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(22. Fortsetzung.) „Das könnte dir so paffen, Erich! Fahr' du nur in -einem Kahn; aber Fräulein Lore lasse ruhig hier, sie! macht sich sicher nichts aus der Fahrerei auf dem Tümpel."! „Nee, ich denke nicht daran, Fräulein Lore bei dir'zw lassen. Du hast ja deine Mia, an die du denken kannA,j da hast du Unterhaltung genug.' „Erich...!' Leonore machte dem Streit ein Ende. „Wir wollen es am besten so machen", sagte sic, „dast ich ein wenig mit Erich fahre — Bruno wartet solange! am Ufer, wir kommen bald zurück. Ist cs so rechts Bruno?" „Ja, natürlich, Fräulein Lore!" „Also, dann schnell, Fräulein Lore! .hoffentlich haben Sic keine Angst. Bei mir geht es ein wenig wild zu." „O nein, ich hab' wirklich keine Angst!" „Das habe ich Ihnen gleich angesehen, Fräulein Loresi Sic haben Schmiß, das sieht man auf den ersten Blick!" Sie waren an dem idyllischen Teich angelangt. Leo nore hatte ihn noch genau in der Erinnerung; es hatte sich hier nichts verändert. Sogar der alte Kahn schien noch derselbe zu sein, in dem sic als Kinder so ost gerudert hatten. Erich stand schon im Boot und wartete, mit dem Ruder in der Hand, auf Leonore. Mit einem eleganten Sprung landete Leonore im Boot. „Donnerwetter, Fräulein Lore, fein haben Sie das heraus!" Sie setzten sich zurecht, ergriffen die Nudcr und waren schnell vom Ufer weg. „So, Erich, jetzt paddeln wir beide! Ich gebe das Kommando — eins, zwei ..., eins, zwei ...; schön gleich mäßig tief stehen, Mht spritzen. Sehr schön geht das, Erich!" „Oh, wundervoll ist es, Fräulein Lore! Mit Ihnen möchte ich mal eine Faltbootreise machen. Haben Sie Las auch schon gemacht?" „Aber natürÜch! Vetter Hanns und ich, wir sind oft die Havel entlang gepaddelt. Es gibt einen Heidenspaß, wenn man durch die Schleusen muß oder über ein Wehr hinwegrutscht. Aber Angst darf man freilich nicht haben." „Oh, ich hätte wirklich keine Angst. Ich kann ja schwimmen." „So schnell geht das nicht, man mutz erst in und auf dem Wasser zu Hause sein, ehe man so etwas wagen darf. Sonst ist man verloren, wenn cs ein unerwartetes Malheur gibt. Wenn ich erst wieder in Berlin bin, dann kannst du mich besuchen, uud ich nehme dich mit an den Wannscc. Petter Hanns wird sich auch freuen; er ist für jeden Sport, und er kann alles. Der wird froh sein, einen mutigen kleinen Freund zu bekommen." Erich satz da und schaute Leonore mit grossen, ver wunderten Augen an. Er erfaßte nur den Sinn, daß er nach Berlin sollte, zu einem Mann, der jeden Sport be trieb. Das war ja gar nicht auszudenkcn. „Fräulein Lore, wann fahren Sie denn wieder nach Berlin? Ich komme zu Ihnen, mein Wort darauf. Ich mache dann einfach die Reise ins Niesengebirge nicht mit und fahre dafür nach Berlin. Vati braucht ja nichts davon ru wissen." „Aber, Erich, wer wird denn schwindeln!" „Ich sag's ihm ja nachher, Fräulein Lore! Sonst wird er mir's sicher nicht erlauben." „Oh, Erich, wenn ich erst wieder in Berlin bin, Hai dein Väter sicher nichts dagegen, wenn Ü,u mich besuchst. Aber Ärläufig darsst du kein Wort über unsere Unterhaltung berichten. Du machst deine Reise nach dem Riescngrbirge ämhig mit, das andere wird sich sicher findcw Aber du Mußt über alles das schweigen, was wir hier gesprochen Wben. Kannst du das?" „Ich kann schweigen wie das Grab. Ehrensache!" „Na, dann ist cs gut. Und ich habe dein Wort, daß du still bist?" „Ja, ich gebe Ihnen die Hand darauf, Fräulein Lore!" Er schlug in die ihm dargereichte Hand. „Und der Hanns, Fräulein Lore? Was treibt er denn alles für Sport?" „Oh, fast alles! Schwinunen, Rudern, Reiten, Tennis, und vor allem Nennfahren. Däs ist sein alles. Er trainiert , auf alle möglichen Rekorde, und er hat es sich in den Kopf s gesetzt, bald zu den ganz Größen zu gehören." „Großartig, das ist ganz mein Fall. Wird er mich auch s mal mitnehmen, wenn er trainiert?" „Natürlich! Man kann sich bei ihm am meisten beliebt machen, wenn man seine Raserei schön findet." „Hm!" Sinnend starrte der Kleine vor sich hin. „Ich weiß jetzt, ich werde nicht Flieger, ich werde Ncnnsahrcr. Vater will ja, ich soll Jurist werden. Aber dazu habe ich keine Lust. Ich werde Rennfahrer, das ist viel inter essanter." Leonore erschrak. Der Junge war imstande, gleich seinem Vater zu erzählen von Leonores Vetter Hauns und davon, daß er als "Rennfahrer trainierte. Vetter Viktor war geschickt genug, durch ein Kreuzverhör dann alles mögliche herauszubekommen. Dann war es mit ihrer Ge schichte hier Essig. Hier mußte sie Vorbeugen. „Erich versprich mir, däß du von alledem, was wir heute gesprochen haben, zunächst deinem Vater kein Sterbenswörtchen erzählst. Später, wenn du in Berlin warst, kannst du ihm sägen, daß du Rennfahrer werden! willst. Aber jetzt mußt du über alles schweigen. Vcr-! sprichst du mir das?" „Ich verspreche es! Ich warte so lange, wie Sie csi wünschen!" „So, jetzt wollen wir wieder zu Bruno zurückrudern.! Der wartet sicher schon auf uns." „Ach der, der sitzt sicher und träumt von seiner Mia.! Das ist eine Schauspielerin, eine gräßliche Person. Mits rot gefärbten Haaren und dick geschminktem Gesicht. Aber! Bruno findet sie wundervoll und dichtet sie an. Ich hab'! schon manches solches Gedicht gelesen. Es ist ein Glück, daß Vati von alledem nichts Weitz. Aber ich verrate Bruno! natürlich nicht. Verschwiegenheit ist bei mir immer Ehren sache." Mit einem knirschenden Laut fuhr der Kahn am User! auf. Bruno stand im nächsten Augenblick vor den beiden.' „Ra, lange genug hat's ja gedauert. Ihr habt mich! wohl ganz vergessen gehabt?" „Nein, Bruno, das haben wir nicht! Hoffentlich ist Ihnen die Zeit nicht allzu lang geworden. Es war sehr! schön auf dem Wasser. Aber ich glaube, wir müssen wieder! ins Haus zurück. Schließlich bin ich Vic Sekretärin des Grafen Altenberg, und ich weiß nicht, ob der Graf mich! etwa braucht." „Onkel Altenberg ist wohl sehr streng?" fragte Bruno., „O nein, Bruno, er ist ein sehr angenehmer Chef!" „Ja, ich mag ihn auch besonders gut leiden. Und Schloß Altenberg, das finde ich besonders interessant. Was es da nicht alles zu scheu gibt!" „Ja", fiel jetzt Erich ein, „ich werde später auch einmal! so schöne Sachen von meinen Weltreisen mit nach Hause bringen. Fräulein Lore, als Rennfahrer kann man doch! auch die Welt bereisen — nicht wahr?" Leonore bekam einen Hcidenschrcck bei Erichs Frage., Er schic» alle seine Ehrenwörtcr vergessen zu haben. Bruno hatte auch schon seine Ohren gespitzt und sagte:! „Rennfahrer? Was ist denn das wieder für eine neue! Verrücktheit, Erich?" „Das ist gar keine Verrücktheit. Rennfahrer ist besser! ; als Flieger. Und ich werde Rennfahrer — nicht wahr,! Fräulein Lore?" „Ja ... ja ...!" antwortete Leonore und sah Erichs vorwurfsvoll an. Der Junge wurde ein wenig verlegen, dann sagte er, kleinlaut: „Ra ja, ich hab's nun mal gesagt, ich werde Nenn-! fahrcr." „Das ist aber doch kein Beruf — Rennfahrer. Das! kann man als Nebenbeschäftigung haben ..." „Ach, du weißt immer alles besser!" Erich war iw Nage gekommen und hatte alle seine Versprechungen aiy Leonore vergessen. „Fräulein Lores Vetter ist auch Nenn-> fabrcr..."