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„Ich möchte noch ein bißchen weiter mit dir. Vielleicht Rom?" „Und ich möchte gern noch hierbleiben, Assen! Noch zwei Wochen. Es ist wundervoll hier. Und so prickelnd ist es, wenn man am Spieltisch sitzt. Und ich beherrsche wich ja. Wenn ich verliere, höre ich auf und versuche mein Glück lieber an einem anderen Abend.' „Ja — du kannst dich beherrschen. Manche Leute lennen das aber nicht. Wenn dis erst eine Karte angerührt baden, sind sie dem Spielteufel derart verfallen, daß sie nicht aufhören. Und manchmal bedeutet das dann aller dings das finanzielle Ende.' „Das mag sein! Aber solch einen haltlosen Menschen würde ich verachten. Man verspielt doch nicht Geld und Gut, um eine Nacht seiner Spiclleidenschast zu frönen. Was sollte denn dann aus einem werden?' Er schwieg. Was hätte er auch sagen sollen? Sollte er ihr jetzt erzählen, daß er einst von seinen Eltern viel Geld geerbt und dieses Vermögen am Spieltisch verloren hatte? Und daß er dann hungerte und sich heimatlos umhertrieb, bis ibm eines Tages der Gedanke kam, sich Geld auf irgenv- cine Weise zu verschaffen? Und daß er dann allmählich immer weiter auf die schiefe Bahn geriet, bis er eines 7ages der elegante Hochstapler wurde? Hoteldieb, Heiratsschwindler, Zechpreller und Urkundenfälscher? Doris sah ihn entsetzt an. Er blickte auf, wie aus einem Traum erwachend. Sah den entsetzten Blick seiner Frau und lächelte. Doris aber sagte: „Du — jetzt habe ich mich vor dir gefürchtet. An was vachtest du eigentlich?' „Etwas Unangenehmes war es! Aber wir wollen schweigen davon. Wo möchtest du heute abend hin?' „Ich möchte in die Säle, Assen! Ist es dir recht? Er krampfte die Hände zusammen. Da hob er ruckartig den Kopf: „Gut! Ganz wie du willst. Doriane!' Er nannte sie zuweilen so. Weil er wußte, daß ihr dieser Name gefiel. Da lächelte Doris strahlend. Er aber wußte, daß jetzt das Verhängnis wieder be gann. Zwei Wochen konnte er dem Spielteufel nicht mehr Widerstehen, das wußte er. Hatte er denn nicht bereits Folterqualen ausgestanden während dieser letzten Wochen? . Vielleicht! Vielleicht hielt er sich! ' ., Vielleicht widerstand er? Nein! Assen Kreloff wußte, daß jetzt das Verderben endgültig kam, und in diesem Augenblick haßte er die Frau, die es ihm so schwer machte. Haßte er sie? Nein! Nein! Er liebte sie doch! Liebte sie, weil sie ihm wieder zu einem sorglosen Leben verhalfen hatte. Und — sie hatte ja recht. Warum sollte er sein Glück nicht noch einmal versuchen? " ' * . * Sie blieben! Und auch Assen Krelosf spielte I Gewann, Sttlör, hatte eine unbändige Freude am Spiel, küßte droben im Hotel zimmer seine Frau, war übermütig und voll toller Ein fälle. Ging man tagsüber miteinander spazieren, dann freute sich Doris immer wieder, wie sehr man sie beide bewunderte. Ihre eitle Oberflächlichkeit fand darin vollste Befriedigung. Und ja, sie liebte ihren Mann wirklich. Sie wurde auch von ihm geliebt. Also war sie vollkommen glücklich. Daß er bettelarm gewesen war, daß das letzte Geld und die Schmuckgegenstände von Diebstählen her rührten, wußte sie nicht. Sie hielt ihn für reich. Reicher^ als sie selbst! Und sie hatte ihm die Verwaltung ihres Vermögens übergeben. Sie kümmerte sich um nichts. Rückhaltlos war ihr Vertrauen zu diesem Manne. Und Assen Kreloff hatte es bisher ja auch noch nie mißbraucht. Und wenn er jetzt spielte, so geschah tzs ja auch nur mit Doris' vollstem Einverständnis. - Eines Tages begegnete ihnen auf der Promenade eine Dame. Sie blickte, spöttisch lächelnd, auf das Paar und wandte dann den Kopf. Nur Kreloff hatte das spöttische s Lächeln gesehen. Doris blickte nur interessiert auf das elegante Kleid der Fremden. Ein wundervolles weißes! Kostüm mit schwarzem Perltüchl Dazu die schwarzL Mütze mit der flotten weißen Schleife! Wirklich wundervoll^ Kreloff aber dachte verzweifelt: „Fort! Jetzt fort! Olga Merlin ist gefährlich, wenn man ihr. nicht zu Willen ist. Und ich werde ihr nie mehr zu Willen sein.' , Sie schritten weiter. Als sie auf der weißen Bank unter den wehenden Palmen saßen, sagte er: „Doris, ich sah heute hier Bekannte! Ich will nichts mehr mit ihnen zu tun ,haben. Nun reisen wir wirklich ab. Und diesmal kann ich auf deine Wünsche keine Rück sicht mehr nehmen.' ' Sie schwieg. Nach e!nör Weile saate er: „Du willst eine Erklärung? Ich möchte vorläufig keine solche Erklärung abgeben. Und — wir waren lang-! genug hier. Meinst du nicht?' Da in diesem Augenblick eine Gruppe junger Dame» an ihnen vorüberging, die sich sämtlich nach Kreloff den! Kopf verdrehten, wurde Doris seltsam nachgiebig. „Ich bitte dich, Anweisungen für unsere Abreise zu, geben! Ich respektiere natürlich deinen Willen gern!' sagte sie. Er drückte ihren Arm an sich. „Doriane, jetzt bist du ganz reizend! Ich danke dir!' Das beste Einvernehmen war wieder hcrgestellt. Sie reisten am nächsten Tage ab. In Nom trafen sic Lord Spencer Farone, der entzückt war, den alten Ncise- gcnossen einer schönen Südseefahrt wiederzufinden. Noch , dazu so unverhofft und in Begleitung der reizendsten; und schönsten Frau! Er machte Doris auf Tod und Leben die Kur, was Kreloff weiter nicht nahe ging, denn er kannte ja Spencer! Farone. Farone war inzwischen, seit sie sich nicht gesehen hatten, recht alt geworden. Und vorteilhaft hatte er nie mals ausgesehen. Er hatte graues, dünnes Haar, ein von einem Boxschlag vollständig verkrüppeltes Ohr, und die linke Schulter war etwas ausgewachsen. Er hatte zudem ein häßliches Gesicht; aber er war ein seelenguter Kerl. Er konnte einen vortrefflichen Freund abgeben, aber keinem Liebhaber für eine schöne verwöhnte Frau. Das wußte Assen Kreloff, und das wußte vor allem der Lord selber! Man verlebte fröhliche Tage in Nom. Dann bat der Lord: , „Kreloff, tun Sie mir die Ehre an und kommen Sie > mit Ihrer Frau Gemahlin nach Schloß Fatone! Ich gebe! dort ein Fest nach dem anderen, wenn Sie das wünschen, j Wirklich — kommen Sie mit!' Assen Kreloff überlegte fieberhaft. Das Angebot war verlockend. Das Schloß Farone war ein Märchen! Er kannte es aus einer Zeit, da er sich noch nicht gegen das Gesetz vergangen halte und »lme GewikkenSbiffe in Schloß Farone weilen durfte. " Jetzt war das anders. Ganz, ganz anders! Jetzt hatte er kein Recht mehr, nach Schloß Farone zuj reisen! Neben ihm klang die Stimme des Lords bittend: „Kommen Sie mit! Bleiben Sie den ganzen Winter, nächsten Winter bei mir. Wir können ins schottische Hoch land, können dort jagen. Dann können wir Gäste haben in Farone. So viel wir haben wollen. Wir können uns .aber auch vollkommen für uns absondern, wenn uns das besser gefällt. Am besten ist es da, wir richten uns immer nach Ihrer Frau Gemahlin. Damen wissen immer das besteherauszuwählen. Na?' . i „Ich möchte — ich weiß es noch nicht. Ich will mit! meiner Frau sprechen.' i