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M Afftnfohtt dem MsWpiWl M Absturz tu See / Bon Karl Krumbetn lL Fortsetzung) Konnte Weltbilderdienst. künden. suchte erst, ihm das Ende heraufzureichen, aber er erreichte es nicht. So legte ich mir das Tau um mein rechtes Bein und gab e» ihm so hinauf. Er band sich fest, und ich schlang mir das Ende noch ein paarmal um den Leib, damit ich ganz sicher hing. Nach zwei Stunden ging das Schiff wie» der zur Landung herunter Wir iahen endlich wieder die Erde! Mein Kamerad zog seine Uhr aus und fragte mich, ob ich im Besitz eines Fahrscheines wäre. Die Luft wurde wärmer. Da war die Luftlchiffhalle. Ich hing immer noch mit dem Kops nach unten. Durch die Hölzensahrt war das Schiff zu schwer geworden. Am Tau IVO Meter unter dem Schiff kamen wir zuerst mit der Erde in Berührung, wurden wie ein Fuh- ball herumgeschleudert, erst etwas fest auf ein Stoppelfeld geletzt. Blieben ein Weil» chen liegen, wurden wieder in die Höhe ge rissen und zum zweiten Male auf den Bo den geschleudert. Ein paarmal ging das, dann wurden wir mitgeschleist. Mein Kamerad fiel aus der Schlinge, mit mir ging's auf und ab über Gräben und Felder. Sehen konnte ich nichts mehr. Augen. Ohren, Nase. Mund — alles war voll Sand. Hauptsache: Kopf nicht aufzuschlagen! Ein Grenzstein stellte Mein erster Augenaufschlag traf Schiffsjungen, vor mir -lm Kutter sitzend und rudernd. Ich hörte noch ihren Ausruf: durch und legten mich auf die Trage, um mich für sieben Wochen ins Lazarett zu schaffen. wer der eigentliche Sieger war, darüber wollte ich mir keine Gedanken machen. Ausnahme Zusammenwirken zwischen deutschem Tank und Infanterie-Flieger. flügel Naschte ins Wasser, und „über mir rauschte das Meer"! Der erste Gedanke: Raus! Aber das ging nicht. Irgend wo war ick festaeklemmt. Durch die Anstrengungen unter Wasser wohl außer Atem gekommen, fing ich an zu schlucken, schluckte und schmckte — Benzin und Seewasser. Der Tank war beim Aufschlag geplatzt, und was rauslief „tankte" ich. Jetzt trat der Selbsterhaltungstrieb in Funktion. Ich schaffte und wühlte wie ein Berserker. Ich fühlte, daß im Rumpf mein, Kopf da war, wo sonst die Beine stecken, nämlich am Seitensteuerhebel. Also hatte mich die in den Rumpf ein- laufende See gedreht. Nun war es merkwürdig, obwohl ich dies feststellte, galt für mich „oben" immer noch da, wo der Kopf saß. In diese Richtung ging auch mein Bestreben rauszukommen. Noch viel merkwürdiger war die Spaltung der Hirnfunktionen. Während ein Teil des Hirnes den Gliedmaßen immer wieder kommandierte: Raus, raus! vollzog sich im andern Teil der Ablauf meines Lebensfilms. Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges sah ich klar und deutlich, weder verschwommen noch gehetzt. Immer wieder die Mutter. Ich sah, was mir liebe Menschen wünsch ten. ich hörte, was sie über mich redeten, und las auf ihren Gesichtern den Eindruck, welchen die Nachricht meines Todes bei ihnen hinterließ. Tod! Nein! Das gab mir neue Kraft. lassende l Arm war frei, der Aermel war weg. Wie eine unter Ueber- -ruck stehende Dampfmaschine arbeitete alles. Sperrholz splitterte, ein Loch entstand. Hinein ging's mit dem Kopf. Mit ungeheurer Kraft rissen die Arme den Rumpf nach, und plötzlich fühlte ich mich im freien Wasser, schoß nach oben und lab — für «inen Moment — mit lautem „Gott sei Dank^ den blauen Himmel. Herrgott! Ich lebte! Greifbar ragte eine Schwimmerspitze aus dem Wasser, ich griff danach, und dann wurde es Nacht um mich. Jetzt hörte auf einmal -ie Spaltung auf. Jetzt konzen trierte sich alles auf eines, alles kommandierte: Raus! Alle Energien wurden vom Hirn eingesetzt, blitzartig flogen sie in die Glieder. Mein eigenes Denken war ausgeschaltet. Die Zentrale leitete alles, ich war nur ausführendes Organ. Welche Zeit vergangen war. ich wußte es nicht. Mich deuch te« es Ewigkeiten. U^> doch waren es nur Minuten, vielleicht nur Se- Ich spürte, wie die psychischen Kräfte die nach- Körperkraft aufpeitfchten. Raus! Ein Ruck, der r frei, der Aermel war we> „Er lebt ja!" Dann schloß ich dankbar wieder die Augen. Als ich zum zweitenmal zu mir kam, lag ich auf der Leder- bank unserer Stationsbarkasse. Neben mir auf dem Klapp tischchen lagen Watte und Instrumente. Der gute Doktor klopfte mir mit einem Hämmerchen die Knochen ab und fragte mich, wo es weh täte. Es hatte nirgends weh getan. Ich war wie durch ein Wunder vollständig heil davonge kommen. Als man mich zum Lazarett eines nahe liegen den Kriegsschiffe brachte, waren schon meine Kameraden an Deck und winkten mir zu. Am dritten Tage, nachdem man mir das Benzin aus dem Magen gepumpt hatte, war Ich wieder heil und gesund. Ich fühlte mich wie ein Baby mit Verstand. Die 935 war hin, die tat keinem mehr etwas. Man fischte die Trümmer aus dem Wasser und fand unten am Rumpf an der Stelle, an der sonst eine kleine Cellonscheibe saß, ein Loch, gerade groß genug, um einen achtzehnjährigen „Hecht" hinourchzulassen. Alle schüttelten die Köpfe, wie das möglich war. Ein wenig stolz war ich schon auf mein Erlebnis, zumal es hart auf hart ging. Aber herunter, setzte sich aus mein Bein. nicht mehr, wollte sich festbinden. Ich ver Mel Stunden nm Sell von Franz Schneider. Am 26. August 1915 kehrte das Zeppelin-Luftschiff LZ 79, Kommandant Hauptmann Gaißert, von einer Kriegs fahrt nach Rußland zum Hafen Posen zurück. Die Landung gestaltete sich schwierig, da der Wind stark und das Schiff zu leicht war. Ich gehörte zum Landungstrupp, der müh sam das Schiff Meter um Meter heruntergeholt hatte. Plötz lich wurde das Schiff - durch eine Bö wieder hochgerissen. Vor mir griff eben noch ein Unteroffizier zu, und ich sah, wie er zu Boden gerissen wurde. Da war ich auf einmal in 15 Meter Höhe! Ich hing mit beiden Händen fest am Tau und mit den Beinen frei in der Luft. Der Kahn ging immer höher. Das Tau, an dem ich hing, war 150 Meter lang. Ich hing etwa 40 Meter unter dem Schiff. Das Ende des Taues lag immer noch auf der Erde, da sich der Trupp bemühte, es noch zu halten. Aber das Schiff stieg doch, nun hing das Tau schon lang, so daß Ich es mit den Beinen erwischen und festhalten konnte. Ich hing im Kletterschluß, über mir noch zwei Ka meraden, die auch festgehalten hatten. Wir hofften erst auf sofortige neue Landung, aber das Schiff fuhr über die Stadt zur russischen Grenze. Das Tau drehte sich einmal links, einmal rechts herum. Für uns hieß es, entweder festbinden oder bis ans Schiff hinauf- klettern. Aber da waren noch die beiden anderen Kamera den über mir. Ich hielt mich daher mit der rechten Hand und den Beinen fest, um mit der linken Hand das Ende unter meinen Füßen heraufzuziehen und mich dann festzu binden. Aber auch dazu reichten meine Kräfte nicht aus. Das Tau war zu schwer. Ich mußte daher so weit herunter gehen, daß es sich gut hantieren ließ. Fünf bis sechs Meter waren nun zwischen mir und meinem nächsten Kameraden. Ick rief ihm zu, er solle so lange oben bleiben, bis ich mich festgebunden habe. Aber er kam doch nach, immer schneller, weil seine Kräfte schon anfingen zu versagen. Nun stand er mit beiden Füßen schon auf meinen Hän- cken. Er wäre wohl abgestürzt, wenn er nichts Festes unter seinen Füßen gehabt hätte. Ich hatte mir schon vorher das Tau ein paarmal um das linke Bein gewickelt und hielt das Bein so, daß es mit dem Körver einen rechten Winkel bildete. Der Kamerad setzte sich darauf. Wir faßen nun war. Also rechts reingetreten, rechts Ver windung — und da war es auch schon ge schehen. Ich spürte den „falschen Wind" auf der Backe, hörte die Spanndrähte pfeifen, und hinab ging's mit Affenfahrt auf den Wasserspiegel zu. Ich müßte lügen, wenn ich es auch nur einen Moment mit der Angst zu tun bekommen hätte. Mit völlig klarem Kopf versuchte ich, die „Kiste" aufzurichten. Es gelang nicht. Sie haute mit mir ab. Es gab einen Krach, der Steuerbord- tn der Schlinge um mein Bein, konnten uns erst einmal etwas erholen, obwohl mir schon die Beine einschliefen. Nach einer halben Stunde kamen wir in die Wolken. Der Nebel war so dicht, daß wir nur das Stück Tau in unserer Nähe sahen. Bom Schiff, sogar vom weiter oben hängenden dritten Kameraden sahen wir nichts. Alles still, bis auf das Summen der Motoren. Dann waren wir über der Wolkenschicht unter blauem Himmel. Auf einmal gab es einen Ruck! Das Tau gerissen^ Die oberste Schlinge löste sich, wir rutschten zusammen immer schneller, etwa 40 bis 50 Meter. Beide Hände schmerzten durch die Reibung am Tau. Ein zweiter Ruck! Ich über schlug mich rückwärts, wußte nicht, was geschah, sah, wie mein Kamerad in die Tiefe stürzte und in den Wolken ver schwand. Ich dachte erst, ich sauste auch hinunter, da sah ich erst, Latz der Abstand zwischen uns immer größer wurde. Ein Blick nach oben: Das Seil, das ich erst um mein Bein ge wickelt hatte, war nicht gerissen, sondern beim Ueberschlagen zusammengezogen und um den linken Fuß fest verschlungen. Ich hing nun mit dem Kopf nach unten, während das Schiff noch stieg. Ich fror in meinen Drillichsachen sehr in über 3000 Meter Höhe. Das Bein schmerzte fürchterlich, war dick und abgestorben. Ich versuchte, das Tau zu lösen, um mich in die Tiefe zu stürzen, weil ich es nicht mehr aushalten, konnte, aber das Tau war zu fest. Wir waren nun 4000 Meter hoch, wie- uns später die Besatzung erzählte. Bis jetzt hatte sich mein oberster Kamerad im Klet» M. A ' terschluß gehalten. Er kam jetzt langsam Mit der 935, einer Friedrichshafener Schmalrumpf- mafchine, waren schon verschiedene Kameraden ohne feind liche Einwirkung, und ohne daß man die eigentliche Ursache feststellen konnte, abgestürzt. Jedesmal in der Rechtskurve rutschte das Flugzeug einfach über den Flügel ab, und hinab ging's in das Wasser. Ich hatte die Maschine noch nicht geflogen und erklärte mir die bis jetzt voraetommenen Unalückssälle mit der über aus großen Empfindlichkeit dieses Flugzeugtyps, heroorge- rufen durch das Fehlen der beim Steuern dämpfenden Sta bilisierungsflächen. Ich sagte mir, e>n feinfühlender Führer würde schon damit fertig werden. Vielleicht lag auch irgend wo ein grober Verspannungs- oder Konstruktionsfehler vor. Jedenfalls herrschte eine allgemeine Antipathie gegen die ,Histe^ vor, die sich erst recht steigerte, als die 935 eines Tages frisch repariert mit einem fast schwarzen Anstrich von der Werft aus unsere Station zurückkam. Daher der Name „Sarg". Ich fand den „Sarg" eines Morgens auf der Ablauf bahn am Strand stehen. Mir kam der Vergleich zwischen diesem Flugzeug und jenen störrischen Pfer den, welche partout keinen im Sattel litten, - bis auf einmal sich der Richtige fand, dem sie lammfromm gehorchten. Mitten in meine philosophischen Betrach- tungen platzte mein ehemaliger Fluglehrer: M „Na, Junge, wie wär's, bei der könntest du - mal was zeigen!" Mit 18 Jahren läßt man sich die Courage nicht abkaufen. Ich dachte. , HW es wird schon schiefgehen, und sagte ja. Ich /' hätte jedenfalls damals mehr Mut ge- braucht, um zu kneifen, als zuzustimmen. Mein Kamerad und Landsmann Schil- ling riet mir nochmals ab, aber ich blieb - fest. Die Maschine wurde zu Wasser ge- lassen, ich kletterte in die Kiste und gab Gas. Es ging ganz gut. Meine anfängliche Be- . klemmung schwand von Minute zu Minute. W Erst mal hach rauf, dachte ich. Bald machte W es mir Spaß. Die Maschine war überaus wendig, und auf den leisesten Steuerdruck , , reagierte sie einfach wunderbar. Unter mir » kräuselten sich die Wellen, vor mir glänzten s die Dächer der Stadt in der Morgensonne. . » Backbords lagen einige Kriegsschiffe vor WWW - Anker. Mit kräftiger Fahrt machte ich einige Turns links. Es war ein Vergnügen. Rechts herum scheute ich noch. Doch es mußte sein. Ich mußte sehen, was an dem Gerede wahr -,ochhalten, um , „ sich mir entgegen. Da rissen zwei Mann vom Landungs trupp, die vorausgeeilt waren, das Seil kurz beiseite. Ich wurde noch ein Stück geschleift und blieb dann liegen. Ein Sanitätsauto kam. Die Sanitäter schnitten den Knoten Flus auf dem Schwanz Von Josef Schmidt. Am 14. Januar 1917 rollte unser 200er Albatros- Doppeldecker, Führer Rittmeister Prinz Friedrich Karl von Preußen, zum Start zum Frontflug. Um Kopfstehen beim Rollen zu vermeiden, mußte ich mich auer über den Rumpf legen. Wegen des kalten Propellerwindes hatte ich den Kopf eingezogen. Plötzlich wurde die Geschwindigkeit größer, und ehe ich etwas unternehmen tonnte, hatte der Doppeldecker Len Erdboden verlassen. Der Flugzeugführer hatte Len sonstigen Weg sparen wollen und nicht an mich gedacht. Ich fand etwas Halt an dem vor mir in den Rumpf führenden Höhensteuerkabel, das Ich mit der rechten Hand umfaßte. Der Luftdruck preßte meinen Körper gegen die Kiel- und die Beine gegen die linke Dämpfungsflosse, so Laß ich mich halten konnte. Der kalte Luststrom riß den Schall meiner Rufe weg. Faustschläge auf den Rumpf wurden nicht bemerkt. Wir kamen auf 200 Meter Höhe. Die Kräfte ließen nach. Im Rückspiegel war die ahnungslos-ernste Miene des Führers, der mich nicht sah. Unten war Winterlandschast. Ein anderes Flugzeug kam vorbei. Wir nahmen Kurs zur Front. Da sahen Führer und Beobachter endlich die vielen von unten heraufgeschosfe- nen Landeraketen. In steilem Gleitflug ging's zur Erde. Da eine Linkskurve beschrieben werden mußte, arbeitete ich mich aus die rechte Seite. Ich hielt mich krampfhaft fest. Wäre mir das nicht gelungen, dann wäre sicher auch da» Flugzeug abgestürzt, wegen der plötzlichen Schwerpunkts veränderung In der Lutt. So aber machten wir eine glatte Schwanzlandung. Ich konnte mich erst kaum bewegen und meldete mich dann beim Beobachter: „Unversehrt zur Stelle!" Als ich auf die er staunte Frage, woher ich komme, den unfreiwilligen Flug mitteilte, reichte mir jeder der beiden Offiziere die Hand zum Glückwunsch. Das wiederholte sich auf dem Wege zu den Zelten durch die mir entgegenkommenden Augenzeugen unter großem Beifall und gleichzeitiger Benennung mit Lem Namen „Schwanzpilot". Bon unserem Abteilungssührer wurde mir ein Lob für das tapfere Verhalten in der Luft zuteil. (Fortsetzung folgt.) Beilage z. „Weißerih-Zettung", Sonnabend, 15. 8., Nr. 132