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tcisarbe Miesst echte Deutsche sind, über sie opsert selbst leinen Bian» und keine Patrone, weil jede mögliche und denkbare Lösung dieses Kampfes eine Lösung gegen Deutschland, gegen das deutsche Volk märe. Für eine deutsche Lösung aber, die sie von Anfang an erstrebte, ist sie bereit, zu jeder Stunde jedes Opfer aus sich zu nehmen. ISS» Lote des SÄMmiöes Nachdem ein gewisser Abschluß der Kämpfe zur Unter drückung des Schutzbundaufstandes eingctreten ist, wird cll- gcniein nach dein Umfang der Verluste auf beiden Seiten gefragt. Die Feststellung der Zahl der Toten des Schutz bundes stößt auf die große Schwierigkeit, daß der Schutzbund meist seine Toten während des Kampfes fortgcschafft hat. Der häufige Wechsel in den großen Kampfabschnitten wie Floridsdorf und Simmering hat es mit sich gebracht, daß zahlreiche Tote bisher noch nicht aufgefunden wurden. 3m Allgemeinen Krankenhaus in Wien sind nach öffentlichen Angaben bis zum Mittwoch rund 130 Personen ihren Verletzungen erlegen. Aus 152 einzelnen Kampfhand lungen, in denen durchschnittlich jeweilig von 4 Toten be richtet wurde, ergibt sich eine Gesamtzahl von elwa 600 Token. Die Verluste des Schutzbundes in Schlingerhos und in Floridsdorf werden mit 150, im Karl-Marx-Hof mit 60, im heiligenstädtcr Bahnhof mit 30 Toten angenommen. Diese hohen Zahlen werden aus die Kampfhandlungen in geschlossenen Gebäuden und die Einsetzung von Artillerie zurückgeführt. Nach den bisher vorliegenden Angaben wird daher auf Grund nichtbettätigter Schätzungen für den Schutz bund mit einer Gesamtzahl von ungefähr 1000 Toten in Vien und 500 Toten in den Ländern gerechnet. Prag smk Im Außcnausschuß des Prager Abgeordnetenhauses erklärte der bevollmächtigte Minister Dr. kroska alle Nach richten und Gerüchte als unwahr, nach denen die Tschecho slowakei in Oesterreich cinmarschicren würde, um dort Ord nung zu machen. Andererseits würde die Tschechoslowakei nicht schweigen, wenn irgendein Staat die österreichische Grenze überschreiten oder in die österreichischen Verhältnisse eingreifen würde. So viel könne man vielleicht schon sagen, das; sich die Verhältnisse in Oesterreich, ohne daß berufene ausländische Faktoren cingreisen, kaum beruhigen werden, da die ständige Gefahr bestehe, daß es zu etwas komme, was die Unabhängigkeit Oesterreichs bedrohen könnte. Oesterreich sei nach dem Genfer Protokoll von 1922 gehalten, seine Un abhängigkeit zu bewahren. Wenn von irgendeiner Seite der Versuch unternommen würde, diese Unabhängigkeit zu ver letzen, dann hätten alle Protokollunterzeichner die Möglich keit, cinzuschreiten. Dr. krofta zweifelt nicht daran, daß dies durch Vermittlung des Völkerbundes oder wenigstens durch ein Einvernehmen aller Unterzeichner des Genfer Pro tokolls erfolgen würde. Lie Tschechoslowakei als WassenNeseranL Nach den bisherigen Feststellungen hat sich, wie von zu ständiger Wiener Stelle mitgeteilt wird, ergeben, daß ein Teil der Wassen des Schutzbundes österreichischer Herkunst war und aus dem Weltkrieg stammt, und ein anderer Teil ohne Zweifel aus der Tschechoslowakei stamme und deren Herstellung in die allerletzte Zeil falle. Das Blutbad dauert an -- Die Zahl der Opfer geht in die Tausende. — Zahlreiche Frauen getötet Die Bestialische Hinrichtung eines Schwerverwundeten Wien, 16. Februar. Der Ausruf Dollfuß' an die Schutzbündler, gegen die Zu- stcherung von Straffreiheit die Waffen zu strecken, ist ver geblich geblieben. In Wien wird immer noch erbittert ge kämpft. Auf St. Leiten und aus den Laaerberg soll nach Ar tillerievorbereitung jetzt der Sturm beginnen. Kämpfe fin den auch noch in Wagram statt. Zn einzelnen Teilen haben sich die Schutzbündler verbarrikadiert und schießen von den Dächern auf die Truppen. Auf dem Dach des „Karl-Marx-Hofes", um den sich in den letzten Tagen besonders heftige und blutige Kämpfe ab spielten, und der mehrfach den Besitzer wechselte, haben sich die Schutzbündler ein Maschinengewehrncst eingerichtet und bestreichen von dort aus die Umgebung. Es ist eine Batterie eingesetzt worden, die den Karl-Marx-Hof zurückgewinnen soll. Nach den neuesten Meldungen haben die Regierungs truppen allein in Dien zweitausend Personen festgenom- men. Wie inzwischen festgestellt wurde, hatten die Schutz bündler einen Gasangriff mit Lhlorgas geplant. Unter den Toten befinden sich zahlreiche Frauen. Ls handelt sich dabei zum weitaus größten Teil um unschuldige Opfer. Der Kommandant der Feuerwache in Floridsdorf, Weif- sel, ist hingerichlet worden. Die Zahl der vpser geht in die Taulende Zu den blutigen Ereignissen veröffentlicht das englische offiziöse Reuterbüro eine Meldung, in der es heißt, unzwei felhaft seien viele von den Toten und Verwundeten nicht am Kampfe beteiligt gewesen. Ein höherer Offizier der Regierungstruppen habe in Floridsdorf im Gespräch mit einem Vertreter des Reuterbüros zugegeben, daß die mei sten Verluste wahrscheinlich unter unschuldigen Personen zu verzeichnen seien, die nicht aus ihren von der Artillerie des Bundesheeres beschossenen Wohnhäusern entkommen konn ten. Die Reutermeldung weist darauf hin, daß die Ab schlachtung von Nichtkämpfern die Erbitterung der Arbeiter klasse gegen die Regierung Dollfuß noch weiter steigern werde. Der Korrespondent her „Times" in Wien sagt in einem Bericht: Die Verluste an Menschenleben müssen eine schreckliche höhe erreicht haben. Nach ihren eigenen Schätzungen halten die Sozialisten schon bis Dienstag abend nicht weniger als 1500 Tote, und es ist bekannt, daß die Schlacht, die in Flo ridsdorf lobte, die blutigste von allen war. Es beißt, daß in dem „Karl-Marx-Hof" genannten großen Wohngebäude allein 350 Personen getötet wurden, nicht nur Schutzbündler sondern auch Bewohner. Die Regierungsslreitkräfle haben ebenfalls schwere Verluste erlitten. Im weiteren Verlauf feiner Schilderung sagt der Kor respondent: Eine derartige Zusammendrängung menschlichen Leidens auf engem Raum kann es in ganz Europa seit dem Kriege kaum irgendwo gegeben haben. Niefige Wafsenfunde Einen guten Begriff von der ausgezeichneten Bewaff nung des Schutzbundes geben die Mitteilungen, die der Staatssekretär für das Sicherheitswesen, Baron Karwinsky, über die Waffenfunde in den eingenommenen Gemeinde bauten machte. So sind in den Gemeindebauten in der Sandleiten in Ottakring von den Schutzbündlern freiwillig nickt nur viele Gewehre sondern auch 3000 Wurfgranaten, größere Mengen Munition und 11 Kisten äußerst gefähr licher Sprengstoffe abgeliefert worden. In Iedlersdorf sind im sozialdemokratischen Kinderfreundeheim nicht weniger als 600 Mannlicker-Gewehre und mehrere Maschinengewehre sowie zahlreiche Handgranaten entdeckt worden. Der Aufstand greift um sich wie au» Lbensee im Salzkammergut gemeldet wird, hat dort der Schutzbund die Arbeiter des Sodawerkes, der Weberei und der staatlichen Salinen zusammengezogen, das Postamt und die Gendamerie-Kaserne beseht und die Gen darmen und Heimwehrleute gefangengenommen. Eine Tunnelmauer wurde gesprengt, um Material zur Errich tung von Barrikaden zu erhalten. Maschinengewehre ver hindern das Vordringen des Militärs. In Niederösterreich sind die Mandate von 4121 sozial demokratischen Gemeindevertretern erloschen. Rund 150 Ge meindevertretungen sind aufgelöst worden. In anderen Bundesländern, di« weniger stark industrialisiert sind, sind die entsprechenden Ziffern geringer, In politischen Kreisen ist man der Ansicht, daß es der Regierung nach Aberken nung der sozialdemokratischen Mandate keine Schwierig keiten mehr bereiten dürfte, den Nationalrat einzuberufen und auf diesem Wege eine Verfassungsänderung auf „lega lem" Wege durchzuführen. Bestialische Hinrichtung eines Schwerverletzten Es werden jetzt Einzelheiten über die Hinrichtung des Schutzbundführers Munnichreiter bekannt. Die Hinrich tung dieses Schwerverletzten durch die Wiener Exekutive hat die Erbittercmg der Bevölkerung ins Unermeßliche ge steigert. Munnichreiter, der durch mehrere Schüsse schwer ver letzt war, wurde auf einer Tragbahre zum Standgericht, ebenfalls auf einer Tragbahre zum Galgen geschafft, von der Bahre aus unter den Galgen gesetzt und — obwohl fast bewußtlos — erhängt. Auch zahlreiche Ausländer haben ihrer ungeheuren Empörung über die bestialische Hinrichtung eines Schwer verletzten durch die Regierung Dollfuß Ausdruck gegeben und erklärt, daß damit auch letzt die letzte Sympathie für das Gewaltfystem Dollfuß bei ihnen geschwunden sei. Lauer uvä veutseL m LressdurZ Prag, 16. Februar. Wie die Blätter melden, sind die beiden österreichischen sozialdemokratischen Führer Dr. Otto Bauer und Dr. Julius Deutsch, letzterer am linken Auge ver wundet, in Preßburg eingetroffen. 3n der Nähe von Preß- b urg haben auch mehrere Gruppen von Arbeitern, unter ihnen 47 Floridsdorfer Schutzbündler die csl. Grenze überschritten. Sie wurden entwaffnet. VörsrLväLAUvA äsr LekutLbuuäZruxxsu äurek AsituvAsLuLsratö Wien, 15. Februar. Aus Berichten der in den letzten Tagen geführten staatspolitischen Untersuchungen in Wien und den Bundesländern geht hervor, daß während der vier Kampftage zwischen den einzelnen Schutzbundgruppen, da der sozialistische Nachrichtenapparat lahmgelegt ist, eine Verstän digung durch Anzeigen in großen bürgerlichen Tagesblättern erfolgte. Auf diesem Wege wurden den Führern der einzelnen Aktionen in den Ländern bestimmte Befehle übermittelt. Eben so ist festgestellt worden, daß in Wien der Stillstand der elektrischen Straßenbahnen das seit Monaten vereinbarte Alarm signal für die einzelnen Altionsgruppen im Stadtgebiet zum Losfchlagen war. Lie Lu V/lsQ Wien, 15. Februar. 2n den Abendstunden des Donners tag herrschte in der Stadt Ruhe. Die militärischen Vorsichts maßnahmen, der allgemeine Alarmzustand und das Stand recht bleiben weiter bestehen, da immer noch mit der Mög lichkeit eines neuen Aufflackerns der Bewegung und neuer lokaler Kämpfe gerechnet wird. Man sucht die weiteren Be wegungen der Schutzbündler zu kontrollieren und festzustellen, ob an neuen Punkten Ansammlungen von Schutzbündlern stattfinden. Die Entwaffnungsaktion wird weiter durchgesührt. - !LMu8§llL8Lt v^srrsLeWmMklLrsn ^ifn«kFMMIun'g^R<u'ters, N Londosn, 15. Februar. Die Nachrichten über Oesterreich nehmen weiterhin den ersten Platz in der Presse ein. Reuter sagt, daß die Zahl der Todesopfer ungeheuer groß sei. Es sei schwierig, verläßliche Schätzungen über die Toten und Ver wundeten zu erhalten. 3n amtlichen österreichischen Kreisen werde strenges Schweigen über diesen Punkt bewahrt. Das Ergebnis davon sei, daß die Massen auf der Straße in Wien keine Ahnung von dem Ausgang der Tragödie haben. Lis Elsner LöÄernLkkkLuxtnLeke von ÜMNöLr KL8StLt. Wien, 16. Februar. Am Donnerstag hat eme Abteilung des Heimatschutzes die Fcuerwehrhauptwache in Wien besetzt, da cs verschiedentlich vorgekommen sei, daß über die Feucr- wehrdicnststellen Weisungen an die sozialistischen Kampfgruppen geleitet worden seien. Die Heinimehrabteilung hat'den tech nischen Dienst an den Nachrichtenapparaten übernommen. s? Der Verleg iMß d stellt sieli M MNen Wien, 15. Februar. Der Kommandant der Krastwagen- abtcilung des republikanischen Schutzbundes, Karl Lang, hat sich am Donnerstag den Behörden gestellt, nachdem er seit Montag erfolglos gesucht worden war. Lang ist Direktor des Pressekonzerns INVA., in dessen Verlag die Mittagszeitung, das 6-Uhr-Blatt und das Ertra-Blatt erschienen sind. Das Erscheinen dieser drei der Sozialdemokratie nahestehenden Blätter wurde am Montag eingestellt. LLberukuvx fU äe8 ö8terreieLL8eksL?LrlLMsvts8? Wien, 15. Februar. Der Vorstand des christlichsozialen Abgeordnetenklubs hat beschlossen, dem Bundeskanzler die Ein berufung des Parlamentes oorzuschlagen. Nach der Ungültig keitserklärung der sozialdemokratischen Mandate setzt sich das Parlament aus 68 Christlichsozialen, 10 Landbündlern und 7 Eroßdcutschen zusammen. Der Heimatblock ist auf Befehl Starhembergs seinerzeit aufgelöst worden. Kalter klM'ill allen östemietmelM KMesIänäern m Jnnssb.ruck, 15. Februar. Die heutige Sitzung des Tiroler Landtages war nur von kurzer Dauer. Der ange kündigte Beschluß auf Selbstauslösung wurde auf die nächste Woche verschoben. Eine ähnliche Regelung wie in Tirol soll auch für die übrigen österreichischen Bundesländer maß gebend sein. Der Antrag auf Auflösung des Tiroler Landtages ist von allen Parteien, die nach dem Ausscheiden der Sozial demokraten noch im Landtag sitzen, unterzeichnet. An seiner einstimmigen Annahme ist daher nicht zu zweifeln. Die Lage in Wien Schüsse in der Nacht Wien. Gegen Mitternacht kam cs am Donnerstag in drei verschiedenen Stadtteilen zu Schießereien, die jedoch bei sorgfäl tiger Nachprüfung sich als das Ergebnis der ilebermüduirg der Exckulivcorgane darstelllcir. Ein Posten hatte aus kleinlichem Anlaß einen Schuh abgegeben, und ganze Postenketten hatten das Feuer ausgenommen. Zur gleichen Zeit begann der Abbbau der Truppen. Zahlreiche Mannschaften sind in ihre Quartiere zurück gekehrt. Das Heerlager im Polizeipräsidium konnte aufgelöst werden, Polnisch - Manischer Minderheitenftreit Zahlreiche Verhaftungen im Wilnaer Gebiet. Warschau, 16. Februar. Im wilnaer Gebiet haben die polnischen Sicherheils behörden zahlreiche Haussuchungen unter den Litauern vor genommen und bis jetzt insgesamt 27 Personen verhaftet, die im Verdacht stehen sollen, an den litauischen Schulen staatsfeindliche Tätigkeit entfaltet zu haben. Diese Verhaftungen sind, wie der „Krakauer Illustrierte Kurier" aus Wilna meldet, Vergeltungsmaßnahmen gegen „Verfolgungen der polnischen Minderheit in Litauen", wo insgesamt 50 Polen hauptsächlich wegen Unterrichts polni scher Schulkinder in ihrer Muttersprache verhaftet und zum größten Teil in Gefängnisse gebracht wurden. Mehr als 20 polnische Lehrer sind zu verhältnismäßig hohen Geld strafen verurteilt worden. Das Blatt hebt ausdrücklich her vor, daß Polen bisher gegen die Litauer nur deshalb nicht vorgegangen sei, weil es geglaubt habe, das Schicksal der polnischen Minderheit in Litauen dadurch zu mildern. Da dies jedoch nicht geschehen sei, hätten sich die polnischen Be hörden zu Vergeltungsmaßnahmen entschlossen. Diese seien indessen noch nicht abgeschlossen, da Litauen, wie es heißt, die völlige Vernichtung des polnischen Schulwesens an strebe. . Demonstration in New Porl Vor dem österreichischen Generalkonsulat in der Fünften Avenue in New Iorkc^am es am Mittwochabend zu einer Kundgebung. Die Menge wurde von berittener Polizei durch einen Knüppelangriff zerstreut. Später schlug das Volk das Haupttor der Lesehalle ein, die sich in der Nähe des österreichischen Konsulats befindet. Der österreichische Generalkonsul empfing eine Abordnung von Kommunisten und Sozialisten und versprach, ihre Proteste an seine Re gierung weiterzugeben. Aus dem Gerichtssaal Gefängnis für Oberleutnant a. D. Fraedrich. Das Reichsgericht verurteilte nach dreitägiger Ver handlung den 37jährigen Oberleutnant a. D. Herbert Frae drich aus Bautzen wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Aufreizung der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten zn 2fÄ Jahren Gefängnis, unter Anrechnung von 1 Jahr der Untersuchungshaft. Der Angeklagte war Mitglied des so genannten „Aufbruchkreises" und hatte in über 100 poli tischen Versammlungen als politischer Wanderredner für die umstürzlerischen Ziele der KPD. geworben.