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Die WWemWche WeWMr Freilassung deutscher Kommunisten von Holland erwirkt. Amsterdam, 21. April. Das Organ der National-Sozialistischen Bewegung (NSB.) „Volk en Baderland" veröffentlicht eine aufsehen erregende Enthüllung in Zusammenhang mit der vor meh reren Tagen verfügten plötzlichen Freilassung einer Anzahl früherer deutscher Kommunisten aus dem Internierungs lager Honswyk. Dem Blatt zusolge soll die Freilassung dieser kommu nistischen Agitatoren, unter denen sich auch der frühere deutsche Reichstagsabgeordnete Lreuhberg befand, auf Druck der Sowietregierung hin erfolgt sein, die gedroht habe, alle nach Holland vergebenen Aufträge zu annullieren, wenn die festgenommenen Kommunisten nicht unverzüglich wieder auf freien Aust gesetzt würden. Der Justizminister habe diesem sowsetrussischen verlangen entsprochen, obwohl die Amsterdamer Staatsanwaltschaft abgeraten habe. „Volk en Vaderland" bezeichnet es als äußerst wichtig, daß das niederländische Volk den wahren Hergang dieser Angelegenheit erfahre, und gibt folgenden Kommentar: „Die Freilassung ist erfolgt, ohne daß eine Ausweisung stattge funden hat, so daß diese höchst gefährlichen Individuen jetzt frei in Holland umherlaufen, ohne daß man weiß, wo sie sind und was sie unternehmen. Auf welche Weise schützt der niederländische Iustizminister die öffentliche Sicherheit? Das Urteil hierüber überlassen wir gern der öffentlichen Meinung. Es ist nur schade, daß diese wieder zwei Jahre warten muß, ehe sie ihr Urteil aussprechen kann." Mit letzterer Bemerkung spielt das Blatt darauf an, daß erst in zwei Jahren wieder Wahlen in Holland abgehalten werden. Allerlei Neuigkeiten Ein Montblanc-Tunnel? Der französische Kammer- uusschuß für öffentliche Arbeiten hat einem Bericht zuge stimmt, der die Untertunnelung des Montblanc für den Autoverkehr zwischen Frankreich und Italien vorschlägt. Der eigentliche Tunnel würde 12 Kilometer lang sein. Frankreich und Italien sollen sich die auf 250 Millionen veranschlagten Baukosten teilen. Die Negierung wird auf gefordert, mit der italienischen Regierung wegen der Durch führung des Planes in Verbindung zu treten. Ein schwerer Verkehrsunfall ereignete sich bei Nogent- le-Rotrou in Frankreich. Ein Personenkraftwagen raste in voller Fahrt auf den Anhänger eines Lastzuges auf. Es gelang nicht mehr, den drei Insassen des Autos zu Hilfe zu kommen, die durch die Entzündung der feuergefährlichen Ladung des Lastwagens verbrannten. 84,S » h. Ja-StiMM« Gesamtergebnis der Verlrauensratswahlen. Berlin, 23. April. Das nunmehr vorliegende Ergebnis der Vertrauens- ; ratswahl stellt den Durchschnitt der von allen Gauen und ! aus allen Betrieben Deutschlands abgegebenen Stimmen j dar. Am 12. und 13. April hat sich das werktätige deutsche j Volk aus Fabriken und Kontoren, aus den Eutsbetrieben j und Staatsbetrieben mit überwältigender Mehrheit zur Wirtschafts- und Sozialpolitik des Führers bekannt. S4.5 v. H. Ja-Stimme« sind das Ergebnis der Ver- lrauensratswahlea 1SZ5. Mit dieser Stimmenabgabe, die am Geburtstag de» Führer» geschlossen zu übersehen ist, hat das deutsche Arbeiterlum seinem Führer das schönste Geschenk gemacht. FlnnIöndWe LandwirtlchastsMrer in AeutWand In Stettin traf eine Abordnung sinnländischer Land- ' Wirtschaftsführer unter Leitung des finnlündischen Landwirt- ! schastsministers Linna ein, die auf einer Rundreise durch : Pommern und Mecklenburg deutsche Siedlungen kennen- ! s lernen will. Non gellern bis heute : Land Braunschweig erwerbslosenfrei. ! Nach der letzten Meldung über die Arbeitsmarktlage im > Monat März kann die Arbeitslosigkeit im Lande Braun- t schweig praktisch als überwunden gelten. Der noch verblei- ! s !bcnde Rest von 6012 Erwerbslosen, dem 45 088 Personen > s gegenüberstehen, die seit dem 31. Januar 1933 wieder in Ar- s ' beit gebracht werden konnten, setzt sich zu einem sehr we- ! sentlichen Teil aus überhaupt Erwerbsunfähigen zusammen, s ! Der Rückgang der Erwerbslosigkeit von 51 000 am 31. Ja- s s nuar 1933 um 45 088 auf nur noch 6012 am 31. März 1935 , i entspricht einem prozentualen Rückgang von 88,2 v. H ! Meineidsklage gegen Memeier Belastungszeugen. i ' Das Kownoer Bezirksgericht verurteilte den s ! 18jährigen Gerichtsangestellten Kramer aus Memel wegen - Meineides zu 11L Jahren Gefängnis unter Abrechnung eines > Drittels der Strafe wegen Minderjährigkeit. Kramer war j im Memelländer Prozeß als Belastungszeuge benannt wor- r den und hatte dann erklärt, daß er seine Aussagen vor dem Untersuchungsrichter unter Zwang gemacht habe, da ! man ihm mit Verhaftung gedroht habe. Weil Kramer aber - zur Zeit beim litauischen Militär diente, wurde erneut ein Druck auf ihn ausgeübt, und Kramer fiel noch einmal um. Infolge dieses wiederholten Widerspruches leitete der Staatsanwalt Klage wegen Meineides ein. Da der Eid vor einem Kownoer Gericht geschworen wurde, wurde Kramer auch anstatt vor ein memelländisches vor ein litauisches Ge richt gestellt. Deutsche HWöMrkMMN mandern wieder In der Geschichte des deustchen Handwerks nahm noch bis in die Zeit vor dem Krieg das Wandern der Gesellen einen breiten Raum ein. Der Geselle, der sich als Lehrling in der Werkstatt seines Meisters die Grundbegriffe für seinen Berus angeeignet hatte, lernte aus seinen Wanderun gen nicht nur Land und Leute im weiten deutschen Vater land sondern auch die verschiedenen Arbeitsweisen in den einzelnen Gauen kennen. Das Wandern der Gesellen mar eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Erzielung der Wertarbeit, die das deutsche Handwerk auszeichnele. Nach dem Krieg wurde das ehrsame Gesellenwandern durch ein sich mehr und mehr ausbreitendes Landstreichertum auf der Landstraße verdrängt und somit das Handwerk eines seiner wertvollsten Antriebe beraubt. Um nun den Gedanken des Gemeinnutzes in den Her zen des Handwerksnachwuchses zu vertiefen, und den ein zelnen zu einem auf festen Füßen stehenden, lebensgewand- ien, erfahrenen, beruflich erstklassig durchgebildeten, flei ßigen und volksverbundenen Menschen zu erziehen, soll jetzt im nationalsozialistischen Deutschland das Wandern der Handwerksgesellen wieder eingeführt werden. Mit dem Aufbau des Gesellenwanderns ist Reichsfachgruppenwalter Fedtke von Reichshandwerksmeister W. C. Schmidt beauf tragt worden. Die Vorarbeiten sind nun so weit gediehen, daß zunächst aus den Handwerksgruppen der Fleischer. Bäcker undKonditoren im ganzen Reich etwa 40W Gesellen in den nächsten Tagen auf die Wanderschaft ge schickt werden können. Den Wandergesellen ist es vorerst nicht sreigestellt, die deutschen Gaue nach eigenem Belieben zu durchstreifen; es handelt sich vielmehr um einen plan mäßig vorbereiteten Austausch vom Arbeitskräften, wobei jeder nach einer vorgeschriebenen Frist von acht Wochen den für ihn vorgesehenen Arbeitsplatz erreichen muß. Da nur die besten Gesellen auf die Wanderschaft geschickt wer den, die ihre Prüfung mit „sehr gut" bestanden haben, und die sich zudem durch ihr Wanderbuch als charakterlich und politisch einwandfrei ausweisen können, wird der Wander geselle nun auch wieder als ehrbarer und rechtschaffener Mensch geachtet und in jedem Meisterhaus ein gern gese hener, vertrauenswürdiger Gast sein. InDreshen werden am 26. April die ersten Wander- aesellen — etwa 35 — auf die große Reise geschickt werden. Aus diesem Anlaß findet aus dem Adolf-Hitler-Platz eine kurze würdige Feier statt; dann werden die jungen Gesellen von Landeshandwerksmeister Naumann, dem Bezirkswalter der DAF, Pg. Peitsch, und Gaubetriebsgemeinschaftswalter Engler verabschiedet werden. Tausende von Handwerksmei stern und ein Musikzug werden den Wanderern das Geleit bis zur Stadtgrenze geben, von wo sich dann jeder getrennt auf die Reise begeben wird. Im Juni werden sich die Wandergejellen aus dem gan zen Reich in Frankfurt a. M. ein Stelldichein geben und an dem dortigen Reichshandwerkerlag teilnehmen. Von dort wird sie dann die Reise an die für sie bestimmten Ar beitsplätze führen, die für unsere sächsischen Wanderer zu meist in Süd- und Nordwestdeutschland liegen. Das deutsche Handwerk setzt auf das Gesellenwandern große Hoffnung. Unter Einsatz aller Werbemittel wird die Deutsche Arbeitsfront aus Grund der Erfahrungen des ersten Wanderjahres danach streben, das Gesellenwandern nach und nach wieder zu einer AUgemeineinrichtung des deut schen Handwerks zu machen. (21. Fortsetzung.) -rnanka Colani hatte in der Abendstunde des Tages vor der Abfahrt den Dampfer „Stuttgart" bestiegen. Mit Absicht bereits am Abend und ohne den Sonderzug des Lloyd zu benutzen. Sie wollte nach Möglichkeit jedes Zu sammentreffen mit Engstrom und der Calchcr vermeiden. Sie hatte die beiden in Bremen gesehen und wußte, daß sie erst am folgenden Morgen mit dem Lloydzuge kamen. So blieb ihr dieser Abend. Die Kabine, die sie mit einer anderen Sängerin, die auch erst am nächsten Tage an Bord kam, teilte, war einfach, aber gut. Sie ging über das Verdeck: „Zur ersten Kajüte Aufstieg verboten." Gut! Sehr güt! Also Ware» die „Erstklassigen" von ihr durch eine Schranke getrennt. Im Speisesaal traf sie Direktor Nimoldi, der ihr die Hände entgegenstreckte. „Bravo! Bravo! Ich werde Ihnen gleich etwas leigen; es wird Ihnen Freude machen." Er nötigte sie in den Gesellschaftssalon, stürmte davon und kam mit einem riesigen Plakat zurück „Opernstagione Eugenio Nimoldi von der Slam in Mailand. Lyeatre Lyric, Madison City. Eröffnungsvorstellung am Sonnabend, dem 18. Oktober. Unter persönlicher Mitwirkung des berühmten, ersten Stars der Festspiele in Bayreuth , M i ß B i a n k a C o l a n., genannt die „Deutsche Nachtigall". Alfred Kcrmont Georg Gcrmont La Traviata. Miß Blanka Colam Kammersänger Waldemar Hofer Tlrctwr Eugenio Nimoldi." Dann kamen die übrigen Sänger in kleinerem rwm.. Biankas Name war auch im Persouenvcrzeichnis drei mal so groß gesetzt wie der des gleichfalls hcrvor- Zehobenen Hofer.' „Nun? Halte ich Wort? Tue ich, was ich kann?" Bianka konnte nicht verhehlen, daß sic sich freute. „Wir werden dieses Plakat hier verlieren. Es schade« nichts, wenn die Mitreisenden wissen, wer wir sind!" — 7.—7 - i7.— ! ,Fch'Äanke Ihnen." „Und nun — Sie gestatten, daß ich Sie zum Souper ! führe — nur ein ganz schlichtes Gläschen Sekt zur Be- s grüßung. Heilige Mutter Gottes, wie sehen Sie aus! ! Jung! Schön! Ich bin einfach begeistert!" Sie konnte es nicht verhindern, daß er seinen Arm unter den ihren schob und sie in den Spcisesaal führte. Es waren erst wenige Passagiere an Bord, aber aller Augen richteten sich auf das seltsame Paar. Den übertrieben jugendlich zurechtgemachten Italiener, der während des ganzen Essens überlaut von seinen Triumphen erzählte, und der schlanken, schönen Frau an seiner Seite, mit dem Rot der Verlegenheit auf dem Gesicht. Sie war froh, als sie endlich seinen immer aufdring licheren Schmeicheleien eyjgehen und in ihre Kabine ver schwinden konnte. Sie fühlte sich von tausend Gedanken zerrissen. Freute sich, daß dieser Mann an sie glaubte, zitterte vor ihrer kranken Stimme, kam sich vor, als säße sie auf einem Vulkan, fürchtete ein Wiedersehen mit Engström, und immer wieder tauchte das Bild der kleinen Villa im Grunewald, Egons einfache, schlichte, liebevolle Art in i ihren Gedanken auf, und immer wieder die harte Ve- ! wegung seiner Hand: Geh! Wo war er jetzt? Hatte ihr Brief ihn erreicht? Hatte sie wenigstens etwas gutmachen können? Herr des Himmels, nun sah sie wieder den alten Gelehrten mit dem toten Antlitz! ) Sie fand keinen Schlaf und wälzte sich in dem engen Bett der Kabine. Erst gegen Morgen versank sic mit Hilfe reichlicher Schlafmittel in festen Schlummer. Und als sie erwachte — Vie Frühstückszeit war vorüber —, hörte sie Lärmen und Gehen, viele durcheinandcrschwirrende Stimmen und i stand auf, warf einen Schlafrock über und lauschte. Jetzt kamen die Passagiere an Bord. Die Kabinentür - wurde aufgerissen: eine alternde Frau mit welkem Gesicht, mit viel falschen Schmuckstücken überladen, geschminkt und s überreich gepudert, trat ein. s „Ich habe hosfeutlich das untere Bett — ich... .Eine ' miserable Kabine — natürlich..." l Sie verzog ihr Gesicht zu einer süßlichen Fratze, als ! sie Bianka sah. j „Maria Gina Vertinamorati!' Bianka nannte ihren Namen. „Madonna! Madonna Tanta! Unser Star! Ich bin l glücklich! Ich... Und so jung! So schön! Ich — Sie > werden meinen Namen kennen — das vorige Mal war ich noch der Star! Tempi plmnati! Ach, wenn mein Freund Caruso das noch erlebt hätte! Als ich mit ihm noch in der .Scala' das letzte Mal sang..." „Ihre Koffer." .Madonna Santa! Es ist so eng hier; ja, das vorige t Mal — Sie wissen, der Direttoro"ist geizig geworden — in der zweiten Klasse! Ach, ein Künstler müßte ewig jung bleiben." Theater der Ruinen! Jetzt sah Bianka eine dieser, Ruinen — und mit dieser in einer Kabine? Sie trat in den Gang hinaus. ,Servus! Servus, verehrte Kollegin." Bianka erschrak. Sie hatte Waldemar Hofer seit Fahren nicht gesehen. Ein alternder Tenor war er gewesen, als! sie sich in Stralsund ihre Sporen verdiente — und nun?! Dick, mit nicht zu versteckendem Spitzbauch, ein schlaffes' Gesicht — und der sollte den Alfred singen? Aber sie , zwang sich zu einem Lächeln. ; Draußen heulte die Sirene die letzten Signale. Signor«! i Vertinamorati war hinausgegangen; Bianka hockte in ihrer Kabine, hatte gern so getan, als sei ihr das obere! ; Bett lieber. Die Anker wurden gelichtet. Sie stand am« Bullauge und schaute hinaus, wie der Strand langsam« zurückwich; sie sah die winkenden Menschen am Ufer — ihr war unendlich traurig zumute. Ihr winkte niemand nach! Sie ließ niemand zurück! Der einzige, der es gut mit ihr gemeint hatte, war .ihr durch eigene Schuld für immer entrissen. Ihr graute vor ihren Kollegen, vor dein lüsternen, süßlichen Direktor, der alternden Vertinamorati, ' dem feisten Tenor mit dem Trinkergesichl. Wie sollte sie sich zurechtfinden in dieser Gesellschaft! ! Das Signal zum Frühstück erklang. Schon wieder die . Stimme des Direktors: ! Signora! Signora bollismma! Alles wartet." Sie nahm sich zusammen, aber es war ein Spießruten- laufen. Im Speiscsaal war cin Tisch für die Solisten der Stagione Nimoldi reserviert. Der Direktor stellte vor. Theater der Ruinen! Nein, nein! Noch war sie nicht soweit! Sie kam sich vor, als sei sie, jung, lebend in eine verstaubte Gesellschaft von Mumien gekommen. Mit Mühe nahm sie sich zusammen, schluckte einige Bissen, fühlte lauernde Augen, konnte nicht sprechen und empfand, daß man ihr Schweigen als Hochmut auslegte. Die „Stuttgart" passierte das erste Weserfeuerschiff. Nach der Ruhe im Hafen umwogten sic nun schon Dünung: und Wellen. Ein Unbehagen stieg in ihr auf, und sie flüchtete in die Kabine. Die Nordsee war stürmisch. Bianka blieb in ihrem Belt: unter ihr jammerte und stöhnte in den Qualen der Seekrankheit Maria Gina Vertinamorati und verfluchte sich selbst. Auch Bianka war krank und verzagt, lauschte vem Anproben der Wogen gegen die Schiffswand. Dann kam im Kanal ein Tag vcs Nebels. Unaufhör lich heulte die Sirene des Dampfers. Das Bullauge ocr tief gelegenen Kabine war fest verschraubt. Endlich ließ- das Grollen des Wettcrgottcs nach, und die Sonne schien über ein ruhiges Meer. j lForksrtzung folgt.)