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Lop^rigbt 1936 ^ukvärt,.Verlag, Lvrlla8>V68 251 Nachdruck verboten. „Das halte ich für gänzlich zwecklos. Ihre Gegenwart regt ihn nur unnötig auf, und helfen können Sie ihm doch nicht. Wenn wir ihn hier vorsichtig irgendwo in den Schatten betten, kann ihm gar nichts geschehen!" pGibt es hier Raubwild?" „Selten. Leoparden vielleicht. Aber sie sind ziemlich scheu, weil die Pad durch unsere Leute regelmäßig befahren wird. Außerdem sind Leoparden ausgesprochene Nacht, raubtiere und verlassen ihre Schlupfwinkel selten am lichten Tage!" „Trotzdem möchte ich lieber hierbleiben, Mister Hopkins!" „Sie wissen, daß Brodersen Sie dringend erwartet. Ja, wenn Sie den Verwundeten damit irgendwie nützen könnten. Aber so..." „Wollen wir nicht wenigstens nochmal versuchen, ihm die Wunde zu verbinden?" Sie gingen zu Spencer zurück, der immer noch dalag wie vorher. In diesem Augenblick schlug er die Augen auf. Einen Moment stierte er Heinz mit verglasten Augen an. Dann aber kam es über ihn wie ein Erinnern, urK wieder versuchte er, sich unter furchtbarem Stöhnen in die Höhe zu bringen. „Kommen Sie, Mister Wilke! Sie sehen ja, es ist völlig zwecklos. Reiten Sie getrost, ich werde zunächst noch hierbleiben und seinen Zustand beobachten!" Heinz sah ein, daß Hopkins recht halte, und ritt in nörd licher Richtung davon. Hopkins ging zu Spencer zurück. Nochmals versuchte er vergeblich, an die Wunde zu kommen. Der Verwundete stöhnte vor Schmerzen. Nach Lage der Sache mußte die Kugel in die Herzgegend ge- druttgen sein und eine schwere innere Blutung verursacht haben, denn äußerlich war kaum etwas festzustellen. So beschränkte sich Hopkins darauf, ein Stück Verbandstoff auf die Stelle zu drücken, um einen notdürftigen Schutz der Wunde herzustellen. Dann versuchte er, dem Ver wundeten etwas kalten Tee einzuflößen; aber Spencer machte gar keinen Versuch, zu schlucken. Eine Stunde etwa mochte Hopkins noch neben dem Verletzten gesessen haben, als dieser wieder unruhiger wurde. Er versuchte zu sprechen und machte mii der Hand Zeichen. .Hast du Schmerzen?" Spencer nickte bejahend. Er schien ihn also verstanden zu haben. „Soll ich Hisse herbeiholen?" Wieder nickte Spencer. Hopkins überlegte: War Spencer bei Bewußtsein? Er fragte ihn: „Fürchtest du dich, allein zu bleiben?" Diesmal schüttelte Spencer verneinend den Kopf und Hopkins erkannte, daß er bei Besinnung sein mußte. Was sollte er tun? Am schnellsten würde er wieder zurück sein können, wenn er das Pferd Spencers nähme. Suchend sah er sich um. „Spencer, wo ist dein Pferd?" Dieser versuchte, sich durch Zeichen verständlich zu machen. Hopkins ging in der angedeuteten Richtung einige fünfzig Schritt. Er suchte den Boden nach Spuren ab, konnte aber auf dem harten Granit keinerlei Anzeichen entdecken. „Es hat keinen Zweck, noch lange zu suchen. Ich muß jetzt schleunigst Hilfe herbeiholen!" Er trat zu dem wieder wie tot Daliegenden. „Verstehst du mich, Spencer?" Der nickte kaum merklich. „Höre, ich werde jetzt Hilfe holen. Zwei Stunden kann es dauern, bis ich wieder zurück bin. Ist dir das recht?" Deutlich nickte der Gefragte und bewegte die Lippen. Hopkins versuchte, den Verwundeten bequemer zu betten, sah aber davon ab, als er merkte, daß Spencer wieder starke Schmerzen zu haben schien. Da faßte er einen schnellen Entschluß, griff das an den Vorderfüßen gefesselte Maultier, befreite es und jagte in Hast davon. Irgendein Pfad war nicht zu erkennen und HopkinS mutzte sich vollkommen auf sein Gefühl verlassen. Immer wieder trieb er das Tier zu größter Eile an; da sah er nach einiger Zeit in der von ihm eingeschlagenen Richtung die drei gewaltigen Sykomoren, hinter denen die Station Mit dem MisstonSgarten lag. Er traf den noch recht -jugendlich aussehenden Missionar mitten bei der Arbeit. HopkinS gab seinen Bericht, und ohne ein Wort zu erwidern, gab der Missionar den Auftrag, sofort sein Reit- Pferd zu satteln und eine Bahre aus dem Missionsgebäude zu holen. Wenige Minuten später jagte er an Hopkins Seite, den Verbandkasten um die Schulter gehängt, in der Richtung auf den Bergkegel zu, durch dessen unteren Teil die Schlucht zur Höhe führte, während vier Schwarze mit der Bahre im Galopp hinterherliefen. Unten am Grunde des Felsens mutzten die Reiter vom Pferde steigen, während des Hochkletterns waren auch die nachfolgenden Schwarzen herangekommen. HopkinS hatte zuerst die Höhe erreicht und rief dem Missionar zu: „Hier hinter dem Felsen Negi er!" Beide traten heran. HopkinS' Augen wurden weit. Fassungslos blickte er um sich. Der Missionar starrte feinen Begleiter an, als ob er an dessen Verstand zweifelte. Aber der Tatbestand Netz sich nicht leugnen' Der Schwerverwundete war spurlos verschwunden. Vierzehntes Kapitel QnxuM rvxlmrr In später Mitternachtsstunde langte Heinz Wlke q»' den Feldern an. Eine ganze Weile dauerte es, bis er ei' paar Eingeborene aus dem Schlafe geweckt und ihnen kla> gemacht hatte, wer er wäre. Brodersen wurde sofort geweckt und bewillkommne!. Heinz mit großer Herzlichkeit. Er sah den langen Bursche, im ungewissen Licht des Mondes. „Seien Sie mir will kommen, Mister Glückauf!" rief er ihm entgegen. Heinz versuchte, sich in aller Form vorzustellen. Aber Brodersen lachte: „Sind Sie nicht der Leiter des minentechnischen Laboratoriums gleichen Namens? Gefällt Ihnen de, Name nicht? Das wäre doch merkwürdig. Gerade dieser schöne, alte deutsche Bergmannsgruß .Glück auf!' hat mir von vornherein das größte Vertrauen zu Ihnen ein- geflößt. Was sind Namen, mit denen man keinen Begriff verbindet!" „Natürlich. Name ist Schall und Rauch. Ich glaube, unser Landsmann Goethe sagte das einmal. Sie sind ja, so viel ich weiß, auch Deutscher?" „Ja, natürlich, und um auf Ihre werte Firma zurück zukommen: Mir erscheint nun einmal dieser Namx be deutungsvoll. Und er ist es ja auch für mich — wie für Sie. Oder ist es nicht Ihre erste größere Ausgabe in Ihrem Beruf?" „Allerdings, -Herr Brodersen! Aber verzeihen Sie bitte, wenn ich meinen Dienst als Blessierter bei Ihnen antrete. Die Geschichte hat zwar inzwischen längst zu bluten aufgehört, fängt aber verdammt zu schmerzen an!" „Nanu, wie haben Sie denn das angestellt?" Heinz zögerte einen Augenblick. Sollte er von Alice erzählen? Nein, wer weiß, ob dieser Spencer durchkomrm. Und wenn — so wird ihm sicher die Lust vergangen sein, dumme Streiche zu machen. So sagte er nur: „Ich habe mal früher das Glück gehabt, einen Erpresser unschädlich zu machen — und heute das Pech, ihm zufällig unterwegs zu begegnen. Er schoß auf mich und hat mich an der Schulter verwundet. Daß ich lebe, habe ich Hopkins zu danken!" „Hopkins? Wo ist er? Hat er Ihnen keinen Begleiter mitgegeben?" „Er hat mich selbst bis an die Unfallstelle begleitet und ist dann zurückgeblieben. Wie mir schien, bei einem Sterbenden!" Aus den kargen Antworten des jungen Landsmanns entnahm Brodersen, daß dieser im Augenblick nicht viel über den Zwischenfall sprechen wollte, und so fragte er nicht weiter danach. Elfers, den man ebenfalls gerufen hatte, kam heran und wurde von Brodersen schnell unterrichtet. Er verstand sich auf Wundpflege und legte einen sachgemäßen Verband an. „Die Sache steht schlimmer aus als sie ist. In ein paar Tagen ist alles wieder in Ordnung. Aber ich rate Ihnen, daß Sie sich jetzt schleunigst hinlegen und von den Anstrengungen ausruhen!" Heinz Wilke, mehr noch als von diesen, von dem bunten Erleben des Tages ermüdet, lag bald in tiefem Schlaf. Am nächsten Morgen besichtigten die drei Männer alle Fundstätten und Sprenglöcher. Heinz schüttelte mehr als einmal verwundert den Kopf. „Was sagen Sie dazu?" fragte ihn der alte Elfers. Brodersen, der bis dahin eine merkwürdige Gleichgültig keit bei der Besichtigung zur Schau getragen hatte, sah interessiert auf den jungen Sachverständigen. „Die Vorkommen hier können sich mit den reichsten Fundstellen am Witwatersrand messen. Ich glaube, daß die Sache in Kapstadt erhebliches Aufsehen erregen wird. Genaueres kann ich Ihnen allerdings erst dann sagen, wenn ich alles zusammengestellt und die Berechnungen ab geschlossen habe!" Den ganzen Tag lief^er auf den Feldern umher, ent- nahm Proben aus allen Sprengstellen und saß den ganzen nächsten Tag über seinen Untersuchungen. Brodersen, der ihn ungestört gewähren ließ und manch mal den Eindruck erweckte, als ginge ihn das alles hier überhaupt nichts an, erschien plötzlich bei Heinz im Zelt. „Nun sagen Sie mal ehrlich, Mister Glückauf, was Sie von der Sache hier halten!" „Herr Brodersen, was ich bisher festgestellt habe, ist so verblüffend, daß ich an einen Irrtum glauben möchte. Ich habe meine Berechnungen auf allervorsichtigfte Weise ge macht. Sicher ist jedenfalls, daß das von mir zusammen- gestellte Ergebnis praktisch bestimmt noch um vieles über troffen werden wird!" Er zögerte einen Augenblick und setzte dann hinzu: „Herr Brodersen, haben Sie wohl jetzt ein wenig Zeit für mich?" Etwas verwundert bejahte dieser. „ES handelt sich nämlich", fuhr Heinz fort, „um eine private Angelegenheit, die auch Sie ein klein wenig angeht!" Klaus Brodersen sah ihn überrascht an. „Die Geschichte nämlich, der ich diesen Streifschuß hier verdanke, betrifft auch Sie!" Brodersen merkte wohl, daß es Heinz schwer wurd^ zu sprechen. „Sagen Sie mir ruhig, was Kl- aus den» Herzen haben. Nichtsdestoweniger war er erstaunt, als Heinz VM» von dem Mädchen sprach, das fast Brodersens Braut ge worden wäre. Er erzählte von den Erpressungsversuche» Spencers, aber er schilderte die Angelegenheit, soweit sti Alice Angel betraf, mit so viel Herzenswärme und Zart gefühl, daß Brodersen tiefstes Mitleid für das junge Mädchen empfand. „Spencer? Den kenne ich doch? Das ist doch ein An gestellter bei Angel? Und Sie meinen, daß Herr Angel sich in mißlicher Lage befindet?" „Verehrter Herr Brodersen! Nach dem, was ich hier auf den Feldern gesehen habe, wäre es für Sie ein leichtes, dem alten Angel und damit seiner Familie, vor allem aber dem armen Mädel zu helfen!" „Sie können sicher sein, daß dies mein erstes sein wird, wenn ich nach Kapstadt komme. Mir wird nun manches nachträglich an dem Verhallen der jungen Dame klar. Am liebsten würde ich schon morgen nach Kapstadt zurück- chren. Haben Sie hier noch lange zu tun?" „Wenn Sie nicht noch Aufträge besonderer Art für mich haben, könnte ich ebenfalls morgen abretsen. Die Untersuchung hier auf den Feldern ist abgeschlossen. Ich >iu vollkommen im Bilde!" So ritten die beiden am nächsten Morgen zu den alten Feldern hinüber, um von da aus mit der Karre nach Broken Hill zu fahren. Hopkins schien sie schon erwartet ,n haben. „Was ist aus Spencer geworden?" rief Brodersen ihm schon von weitem entgegen. „Ausgerissen! — Verduftet, nach Belgisch-Kongo hin über!" „Aber Hopkins, Sie erzählen wohl Märchen! Der kann in den drei Tagen doch nicht schon wieder hergestellt sein?" „Drei Tage? Wieso? Der war schon gar nicht mehr da, als ich mit dem Missionar und den Trägern zurück kam, um ihn zu holen. War alles Verstellung bet ihm! Hier, leseh Sie diesen Zettel) De- hat er meinem Samuel für mich gegeben. Drei Stunden vor mir war er hier. schon angekommen. Unsern .Blue Boy', den Wallach, hat er bis jetzt auch nicht wiedergebracht!" Inzwischen waren die beiden Reiter vom Pferde ge stiegen und Brodersen durchlas den gekritzelten Zettel, während er zwischendurch Hopkins' Bericht anhörte. „Na, ich habe Augen gemacht, als ich kam und das Rest leer fand!" Er wandte sich an Heinz Wilke. „Zuerst dachte ich, er wäre hinter Ihnen drein geritten, und ich kriegte es mit der Angst zu tun. Aber dann beruhigte ich mich. Sie waren ja fast schon zwei Stunden auf dem schnelleren Pferde voraus. Er hätte Sie also nie eingeholt. Und ich glaube auch nicht, daß er gerade mit Ihnen beiden gern zusammengetroffen wäre. — Na, und da habe ich mich dann sofort hierher auf den Heimweg gemacht!' „Sagen Sie mal, Hopkins", fragte Brodersen, „was bedeutet denn das hier: ,Jch bin Dir sehr dankbar, lieber Fred, daß Du mir Deinen Sonntagsanzug zurechtgelegt hast...'" „Ach so, den hat er sich mitgenommen; hat sich unter meinen Sachen das beste ausgesucht!" „Und hier: .Die neunzig Pfund kann ich im Kongo- gebiet besser gebrauchen als Du auf den Feldern, wo Dir doch die Gelegenheit fehlt, Geld auszugeben. Ich schicke sie Dir gelegentlich mit Zinsen zurück, wenn ich's nicht über all der Aufregung vergesse. Uebrigens sind sie unter den unzuverlässigen Schwarzen der Gefahr des Diebstahls allzusehr ausgesetzt...'" Hopkins machte ein betretenes Gesich „Ach, Herr Brodersen, er hat doch mein Zelt durchsucht und die eiserne Kassette gefunden, in der ich die Löhnung vom vergangenen halben Jahr aufbewahrt habe..." „Auch futsch?" „Wissen Sie, Herr Brodersen, das habe ich am ersten verschmerzt!" „Nanu, wirklich?* „Natürlich habe ich zuerst fürchterlich getobt und ge wettert, und der arme Samuel hatte einen schlechten Tag. Dabei konnte er doch gar nichts dafür, denn der Spencer hatte ihm einen Zettel gezeigt und ihm gesagt: .Hier steht drauf, daß ich das Geld für Mister Hopkins holen soll', aber Samuel konnte den Zettel nicht lesen. Dann habe ich über die Geschichte nachgedacht und mir gesagt: Das Schicksal wird es wohl so gewollt haben, Sie wissen schon, so — als Strafe dafür, daß ich — na, Sie wissen doch, Herr Brodersen...!" „Ja, ja. Hopkins ich weiß. Vielleicht gleicht sich Ihr Verlust aus, wenn Sie auf den neuen Feldern arbeiten!" „Auf den neuen — den neuen Feldern? Bei Elfers? Ist denn der damit einverstanden?" „Aber Mann, der hat Sie doch vorgeschlagen!" „Elfers — mich?!" „Na ja doch! Sie sehen wieder mal, daß er gar nicht so schlimm ist, wie Sie immer behaupten!" „Elfers mich vorgeschlagen? Herr Brodersen, daß er das getan hat, freut mich ganz mächtig. Und St« können mir glauben, ich werde mich zusammennehmen. Ich bin auch sonst wirklich nicht unverträglich. Und Elfers soll mal sehen..." „Na, dazu wird er allerdings kaum Gelegenheit haben, wenn Sie hierbleiben wollen. Elfers zieht nämlich zum Ersten nach Kapstadt. Er kann das Klima nicht mehr recht vertragen. Hat auch, weiß Gott, jetzt genug zum Leben. Und dabei alles auf ehrliche Weis« erworben — keine Schiebungen und Durchstechereien... Ra, und da hat er mir den Vorschlag mit Ihnen gemacht!" „Also da soll ich vom Ersten an..." „Ja, seine Stelle sollen Sie übernehmen. Und ich Hosse, daß Sie seiner Empfehlung Ehre machen werden. Er hat sich wohl im Laufe der Zeit davon überzeugt, daß Sie im Grunde ein anständiger Kerl sind. Also, HopkinS, geben Sie mir die Hand daraus. Ich hoffe, daß Sie für den prächtigen alten Herrn Elfers ein würdiger Nachfolger werden!" (Fortsetzung folgt) .