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s LIZ «rs! Zs: Zs « x:, Zr ZL' L«> Nachdruck verbalen. bloß wurde. Es war Preberg (Fortsetzung folgt.) wir diese eine passende Gelegenheit finden. Wir dürfen ihn nicht aus den Augen lassen." Sie nickte finster: „Es gibt für uns kein Zurück. Entweder sind verloren — oder die anderen. Und ich denke. Wahl fällt uns nicht schwer." Er verneigte sich galant gegen sie. ,Jch bin wie immer deiner Meinung, meine Liebe. Am nächsten Nachmittag stand es in allen Zeitungen zu lesen, daß Senta Löhrsen, der Star des „Schwarzen Falter", schwer erkrankt sei und vorläufig nicht auftreten könne. Die Direktion mühte sich in Hast um einen Ersatz und fand auch tatsächlich in letzter Minute eine paffende Hauptdarstellerin der Revue. Sie war zwar nicht so schön und so vornehm wie Renate, doch sie besaß einen gewissen gaminhaften Scharm, und so hatte der „Schwarze Falter" wieder eine Sensation, um die die „Blaue Libelle" ihn glühend beneidete. In Wirklichkeit war Renate gar nicht erkrankt. Sie fürchtete sich bloß vor einem Attentat und wagte es nicht mehr, die Kleinkunstbühne zu betreten, well sie gewiß war, Preberg würde sie aus dem Hinterhalt tödlich zu treffen wissen. Ich muß fort auS der Stadt, weit, weit wegl, über legte sie. Sehnsucht nach Rina Ninsen überfiel sie. Sollte sie nach Amerika übersiedelns Dort besaß sie eine getreue Freundin, die innigen Anteil nahm an ihrem Schicksal, die ihr zu den großen Erfolgen aufrichtig gratuliert hatte und nicht genug Worte der Freude fand für den günstigen Umschwung in ihrem Leben. Doch bald überlegte Renate es sich wieder. Verließ sie Europa, war sie ihrem geliebten Hans noch ferner als so. Immer wieder fragte sie sich, wie es komme, daß sie so gar kein Gefühl des Grolls wider ihn empfand. Nur in Liebe, in Mitleid und Verzeihen dachte sie seiner; kein einziger böser Gedanke schlich sich in ihrer Seele dabei ein. Er muß mir noch immer zugetan sein, sonst würde er nicht Lechwald beauftragt haben, sich in kurzen Inter vallen nach meinem Befinden zu erkundigen!, überlegte sie oft. Und von neuem glomm die Hoffnung auf endliche Wiedervereinigung mit dem Manne ihrer Wahl in ihrem Herzen auf. Sie sprang auf und durchquerte ruhelos den Naum. „Ich bleibe in Europa", sprach sie vor sich hin. Um vor den Verfolgungen Prebergs und Daisys sicher zu sein, wechselte Renate ihr Quartier, und dann begab sie sich in eine erstklassige Agentur, die gute Engagements für Kleinkunstbühnen vermittelte. Man erkannte sie im Augenblick und empfing sie mit tiefen Bücklingen. „Womit kann ich dienen, Fräulein Löhrsen?" rieb sich Ignaz Stännek, der Inhaber, frohgemut die Hände. Er berechnete schon im stillen, daß bei einer Engage mentsvermittlung dieser exquisiten Künstlerin mit einer recht ansehnlichen Provision zu rechnen war. „Ich möchte fort von hier — sobald als möglich." „Die Welt steht einer Frau wie Ihnen offen. Hundert Angebote, wenn Sie wollen." Sie mußte lachen. „Eines, das mir behagt, genügt. Was haben Sie zu bieten, Herr Stannek?" „Was Hochfeines. Im südlichsten Süden. Warm und sonnig, herrliche Gegend, ideales Meer, zahm und doch nicht zahm. Neben einem prachtvollen Strand mit dem herrlichsten Sand gibt es auch noch ein paar gewisser maßen abenteuerliche Klippen. Herz, was kannst du mehr begehren? Romantik und Kultur in einem. Greifen Sie zu, Fräulein Löhrsen, so was kriegen Sie nie wieder, ^nfach prima. Und wenn ich das sag'... Sie lachte über seine drollige Art. „Daran gefällt mir vieles. Wie heißt denn das Lokal?" .Strandfee. Da passen Sie gerade hin. Keine andere!" „Darum haben wir uns sa gefunden, und nur an Ihnen liegt es, ob unsere gegenseitigen Gefühle sich trüben sollen oder nicht." Eine Tür klappte. Aufburg mußte die Nebenloge ver lassen haben. Renate preßte beide Hände vor den Mund, nm nicht laut aufzuschreien. Das war Klarheit, das war Wahrheit gewesen — ein Gespinst der Intrige hatte ihr Glück zerstört. Sie schauderte. Preberg erkannte sie als einen Mann mn oem Ge wissen eines Mörders, der gewiß die wenigste Schuld daran trug, wenn noch kein Menschenleben auf seinem Schuldkonto zu buchen war. Daisy erwies sich als seine gewissenlose Helferin, und Avfburg als das Werkzeug der beiden, willig im Taumel der Trunkenheit, widerspenstig in Augenblicken klarer Vernunft. Renate mühte sich, klar zu denken Was sollte sie beginnen? Jie war gewiß, daß niemand außeroas Gespräch ver drei mitangehört hatte. Wie sollte sie beweisen, wofür sie keine Zeugen aufzubringen vermochte? Plötzlich wurde die Logentür geöffnet, und mit einem Schreckensschrei fuhr sie herum. Doch es war nur ver Schließer, der sie sofort erkannte und sich mit einer Entschuldigung entfernte: „Verzeihen Sie vielmals, Fräulein Löhrsen, aber ich ahnte nicht, vaß Sie hier sind. Mußte bloß die leeren Räume inspizieren, wie es meine Pflicht ist. Hoffentlich habe ich Sie durch mein plötzliches Erscheinen nicht be unruhigt!" - Obwohl Renates Herz in wilden Schlägen pochte, be wahrte sie Fassung. „Richt im mindesten, lieber Schulze." Mit artigem Gruß entfernte er sich. Am liebsten wäre Renate mit ihm geeilt, unter fernem Schutz aus der gefahrdrohenden Nähe Prebergs und Daisys zu kommen. Doch ehe sie noch richtig überlegte, unter welchem Vorwand sie sich anschlicßen könne, war er schon gegangen. Mi« krampfhaft ineinander geschlungenen Händen saß Renate da. Was würde sich nun ereignen? Nebenan war das Gespräch verstummt. Offenbar hatten Preberg und Daisy vernommen, was sie mit dem Logen schließer geredet; sie wußten nun um ihre Gegenwart. Leise, verstohlene Schritte regten sich, behutsam wurde die Tür geöffnet und wieder geschlossen — die beiden mußten die Loge verlassen haben. Renate rührte sich nicht. Vielleicht dachten sie, sie hätte sich schon entfernt und... Wispern drang an ihr Ohr. Das Treiben im „Schwarzen Falter" begann langsam zu ersterben; draußen mußte der Morgen bereits grauen. Nur noch wenige Pärchen drehten sich im Rhythmus eines Lnglisk >VaIt2, den die müde Kapelle mit letzter Kraft anstrengung spielte. Die Gänge mußten ziemlich menschen leer sein. Wenn Preberg ein Attentat auf sie wagte, war es keineswegs so gefährlich für ihn, wie es für den ersten Augenblick aussah. Sinnlose Angst überfiel Renate. Sollte sie sich über die Logenbrüstung neigen und Hinabrufen in den Saal: Hilfe! Ich bin bedroht?! - Sie besann sich. Zweifellos hätte man sie dann für verrückt gehalten. Man hätte Erklärungen für ihr selt sames Tun verlangt. Gab sie an, daß sie sich vor Preberg fürchtete, dann kam die ganze Vergangenheit an den Tag — und das wollte sie um jeden Preis vermeiden. Entschlossen erhob sie sich. Sie mußte es wagen. Lautlos schlich sie zur Tür ihrer Loge, stand eine Sekunde still davor, dann riß sie sie urplötzlich und mit Wucht auf und stürzte wie gehetzt den Gang entlang. Im Vorbeieilen sah sie, daß Preberg und Daisy in einem Winkel standen, mit weit aufgerissenen Augen auf sie starrend. Und in diesen Augen las sie Mord. Beim ersten Treppenabsatz begegnete sie einer größeren Gesellschaft, die lachend und plaudernd eben den Heimweg antrat. Aufatmend mischte sie sich unter die Menge. Nun fühlte sie sich geborgen. Hier konnten ihre Feinde keinen Angriff wagen. Sie fand eine leere Autodroschke und warf sich mehr tot als lebendig in die Polster. Dann nannte sie vem Chauffeur ihre Adresse, und als sich der Wagen in Be wegung setzte, löste sich die furchtbare Erregung, die sir gefengengehalten hatte, in einem Strom von Tränen. „Wie kommen wir wieder heraus?" Grausamkeit und Härte strafften seine Züge. „Es gibt nur ein Mittel." „Das wäre?" Er schaute in die Ferne. „Man muß Renate aus dem Wege schaffen; sie ist zu gefährlich geworden. Hat sie bisher vielleicht nur geahnt, wie wir in ihr Leben eingriffen, so weiß sie es nun. Und wenn sie auch im Augenblick gewiß keine Verwertung für ihre Kenntnisse weiß, so wird die Zukunst sie doch als Siegerin über uns sehen, falls wir uns nicht rechtzeitig schützen. Du darfst Aufburg nicht vergessen, der bereit ist, jeden Moment ins feindliche Lager überzugehen." „Sollte da nicht erst zwischen ihm und uns reiner Tisch gemacht werden?" Er zog eine Zigarette hervor und drehte sie nachdenk- lich zwischen den Fingern. „Ich warte nur auf eine günstige Gelegenheit. Es darf kein Zweifel bestehen, daß er in Trunkenheit Selbstmord begangen hat." Ihre Zähne knirschten aufeinander. „Und wie willst du diese Gelegenheit herbeiführen?" Er zuckte die Achseln. „Seine gegenwärtige Periode von Nüchternheit zerstört alle meine gut angelegten Pläne. Doch es wird sich schon Als Renate an ihnen vorbelfltyre, ungrelfbar schnell, waren Preberg und Daisy so verblüfft, daß sie sich die günstige Gelegenheit entgehen ließen, sie aufzuhalfen. Er war der erste, der die Situation erfaßte. „Entwischt", sagte er lakonisch. Sie stieb einen Laut der Empörung aus: „Wenn wir weiter so ungeschickt sind, werden wir uns ..och in Gefahr bringen." „In Gefahr bringen nennst du das? Ich meine, daß wir bereits in Gefahr sind, meine Lieber Ihre Augen wurden klein. ^rdebvrrecktsckuk: künk I'ürme-Verlag Halle (8aale). VtannÄl" Sr schmunzelte. „Wahrscheinlich schon übersättigt. Na, lei« Wunder, wenn man, wie nicht bald wieder eine Frau, das Ideal der! Männer darstellt! Aber ich bin schon ruhig; ich werde mich hüten, mir Ihre Ungnade zuzuziehe», Fräulein Löhrsen. Apropos, was hat es denn im .Schwarzen Falter' gegeben, daß Sie ihn so fluchtartig verließen?" Mit einem Male überfiel Renate wieder das Grauen. Blässe bedeckte ihre Wangen. „Sprechen wir besser nicht davon! Mein Scheiden har übrigens absolut nichts mit der Führung des Lokals zu tun, Vie ich tadellos nennen muß. Es waren persönliche Gründe, denen ich folgte, als ich die mir bereits lieb- gewordene Stätte verließ." Er zuckle gleichmütig die Achselm „Schön! Ich will nicht in Sie dringen. Hier der Kon trakt mit der .Strandfee'. Feine Gag«, was, Fräulein Löhrsen?" Sie überflog den Vertrag — er war außerordentlich günstig, und Renate entschloß sich sofort, ihn zu unter zeichnen. Dann zögerte sie. „Was haben Sie denn noch auf dem Herzen, Fräulein Löhrsen?" Sie faßte ihren Mut zusammen: „Ich möchte einen anderen Künstlernamen wählen — ich will nicht mehr Senta Löhrsen heißen." Er schaute sie groß an. „Nanu, was soll das bedeuten?" „Was ich eben sagte — ich will mich anders nennen." Sie dachte, ein neuer Name würde sie sicherer vor Preberg schützen. Er wiegte den Kopf. „Mir unverständlich. Aber Künstler haben schon solche Launen — entschuldigen Sie, Fräulein Löhrsen, daß ich so frei herausrede. Nur glaube ich nicht, daß das gehen wird. Die große Gage bezahlt der Direktor eben der Senta Löhrsen, die im .Schwarzen Falter' so gut gefiel, und keiner anderen." „Aber wenn ich auch unter anderem Namen auftrete, lieber Stannek, deswegen bin ich es doch, und das Publi kum wird nicht weniger entzückt sein." „Können Sie Gist darauf nehmen?" „Wie soll ich das verstehen?" „Ich meine, daß Sie eben doch noch ein Neuling sind, das Publikum nicht kennen. Wenn die Leute einen so genannten großen Namen auf dem Zettel lesen, dann gehen sie schon mit der Ueberzeugung hin, was Besonderes zu sehen und zu hören zu bekommen. Aber bei einem Namen, den sie nicht kennen, spielen sie sich auf die Kriti schen hinaus — und auf so etwas läßt sich kein Direktor ein, wenn er schon sein gutes Geld hergibt. Nein, nein, entweder Sie verpflichten sich als Senta Löhrsen, oder es kann nichts aus der Geschichte werden, weil ich nicht im stande bin, die Verantwortung zu übernehmen. Ich ver- lqffe mich auf nichts anderes als auf den Herdentrieb der Menge, und habe noch immer Erfolg gehabt - ,, Renate überlegte. Wenn sie in aller Stille die Stadt verließ: ob Preberg und Daisy ihre Spur finden würden? Wer wußte über haupt, ob sie die Absicht hegten, ihr zu folgen, besser gesagt, sie zu verfolgen? Vielleicht halten sie selbst die Flucht ergriffen und dachten nicht daran, sie in Zukunft zu be lästigen und zu bedrohen. Entschlossen richtete sie sich auf: ' . . ,' „Herr Stannek, ich unterzeichne." Er nickte befriedigt: „Wäre auch Wahnsinn gewesen, wenn Sie es nicht getan hätten!" Und er schaute mit Behagen, wie sie ihren Namen aus das Dokument setzte. Ohne sich viel außer Haus zu zeigen, verbrachte Renale die wenigen Tage, die ihr noch bis zur Abreise blieben; sie packte insgeheim und wählte schließlich einen Zug, der wenige Minuten vor Mitternacht abging. In letzter Minute fand sich Doktor Lechwald am Babn- hof ein. Starr vor Staunen schaute sie ihn an „Wie kommen Sie hierher?" „Ihr Gatte läßt noch einmal fragen, ob Sie nicht gewillt sind, die Geldmittel anzunehmen, die er Ihnen zur Verfügung stellt, gnädige Frau?" Stolz flammte in ihren Augen. „Wenn er mir sonst nichts zu sagen yat, bedaure ich es und bleibe bei meiner Weigerung." „Dann wünsche ich Ihnen eine gute Reise, gnädige Frau." „Einen Augenblick, Herr Doktor. Woher weiß mein" — sie unterbrach sich —, „woher weiß Herr Westin, daß ich die Stadt verlasse?" „Er wird von allen Ihren Schritten in Kenntnis gesetzt." „Warum?" „Das entzieht sich meinem Wissen, gnädige Frau." Ehe sie eine weitere Frage an ihn zu richten vermochte, verneigte er sich artig und war auch schon verschwunden. Renate war verwirr», ihr Herz jubelte. Hans liebte sie noch, er mußte sie noch lieben — sonst hätte er nicht solchen Anteil an ihrem Schicksal genommen. Ob sie sich ein Herz fassen, ihn aufsuchen sollte, ihn zu beschwören, ihr doch zu glauben und zu vertrauen? „Einsteigen!" ertönte die Stimme des Schaffners dicht neben ihr, und er hob die halb Widerstrebende die Stufen des Wagens empor. „Wir fahren gleich ab." Dann saß sie in den samtenen Kissen, und der Zug, setzte sich in Bewegung. Renate war in Gedanken versunken, und so merkte sie nicht, daß eine dicht verschleierte Frau auf dem Bahnsteig ihr Tun beobachtet hatte. Nun strebte sie dem Ausgang zu, wo sie schon von einem eleganten Herrn erwartet