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Wochenbericht der Landerbauernichast Getreidewirtschaft. Die Umsätze in Brotgetreide beschränk ten sich auf den Rogaentausch. Futterweizen und Futtergerste angebotslos. Kleine Posten Abfallgerstc stehen zur Herstellung von Körnermischsutter zur Verfügung. Futterhafer wird drin gend verlangt, ebenso Industrieaerste. Der Roggenmehlmarkt ist ruhig. Weizenmehl flotter Absatz: der Absatz der Sorte 105» besserte sich wesentlich. Lebhaft lieferten die mit der Herstel lung von Maisbackmehl beauftragten Mühlen. Verstärkte Nachfrage nach Roggenkleie. Weizenkleie-Angcbot gering ge bessert. Weizenfuttermehl bleibt knapp. Trockenschnitzel sowie vollwertige Zuckerschnitzel reichen aus. Malzkcime in kleinen Posten erhältlich. Kartosfelslocken stehen bis auf geringe Zu- teilunasmengen nicht verfügbar. Für die nächsten Tage werden die ersten Abladungen aus der vierten Oelkuchenzuteiluna an den Umschlagplätzen erwartet; zusätzlich werden auch kleine Mengen Oelkuchen - Mischfutter verteilt werden. Rauhsutter unverändert. , Biehwirtschaft. Alle Märkte unverändert oder stärker be schickt. Milchwirtschaft. Trinkmilchlieferung verringert, Frisch milchabsatz erhöht. Die Vuttererzeugung der sächsischen Mol kereien ging zurück. Die Eingänge der Eroßverteiler hielten sich auf dem bisherigen Stand. Die Nachfrage nach Hartkäse blieb befriedigend. Der Absatz in Weichkäse läßt zu wünschen - übrig. Sauermilchkäseabsatz gleichbleibend. Kartosfelwirtschast. Durch den Eintritt milderer Witte rung öffnen die Erzeuger die Mieten, woraus ein gewaltiges Angebot in Speisekartoffeln einsetzt, dem die übliche Nachfrage gegenübersteht. In Futterkartosseln nahm die Nachfrage zu. Fabrikkartoffeln werden kaum gehandelt, ebenso Pflanzkar- tosseln. Eierwirtschast. Neben beachtlichen Mengen deutscher Ware kam hauptsächlich Auslandsware auf den Markt. Kühlhaus- ware wurde nicht gehandelt. Gartenbauwirtschaft. Deutsche Aepfel wurden nur in sehr geringen Mengen geliefert. Apfelsinen standen reichlicher im Angebot. Bananen konnten sehr aut abgesetzt werden. Das Geschäft in Zitronen entwickelte sich langsamer. Absatz und Nachfrage nach Feigen zufriedenstellend. Reichliche Anfuhr aller Kohlarten bei geringer Nachfrage. Vlumenkohlverkauf zufriedenstellend. Holländischer Spinat, deutscher Salat, ita lienischer und holländischer Salat konnten gut abgesetzt wer den. Gute Sellerie und Tomaten stark gesucht. Deutsche und holländische Zwiebeln zeigten äußerst langsames Geschäft. Volkswirtschaft Berliner Effektenbörse. Am Geldmarkt wurde der Satz für Tagesgeld auf 3'/» bis 3'/- heraufgesetzt. Am Devisenmarkt waren die Kurse nur unwesent lich verändert. Devisenkurse. Belga (Belgien) 41,89 (Geld) 41,97 (Brief), dän. Krone 54,29 54,39, engl. Pfund 12,155 12,185, franz. Fran ken 11.43 11,45, holl. Gulden 136,14 136,42, ital. Lira 13,09 13,11, norw. Krone 61,10 61,22, österr. Schilling 48,95 49,05, poln. Zloty 47,04 47,14, schwed. Krone 62,68 62,80, schwetz. Franken 56,66 56,78, span. Peseta 16,98 17,02, tschech. Krone 8,656 8,674, Dollar 2,488 2,492. Amtlicher Großmarkt für Getreide- nnd Futterniittel zu Berlin. Einige Waggons Weizen wurden glatt ausgenommen. Bon Zufuhren in Roggen war nichts zu hören. Weizenmehl der Typen 502 und 812 blieb leicht umzusetzen. Roggenmehl hatte in der Type 997 lebhafte,! Begehr zu verzeichnen. Kn- dustrieyafer blieb zu kaufen gesucht und wär wenig ängeboten. Futtergetreide fehlte so gut wie ganz. Preisfestsetzung sür Hühnereier in Rpf. je Stück sür wag gonweisen Bezug, frachtfrei Empfangsstation, verzollt und ver steuert, einschließlich Unterschiedsbetrag, einschließlich Kenn zeichnung, Verpackung und Banderolierung. Inlandeier: G 1 (vollfrisch) Sonderklasse 65 Gramm und darüber 12, A 60 bis 65 Gramm große 11, B 55—60 Gramm mittelgroße 10, E 50—55 Gramm normale 9,25, D 45—50 Gramm kleine 8,50; G 2 (frisch) Sonder«. 11,75, A 10,75, B 9,75. L 9, D 8,25; aus sortierte (abfallende Ware) 9. — Auslandeier: Holländer, Dänen, Schweden, Norweger, Finnen, Belgier, Estländer, Ir länder, Letten, Litauer, Polen Sonder«. 11,25, N 10,25, B 9,25, C 8,50, D 7,75; Türken, Bulgaren, Ungarn, Argentinier, Jugo slawen Sonder«. 11. A 10, B 9, E 8,25, D 7,50; Bulgaren Original 54—55 Gramm 8,75. — Kühlhauseier: Sonder klasse 10, A 9,50, B 8,75, C 8.25, D 7,75. Der Berliner Fleischgroßmarlt vom Donnerstag stand im Zeichen eines größeren Bedarfs für das Ostergeschäst. Ent sprechend den Lebendviehzusuhren waren die Anlieferungen in allen Fleischsorten dem Bedarf angepaßt, und das Geschäft verlies in Rindfleisch mittelmäßig, bei Schweine- und bcstcin Kalbfleisch glatt, sonst ruhig Lediglich Hammelfleisch in den unteren Klassen wurde etwas billiger, soust wurde unverändert notiert. Es wurden gezahlt für 50, Kg. in RM: Rindfleisch 52—78, Kalbfleisch 70—104, Hammesfleisch 60 -103, Schweine fleisch 70, do. von auswärts 66—70, geräucherter Speck mager 98, do. fetter 94,50. Berliner Magervichmarkt vom 25. März. (Amtlicher Marktbericht vom Magerviehhos in Friedrichsfelde.) Auftrieb: 235 Rinder, darunter 179 Milchkühe, 56 Jungvieh, 40 Kälber, 221 Pferde. Verlauf ruhig bei unveränderten Preisen. Es wurden gezahlt: Milchkühe und hochtragende Kühe je nach Qualität 270—470 RM. Ausgesuchte Kühe und Kälber über Notiz. Tragende Färsen je nach Qualität 270—400 RM. Aus gesuchte Färsen über Notiz. Jungvieh zur Mast je nach Qua lität 31—34 RM. — Pferde markt: Preise je nach Quali tät 1. Klasse 1050—1300, 2. Klasse 700-1050, 3. Klasse 350-650, Schlachtpferde 50-150 RM. Verlaus still. Turner» Spiel / Sport Karfreitag-Fußball im Gau Sachsen Der Karfreitag brachte in Sachsen einen lebhaften Spiel betrieb. Mannschaften der ersten deutschen Fußballttasse weil ten in Dresden und Chemnitz, und zwar der mehrfache Deutsche Fußballmeister 1. FL in Nürnberg, der gegen den DSC antrat, und Schalle 04, der in Chemnitz dem Polizei-SV Chemnitz gegenüberstand. Am Gründonnerstag gab es zwei Spiele von Bedeutung. In Dresden besiegte SV Guts Muts Dresden den DSV Saaz sicher mit 4:1 (2:1). und in Chemnitz standen sich die Berufs- spielermannschaft Bocskay Budapest und eine zusammengestellte Mannschaft des Chemnitzer VC und des BT Hartha gegen, über. In dem torreichen und wechseloollen Spiel behielten di« Ungarn mit 7:4 die Oberhand. Im Dresdner Treffen zwischen dem DSC und dem 1. FE Nürnberg sah man sehr guten Sport. Vor 12 000 Zuschauer« lieferten die Nürnberger rn der ersten Halbzeit ein sehr gutes Spiel und führten zur Pause 3:2; dann setzten sich überraschend die Dresdner im Sturm durch und siegten verdient mit 5:3. — In Chemnitz hatte der Polizei-SV Chemnitz einen schweren Kampf mit Schalke 04 zu bestehen, dem 30000 Zuschauer bei wohnten. Nach dem Pausenstand von 1:1 holten die Schaller so stark auf. daß sie einen 4:1-Siea heimbrinaen konnten. Finnlands Turner geschlagen Ein großer Kampf in Hamburg. Das größte sportliche Ereignis des Karfreitags war der Länderkampf im Turnen zwischen Deutschland und Finnland, der in der Hamburger Hanseatenballe stattfand. Mit 344,85:340,60 Punkten gewannen die deutschen Turner diesen wichtigen Kamps, der damit eindeutig das Kräfteverhältnis zwischen den Turnern der beiden Nationen klargesicllt hat. An den Reichssportführer wurde aus diesem Anlaß folgendes Telegramm gesandt: „Die siegreiche deutsche Nationalmann schaft der Turner im Länderkampf gegen Finnland begrüßt ihren Reichssportführer mit einem Sieg-Heil." Deutschland hat die Revanche für HelsingforS gewonnen 1935 standen sich in der finnischen Hauptstadt die Turner bei der Nationen gegenüber, und als damals die Finnen einen knappen Sieg errangen, glaubten manche, daß unsere Turner auch bei den Olympischen Spielen ihre Meister finden würden. Es ist in Berlin anders gekommen, wie wir wissen, und daß cs jetzt in Hamburg gelang, sogar ohne drei der stärksten Stützen der Nationalmannschaft, ohne Schwarzmann, Winter und Stadl, die stärkste Mannschaft der Finnen zu besiegen, stellt unseren Turnern das beste Zeugnis aus und beweist, daß sic nicht daran dachten, nach dem großen Sieg bei den Olympischen Spielen auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Im einzelnen zeigten die Kämpfe, daß wir an fast allen Geräten die besten Kräfte haben, konnten unsere Turner doch mit Ausnahme der Ringe die besten Turner an allen Gerä ten stellen. Mit dem Barren begann es. Während die Finnen hier gewisse Unsicherheiten auswiesen, holte die deutsche Mann- schäft schon hier ein sehr gutes Ergebnis heraus. Mit 74,78 :67,30 Punkten sür Deutschland ging es an die Uebungen am quergestellten Pferd. Steffens erhielt hier die höchstmög liche Punktzahl, und da auch Pludra ausgezeichnet abschnitt, vergrößerte sich der Punktvorsprung auf 150,95:142,85. Auch am Langpferd stellte unsere Riege in Beckert und Stangl die! besten Turner. Ihre Stellung in der Gesamtwertung konnten' die Finnen dann an den Ringen, wo Savolainen die zweite „10" des Tages erhielt, erheblich verbessern. Immerhin war hier der Stand immer noch 303,55 : 293,25 für Deutschland. Dann brachten die letzten beiden Uebungen die Höchstlei stungen des Tages. Bei den Freiübungen, bei denen geradezu phantastische Leistungen gezeigt wurden, waren Steffens und Stangl die Besten. Am Reck gab es dann die große Entschei- duvg. Deutschland eroberte sich auch an diesem Gerät, an dem Finnland bekanntlich den Olympiasieger gestellt hat, seine Bor- Machtstellung zurück. Trotz eines Sturzes von Pludra gelang K «ns auch hier, durch Stangl und Frey die beiden besten Tur- Mr zu stellen. Nach Abzug der beiden schlechtesten Turner beider Mann- DMten kam dann das obengenannte Ergebnis zustande. Beste ^eltnrner waren Frey und Savolainen mit der gleichen Wmtzabl vor Stangl und Steffens Bezirk Leipzig: 1. Runde des Nord-Füßballturniers in Leipzig: Viktoria Leipzig—Pfeil Leipzig 4:1- Olympia 189« gegen Helios Leipzig 4:2; West-Turnier: Spielvereinigung Leipzig-TuB Leipzig 2:3; Sportvereinigung 99 Leipzig gegen Wacker Leipzig 8:0. Bezirk Chemnitz: BL Hartha—Eimsbüttel Hamburg 1:2; Sportfreunde Harthau—Mittweida 1899 8:2; VfL Hohen- stcin-Ernstthal—TuR Auerhammer 1:2. Bezirk Plauen-Zwickau: 1. Voatl. FC Plauen gegen SuBL Plauen 4:4; ST Planitz—St. Pauli Hamburg 2:0; 1.FL Reichenbach—SV Beuel 0:i; Meerane 07—Bewag Ber lin 1:4; VfB Glauchau-SV Riesa 1:1; VfL Zwickau—SC Zwickau 6:0 (nach der Pause wegen Schlechwetter abgebrochen); Spielvereinigung Falkenstern—ÄsB Chemnitz 10:2; VC Elster» der—MB Auerback 1:2. (36. Fortsetzung.) Sie fühlte, wie ihr leichter wurde, wie sich sogar ein Lächeln um ihren Mund legte. Heute abend würde sie vor den Parisern spielen in einem weißen Seidenkleid, das mit zarten schwarzen Spitzen so geschmackvoll verarbeitet war. Bildschön sah sie in dem Kleid aus, die Pariser würden ihr zujubeln, wenn sie es heute abend trug. Beim Frühstück konnte sie schon wieder ganz selbst zufrieden aussehen, und als sie am Nachmittag mit ihrem Manne im Auto aussuhr, fühlte sie sich vollständig ruhig innerlich. Sie wollte sich nicht mehr mit allerhand dummen Ahnungen beschweren. Es paßte so gar nicht zu ihr. Eine, die, wie sie, leichtherzig alles hinter sich gelassen hatte und hineingcsprungen war in ein neues Dasein, durfte ch. nicht mit kleinlicher Furcht unfrei machen Manuel Salvador war zufrieden mit ihr. Ziemlich früh fuhr man ins Hotel zurück, aß eine Kleinigkeit, und danach machte Gisela Toilette mit Hilfe ihrer Zofe Conchita, die mitgereist war. Als sie dann vor dem Spiegel des Schlafzimmers stand, zum Ent zücken jung und blond und schön, lächelte sie ihr Spiegel bild an. Sie war ja in allem jetzt der Gisela von einst so sein, daß es eigentlich eine ganz andere Person war, die Gisela von jetzt. So lange hatte sie vergessen können — sie mußte weiter vergessen. Manuel Salvador sah ihr selbstbewußtes Lächeln. Er sah sie lieber so, als mit dem Ausdruck von Angst auf den feinen Zügen. Sie fuhren »"lammen fort, neuen Triumphen entaeaen VierunürvavrigsteZ Kapitel Der Wahrheit nahe Lore erwachte ziemlich spät, das Schlafpulver hatte zehr gut gewirkt. Sie mußte sich erst besinnen, daß es sich bei dem Erlebnis auf dem Montmartre um keinen Traum handelte, sondern um Wirklichkeit. Ines Petersen beobachtete sie genau, als man beim Frühstück saß, sprach aber nur über allgemeine Dinge. Mochte Lore das Thema anschneiden,' wenn sic wollte, sie fing nicht davon an. Aber vielleicht war Lore so klug, zu schweigen, die fixe Idee von gestern abend totzu schweigen. / Sie bemerkte allerdings, wie Lore, wenn sie irgendeine Antwort gegeben hatte, wieder in sich hineingrübclte; aber da sie nichts von gestern abend erwähnte, tat sie es auch nicht. Lore war doch ein vernünftiges Menschenkind und bemühte sich offensichtlich, über den Unsinn von gestern wegzukommen, den sie sich eingebildet hatte. Man fuhr heute nach Versailles, besichtigte das groß artige Schloß des Sonnenkönigs und kam erst am Spät nachmittag zurück. Der Aufenthalt in Versailles schien Lore etwas zerstreut zu haben. Man aß im Hotel zur Nacht, beide Da nen waren müde von dem Ausflug und wollten nicht mehr ausgehen. Es waren nicht viele Gäste in dem kleinen Saale, da ' die meisten Hotelbewohner um diese Zeit die Theater oder Varietes zu besuchen pflegten. Radio sorgte für die Unter haltung der beim Abendbrot Sitzenden. Ines Petersen hatte eine Flasche Rotwein bestellt und I hob Lore ihr gefülltes Glas entgegen. „Trink doch, Lore, der Wein ist famos!" Ihre hell braunen Augen blitzten. „Heute habe ich in Erinnerungen geschwelgt, draußen in Versailles. Por zwanzig Jahren " war ich mit meinem Manne dort, und als wir heute durch die vielen Räume gingen, war es mir manchmal, als schritte er wieder neben mir her, wie damals, und sagte leise, unhörbar leise für jeden anderen, zu mir: .Weißt du noch, Ines?" Sie hatte feuchte Augenwimpern. „Ich war eine glückliche Frau, Lore!" ! Sie stieß mit Lore an, es galt denk Gedächtnis.eines geliebten und unvergessenen Toten. Lores Hand zitterte ein wenig, und ihr Blick war , traurig. Da fiel es Ines Petersen erst ein, sie hatte Lore ! eben weh getan, ohne es zu beabsichtigen. Die Worte: Ich war eine glückliche Frau!, mußten ihr ja weh tun; denn ! Lore war eine unglückliche Frau gewesen, war es noch. Sie lächelte: „Trink ordentlich, Lore, und jage alle Sorgen zum Teufel!" Lore gab sich Mühe, dem Rat zu folgen; aber in das Glas mit dunkelrotem Wein fielen ein paar große Tränen. Man war beim Nachtisch angclangt, da meldete sich der Ansager dßs Radios: „Meine Damen und Herren! Ich schalte nun um, Sie werden das Vergnügen haben, einen Teil des Konzerts von Mackuel' Salvador und Gisela Salvador mit anzuhörcn." Ines Petersen hatte plötzlich eine tiefe Falte auf der Stirn. Jetzt fehlte bloß noch, daß diese Gisela Salvador das alte böhmische Sterbelied spielte, das sie selbst in Berlin aus der Schallplatte besaß, und das Lore so sehr erregt hatte. „Wollen wir nach oben gehen, Lore?" fragte sie. „Ich bin, ehrlich gestanden, ganz schrecklich müde." Lore erwiderte: „Nicht doch, Tante Ines, du bist nicht schrecklich müde? Du hast nur wieder Angst, meinetwegen, fürchtest, das alte böhmische Sterbelied könnte aucb an die Reihe kommen." Sie seufzte. „Vielleicht werde ich es noch öster hören müssen. Manchmal kann man ja doch nicht weglaufen. Und, ehrlich gestanden, wenn es die Geigerin spielte, würde ich mich freuen. Ich höre cs so gern. Sie interessiert mich überhaupt, diese Gisela Salvador, weil sic diese Melodie spielt, die, wie ich glaubte, nur Giselas Eigentum war." Sie stutzte plötzlich, ihr schien irgend etwas eingefallen zu sein, worüber sie scharf nachdenken mußte. Ihre Züge waren auf das äußerste angespannt. Ihr Blick ruhte in dem Blick der Aeltcren, und endlich sagte Lore so leise, als handle es sich um ein großes Geheimnis: „Ich sehe mit einem Male Zusammenhänge. Paß gut auf, Tante Ines, ich glaube, ich habe eine Erklärung für Dinge, die un erklärlich schienen." Ines Petersen neigte lauschend den Kopf vor, das hieß, sie war bereit, zuzuhörcn. Lores Rechte legte sich um das eine Handgelenk der neben ihr Sitzenden, und-hastig flüsternd begann sic: „Du, weißt wohl noch, was die eine Engländerin gestern abend ' in dein Montmartrecafe erzählte. Sic hätte den Violi nisten, den sie von London her kenne, mit einer Dame, die wahrscheinlich seine Frau wäre, nach links den Boulevard hinuniergchcn scheu. Wir schauten uns bei dem Ramen Gisela Salvador an, weil wir an die Schallplatte mit dem alten böhmischen Sterbclied dachten. Ich sah dann Gisela mit einem Herrn den Boulevard in der Richtung : nach rechts gehen. Nimm an, Gisela Salvador und ihr Mann wären umgekehrt, dann mußten sie nach rechts gehen. Ich sah Gisela, ich erkannte sic, Gisela, meine Freundin, mit einem Herrn. Nimm nun fveiter an, Gisela Salvador und Gisela von Huffberg wären ein und dieselbe Person, dann wäre sofort vieles erklärt, oor allem auch das Geheimnis der Schallplatte. Dann wäre es gar nicht mehr befremdend, daß diese Gisela Salvador das alte böhmische Sterbelicd kennt, für das auch Gisela von Huff- bcrg eine so große Vorliebe gehabt hatte.' Dann wäre es auch nicht besonders auffallend, daß ich Gisela von Huff- bcrg gestern abend sah. Dann gäbe es kein weiteres Rätsel mehr, als das eine: Warum floh Gisela?" Ines Petersen hatte mit immer größerer Verwunde- « rung gelauscht. . „Kind, du ersinnst einen ganzen Filmroman. Glaube doch vor allem erst, daß die Dame gestern eine Fremde gewesen ist." Sie schwieg, das Konzert begann. Man hörte zwei Geigen, deren Spiel sich ineinander vcrrankic, nm sich dann immer wieder in jauchzenden Läusen voneinander zu lösen. Es war ein Suchen, und Finden, ein wunder voll auöklingendes Zusammcnsviel. (Fortsetzung folgt.»