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Lopxrigdt 1936 b;? ^ul^värts-Verlsg, Berlin 8VV 63 4j Nachdruck verboten. Hopkins hatte dte Worte ziemlich deutlich verstanden. Es wurde ihm unheimlich in dieser Umgebung. Hastig verabschiedete er sich von Spencer, nickte den beiden zu und verließ fluchtartig das Häuschen. „Mein Gott", dachte er bei sich, „das sind ja Schwerverbrecher, und in solche Gesellschaft bist du gerate«! Fred, mach dich schleunigst los von diesem Gesindel!" Die Zurückblcibcndcn saßen einen Augenblick wortlos da. Dann begann Hall: „Du, dem Burschen würde ich an deiner Stelle nicht über den Weg trauen, Dick!" „Keine Sorge, Hall, mit unsern Sachen Hal der gar nichts zu tun. Er spioniert nur ein bißchen für mich aus vcn Feldern von Broken Hill. Außerdem geht er schon in den nächsten Tagen dahin zurück." „Rede, was ist los?!" sagte Charles, der dritte der Anwesenden. Spencer entwickelte seinen Plan. „Dn, Hall, mußt den Safe auflnacken." „Was für ein System ist es?" »Ich glaube, ein Arnheim!" „Verflucht und zugenäht — deutsches Fabrikati Hal er Thermilsicherung?" .Nein, glaube nicht! Es ist ein ziemlich alter Kasten." „Aa, wir werden das Kind schon schaukeln. Auf alle Fälle bring' ich den Schneidbrenner mit; denn mit Nach schlüsseln und Bleistreifen ist bei den Dingern nichts an- znfangen. Lohnt sich die Sache auch?" „Ich denke, Hall! Zehntausend Pfund in englischen Banknoten!" „Alle Wetter! Das wäre was für meines Paters ältesten Sohn!" „Du, Charles, übernimmst den Wächter. Wenn du ihn Hingelcgi'hast, setzt du dir seine Mütze auf und bewachst uns an seiner Stelle vor Ueberraschungen." „Wann geht's sos?" „Um zwei Uhr treffen wir uns am Rhodesdenkmal. Wir haben Neumond. Die Sache wird klappen." Fünf Minuten nach zwei Uhr nachts. Eben hatte der Wächter seinen Rundgang durch die Büro- und Kassen- räume der Firma Angel beendet. Er war gerade dabei, im Vorraum zur Kasse die Kontrolluhr zu stechen. Plötz lich fühlte er sich von hinten gepackt. Ehe er wußte, wie ihm geschah, lag er gefesselt am Boden und hatte einen Knebel im Munde, während ihm jemand ein schwarzes Tuch übers Gesicht warf. Hall und Charles hatten mit geübten Griffen ihr Werk getan, während sich Spencer vorsichtig im Hintergründe hielt und erst vortrat, als die beiden dem Wächter das Tuch übergeworfen hatten. Schnell ging Hall an die Arbeit, und bald hörte man das singende Zischen des Schneidbrenners. Knisternd versprühten die bläulichen Funken. Es dauerte eine ganze Weile, bis die zwei Zentimeter starken Stahlplatten des Tresors angeschnitten waren. Spencer sah interessier« zu, während Charles die Mütze des Wächters flott ins Gesicht geschoben hatte und diesen in seinem Nundgang ablöste. Endlich hatte Hall einen Teil des Mittelfachs srcl- gelegt, aber noch konnte man schlecht an den Inhalt heran. Hall griff durch dte Oeffnung und es gelang ihm, ein Schriftstück herauszuziehen, das er Spencer hinrcichte. Dieser warf einen schnellen Blick darauf. „Hallo, das ist schon das Richtige!" Er studierte den Inhalt sorgfältig beim Schein der Blendlaterne und machte dann die Kamera zurecht. Hall fluchte gottsjämmerlich. „Deswegen die viele Arbeit. Am Ende ist alles umsonst gewesen!" „Mach nur weiter, Hall! Das Geld ist bestimmt im Schrank!" " Spencer heftete in fliegender Hast die ersten beiden Seiten des Schriftstücks an die Tür eines AktenschrankS an, während Hall von neuem an die Arbeit ging. Wieder setzte das Zischen des Schneidbrenners ein. Spencer hatte erkannt, daß in diesen Paragraphen der Schlüssel zu einem Geldschrank steckte, der mehr als 10 000 Pfund enthielt. Das Blitzlicht flammte auf. Hall fuhr vor Schreck zu sammen. „Mach zu, Hall! Ich bin gleich fertig." Nochmals blitzte es auf. Eben hatte Hall wieder versucht, die ausgeschnittene Oeffnung mit der Brechstange zu erweitern; da gab cs plötzlich einen Krach, und Hall stieß einen Ruf freudiger Ueberraschung aus. Verdammt, da lagen ja die ersehnten Bündel, Päckchen auf Päckchen zu je hundert Stück, an- scheinend aus Fünfpfundnoten bestehend. „Komm, Dick, faß zu und laß den Unsinn!" Hall packte sein Gerät zusammen, während Spencer zur Sicherheit den Hauptteil des Vertrages nochmals photographierte. Dann griffen beide in den Geldschrank hinein und zogen Bündel auf Bündel hervor. Alle Scheine wurden in die mitgebrachte Tasche verstaut, nachdem Spencer den Ver trag wieder an Ort und Stelle gelegt hatte. „Mensch", rief Hall, „mir wird ganz schummerig vor Augen, wenn ich so viel Moos sehe. Mach zu, daß nicht zuletzt noch was dazwischenkommt!" „Du stehst ja, ich bin schon fertig, Hall!' In diesem Augenblick ösfnetc sich geräuschlos die Tür. Drei Männer standen plötzlich im Raume, Brownings in den Händen. „Achtung, Polizei! Hände hoch! Wer sich rührt, wird erschossen!" Beide hätten am wenigsten an eine derartige Ueber- raschung gedacht, wo doch Charles draußen den Wächter bewachte. Darum waren sie so verblüfft, daß sie keinen Augenblick an Widerstand dachten. Sie warteten mit hoch erhobenen Händen, daß man ihnen Handschellen anlegte. Da ging der eine auf Spencer zu und nahm die Tasche mit den Banknoten an sich. „Umdrehen!" kommandierte er Spencer und Hall gehorchten und wagten nicht mit de, Wimper zu zucken. Einen Augenblick standen sie so und warteten. Als aber niemand näher trat und hinter ihnen alles ruhig blieb, wagte Hall verstohlen, sich umzusehen Er brüllte laut auf; denn was er sah, erfüllte ihn mii fürchterlicher Wut. Niemand außer ihnen beiden befand sich im Kassen, raum. Die drei Männer waren mit den Banknoten vcr- schwunden. „Mensch, wir sind betrogen worden. Verfluch, noch mal! Das war ja gar keine Polizei! Leute sind es wie wir, nur nicht so dämlich!" Spencer stand wie erstarr« Wieder aber fing Hall an zu brüllen. „Jetzt habe ich eine Stunde geschwitzt und gesch stet, und nun ziehen die verfluchten Hunde mit dem ganzen Raub los. Wo ist Charles, der Lump?" Sein Gebrüll ging in ein schluch zendes Heulen über. „Mensch, sei doch still! Wenn der Wächter den Namen hört! Komm, es nützt uns ja alles nichts! Wir müssen machen, daß wir davonkommen! Hoffentlich hat die Bande dc«l Charles nicht niedergeschlagen. Dann können wir uns noch außerdem mit ihm schleppen. Zurücklasseu dürfen wir ihn auf keinen Fall!" Sie traten in den Vorraum. Da lag der Wächter noch immer regungslos wie vorher; im Vorraum aber fanden sie Charles, genau so gefesselt und mit einem Knebel im Munde. Hall gab ihm trotz seiner bemitleidens werten Lage einen furchtbaren Tritt: „Du Ochse, warum hast du nicht besser aufgcpaßt!" In Hast befreiten sie ihn; und Hall konnte es sich nicht versagen, ihm ab und zu einen tüchtigen Knuff zu ver setzen. Charles zog ein wehleidiges Gesicht. „Ich hatte ein Geräusch aus den Büroräumen gehört und stellte mich hinter die Tür, um sofort zuzufassen. Dabei hatte ich das Gesicht einen Augenblick von der Eingangstür weggedreht. Im selben Moment war ich auch schon niedergeschlagen. Was sollte ich machen, drei gegen einen!" Charles konnte anscheinend die Glieder nicht rühren, denn er tat ganz kläglich. „Mensch, reiß doch die Knochen zusammen!" rief Spencer ihm zu. „Das fehlte gerade, daß man uns jetzt noch schnappt. Das Geld sind wir los; aber kein Richter würde uns glauben, daß wir von andern ausgeraubt sind. Wir wollen doch nicht auch noch die Strafe für die Halunken absitzen!" Ingrimmig schoben Hall und Spencer davon, während Charles mühsam hinterherhumpelte. Merkwürdigerweise ließ er sofort mit dem jammervollen Getue nach, wenn ihn Spencer und Hall einen Augenblick aus den Augen ließen. Charles wußte nämlich, warum die drei Burschen so plötzlich aufgetaucht waren. Und er wußte auch, daß sich die ganze Sache für ihn so besser lohnen würde, als wenn er mit Hall und Spencer geteilt hätte. Nun würde er für seinen Tip den Löwenanteil, minde stens die Hälfte, erhalten. Und einen Tritt gegen das -Hinterteil nebst -ein paar Knüffen konnte man für fünf tausend Pfund schon gern in Kauf nehmen. Auch Spencer fand seinen Trost in dem Gedanken: Mehr wer« als das Geld ist der Vertrag, daS ist ja auch Wilkins Meinung — und wieder dachte er voll Verlangen an die schöne Tochter des Chefs. Nur Hall konnte sich nicht beruhigen. Er tobte und schimpfte auf die Schlechtigkeit der Welt und aus die Schuftigkeit gemeiner Verbrecher, die ihn um den Lohn fleißiger Arbeit betrogen hatten. Ain andern Morgen war große Aufregung in den Büroräumcn Angels. Man hatte den niedergeschlagenen Wächter erst bei der Oeffnung der Geschäftsräume ge, funden. Angaben konnte er nicht machen, und noch lange Zeit war er wie benommen. Der alte Angel aber sah aus wie ein Toter, als er die Nachricht erhielt. „Wie eine Leiche auf Urlaub", sagte der Hilfskassierer zu Spencer, und fügte hinzu: „Ein Wunder ist es ja wirklich nicht. Zehntausend Pfund — alle Wetter! Mich würde der zwanzigste Teil eines solchen Verlustes schon hinschmcißcn. Na, der Alte hat's ja dazu, der kann schon einen tüchtigen Puff vertragen. Aukerdem soll -iy R'esengeschäft für ihn unterwegs sein." ÄZiertes Kapitel rvKi kirävLn „Sie irren, Wilkins! Was ich Ihnen gestern am Tele phon sagte, halte ich unbedingt aufrecht. Warten Sie ruhig ab! Ich rate Ihnen jedenfalls dringend, nicht zu ver kaufen." „Nein, Brodersen, mein Entschluß ist gefaßt. -- handelt sich für mich lediglich darum, Ihnen auS allez Freundschaft das Vorkaufsrecht einzuräumen." > Brodersen, der mit Wilkins in seinem Privatkonto» saß, dachte einen Augenblick nach. Wenn Wilkins die Papiere an der Börse anbot, würde der Rückgang der Kurse aller Voraussicht nach eingeleitet werden, und das war ja eigentlich der Sinn des nun auch von ihm ge billigten Elfersschen Planes. Nahm er ihm aber aus kameradschaftlichen Erwägungen heraus die Shares zum Tageskurs ab, so war an einen Rückgang Wohl kaum zu denken. Jin Gegenteil: Durch das Geschwätz Hopkins' mißtrauisch gemacht, würden sich vielleicht auch noch andere Freunde einfinden, die er dann aus ähnlichen Gründen nicht abweiscn könnte. Unter Umständen würde sogar ein Anziehen der Kurse die Folge sein. Nein, so weit wollte er es denn doch nicht in seiner Uneigennützigkeit kommen lassen. „Nun, Brodersen, was meinen Sie dazu?" „Wieviel haben Sie in Ihrem Besitz?" „Zweihundert Stück — alles Originalantcile." f „So, das wären zum gestrigen Kurs — warten Sie mal..." „Achttausend Pfund, wenn ich recht unterrichtet bin." „Schön! Ich will Ihnen die Hälfte abnehmen, die andern werden Sie ja mühelos an der Börse verkaufen können." Leise pfiff Wilkins durch die Zähne und dachte: Aha, oer gute Klaus ist gar nicht so dumm; ich glaube aber raum, dah er auf diese Weise den Sturz aufhalten wird. Ich werde mich hüte««, andern von meinem Verkauf an ihn zu erzählen," aber die zweite Hälfte werde ich noch heute vormittag an der Börse anbieten! — Laut fügte er hinzu: „Also abgemacht, Brodersen!" Brodersen klingelte und ein junges Mädchen trat grüßend ins Zimmer. „Bitte, Fräulein Wilke, machen Sie diese Sache hier sofort fertig: Herr Thomas Wilkins ver lauf« an mich mit Datum von heute einhundert Invest ment-Shares zum gestrige«« Kurs." „Jawohl, Herr Brodersen!" Die Angcrcdete machte sich ein paar Notizen und verließ lautlos das Zimmer. ^Donnerwetter, Brodersen, sagen Sie mal, wo haben Sie dem« .dieses herrliche Geschöpf her?" Brodersens Gesicht verfinsterte sich, und er sagte ein wenig zu nachdrücklich: „Es ist meine Sekretärin, mein Lieber!" Der eigenartige Unterton in seiner Stimme mußte wohl auch ihm bewußt geworden sein, denn er fügte nach einer kleinen Pause sehr, ruhig hinzu: „Es ist übrigens eine Landsmännin von mir." „Aha", meinte Wilkins mit etwas langgczogenem Ton, „also eine Deutsche!" „Natürlich .also'. Schließlich wissen Sie ja, daß ich Deutscher bin." Brodersen sagte es mit einem unverkenn baren Klang von Gereiztheit, der dein aufmerksam ge wordenen Wilkins nicht entging. „Ich weiß nicht", fuhr dieser fort, „ob ich iir der Nähe dieses entzückenden Geschöpfs so ruhig bleiben könnte' wie Siel" Kam es Brodersen nur so vor, oder lag tatsächlich etwas wie leise Ironie in der Bemerkung? Er suchte nach einer möglichst belanglosen Erwiderung, und das fiel ihn« keineswegs leicht; denn so glänzend stand es um seine Ruhe wirklich nicht. Er dachte an den Tag, an dem die schöne, blonde Ellen frisch wie ein deutscher Maimorgen in seinem Büro erschienen war und nach der frei ge- wordenen Sekretärinnenstelle gefragt hatte. Fassungslos hatte er sie einen Augenblick angestarr« wie einen innigen Gruß aus der alten deutschen Heimat, als sie so vor ihm gestanden und ihn ohne jede Befangenheit aus lichtblauen Augen angestrahlt hatte. Wie oft war er seit jenem Tag, den er im stiller, so Manchmal gesegnet hatte, in Versuchung gewesen, dem Mädel über das Haar zu streichen, wenn er beim Diktieren an ihr vorüberging und es im Sonnenschein aufblitzte wie Gold. Mehr als einmal hatte er angesetzt zu einem herz lichen Wort, aber eine merkwürdig herbe Kühle ging von diesem Menschenkind aus, und der angefangene Satz blick ihm im Halse stecken. Dann richtete sie wohl die klugen Augen auf ihn und sah ihn fragend an; aber kein Zeichen zeigte ihm, wie eS in ihrem Innern aussah. Aeußerlich jedenfalls blieb sie sich immer gleich: rein und klar, aber auch kühl wie ein Eisblock. Da hieß es schweigen. Denn das einzige, was bestenfalls herauskäme, wäre wahrscheinlich, daß er sich lächerlich machte vor seiner Angestellten. Und nun saß dieser gräßliche Mensch da vor ihm und sprach Worte, dte ihn bis ins Innerste trafen. Es war Brodersen in diesem Augenblick, als hätte Wilkins mit plumpen Pfoten an etwas unendlich Feine» gerührt, etwas Geheimnisvolles und Heftiges angetastet. Aber er fühlte auch, daß es jetzt hieß, Haltung bewahren; denn Wilkins hielt dauernd die Blicke wie forschend auf ihn gerichtet. Brodersen zwang sich künstlich zur Ruhe und sagte mit etwas belegter Stimme: „Fräulein Wilke ist mir in kurzer Zett durch ihre Intelligenz und Ümsich« zu einer wert vollen Mitarbeiterin geworden." „Das ist ja fabelhaft! So viele gute Eigenschaften findet man nicht oft mit so außerordentlichen körperlichen Vorzügen verbunden. Denn daß die junge Dame von seltener Schönheit ist, dürfte Ihnen nicht entgangen sein." „Lassen wir das! In meinem Büro ist die Arbeits leistung allein ausschlaggebend, alles Wettere interessiert mich nicht", sagte Brodersen hart. WilkinS schwieg. Er spürte, daß jedes wettere Wort über Fräulein Wilke unangebracht war und suchte nach einem andern Gesprächsstoff. „Was sagen Sie übrigens zu der tollen Sache bei Angel? Zehntausend Pfund mit einem Schlage zum Teufel! DaS wird dem Alten orden«. lich in die Glieder aefabren lein." (Fortsetzung folg,.,