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k16. Fortsetzung.) „Ein Fräulein, Gerti! Nein, wie dn — so ähnlich war ich wohl mit vierzehn Jahren. Wie ich mich freue! Es kam nur so plötzlich!" i „Ich habe mich sehr schnell entschlossen." s „Das; deine Eltern nicht schrieben?" ! „Die wissen wohl kaum, daß ich hier bin!" „Aber Kind?!" , ' „Ich erzähle dir das noch... Also, Jette: Bulterbrot, ! Ei, Tee. Auch etwas Gebäck. Und schnell. Ich bin sehr > hungrig! Wie du es hier schön hast, Tante!" j „Gefüllt es dir?" „Ausnehmend! Wir sind durch den Wald gefahren. ! Vielleicht kam dein Wagen die Ehanssce entlang?" „Aber das ist ja erstaunlich, wie scharfsinnig du bist. ! Kind. Eine echte Klotze! Wenigstens wenn ich das ! Klotzesche Urbild bin, was ich eigentlich finde. Dein Groß vater war anders. Und dein Vater wird es auch wohl i sein!" Ein Schatten ging über Gertis Gesicht. Sie schwieg sich aus. „Willst du nicht ablcgen, Gertis „Es geht schlecht, Tante!" « „Wieso?" „Weil ich kein Kleid auhabc!" - ' ! „Kein... Wie soll ich das verstehen?" ' „Ich reiste sehr plötzlich ab. Ich hatte keine Zeit, eins ! anzuziehen!" j „Ger..." f „Danke, Jette. Setzen Sie nur alles her. Ich bediene > mich schon allein. Ja, Tante! Du gefällst mir ganz gut. j Ich glaube, du wirst mich verstehen. Soll ich dir mal alles erzählen?" „Aber gewiß, Gerti. Ich bin ganz gespannt I- Die Baronin legte sich behaglich im Sessel zurück. Sie vergaß völlig, zu nörgeln und zu schikanieren, obwohl Grund in Fülle vorhanden war. Jette hatte kein Mundtuch mitgebracht und statt Milch Tee und statt Eier Schinken. Es hatte so rasch gehen müssen. Aber Gerti hieb kräftig ein. Und die Baronin war so gespannt! Was würde sie erfahren? So interessant war es lange nicht gewesen. Ihr war warm und behaglich ums Herz. „Du mußt nämlich wissen, Tante, wir sind in Köln mit den Stachs sehr befreundet!" „Was? Kein Wort haben sie mir davon gesagt, diese falschen sanften Katzen!" „Och! Nee! Falsch sind die nicht, Tante. Nur so furcht bar — na ja, ich nenne das adlig. Und wir kennen uns ja auch erst, seitdem du damals zuerst schreiben ließest. Ich ging da mal in ihre Budike hinein..." „Budike?" „...sagt Herr Rittmeister immer. Es ist ein wunder schöner Salon. Mutter hat schon viel da gekauft. Für uns, und Geschenke. Elga ist immer drin. Elga ist meine besondere Freundin. Sie gefällt mir am allerbesten von den Stachs." „So?" „Und wir haben ihnen ja auch das Geld geliehen, - damit die Geschichte wieder flott würde." „Ihr? Sieh mal an! Ihr scheint ja viel Geld zn haben! Ich dachte, Vater wäre Studienrat. Und Studicn- räte haben doch niemals Geld!" „Es kommt drauf an, wie sie sich verheiraten! Und Vater hat aber auch selbst was... Großpapa, weißt du, der hat Geschäfte gemacht! Außerdem riskieren wir ja nichts. Denn sie erben doch einmal Greifenburg und kriegen alles hier. Ich habe nie recht begriffen, warum dn ihnen nie etwas gibst. So warten sie im Grunde doch nur darauf, daß du abkratzt. Mir wär' das nicht recht!" „Du hast Ausdrücke, Gerti!" „Papa und Mama schelten auch deshalb immer mi^mir. Ich dachte, hier könnte ich es ruhig alles so sagen, wie ich denke. Elga und die anderen haben mir von deinen Schimpfworten erzählt. Mir hat das sehr gut gefallen!" Die alte Baronin starrte Gerti erstaunt an. Was selten vorgekommcn war, geschah ihr eben jetzt. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte. „Ned also nur zu!" entrang sich endlich ihrem Munde. Dies Kind... Man mußte später sehen und konnte alles Versäumte nachholen, aber schließlich Ivar es eine Klotze. Und vielleicht löste sich alles ganz erfreulich. Wenigstens war sie nicht so langweilig wie die wobl- erzogenen Stachschen Töchter. ' „Na also... Und Stachs haben uns viel davon er zählt, wie du ihre Mädels behandelt hast.. Ich habe oft schrecklich lachen müssen. Wirklich, Tante, ich habe nie einen Augenblick Angst vor dir Lehabt. Und mit mir .kannst du ruhig schimpfen! Ich zanke mich schrecklich gern. Es ist so unterhaltend!" „Aber Gerti!" Die Baronin kam aus dem Staunen nicht heraus. Wie klug das Kind war! Doch! Was es da sprach, das hatte sie immer genau so empfunden; aber es war ihr nie recht klar ge worden. „Doch, Tante, schimpf nur, wenn's dir Spaß macht", I plauderte Gerti Weiler. „Ich schimpf dann schon wieder! j Also, ich wollte schrecklich gern zu dir! Aber ach! Die Eltern! Da war die dumme Schule! Ich müßte doch eine abgeschlossene wissenschaftliche Bildung haben. Gott ja/ manches interessierte mich: Physik und Geschichte und Deutschund Mathematik... Aber sonst? Quatsch... Und vor allem: du!" »Ich?" . - „Ja, du! Weil sie soviel über dich redeten." . , „Na, hör mal!" ' ? Die alte Baronin wurde dunkelrot. „Nach dem, was sie so erzählten... Wie du mit Por zellan um dich schmeißt..." „Du bist wohl hergekommen, wie man in einen Zirku?i kommt?" fragte die Baronin. , Gerti schüttelte den Kopf. - „Ich hatte Lust, das alles auch mal zu erleben. Aber die Eltern wollten nicht. Was geht uns die alte Tante an, sagte Papa. Hat sich nie um uns gekümmert. Laß . sie weiter allein fertig werden!" .Das sagte dein Papa, wenn du dabei warst?" „Bewahre! Hast du eine Ahnung! Papa ist doch Studicnrat. Das heißt, er muß, wenn junge Menschen dabei sind, immer tun, als ob er nur druckreif spräche.> Aber zu Mama, wenn sie allein waren..." „Und wie kannst du es dann wisseu? ' " Jetzt war Gerti an der Reihe, dumm auszusehen. „Aber Tante, ich habe doch natürlich gehorcht!" »Ach so!" „Und weil ich gern zu dir wollte, wurde ich immer ungezogener und ungezogener..." < „Versteh' ich nicht!" „Du bist aber begriffsstutzig! Papa drohte doch immer: Wenn du nicht guttust, schicken wir dich zu Tante Adele. Immerzu drohte er damit. Aber ich konnte anstellen, was ich wollte, er dachte nicht daran, es wirklich zu tun." „Gerti!" „Na, Tante, so etwas kriegt man schließlich auch davon s ab! Ich halte immer, was ich androhe. Da kannst du sicher sein! Nun war's Mai. Und hier so schön. Und ich immer noch auf der Schulet Da machte ich eine furchtbare Szene in der Klasse und blamierte auch Papa. Und Groß vater kam aus Düsseldorf und Stachs schickten Deputierte. Mama hat geweint." In Gertis Stimme schwankte leicht so etwas wie Mitgefühl. „Ich konnte nicht horchen, aber Käthe tat's für mich... Papa hat gesagt: das Schlimmste ist für sie grade gut genug. Sie kommt zu Tante Adele. Und sic wollten dir schreiben, du möchtest recht streng zu mir sein. Das wollte ich aber nicht. Ich wollte verreisen, aber nicht deportiert werden. Und darum..." kForlsrhung folgt.) Der Roman „Leidenschaften am Kap" erscheint erst morgen.