Nein, das wollte sie nicht. Ja, sie wußte über haupt nicht, was sie wollte. Sie meinte, daß sie erst Ge wißheit haben müßte, mit welcher Absicht der junge Mensch die Kette in ihre Tasche getan hatte. Sie würde die Perlen auch noch einmal um ihren Hals legen. Warum sollte sie nicht. Ihre Schritte wurden weiter und schneller. Der Frau aber folgte ein Mann. Es war Dr. Karthc- sius. Er biß aus eine leere Zigarettenspitze, eine lange Bernsteinspitze. Eß sah sehr elegant aus, Er sah gut aus, auch im Gesicht. Wenn er Farbe hatte. War er blaß, dann wirkten die Gejichtszüge verkommen. Harry Karthesius (kam aber gerade vom Friseur und hatte sich Höhensonne geleistet. Nun, da er selbst „Jagd" auf Ann-Christin machte, mußte er schon etwas drgnwcnden. Diese Frau war cs wert. Außerdem, um acht Uhr abends sollte er Carla zum letzten Male treffen. Sie hatte angeruscn und kurz um diese Verabredung gebeten. Natürlich hatte Harry nicht nein sagen können. Nun, es schadete auch nichts, wenn er sich einen guten Abgang bei Carla verschaffte. In diesem Augenblick allerdings dachte er nicht an das Abschieds-Rendezvous mit Carla. Vielmehr hätte er für fein Leben gern gewußt, was in Ann-Christin vorging. Der Juwelier würde ihr wohl gesagt haben, daß die Kette nicht echt war und trotzdem einen gewissen Wert besaß. Oder hatte die Frau selbst schon das kleine Wappen ent deckt? Karthesius grinste vor sich hin, als er daran dachte, wie der Chef solch ein Familieuerbstück anscrtigte. Was beabsichtigte die Frau nun mit der Kette zu tuu? Je nach dem mußte er eine» der verschiedenen, sorgfältig aus- gcarbciteteu Pläne entwickeln, zur Aktivität übergehen. Oder hatte sie etwa die Perlen gleich dem Juwelier ver kauft? Karthesius fiel ein, vaß dies eigentlich der nahe liegendste Gedanke wäre. Für ihn jedenfalls, dem sich die Begriffe für Eigentum schon wesentlich verschoben hatten. Er hatte sich aber nicht recht getraut, in den Laden ein- jutreten, für den Fall, daß ihn die Fran wiedercrkanntc. Sie war nicht dumm, uud Frauen haben meist ein be wundernswertes Gedächtnis. Auf Perücke nnd dergleichen gab Harry Karthesius nichts. Verändern tonnte man sich durch Haltung, Gcsichtsausdruck, durch die Kunst einer eigene» auswechselbaren Persönlichkeit, aber nicht durch Kunstmittel. Aber diese Anstrengung — es war nämlich eine direkt physische Anstrengung, durch eigene Kunst plötz lich ein anderer Mensch zu sein — hatte Karthesius nicht für nötig gehalten, denn ursprünglich hatte er bei diesem „Einfangen" Ann-Christins nur aus ihre Freude am Schmuck spekuliert. War das richtig, war es falsch ge wesen, grübelte er, während er der Frau folgte. Den Hut hatte er in den Nacken geschoben und sah eigentlich recht ! unternehmend aus, gar nicht so nachdenklich, wie er es in Wirklichkeit durchaus war. — Hinter Ann-Christin schloß sich die Haustür. Es war nicht anzunehmen, daß sie noch einmal fortging, meinte der Mann, machte auf dem linken Absatz kehrt und stand fünf Minuten nach halb neun an der mit Carla ver abredeten Stelle. Fünf Minuten nach neun Uhr aber stand Ann-Christin an der Normaluhr des Bahnhos Zoo und reichte mit einem mehr als liebenswürdigen Lächeln, dem jungen Robert Walter die Hand. Sie betrachteten sich beide mit ein wenig neugierigen Augen: was mochte der heutige Abend bringen? „Na, was schlagen Sie Schönes vor?" fragte Ann- Christin. j „Mir ist alles recht, wenn ich bei Ihnen sein darf. Ich hab' mich so auf den Abend gefreut", sagte der kleine , Polizcileutnant mit ehrlicher Ueberzeugung. Beinahe hätte Ann-Christin geantwortet: „Ich mich auch." Sie schluckte cs herunter und bekam plötzlich Angst. Angst, daß ihr der junge Mensch so gut gefiel. Angst, daß I er etwas Unrechtes mit der Kette beabsichtigt hatte. Ueber- > Haupt Angst vor sich selbst und vor allem, was geschehen konnte. Tenn sie wußte selbst sehr wohl, daß sie zu den Menschen gehörte, die oft in ihrem Leben eine Sache wollen, aber eine andere tun. Sie sagte langsam und nach denklich: „Eigentlich ist cs ja schon etwas spät. Aber viel leicht können wir doch noch in ein Kino, gehen. Ich war lange nicht dort. Und manchmal ist das ganz nett." Roberts Gesicht drückte Enttäuschung aus — dann konnte er ja nicht ihre wunderschöne belegte Stimme hören, nach der er sich dreimal vierundzwanzig Stunden gesehnt, die er oft im Dienst plötzlich zu hören meinte, aber es war immer nnr Phantasie, Tranm am Tage gewesen. Dösen mit offenen Augen. Jetzt war die Stimme wirklich nahe, und im Kino konnte er sie nicht hören. Er war aber zu . wohlerzogen, um etwas gegen den Wunsch dieser Frau einzuwenden. Wenig später saßen sie und sahen einen Film. Das : heißt, Robert Walter sah nur das Gesicht der Frau. Seine > Kameraden hätten ungläubig gelacht, wenn sie dieses winzige Eckchen in Polizeileutnant Walters Herz entdecken würden, das nichts anderes tat als träumen, bewundern, lieben. Ja, sogar bereit war, darüber die Pflicht zu ver gessen. Diese sorgfältig verschlossene Ecke in dem jungen, starken, tatbewußten Herzen, die nur träumen wollte. Als er noch ein Junge war, hatte er von der Mutter geträumt, von der Mutter, die nicht mehr war, seit er war — die sein Leben mit dem ihren hatte bezahlen müssen. Diese nie gekannte Mutter war in seinen Gedanken so groß gewesen, daß sie lange, lange sein ganzes Traumleben ausfüllte. Jetzt aber war diese Frau plötzlich da. Nicht mehr jung. Robert Walter wußte es wohl: nicht mehr so jung wie dieses oder jenes junge Mädchen seiner Bekanntschaft. Aber so schön, beinahe so schön wie die Mutter in seinem Traum. Und sie war da, sie war Wirklichkeit, sie saß neben ihm. Das Licht der Filmstreifen fiel auf ihr schmales Gesicht. Die Augen glänzten tief und unergründlich. Sie mußte ihre Zähne ganz fest aufekuandergebissen haben. Manchmal zuckte ihr Unterkiefer. Plötzlich wandle sie ihm voll ihr Gesicht zu. „Um mich so konsequent ansehen zu können, hätten Sie nicht soviel Geld für einen Film auszugeben brauchen", flüsterte sie ihm leise mit wohlwollend ironischem Zug um die Mund winkel zu. Natürlich wurde der junge Polizetleunant rot. Zu dumm benahm er sich aber auch! Er hätte sich selbst ohrfeigen können. Schon das erstemal war er dauernd rot geworden. Er biß sich auf die Lippen. Ganz schmal wurde sein Mund: Unhörbar gab er sich den Befehl: Augen geradeaus! Und wandte den Kopf, ohne zu antworten. Er siehr sehr männlich aus, dachte Ann-Christin ihrer seits, die ebenfalls ihren Partner eingehend gemustert hatte. Nur hatte sie es als Frau ein wenig geschickter zu - verbergen gewußt. Sie hatten also beide nicht sehr viel vom Film gehabt und wirklich nicht viel in sich ausgenommen, als sie zwei Stunden später in einem Weinrestaurant darüber dis- ! kutierten. „Es ist doch immer dasselbe mit der .Liebe im Kin- l topp'", begann Anu-Cyristiu. ' „Wie schließ- und endlich auch mit der Liebe im wirk lichen Leben", meinte Robert Walter, sehr stolz auf den Zynismus, den er eben mit diesen Worten ausgebracht zu haben glaubte. „Leider" - ihr Blick glitt plötzlich weit wc, - „leider wollen die Menschen cs ja immer nur begncm haben." „Wie meinen Sic das?" (Fortsetzung folgt.) , , ,