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• So erleben wir also in dieser dritten „Lconoren“- Ouvertüre den ganzen „Fide- lio“, den Sieg über Tyrannenmacht und Tyrannenwillkür. Eingangs hören wir dio Klage Florestans, des von seinem politischen Gegner ins Gefängnis gewor fenen Mannes. In dem folgenden schnelleren Teil wird der Kampf Leonorens geschildert. Ein Trompetensignal kündet dio Rettung an. Der Gatte wird be freit. Dio Liebe hat gesiegt. Jubel ist der strahlende Ausklang der Tondichtung, mit der Beethoven der Gattenliebe ein Denkmal gesetzt hat, unvergänglicher als Erz . . . Dio Sinfonie Nr. 3 in F-dur. op. 90, schrieb Brahms 1883 in Wiesbaden und bei Aufenthalten im Taunus. Man will deshalb aus ihr dio Wahlgeheimnisse und dio Schatten tiofor Tännichto heraushören. Aber bei der Neigung des Kompo nisten zur absoluton Musik sind solche Doutungsvorsuche wohl zu oberflächlich. Sie sind jedoch als Zeugnis der erreichten Reife anzuschcn. Manche Betrachter reichen diesem Werke aus dem Gesamtschaffen Brahms dio Krone; vielleicht tun sie rocht daran. Brahms ist als Mensch auf dieser Entwicklungsstufe seines Lebens mit sich im reinen; das spürt man deutlich aus diesem Werke. Es stellt sich deshalb in formaler Klarheit und Übersichtlichkeit vor, obgleich es eine vom üblichen Aufbau abweichende Eigentümlichkeit zeigt. Die eigentliche dra matische Entladung, der wirkliche Höhepunkt dos Werkes liegt im Finalsatz. Dio drei vorhergehenden Sätze bereiten diesen sturmgopoitschton Augenblick vor, sie sammeln die Kräfte, sie bauen dio innere Dynamik auf, dio daim im Schlußsatz dahorstürmt und sich wild verschwen det. Man könnte sagen, daß der letzte Satz dio eigentliche Durchführung der gesamten Sin- / fonio darstelle. Tatsächlich spielt in den ersten drei Sätzen dio Durchführung nicht dio übliche Rollo. Der erste Satz beginnt gleichfalls mit einem Motto. Dio drei Töno F-As-F in der Oktavo sind für den inneren Aufbau äußerst wichtig. Selten ein Takt, in dem dieses Motiv nicht erschiene. Brahms stellt die beiden Themen auf, ein männlich-kraft volles und sich immer wieder behauptendes. Das zweite Thema, von der Klarinetto geblasen, mutet wie ein verhaltenes Volkslied an. Über dem zweiten Satz, dem Andante, liegt e^lunklcs Licht, das ihn in einer gleichsam mystischen, eigentümlich ergreifenden Färbung erscheinen läßt. Zwei Themen prägen diesen Satz, wobei dio eigontlicho Durchführung dos zweiten Themas erst im Finale ointritt. Mit einem woitgosponnenon Melodiobogon der ausdrucksvoll singenden Violon celli beginnt der dritte Satz (poco allegrotto), der in der dreiteiligen Liedform aufgebaut ist und durch seine etwas still-melancholischo Art als Kontrast zum Schlußallogro gedacht ist. In diesem dominiert zu Beginn eine etwas unheim liche Unruhe, eine Stimmung von etwas bedrücktor Art. Auch hier sind zwei Themen da, von denen das zweito dem langsamen Satz entstammt. Dio nun oin- sotzende Durclifülirung steigert sich zu oinem wild ausbrcchonden Höho- und Gipfelpunkt. Nach ihm ebbt das musikalische Geschehen allmählich ab, der Satz verklingt leise, nochmals das Zitat des Beginns der Sinfonie ertönen lassend, womit der Kreis dieses Werkes geschlossen ist. Es sagt über den abgeklärten Brahms am meisten aus, es ist das Work dor höchsten Reife dieses Meisters, es ist auch im Gesamtbilde dor Musik ein ent scheidendes, ein großes, ein vollkommenes Work. Carl Maria von Wobor (1786—1826) war dem Märchen und dem Elfenreich, dem Lande dor Träume und Dämonen verfallen wie kein zweiter Romantiker. Seiner Phantasie stand die Kraft zu Gebote, die Visionen und inneren Gesichte, die Traumerlobnisso und Sehnsüchte, das Fernweh und die Ahnungen einer sich verzehrenden Seolo genau so in Töno zu bannen wie dioNaturorlobnisse, die Mondnacht und Wald, Fel- \ sensclilucht und Borgeshöho in ihm horvorriofon. Weber hat dio Frische und Ursprünglichkeit dor Frühromantik, die ihm untor allen Moistorn diosor Epoche oinon besonderen Rang oinriiumt. Worto können dio holdo Süßo und Wehmut dor Töne, ihre Zartheit und zugloich den unvonvolklichon Glanz nicht schildern, dio gerade in der Oberon- Ouvertüre von keinem Menschen, der ein fühlendes Herz besitzt, überhört werden können. In Wobor hat dio Romantik wohl jene Aussage gefunden, dio am deutschesten war. „Zum erstenmal in der deutschen Geschichte sollen die Errungen schaften der Kultur den Massen des Volkes vermittelt icerden." WALTER ULBRICHT V > 5t/54 Nr. 111/18/104 28. 2. 51 2000 8 4257