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liefert« Gefechte gemäß 8 23 der P«sioninmg»-«sttze» für Mililärpersomn als Fewzug gellen, wofür den B«th«ilig- ten ein «riegsjahr anzurähn«« ist. München, 7. August. Tine Verordnung de« Minister- de- Innern erklärt die Zulassung der Feuerbe stattung in Bayern ohne die Ergänzung der einschlägigen Gesetzgebung für unmvglich. Ein oie-bezügliche- Bedürf- niß bestehe für Bayern nicht. Fruwkretch. Lyon, 7. August. Die Frist für di« Ein« leguna der Berufung ist abgelaufen, ohne daß Taserio einen Berufungsantrag unterzeichnet hätte. Italic». — Italien steht unter dem peinlichen Eindruck der geradezu unbegreiflichen Freisprechung de- in dem Betrugs prozesse der Banca Romana angeklagten Finanzmannes Tanlongo und seiner Genossen. In der That ist dieses Urtheil der römischen Geschworenen in der langen Reihe von Fehlsprüchen der Schwurgericht« wohl ein- der mar kantesten; wurden doch selbst die beiden meistbelasteten Angeklagten, die sogar ihre Unterschlagungen zum Theil «ing,standen hatten, von Schuld und Fehl freigesprochen. Die öffentl che Meinung Italiens ergeht sich in heftigen Ausfällen gegen die Bankräuber, und die offiziösen Blätter bringen ziemlich deutliche Anspielungen auf einen bevorstehenden neuen Prozeß, der die eigent- lichen Schuldigen treffen soll. ES wurde eben konstatirt, daß nach der Verhaftung TanlongoS allerhand Papiere konfiszirt worden waren, von denen aber diejenigen verschwanden, die eine Reihe von Politikern kompro- mittirt haben würden. Im Laufe der Verhandlungen stellte rS sich immer deutlicher heraus, daß für dieses Ver- schw nden hohe Beamte verantwortlich sind, die ihrerseits wied-rum behaupten, im Auftrage ihrer Vorgesetzten ge- handelt zu haben. So deuten alle Anzeichen darauf — und in der Presse wird es auch offen ausgesprochen — daß Giolitti, der zur Zeit der Verhaftung TanlongoS Ministerpräsident gewesen war, der Urheber jener Rechts» beugung gewesen ist. Italien wird also das wenig erfreu liche Schauspiel genießen, einen Mann auf der Anklagebank zu sehen, der noch vor Jahresfrist der erste Rathgeber des Königs gewesen war, und mit ihm eine ganze Anzahl von früheren Würdenträgern des StaateS sowie eine Reihe von Parlamentariern, deren unsaubere Beziehungen zu den Bankgrößen seit langer Zeit als notorisch gelten. Crispi scheint eben auch hier gesonnen zu sein, mit seiner gewohn ten Energie vorzugehen und die Corruption an ihrer Wurzel zu erfassen. Von welchem Erfolg« seine Energie gekrönt wird, zeigt die kürzlich erfolgte Aufhebung des Be- lager ungSzustandeS über Sizilien. Nachdem der Aufruhr- Wer, der sozialdemokratische Abgeordnete Defelice, durch Verurtheilung zu 22jähriger Zuchthausstrafe unschädlich ge macht ist, hat sich die Bevölkerung allmählich beruhigt, und wenn auch die Verhältnisse auf Sizilien noch viel zu wünschrn übrig lassen, so ist doch durch Beseitigung des gefährlichen Hetzers eine ruhige Entwickelung ermöglicht, die eine Gesundung der gesammten Verhältnisse in Aus sicht stellt. Rußland. — Der beinahe sagenhaft gewordene Anarchist „Baron Ungern-Sternberg" war, wie nachträglich bekannt wird, auf serbischem Boden in der That dingfest gemacht worden. Wenn hinterher dos Factum in Abrede gestellt wurde, so erklärt sich das einfach aus der Thatsache, daß der Vogel den Fingern der Justiz noch im letzten Augenblick wieder entschlüpft ist. Der .Franks. Ztg." wird darüber aus Nisch unterm 1. d. Mts. telegraphirt: Der von belgischen und russischen Geheimpolizisten agnoscirte Cyprian Jeloh- orsly uims Baron Ungern-Sternberg wurde auf Verlangen der russischen Regierung an Rußland ausgeliefert. Zwei russische Polizeibeamte nahmen JrlohorSky, der in Salonichi auf einen russischen Dampfer gebracht werden sollte, Ende voriger Woche in Nisch in Empfang. Jelohorsky wurde in Salonichi über Nacht in das Gefängniß des russischen Generalconsulates eingesperrt, da der Dampfer erst am folgenden Morgen eintreffen konnte. Bei dieser Gelegenheit ist es nun dem berüchtigten Anarchisten gelungen, auszu brechen und auf einen im Hafen liegenden amerikanischen Dampfer zu entkommen. Das Verlangen des russischen Generalconsuls, den Jelohorsky auszuliefern, lehnte der Capitän des Dampfers ab und am Montag früh stach dieser in See. Das Rundschreiben des Untersuchungsrich ters Seny in Lüttich an die gesummte ausländische Polizei giebt folgende Beschreibung der Person Jelohorsky's oder, wie er auch zeichnete, JaholkowSky's: Gestalt etwas über Mittelgröße, ziemlich beleibt und mit etwas hohen Schul tern, Haare blond, Stirn frei, hellgraue Augen, Stumpf nase, gedunsenes Gesicht von gelblich-bleicher Farbe, Backen bart, den er kurz vor seinem Weggang nach Lüttich geschnit ten, blonder, langer Schnurrbart, Grübchen im Kinn, zwei Narben auf dem linken Armmuskel und ebenfalls eine solche an einem Schienbeine, zieht dieses Bein ein wenig nach und geht mit sehr auswärts gerichteten Fußspitzen, dicke Lippen, welche er halbgeöffnet hält und stark nach vorn bewegt, selbst wenn er nicht spricht; spricht geläufig deutsch, russisch, polnisch und ziemlich gut französisch. Ueber seinen Lebensgang werden noch folgende genauere Angaben ge macht. In St. Petersburg weilte er von 1886—1890, in Belgrad und Sophia 1892. Anfangs 1893 begab er sich nach Wien, bald darauf nach Bern, um angeblich Me- dicin zu studiren. Im Juni 1893 ging er nach Bourg in Frankreich, wo er für die französische Fremdenlegion an- geworben wurde. Nur wenige Tage stand er bei dieser in Sidt-Bel-AbbeS, Algier. Dann wurde er fahnenflüchtig und ließ am 17. Juli in Oran den dem Baron Stern berg gestohlenen Poß visiren. Unter diesem Namen er- hielt er am 19 Juli in Marseille und folgenden TageS in Nizza Unterstützung von den dortigen russischen Con- sulaten. Alsdann folgt sein bekannter Aufenthalt in Bos l, Straßburg und Lüttich. Letzteres verließ er am 16. No vember, um sich vom 17. bis 24. in Berlin aufzuhallen. Bon hier ging er auf wenige Tage nach Wilna und kehrte am 24. December nach Belgien zurück. Am 28. Apri floh er von Lüttich nach Maastricht unter dem Namen Richter, dann nach Amsterdam, wo er sich Stein nannte und seine Brief« unter dem Namen Auber erhielt. Die Anklage umfaßt sieben Punkte, au- denen hervoraeht, das der Gesuchte einer der gefährlichsten Anarchisten der That ist, wie sein LebenSgang beweist, daß er seine stets reichen Geldmittel zweifelsohne au» der anarchistischen Cass« be zogen hat. ; In Petersburg wird demnächst entt'medizin- ische Fakultät für Frauen errichtet. Dadurch geht ein lang- ersehnter Wunsch der russischen weiblichen Jugend in Er füllung Diese Thatsache ist insofern von Bedeutung, als sie beweist, daß di« in früher«« Jahrrn im russischen Un- trnichiSmdlisterium herrschenden Strömungen gegen die Verbreitung höherer Bildung unter den Hauen nunmehr nachgelassen haben. Professor Gerte, der Schöpfer der im Jahre 1884 geschlossenen medizinischen Hochschule für Frauen, war während der letzten Jahre vergebens bemüht, dir Regierung für die Errichtung eines solchen Instituts zu gewinnen. Nunmehr hat daS Unterrichtsministerium von selbst das Projekt zur Errichtung einer medizinischen Fa kultät für Frauen ausgearbeitet, und di« Genehmigung des Reichsrathes bereits erlangt. Diese plötzliche Nachgiebigkeit des Grafen Deljanow ist auf den Einfluß des Adlatus im Unterrichtsministerium, Fürsten Wolkowskij, zurückzuführen. WolkowSkij ist «in feingebildtter Mann; auf d«r Weltaus- strllung in Chicago hirlt er eine vielbemerkte Rede über die Bedeutung der Bildung für den Staat, die in der ameri kanischen Presse vielfach besprochen wurde. Gleichzeitig mit der Errichtung der Hochschule für Frauen hat das Unter richtsministerium die Wiedereröffnung der vor Jahren we gen Studententumutten geschlossenen Forstakademie zu Mos kau angeordnet. Di« Schließung dieser Hochschule hat seiner Zeit unter der russischen Jugend große Unzufrieden heit hervorgerufen Dagegen hat daS Unterrichtsministerium eine Verfügung getroffen, die viele Studirende hart treffen wird. Es bat nämlich verfügt, daß verheirathete Studen ten an den Universitäten des Reiches fortan keine Aufnahme finden dürfen. Bulgarien. Sofia, 7. August. Gestern haben die Gemeinde- Wahlen in Orechovo, Tirnovo, Plevna und Tschirpau ohne Zwischenfall stattgesunden; es sind durchweg die Regier- ungskandidaten gewählt worden. Am 19. August (neuen Styls) finden die Departementswahlen, am 2. September (neuen Styls) die Landgemeindewahlen statt. Prinz Fer dinand wird im Laufe der Woche zur Feier des 14. August, des Jahrestages seiner Thronbesteigung, hier erwartet. Ehi««. — AuS Tientsin wird gemeldet: Lihung-Chang leitet fortgesetzt die Krirgsrüstungen. Es werden außer ordentlich« Anstrengungen zur Verstärkung der Flotte gemacht. Die Meldung von dem neuen Seetreffen hat sich nicht bestätigt ; das chinesische Nordgeschwader bleibt bei Weihaiwei. Die russischen Truppen an der koreanischen Grenze sind verstärkt worden. China beansprucht 3'/, Millionen Dollars Entschädigung für die Zerstörung des „Kowshung". (Eine sehr naive Forderung von Seilen der bis jetzt geschlagenen Chinesen!) Afrika — Aus Deutsch-Südwest-Afrika. — Wie mitgetheilt wird, ist nunmehr von dem Landeshauptmann Major Leutwein die militärische Besitzung unseres Schutz gebietes in Südwest - Afrika in folgender Weise geregelt: Erster Distrikt Windhoek (Chef Lieutenant v. Hkydebreck) mit den Stationen Windhoek, Rehoboth, Kawasis, Neuras und ZebriS. Zweiter Distrikt O-jimbingwe (Chef Lieute nant Schwabe) mit den Stationen Oljimbingwe, Tsaabis, Salem, Tsoachaubmund, Rooibank (Lieutenant Eggers). Dritter Distrikt Keetmanshoop (Chef Lieutenant Bethe) mit den Stationen Keetmanshoop, Gibeon, Rietfontein, Warmbad, Uhabis. Vierter Distrift Bethanien (Chef Lieu tenant v. Ziethen (mit den Stationen Bethanien, Angra Pequena, Hottentotten-Bai, Gubub. Außerdem ist in Aussicht genommen die Besetzung eines fünften, nördlichen Distrikts mit den Stationen Okahandja, Omaruru, Waterberg (Otjo- sondjupa). Auf diese Weise sind alle wichtigen Punkte unseres Schutzgebiets, welches bei einem Flächeninhalt von 835 100 qkm noch erheblich größer als Preußen (348 330 4km) ist, militärisch besetzt. Allerdings hat bei der großen Anzahl von Stationen und der geringen zur Verfügung stehenden Truppenmacht die Besetzung der einzelnen Stationen eine nur sehr schwache sein können, sodaß es der höchsten In anspruchnahme aller militärischen Kräfte bedürfen wird, um dieses ungeheure Gebiet, das allein von der in der Nähe des Oranjeflusses gelegenen Station Warmbad bis Wind- Hoek eine Längenausdehnung von 700lcm hat, also unge fähr so weit wie Berlin von Eydtkuhnen entfernt ist, gegm die Ueberfälle der Witboois oder anderer feindlichen Stämme zu schützen. Aber diese Besitzung des Landes in Verbind ung mit dem energischen, zielbewußten und dabei die wirth- schastlichen Interessen des Landes in jeder Weise fördernden Vorgehen des Majors Leutwein hat bereits wesentlich dazu beigetragen, daS so sehr gesunkene Verträum wieder zu he ben und Handel und Verkehr wieder zu beleben. Da eS außerdem dem Vernehmen nach gelungen ist, die englischen Munitionsschmuggler, durch deren Unterstützung den Wit boois die Fortsetzung des Krieges ermöglicht wurde, «inzu- fangen, so dürfte besonders nach dem Eintreffen der letzten Verstärkungen die vollständige Unterwerfung der Witboois mit Bestimmtheit zu erwarten sein. Schon jetzt mehren sich die Anzeichen, daß dieselben ihre Sache al» verloren ansehen. Vor einiger Zeit meldeten sich in Bethanien fünf berittene Witboois und lieferten dort Pferde, Waffen und Munition ab, und in neuster Zeit hat sich derselbe Fall in Gibeon wiederholt. Es würde eine große Genugthuung für den Major Leutwein sein, wenn fast gleichzeitig mit dem Ab- zange des Majors von Francois die Unterwerfung der WitboiS erfolgen und damit Ruhe und Frieden herg«stellt werden würde. Demnächst ist allerdings die Ausführung der, dem Vernehmen nach, von der ColonialGesellschaft bei der ReichSregieruna beantragten Telegraphrnver- bindungen sowie de» Ausbaues der Swalop-Mündung zum Anlegen von Schiffen al» ein überau» dringende» Bedürf- niß zu beztichaen. Wmn e» in letzterer Beziehung erst umfangreicher Vorarbeiten und der Aufstellung «ine» besonder« Entwurf» bedarf, bevor die Bewilligung der dazu erforderlichen Mittel nachgesucht und mit der Ausführung begonnen werden kann, und daher auch bei der größten Beschleunigung mehnre Jahre btS zur Fertigstellung eines geeigneten, von der englisch,« Verwaltung unabhängigen Hafens vergehen werden, so liegen in Betreff der Anlage eines TelrgraphennetzeS derartig« Schwi«rigk<tlen nicht vor. Da daSsilb« nicht allein für die telgraphische Verbindung über Capstadt mit Europa, sondern auch für den tele graphischen Verkehr der Milnärstationm untereinander und mit dem Landeshauptmann in Windhoek von der höchsten Wichtigkeit ist, außerdem aber zur wirthschaftlichm Ent- Wicklung d«S Landes, welches weder schiffbare Flüsse, noch zur Zeit Straßen oder Eis nbahnen hat, wesentlich bei- tragen wird, so dürfte eS in jeder Beziehung rathsam sein, mit der Herstellung einer T«l -grap henverbindung ohne Ver zug vorzugehen. « « * V « ch f e «. Leipzig, 7. Aug. Zum Besuche der zur Feier ihres 350jährigen Jubiläum, von des Leipziger Buchbin derinnung veranstalteten Ausstellung traf heute Vormittag 11 Uhr deren Allerhöchster Pcotector, Se. Majestät der König von Sachsen auf dem hiesigen Dresdener Bahnhofe ein. Nachdem Se. Majestät einige der zum Empfang er schienenen Herren durch Ansprachen ausgezeichnet hatte, bestieg derselbe den Wagen und fuhr direct nach oem Krystallpalaste. Nachdem Se. Majestät dortstlbst ehrfurchtsvoll empfangen worden war, übernahm Buchbindermeister Göhre die Füh- rung durch die Ausstellungsräume, die einen überaus fes- selnden Anblick darboten und in ihren Einzelheiten das Allerhöchste Interesse erficht! ch in Anspruch nahmen. Se. Majestät besichtigte sehr eingehend die ausgestellten Ma schinen und die verschiedenen Producte des Buchbinder gewerbes, und ließ sich von den verschiedenen Ausstellern zu wiederholten Malen Erläuterungen geben. In das aus gelegte Jnnungsalbum zeichnete Se. Majestät seinen Namen ein. Nach dem Rundgang durch die gesammte Ausstellung, der etwa 1 Stunde währte, begab sich Se. Majestät in den goldenen Saal und nahm hier das Früh stück ein. Hierauf wurde der König von dem Comits ehrfurchtsvoll zum Wagen geleitet, worauf de, selbe 1 Uhr 10 Min. die Rückreise nach Dresden antrat. — Aus Zittau, 7. August wird berichtet: Aus Fried- land in Böhmen ist heute Morgen die Nachricht hier ein getroffen, daß in einem Walde bei dem Orte Ferdinands- thal ein Mann überfallen und seiner Baarschaft beraubt worden ist. Der Beraubte hat von dem Wegelagerer eine Personalbeschreibung gegeben, die genau aus den gesuchten Raubmörder Kögler paßt. Der vorgestern hier festgenom mene Einbrecher Kretschmar, n Bezug auf welchen gleich falls der Verdacht rege geworden war, daß er den Mord am Töpfer begangen haben könnte, ist gestern mit den Zeugen des Mordes konfrontirt worden, doch haben die selben übereinstimmend festgestellt, daß er der Mörder nicht ist. Bon der hiesigen Gendarmerie wurde gestern wieder ein« Streife veranstaltet, die resultatlos verlief. Die Werth- fachen, welche bei Kretschmar vorgefunden worden sind, rühren, wie sich herausgestellt hat, von mehreren Ein bruchsdiebstählen her, welche derselbe am 2. dieses Monat» ! im Pfarrhause bezw. im Gasthause zu Putzkau bei Bischofs- ' werda verübt hat. (Vergl. hierzu unter Warmbrunn.) — Im Magen einer Kuh, die er auf dem Dresdner Schlacht- viehhof« gekauft, fand ein Fleischermeister aus Wehle« nach dem Schlachten derselben einen gut erhaltenen goldenen Trauring vor, welcher außer einigen Buchstaben das Datum des 7. Mai 1865 in der Innenfläche eingravirt trägt. — Aus Grimma wird geschrieben: ES sind in diesem Jahre zwei Jahrhundert, daß Grimma fast ununterbrochen Reitergarnison ist, denn im November 1694 wurde der ' Stab eines Kavallerieregiments hierher verlegt. Schon 21 Jahre vorher hatte Grimma Garnison gehabt, und zwar eine Kompagnie Infanterie. Aber während vielen Städten eine Garnison heute als erstrebenswerth gilt, war sie damals eine Plage, da die Regimenter nicht aus unbe scholtenen Landeskindern zusammengesetzt wurden, wie heute, sondern sich aus verkommenen Menschen rekrutirten, au» arbeitsscheuem Gesindel und aus Abenteurern. Welcher Art der unter diesen Truppen herrschende Geist war, das erhellt aus dem Nothschrei, den der hiesige Stadtrath an den Kurfürsten erließ. Der Stadtrath berichtete, es sei der kurfürstliche Hauptmann Christoph Abraham von der Saale vor 8 Tagen mit dem Befehle, eine Kompagnie hier zu errichten, ang«kommen und habe etliche neugkwor- bene Knechte mitgebracht und sich schon soweit verstärkt, daß er in die 130 Köpfe habe Diese neugeworbenen Knechte wollten fast ihres eigenen Gefallens leben, indem sie mit übermäßigem Trinken sich belüden und darnach, wo nicht unter einander, doch wenn sie „bezecht" in die Quartiere kämen, mit den Wirthen allerhand Ungelegen heilen mit Zanken und Schlagen anfingen, wobei eS selten ohne Aufläufe der Soldaten und Bürger abgehe. Sie gingen ferner ihres Gefallens zu den Thoren aus und in, fingen auf den Dörfern Ungeleqenheiten an und machten )ie Wege unsicher, daß fast kein Bauer mehr etwas in die Stadt hereinzubringen sich getrau«. Endlich s«i auch die Stadt >ei ihrem übermäßigen „Tabaktrinken" und bei ihrer Unacht- samkeit mit dem Lichte fast stündlich in großer Feuersgefahr. — Ein Bild werkthätiger Menschenliebe zeigt sich jeden Morgen im Hofe der einfachen Bürgerschule 1t an der Bosenstraße in Zwicka«. Hierselbst erhalten unentgeltlich und im Beisein eimS Lehrers einige achtzig Schülerinnen dieser Schulanstalt zur Erholung und zur Kräftigung ihrer Gesundhrit frische Milch. In den zufriedenen und frohen