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gehört'hatten, beschlossen, dem Noyrbacher Yannes zu hel fen. Trotz der in Lerbach herrschenden wirtschaftlichen Not wurden dem Rohrbacher Hannes 16 Pfund Lebens- und Genußmittel gespendet, die ihm mit einem Begleitschreiben des Lehrers und Gedichten der Kinder übersandt wurden. Ein Gastwirt verband mit der Sendung eine Einladung an den Rohrbacher Hannes zu einem längeren Aufenthalt in Lerbach. Lie Fahrkosten wollen die Kinder aufbringen. Vorbehalte der Kleinen Entente. Ler Außenpolitiker des „Echo de Paris" sieht die Ver wirklichung der französischen Donaupaktpläne nicht so rosig, wie dies die übrige Presse tut Nach dem „Echo de Paris" sei eine ganze Reihe von Vorbehalten der Kleinen Entente zu erwarten, die dem Plan starken Abbruch tun könnten. So werde die Kleine Entente darauf bestehen, daß ein Ver bot der Wiedereinsetzung der Habsburger in Form einer Zusatzbestimmung in das Abkommen über die Nichtein mischung in die inneren Angelegenheiten Oesterreichs aus genommen wird. Sie werde weiter Sicherungen gegen jede Reoisionspropaganda verlangen. 12 Beamte der Leningrader OGVIt. verurteilt. Das Militärkollegium des Obersten Gerichtshofes in Moskau hat 12 Beamte der Leningrader OGPU., darunter deren ehemaligen Chef, Medwed, wegen fahrlässiger Hand lungen und Verstoßes gegen die Staatsschutzgesetze zu insge samt 37 Jahren Verbannung in Konzentrationslager ver urteilt. Außerdem erhielten alle Angeklagten Gefängnis strafen, der Angeklagte Walzewisch eine solche von zehn Jahren. Medwed wird öorgeworfen, er habe kein« genü genden Maßnahmen zum Schutz des Lebens Kirows getrof fen. Die Verurteilten haben deshalb keine härteren Strafen erhalten, weil sie große Verdienste um die bolschewistische Re volution und mehrfache Auszeichnungen aufzuweisen haben. Sie sind alle alte Mitglieder der Kommunistischen Partei. Allerlei Neuigkeiten Schulschließung wegen Grippe. Infolge zahlreicher Krankheitsfälle unter der Schuljugend sind sämtliche Schulen in Odenkirchen (Rheinland) vorläufig bis zum 28. Januar geschlossen worden. Es handelt sich um «ine vorbeugende Maßnahme, um ein weiteres Umsichgreifen der Grippe zu verhindern. Vom Unglück schwer heimgesucht wurde in öffenbach a. Glan die Familie des Schneidermeisters Iakob Bohnen berger. Als die beiden Töchter am Morgen aus dem obersten Stockwerk des Hauses nach unten kamen, fanden sie zu ihrem Entsetzen den Vater und den 13jährigen Bru der im Schlafzimmer tot auf, während die Mutter und ein zweiter Bruder schwere Vergiftungserscheinungen zeig ten. Da Fenster und Türen fest verschlossen waren, hatten Kohlenoxydgase, hie sich im Laufe der Nacht nach dem Heizen des Ofens angesammett halten, keinen Abzug ge- , fanden und das Unglück heraufbeschworen. Die Ehefrau ' und der 19jährige Sohn konnten am Leben erhalten werden. x' - / Gerichtssaal Die Wühlarbeit der Kommunisten Das Sondergericht für das Land Sachsen verurteilte dreißig frühere KPD-Angehörige aus Dresden wegen Ver brechens gegen das Gesetz gegen die Neubildung von Par teien sowie wegen Vergehens gegen die Verordnung zum Schutz von Volk und Staat und die sächsische Verordnung über das Verbot kommunistischer Versammlungen und Druckschriften zu Gefängnisstrafen von fünf bis fünfzehn Monaten. Es handelte sich um einen unter Leitung des bereits abgeurteilten Schlossers Walter Birnbaum im Sommer 1933 unternommenen Versuch, in den Dresdner Stadtteilen Löbtau, Plauen und Coschütz eine illegale Zellenoraanisa- tion auszuziehen. Die dreißig Angeklagten hatten sich in dieser Zeit von Birnbaum und seinen Helfershelfern dazu bestimmen lassen, die verbotene Organisation durch Zahlen von Beitrags- und sonstigen Geldern zu unterstützen; einige von ihnen sollten auch kommunistische Hetzschriften erwor ben und zum Teil weitergegeben haben. Den Verurteilten, die ein ehrliches Geständnis abgelegt hatten, wurde die Untersuchungshaft angerechnet. Mell im Kerele-Vroreb bestätigt Das Reichsgxrlcht verwarf die von dem früheren Reichs kommissar für Arbeitsbeschaffung Dr. Günther Gereke gegen da- Urteil des Berliner Landgerichts vom 14. Juli 1SZ4 ein gelegte Revision als unbegründet. Damit ist der Angeklagte wegen Betruges in zwei Fällen rechtskrSftlg zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Hasen lausen in die Heimat zurück. Aus Budapest wird gemeldet: Im Jahre 1931 wurde eine Anzahl Hasen aus öabolna Puszta in Ungarn nach Deutschland verschickt, wo ne den Hafenbestmtd einer privaten Jagd vermehren sollten, sie sind von dem deutschen Besitzer mit Ringen an den Seinen als sein Eigentum kenntlich gemacht worden. Man war jetzt außerordentlich überrascht, als bei einer Hasen jagd in Babolna Puszta einige dieser exportierten Hasen geschossen wurden. Die Hasen müssen, von einem seltsamen Ortssinn geleitet, aus der Nähe von Berlin in ihre Heimat, die Puszta, zurückgewandert sein. Oerttiches und SSchfisches — HZ-Dlenstanzug bei der Konfirmation. Die Abteilung I der Reichsjugendführung teilt mit: Das Tragen -es Dienstanzuges oder der Bundestracht zur Konfirmation, Kommunion und Fir mung ist den Mitgliedern der HZ, des Deutschen Jungvolkes, des BdM und -er Zungmädel von -er Reichsfugendfahrung aus wirt schaftlichen Gründen gestattet. Glashütte. Aufgeboten wurden: der Eisendreher Malter Kurt Georg Lebmann, Falkenhain, mit -er Hausangestellten Ger trud Frieda Hiltmann, Glashütte: -er Techniker Ernst GeorgBo- risch mit der Metallarbeiterin Zdn Käthe Lettau, beide in Glas hütte. Glashütte. Am 18. 1. fand an -er Deutschen Uhrmacher- schuls eine Feier zum Gedächtnis der Gründung des zweiten Rei ches statt. Zn einem Lichtbildervorlrag« wurde im Anschluß an die Saarabstimmung die Geschichte und die Bedeutung des Saar gebietes und der Mestmark geschildert. — Am 23. 1. gedachte die Schule zur 50. Wiederkehr des Todestages von Moritz Groß mann ihres Gründers. Jahres kessen oer «nwr des Deden» pour le mörile. Die Ritter des Ordens pour le merite hielten in Berlin ihre alljährlich stattfindende Wieder sehensfeier ab. Unser Bild zeigt von links nach rechts: Generalfeldmar- schakl von Mackensen, General der Infanterie Hasse, General der Jr fanterie Wedelt Glashütte. Bei der Feier des 74. Stiftungsfestes des Kric- gervereins wurde ein drciakliger Schwank von Viktor Laverenz, überschrieben „Einjährig-Unfreiwillig" geboten. Der Beifall der Zuschauer am Schluß des 3. Aktes bewies, daß die Spielleitung das Richtige getrosten Halle. Unmittelbar hieran wurde dem Mitspieler, Kameraden Hugo Zustin, eine verdiente Ehrung zu teil. Spielleiter Richard Kirsten überreichte dem Genannten, wel cher sein 40 jähriges Bühnenjubiläum feierte, das aber zugleich ein Abschied von den „Brettern, die die Welt bedeuten" sein ollte, mit einer trefflichen Ansprache ein Geschenk im Namen >er übrigen Spieler. Zu Beginn des Abends Halle Vorsteher Erich Burkhardt in einer Begrüßungsansprache darauf hingrwic- len, daß die Kriegcrvcreine unter der jetzigen Regierung dank der Bemühungen des Obersten Reinhardt, als dem Führer des Bundes, eine Stellung cinnehmen, die alten Soldaten zukäme. Zn seinen weiteren Ausführungen stellte der Vorsteher mit Be dauern fest, daß im verflossenen Zahre, dem Zahre der Umorgani- sation des Bundes, 16 Kameraden aus dem Verein ausgetreten seien. Sodann wurde, während sich die Versammelten von den Plätzen erhoben hatten, der im letzten Zahre verstorbenen Kame raden Hundt, Luchau, als letzter Veteran von 1870/71, ferner Petzold, Luchau, Ebert, Dittersdorf, Schneider und Leipnitz, Glas hütte, sowie des Heimganges des Reichspräsidenten ehrend ge dacht. Zum Schluß teilte Vorsteher Burkhardt noch mit, daß er zu der im Februar stattsindenden Hauptversammlung sein Amt als Vereinsführer niederlegen werde, weil er seinen Wohnsitz nach Dresden verlege. Altenberg. Außergewöhnliche Rauhreisblidung, verursacht durch Temperaturschwankungen und starken Nebelnieverschlag, führte am Donnerstag im Gebiet Hermsdorf-Rehefeld zu Eis- bruch. Die Landschaft erhielt dadurch ein besonders schönes winterliches Aussehen. Allerdings hat sich der Rauhteif auch in gewissem Maße nachteilig ausgewirkt. An einer kleineren Hochspannungsleitung wurden drei Holzmasten umgebrochen, der Schaden wird jedoch in Kürze wieder behoben sein. An Fernsprechleitungen sind, wie wir von der Reichspostdirektton erfahren, nennenswerte Schäden nicht entstanden, zu einen» großen Teile sind die Leitungen bereits gekabelt. Dresden. Am Donnerstag hielt der Bezirksausschuß -er Amtshauptmannschaft Dresden unter Vorsitz von Amtshaupt mann Dr. Venus und in Anwesenheit des neuen Kreishaupt manns von Dres-en-Bauhen, Freiherrn von Eberstein, «ine Sit zung ab. Der Kreishauptmann betonte in einer Ansprache, -aß es für jeden pflichttreuen Beamten ein« Notwendigkeit sei, durch persönlichen Augenschein Fühlung mit dem Volke zu halten. Er wies auf die gewaltigen Leistungen hin, die von -er national sozialistischen Slaatsführuna bisher vollbracht wurden. Deutsch land sei wieöer ein Land der Ehre un- Stärke geworden. Die Absichten der noch übrig gebliebenen Gegner -eS Dritten Reiches würden an der Größe des Führers Adolf Hitler scheitern. Der Kreishauptmann ermahnte die Ausschußmitglieder, mit unerschüt terlichem Vertrauen zum Führer auch im n«uen Zahre an die Ar ¬ beit zu gehen. — Zn Erledigung der Tagesordnung teilte Amts- Hauptmann Dr. Venus u. a. mit, daß die Arbeitslosigkeit im Be zirk Dresden gegenüber dem Höchststände um etwa 70 Proz. habe gesenkt werden können. An neuen ArbeitLbeschaffungsmaßnah- men erwähnte er Wegebauarbeiten, sowie den Plan -er Ablei tung des Trinkwassers von der Talsperre Lehnm ithle nach Dresden. / Dresden. In der Zwickauer Straße wurde in der Nacht zum Donnerstag ein Hintergebäude von Einbrechern heimge sucht. Sie brachen in rohester Weise Behältnisse auf und ver suchten auch, einen Geldschrank gewaltsam zu öffnen. Durch einen Wächter wurden die Verbrecher überrascht und er griffen ohne Beute die Flucht in der Dunkelheit. Langebrück. Vor einigen Tagen starb hier, wie erst jetzt be kannt wird, Geheimrat Dr. Haberkorn, früherer Amtshauptmann in Oelsnitz und Freiberg und Präsident -er Sächsischen Brand- versichcrunaskammer. Geheimrat Haberkorn hatte erst am 18. Dezember seinen 90. Geburtstag feiern können, wöbet ihm auch -er Führer und Reichskanzler Glückwünsch« halte übermitteln lassen. Roßwein. Am Mittwoch nachmittag stürzte der noch nicht zweijährige Sohn des Eishändlers Skrotzky, -er in einem unbe wachten Augenblick das Fenster geöffnet hatte, aus dem zweiten Stockwerk in den gepflasterten Hof hinab. Das Kind fiel auf d«n Kopf und war sofort tot. Bautzen. Eine eigenartige Entdeckung machte ein Haus schlächter in Salzenforst, der eine Kuh des Gutsbesitzers Müller schlachten mußte. Als er den Magen des Tieres öffnete, fand er darin den Trauring der Frau Müller, den diese vor acht Zähren verloren halte. Der Ring ist wahrscheinlich mit dem Futter in den Magen der Kuh gelangt. Der Hausschlächter hat übrigens bereits vor etwa zehn Zähren in einem Rindermagen einen Trau ring gefunden. Alli 28. MM WA-SmmM Auch in die,em Jahre sammelt der BDA. wie im Vor jahre im Nahmen des Winterhilfswerks des deutschen Volkes am 2b. Januar im Zeichen der blauen Kornblume, dem alten Sinnbild volksdeutschen Kampfes. Die Aufgabe des WHW ist es, überall, wo deutsche Menschen wohnen, das Bewußt sein der Zusammengehörigkeit durch die opfernde Tot zu geben. Wie cs keine Grenzen des Klassenunterschiedes gibt, so gibt cs auch keine Grenzen de» Zusammengehörigkeitsgefühls inner- halb der großen Volksgemeinschaft. Es ist selbstverständlich, daß sich der VDA., der die Zusammengehörigkeit aller Deut schen vertritt, in den Dienst des Winlerhilsswerks gestellt hat. Fernab von machtpoliiischen Bestrebungen ist der VDA. als Pjlegestätte deutscher Kulturbeziehungen zum Auslandsdeutsch tum ein Eesamlverband der Deutschen in aller Welt. Seine Dresdner Brief LekgessM MM» Ssilüerliilge. s. Witwe Magnus. Dresden, 23. Zanuar. Die Witwe Magnus bedeutet ein Blatt aus -er Theaterchronlk Dresdens, wenn auch gerade kein ruhmvolles. Um die Milte des vorigen Zahrhun-erts, um die Blütezeit Dresdner Theaterkunst, war Direktor Magnus Leikr einer Schmierenbühne, die man gemeinhin mit dem Namen „Meerschweinchen" bezeichnete. Als er starb, übernahm seine bessere Hälft« -as Unternehmen allein. Sie war schon immer eine Stühe -es Betriebs gewesen, war als „Gretchen in Goethes Faust, als „Luise Millerin" in „Kabale und Liebe", als „Aenn- chen im Freischütz in Ehren grau geworden, hakle nebenher die Kasse wie ein Zerberus gehütet und gelegentlich auch ihre „Künst ler ausgeschimpft, Trikots gewaschen und Theaterzettel ange klebt. So lange Bakr Magnus selbst die Zügel -es Theaters noch gehalten hatte, ging es immerhin noch einigermaßen an: von dem Tage aber an, wo die Witwe Magnus verkündete, Laß sie „das Geschäft als Künstlerin weiterführe", wurden sie und ihre Truppe zum Kuriosum. Wo die Truppe spielte? Mir finden sie im Gasthof „Zum Elephanken" auf -er Schäferstraße und alljährlich auf -er Dresd ner Vogelwiese. Man spielte „Die Räuber" von Schiller. Die wenigen Stuhlreihen sind voll besetzt, zum Teil mit naiven Zu schauern aus -er Nachbarschaft, dann aber auch von Leuten, di« einmal richtig lachen wollten. Denn — je tragischer das Stück ist, desto schöner und lustiger ist es im Zuschauerraum. Der ge schriebene Theaterzettel nennt «ine Unm«nge Namen: iw Wirk lichkeit sind es aber mit -er Direktorin nur vier Spieler, die sich in die Rollen teilen. Zn -er Szene, wo Karl Mohr seine Räuber aus dem Schlafe weckt, hatte -le Frau „Direktorin" einfach einen Haufen all« Skiesel immer paarweise, mit der Sohle nach vorn in die Kulissen gelegt. Der edle Karl stößt sie mit dem Rufe an: „Wacht auf, ihr Schläfer!" und schon ist die Räuberbande versammelt. Noch genialer half man sich bei Massenszenen. Hier ziehen im Hintergrund die drei engagierten Künstler solange immer wieder vorbei, bis genügend „Masse" da war. , Das Publikum aber spielte mit, und darin lag -er Reiz eines Besuches bei -er Witwe Magnus. Gefiel das Stück den Zu- § schauern, dann flogen Würstchen, Aepfel, Eler auf die Bühne, - wurden begierig von den Schauspielern aufgehoben und sofort j verzehrt. Ein besonderes Zugstück war: „Der geschundene Raub ¬ ritter". Da ruft iw der dramatischen Schlußszene einer aus dem . Publikum: „Trink mal, alter Freund, ehe du geschunden wirst!" un- reicht ein Glas Bier hinauf. Dankbar labte sich der arme Raubritter und dann ging die Tragödie weiter. — Einstmals spielte die Witwe MägnuS die „Genoveva". Als sie betend ne ben ihrem Söhnchen, verlassen un- einsam im Wald« kniet, fliegt ihr ein großer Papierknäuel an die Wange. Sie hebt ihn auf, und da sie nichts Nahrhaftes darin findet, brüllt sie: „Das näh'm Se mir aber wich iebel! Schäm'n Se sich!" Dann kniet sie wieder hin und betet weiter. Sic war aber auch stolz auf ihr Künstlertum, die Witwe Magnus. Eines Tages kamen Emil Devrient und Äogumil Da- wiscn, die Korivhäen des Hoflheaters, an die Kasse -er Witwe Magnus, um sich dort ihren Zux zu machen. Sie legten jeder ein Zehnmarkstück als Bezahlung hin, aber -le Direktorin, schon als Edelfräulein gekleidet, besann sich schnell und sagte großartig: „Von Kollegen nehm ich nischt!" Nach und nach kam diese ul kige Schmiere immer mehr herunter. Wüste Ausschreitungen schufen schließlich eine Atmosphäre,, die -em Unternehmen den Todesstoß versetzte. 6. Der Oberlauler. Der Oberlauker war ein Mann, der in unserer Zeit mit sei ner seltenen Kunst wohl ein Kabarettstern geworden wäre. Er >" stellte sich vor Schulen oder vor Türen auf, wo er ein« Hochzeit oder Kindtaufe wußte. Hier zog er Rock und Weste aus, räu sperte sich, spuckt« in die Hände und tat so, als wolle er unsicht^ bare Glocken ziehen. Er beugte sich nieder, schnellte wieder hoch, zog und zog. Dazu tönten aus seiner Brust summende Laute, die - anschwollen zu tiefem Glockenklana, erst langsam, in verschiede nen Abtönungen, dann zusammenklingend zu vollen Akkorden. Langsam ließ er dann die Glocken wieder „abklingen", seine Hände täuschten das Abfangen der Glocken vor, bis -er letzte Ton leise verhallte. Die Zuhörer gaben gern ihr Scherflein für solchen Genuß. Und wenn er dann umdrängt und umjubelt wurde, zog er gravi tätisch Rock und Meske wieder an und entnahm seiner Brust kasche ein Büchlein, aus dem er. „Kotzebues Verzweiflung" mlk wildem Pathos vortrug: „Ha, wer bln ich und was soll Ich Unrer Tigern oder Affen —" Nun kannte -er Zubel keine Grenzen mehr. Taschentücher wurden gezogen, aber auch die Börse. Und brauchte man ein Hochzeikslied, einen Taufspruch, ein Gedicht oder dergleichen, der Oberlauter hatte Tinl« und Feder gleich bei sich, schrieb und dich tete, was verlangt wurde. So war der Oberlauter eine beliebte Persönlichkeit, und eine große Menge betrauerte ihn, als es hieß, er sei plötzlich gestor ben. A. B.