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SSN Nachdruck verboten. bin — — ich habe nach K^ln herübergewechselt, vir Besitzer des hiesigen Modesalons hat mir ein außtt- Srdentlich günstiges Angebot gemacht!" Christa ist jetzt An Henig verlegen, warum hilft ihr Klaus denn nicht?. Aber Klaus unterbricht sie mit keiner Silbe. ^,Dann bleibst du jetzt also für immer in Köln?" sagt er mir und fühlt selbst, daß seine Korte fremd und un- Neiligt klingen müssen. Aber er kann nicht anders. Menn er Christa anschaut, aus deren Augen ihm ast das Dgegenleuchtet, was der Mund nicht sagen will. Dies?«: AJch bin nur deinetwegen hier, Klaus, doch nur deinet wegen", dann taucht daneben immer das schmale Antlitz vW Lore Haller auf. Dieser Zwiespalt ist es, der ihn nicht die rechten Worte finden läßt. „Wollen wir uns irgendwo Hineinsetzen, Christa?/' vielleicht in das kleine Caf6 dort drüben an der Ecke. Dü mußt mir von Berlin erzählen!" Ja — Christa ist es recht! Sie. hat sich dieses Wieder sehen so ganz anders vorgestellt. Und dann fragt Klaus die ganze Zeit über. Alles will er wissen. Ob Christa einmal einen seiner ehemaligen Kollegen getroffen hat? Was ihre alte Firma eigentlich macht? Hat man sie dort ohne weiteres gehen lassen? Und wie es jetzt im Tiergarten ausschaut? Der Rosengarten muß doch in voller Blüte stehen! Es -liegt etwas Gehetztes in seinen Fragen. Christa fühlt deutlich, daß er alles tut, um das Gespräch nicht aus persönliche Bahnen zu lenken. Er will es unter allen Um ständen vermeiden, von sich zu sprechen. Aber diese Feststellung lähmt all die jubelnde Freude und läßt einen kleinen, stechenden Schmerz zurück. Trotz- aem spricht sie unaufhörlich, alle Fragen werden lang und ausführlich beantwortet. Sie berichtet von der Begegnung mit Werner Sendeburg, verschweigt aber, daß er ihr von sein Diebstahl der Aufstellung erzählt hat. Nein, das soll Klaus nicht erfahren. Sie erzählt dann von dem Modehaus Overland L To. Bon Max, dem kleinen, sommersprossigen Laufjungen, dem sie Tränen über die runden Wangen gekullert find, als Christa sich von ihm verabschiedete. Und mit einem Male ist die Erinnerung an Berlin ganz lebendig wieder da. Sie steht all die Kollegen und Kolleginnen vor sich, die nicht recht begreifen konnten, daß Christa so plötzlich nach Köln abreisen wollte. „Ob es richtig ist, ungerufen auf der Bildfläche zu er scheinen?" hatte Inge Schmidt, die einzige, die Christas Schicksal kannte, zweifelnd gemeint. Aber Christa hat nur abgewehrt. „Du, Klaus braucht mich doch. So etwas fühlt man. Er hat jetzt in all seiner Bedrängnis keinen Menschen!" Wie Christa jetzt dem Geliebten in dem kleinen Caf6 gegenübersitzt, da weiß sie doch nicht recht, ob ihr Gefühl sie nicht getäuscht hat. Klaus macht nicht den Eindruck, als ob er Christa braucht. Aber vielleicht ist sie übermüdet von der langen Bahnfahrt uüd der Hast der letzten Tage und legt in jedes Wort mehr hinein, als nötig ist. Ja, das wird es sein! Sie hätte mit dem Wiedersehen doch bis morgen warten sollen. „Weißt du, Klaus, für heute wollen wir doch lieber Schluß machen. Ich bin entsetzlich müde von der langen Fahrt und sehne mich nach einer Handvoll Schlaf!" sagt sie deshalb und greift nach ihrem kleinen Reisehütchen. Gehorsam erhebt sich Klaus, hilft ihr in den Mantel und ruft dann den Ober herbei. „Ich hätt^ dick nicht so lange aufhalten sollen, ver zeih", sagte er^ wahrend er Christa die Tür öffnet. Schweigend gehen sie dann durch die stillen Straßen zu Christas /Hotel. Das Mädchen muß dabei an einen Abend denken, an dem sie auch so schweigend durch die Straßen ging. Aber der Klang der Schritte war versönlicher, vertrauter. Und dabei war es doch Just Overland, der neben ihr ging. Das war der Abend in der kleinen Weinstube. Und heute geht Klaus neben ihr. Aber Klaus hat sich in der Zeit ihrer Trennung ungeheuer gewandelt, seine Schritte klingen hart, ungleichmäßig neben dem rhythmi schen Schreiten des Mädchens. Der Abschied vor dem Hotel ist dann kurz und man .kann gut annehmen, daß hier zwei flüchtige Bekannte aus einandergehen, die nux pjrr Zufall den gleichen Weg hatten. . " „Ich werde dich in den nächsten Tagen anrufen, Christa", sagt Klaus, aber er schaut das Mädchen bei seinen Worten nicht an. „Ich habe jetzt so viel im Geschäft zu tun, daß ich beim besten Willen noch keinen festen Zeitpunkt für unser Wie dersehen: bestimmen ka"n!" „Das ist mir recht, Klaus. Dann habe ich noch ein paar Tage Zeit zum Eingewöhnen. Ich werde mir in aller Ruhe die Stadt ansehen, und mir dann eine passende Wohnung suchen." ' Und als Klaus nichts darauf erwidert, sagt sie leiser „Gute Nacht, Klaus!" „Gute Nacht, Lhxista!-. '^7" Das Mädchen schaut ihm nach, wie rr mit langen, eisigen Stritten davonstrebj, Ihr HNz klopft dab« in Keinen, unregelmäßigen Stößen gegen die . Rippen. Es ist alles so ganz anders aeyiesen. — s. Aber atz sie in dem kleinen Hotelzimmer liegt, und in her Dunkelheit der Nacht noch einmal alle Kmüs-Korte zerpflückt, da findet ste dann tauend Entschuldigungen. „Ich hätte ihn nicht so plötzlich überfallen sollen. Wahrscheinlich hatte er sich für den Abend etwas anderes vorgenommen. Nun wollte er mich nicht mit einer Absage kranken!" Und ganz am Ende dieses langen Weges all dieser Ee- danken und Uebertzgungey, da schimmert ein kleines, tröst- liches Licht. Vielleicht wird doch noch alles aut! — — — 18. Kapitel „Das Leben ist ein Kampf, je tapferer man ist, um io Aer!" Als Christa am anderen Morgen aufwacht, steht dieses Mort, das sie einmal irtzendwo gehört hat, mitten im Raum. So, als habe es ihr jemand zugerufen. ' Es ist-seit Jahren das Leitmotiv in Christas Leben und das Leben hat sie nicht immer sanft angefaßt. Wie oft hat sie dieses Tapfersein bitter nötig gehabt. Es ist nicht allzu lange her, daß sie am offenen Grabe der Mutter stand. Aber damals hat sie ja Klaus gehabt. Klaus! Das Stichwort ist gefallen und jetzt ist die Erin nerung an den gestrigen Abend mit aller Schärfe wieder da, Und damit auch der Kampf mit dem kühlen, nüchter nen Verstand und dem dummen, törichten Herzen. Es ist ganz still im Zimmer. Vom Nachttisch her ertönt das leise Ticken von Christas kleiner Reiseuhr. Nebenan wird eine Tür hart und geräuschvoll ins Schloß gezogen. Diese Stille hat etwas Beängstigendes. In jeder Raum falte hängen all' die gestern gehörten Klausworte, dir Christa sich in der Dunkelheit der Nacht immer und immer wiederholt hat. So lange, bis ste jenen harten, spröden Klang aus dem Gedächtnis verloren hat. Und all die Worte hatten jetzt den Klang, den Tristas Herz angab und das war unendlich wohltuend. Sehr schftell hat sich Christa dann angekleidet. Sie will hinaus in die Stadt, will ste ganz und gar kennen lernen, die Klaus neue Heimat geworden ist. Als ste die rotierende Drehtür schon im Rücken hat, geht ste noch einmal zurück. Sie muß dem Portier Bescheid sagen, falls ein Telephongespräch für sie kommt. Sie ist gegen Abend wieder zurück. Vielleicht ruft Klaus an. Vielleicht hat er doch etwas früher Zeit für sie. Dieser Gedanke ist tröstlich, er wird als guter Begleiter mit auf den Weg genommen. Man kann mit ihm spielen, wie mit einem kleinen Ball. Hoch in die Luft vielleicht hat Klaus angerufen, wenn ich heimkomme. Wieder aufgefangen sicher hat er an gerufen! Christa macht heute beinahe all die gleichen Wege, wie Klaus bei seinem ersten Ausflug. Nur war Klaus nicht so allein wie Christa. Lore Hatter war bei ihm Und zeigte ihm all die Schönheiten der Stadt. Aber Christa muß ste selbst aufspüren. Sie hat auch niemand, mit dem ste die Freude teilen kann, wenn ihr die stille Verträumtheit einer kleinen Gasse besonders wohl tut. Niemand, der ihr auf dem kleinen Rheindampfer die Schönheiten zu beiden Seiten des Ufers zeigt. Sie muß sich alles allein zusammensuchen. Lore Haller hat damals mit ruhiger Selbstverständlich keit ein Programm für diesen einen Tag zusammengeftellt, Christa dagegen läßt sich vom Zufall treiben. So steht ste plötzlich in der stillen Winkligkeit einer kleinen Gasse und schaut dem Spiel der Kinder zu. Bis ein kleiner, blonder. Junge im Eifer des Gefechts hinsällt und mit einem mörderischen Geschrei gerade vor Christas Füßen landet. Sofort kniet ste bei dem kleinen Jungen nieder. „Nicht weinen, mein Kleiner. Hat es denn arg weh /getan? Komm , ich schenk'dir Schokolade!" Das Schreien wird etwas leiser und der Kleine schaut ste ein wenig mißtrauisch von der Seite an. „Wo hast du denn'Schokolade?" erkundigt er sich. An scheinend ist er sich nicht klar darüber, ob er nicht doch lieber weiterbrüllen soll. „Hier in der Tasche. So da hast du sie!" Christa muß über die kindliche Vorsicht lächeln. Die kleinen Hände greifen eifrig danach. Dann schaut er sich befriedigt um, ob auch alle seine Kameraden genügend Kenntnis von diesem Vorfall nehmen. Die sind inzwischen näher gekommen und stehen mit verlegenen Ge sichtern herum. Sie tun Christa leid. All' die braunen und blauen Kinderaugen betteln ebenfalls um Schokolade. Dü springt sie mit einem raschen Satz in das gegenüber liegende Konfitürengeschäst und kommt gleich daraus, be laden mit einigen Tafeln, wieder heraus. „Hier Kinder, nun kommt einmal'alle her! Für jeden etwas!" Die junge Frau lacht wieder. „Ja, ja, hier liegt halb al eins auf der Erde. La kann man iMt imWz Mt chokolade kommen. Aber jetzt werden Sie die Kinder nicht mehr los werden!" Sie sorgt dann aber doch dafür, daß die Kinder Christa in Ruhe lassen, daß die Tante nicht mit ihnen greifen spielt, denn die Tante muß nun weiter gehen. Sie hat daheim einen bösen Onkel. " , Da sie selbst einen Buben dabei hat, gelingt es ihr erS- lich. Christa reicht der Frau ihr« schmale Hand und M dann lächelnd davon. Das Geschrei der Kinder klingt noch nach, bis sie das Ende der Straße erreicht hat. Dieses kleine Erlebnis hat den ganzen Tag in Sonne getaucht. Christa steht immer wieder die glänzenden Kinderaugen vor sich, die so erwartungsvoll nach der Schokolade griffen. Dann schlendert Christa langsam weiter und kommt mit einem Male am Hauptbahnhof vorbei. Da — gegen über liegt ja auch der berühmte Dom. Ja das ist der rechte Abschluß für den heutigen Tag. Lange steht sie vor dem gewaltigen Bau und geht dann still mit einigen eifrigen Betern hinein. Weit im Hinter- gründe des riesigen Schiffes bleibt sie stehen und schaut auf eine junge Frau, die auf die Knie gesunken ist und ihre Hände in schweigender Andacht der Mutter Gottes ent- gegenstreckt. Lautlos murmeln ihr« Lippen stille Gebete. Dieses Bild der so eifrig Betenden rührt Christa. „Ob sie wohl auch für den Geliebten betet", denkt ste und ehe sie es recht gewahr wird, ist sie ebenfalls in die Knie gesunken. „Lieber Gott, laß alles gut werden!" Wi« viele dieser Gebete sind wohl schon zu der getäfelte» Decke emporgestiegen? Wieviel Leid und Schmerz hab«» - diese braunen Bänke wohl schon geschen? Nach einer Weile erhebt sich Christa und geht still wie der hinaus. Es ist nichts weiter geschehen, aber auch dieses kurze Gebet hat ste gestärkt, hat st« zuversichtlich gemacht! Inzwischen ist es dunkel geworden, Leuchtreklamen flimmern auf, eifrige Geschäftsinhaber werfen verschwende» risch eine ungeheure Lichtfülle auf das Pflaster, schim mernde Reflexe bleiben für Sekunden auf dem Vorüber gehenden hasten und lassen auch Christas Haar unter der kleinen Kappe für Augenblicke silbrig aufleuchten. Mit einem Male zuckt das Mädchen aus ihrer beschau lichen Ruhe auf. War das nicht — — ging da vorn nicht Klaus? Dieser schnelle Gang — — dieses leichte Wiegen der Arme? So schnell hastete Christa vorwärts, daß ste mit einer Dam« so heftig zusammenstieß, deren Pakete wie rollende Kugeln auf dem Pflaster entlangpurzeln. Unwillige Rufe folgen ihr, aber Christa härt das alles nicht. Da vorn geht Klaus, vielleicht will er zu ihr in» Hotel, vielleicht hat er angerufen. Ja — so wird es sein. Er hat sie nicht erreichen können und jetzt kommt er zn Hr. Sie eilt so hastig vorwärts, als der ihr entgegenkommende Menschenstrom es nur irgendwie gestattet. Doch als sie bis auf einige Meter herangekommen ist, bleibt, sie erschreckt stehen. Mein Gott, Klaus ist ja gar nicht allein, an seiner Seite geht eine junge Dame, auf Lie er so eifrig einspricht und die jetzt mit einem so lieben Blick zu ihm aufschaut, da i jetzt nimmt er ihren Arm und führt sie liebevoll über die Fahrstraße. „Nut jetzt nicht weinen", denkt Thrista. Vielleicht ist es nur eine flüchtige Bekanntschaft. Nur jetzt nicht weinen!"' Und fast mechanisch eilt sie vorwärts, immer weiter, immer den Beiden nach, die so eifrig miteinander plaudern. Endlos ist der Weg, Christa kann sich nicht besinnen, schön jemals eine so weite Strecke zu Fuß zurückgelegt zu haben. „Gleich kann ich nicht mehr", fühlt sie, aber dann geht es doch weiter. Endlich gehen die Beiden in ein Casö und nehmen im Hintergrund an einem kleinen Tischchen Platz. Fest legt Christa die Hand auf das zuckende Herz, so fest, daß der Ober, der ihre Bestellung entgegennnimmt, sie erstaunt anfieht. . „Fühlt sich die Dame nicht wohl? Darf ich ihr vielleicht ein Glas Wasser bringen?" ' Aber Christa schüttelt abwehrend dey Kopf. „Er hat bestimmt Sorgen, er sieht blaß und schmal aus", stellt sie dann fest, denn sie kann von ihrem Platz aus Vie Beiden genau beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Und dann sicht Christa wie das Mädchen Klaus Hände ergriffen hat, die bis jetzt unruhig mit dem Kaffeelöffel spielten. Sie steht auch die kleine, scheue Bewegung, mit der ihre schmalen Hände über seinen zu ihr hernieder ge beugten Schopf fahren. Und bei diesem Anblick über fällt ste die Erkenntnis, daß sie wahrscheinlich keinen An teil mehr an Klaus' Leben hat, daß dieses Mädchen mji den schmalen Händen und dem offenen Antlitz jetzt diesen Platz eingenommen hat. Als die Musik für einsge Augenblick« schwM, fängt sie einige Brocken der Unterhaltung auf. „Löte, Wd HM, immer wieder bist du da mst deinem nie veWMenden Optimismus!" - (Forilebuna