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Burian und Westermaier sprangen heraus. In auf. wallender Freude umarmte der junge Pilot seinen tapferen Gefährten. Sie waren gerettet. Vorläufig gereitet, denn in den unwirtlichen Gegenden Labradors war es noch «immer zweifelhaft, ob und wann sie auf menschliche An- «siedlungen stoßen würden. Proviant besaßen sie fast gar keinen mehr, da man sich nur mit wenia Lebensmitteln versorgt hatte. * » * Jity zcyreckte Eva aus einem wirren Lraum auf. Was i war? Das Licht brannte im Zimmer, während der .grauende Morgen sich durch das Fenster stahl. Da kam ihr die Bedeutung. Nach der Aufregung dieses Abschiedstages war sie eingeschlafen. Beschämt richtete sie sich auf. Ein Blick nach der Uhr überzeugte ste, daß bald Wieder die ersten Nachrichten über den Flug würden ver breitet werden. Thomas mußte bereits das Festland er reicht haben. Sie eilte zum Apparat und hörte den Wecker. Sollte sie schon eine Nachricht verpaßt haben? Es mußte doch bald die neue Meldung kommen. Richtig, da räusperte sich > Za bereits jemand. Gespannt lauschte das junge Weib. »Meine Damen und Herren! Wir sind leider auch jetzt j «och nicht in der Lage, weiteres Material über den Ver lauf des Fluges zu geben, da seit Mitternacht keine Nach- j richten eingelaufen sind. Die amerikanischen Küsten- fiationen erwarten die Flieger bereits seit Stunden ohne ' Erfolg. Dagegen meldet man von einem schweren Sturm ' an der Küste Neufundlands, der schon längere Zeit in , unverminderter Stärke anhält. Ob die Flieger dem Sturm f ausgewichen sind, ist leider nicht feststellbar. Wir kommen ' tn einer Viertelstunde wieder." Entgeistert starrte Eva in das Rohr des Lautsprechers. ' Ja aber, das war doch nicht möglich. In Kombinationen darüber, Wie der Geliebte dem Sturm würde ausgewichen i sein, verbrachte ste die nächste Viertelstunde. j Der Ansager im Rundfunk bedauerte abermals, nichts von dem Verbleib des »Sturmvogel" berichten zu können. Nichts? Wieder nichts? Auf einmal kam die bange Ahnung wieder, die ste über den Aufregungen des ver gangenen Tages und den erfreulichen Rundfunknachrichten des letzten Abends fast vergessen hatte. Und wieder verging eine Mertelstunde' und noch eine — und noch eine. Der junge Tag war bereits an- ' gebrochen. Die Herbstsonne schickte ihre ersten Strahlen tn dos Zimmer, in dem ein junges Weib, von haltlosem Schluchzen geschüttelt, auf dem Ruhobett lag und hin und wieder einen zaghaften Blick nach dem Lautsprecher sandte. Die alte Emma war ins Zimmer getreten und hatte zu trösten versucht. Aber die unbeholfenen Worte der Alten, konnten keinen Trost bringen. Gegen Mittag verbreitete der Rundfunk folgende Meldung: „Die Regierung der Vereinigten Staaten hat vor einigen Stunden an sämtliche Küstenstationen dis An weisung erlassen, auch über die geringste Beobachtung, die mit dem Fluge in Zusammenhang gebracht werden kann, sofort zu berichten. Sämtliche telegraphischen Auskünfte waren negativ. Nur Neufundland berichtet noch immer von dem Anhalten des Sturmes, dessen Zentrum auf der Fluglinie liegt. Da der.Sturmvogel' bereits seit Stunden j überfällig ist, nimmt man an, daß er das Festland nicht erreicht hat, sondern vom Sturm getroffen und vernichtet worden ist. Wir stehen trotzdem weiter mit Amerika tn ständiger Verbindung und werden sofort das Tages- ' Programm unterbrechen, wenn neue Nachrichten eintreffen sollten." -- - ' Für Eva stand es fest, daß Thomas sein kühnes Unter- > nehmen mit dem Tode hatte büßen müssen. Ein unsäg- j kicher Schmerz bemächtigte sich ihrer und nagte in ihrem Innern. Aeußerlich gab ste sich jetzt doch gefaßter als am Anfang. Sie hatte jetzt alles verloren, was ihr lieb war: den Vater und den Geliebten. Eip Mädchen trat ins Zimmer und meldete den Besuch Schaeffers an. Eva wollte abweisen. Gerade jetzt erschien i es ihr unmöglich, den zu empfangen, dessen Gestalt in ! ihrem Unterbewußtsein immer mit der bangen Furcht j aufzutauchen pflegte, über die ste mehrfach zu Thomas ; gesprochen hatte. . ! l Aber noch bevor ste die Anweisung erteilen konnte, daß j ste jetzt keinen Besuch empfange, stand Schaeffer in der Tür des Zimmers. i ! »Entschuldigen Sie bitte, gnädiges Fräulein, wenn ich dem Mädchen auf dem Fuße gefolgt bin. Aber ich glaubte, daß ich im anderen Falle eine Ablehnung zu gewärtigen hätte. Und ich möchte mich doch mit einem Menschen über diese furchtbare Situation aussprechen, in der ich als Freund so unsagbar leide." Eva schaute erstaunt auf. Das Gesicht Schaeffers war noch bleicher als sonst. ES schien, als ob auch er die Nacht durchwacht hätte. Seine Augen drückten großen Schmerz aus. Eva kannte deck ihr sonst wenig sympa- thischen Menschen kaum wieder. Durch seine jetzige Ver- fassung wurde ste fast gerührt. Sie glaubte, daß die aus- gebliebenen Nachrichten Schaeffer so mitgenommen hatten. « Freundlich wies sie ihm daher einen Stuhl an. Schaeffer wußte, daß er die Rolle eines betrübten Freundes gut gespielt hatte. Ein triumphierendes Gesühl bemächtigte sich seiner. Er mußte jetzt der Lage gewachsen bleiben. Er sprach zu Eva von seinem unverrückbaren Ver trauen auf die kühne Erfindung des Freundes. Er hätte es geschafft, zweifellos geschafft, wenn nicht unüberwind liche Naturkräfte sich kurz vor dem Ziel entgegengestemmt hätten. Er erhob den Freund über alle seine Bekannten, flocht geschickt einige Erlebnisse aus ihrer gemeinsamen Jugendzeit in seine Worte. Kurz, er verstand es, die Ab neigung Evas zu zerstreuen. Als sie ihm zum Abschied die Hand reichte, wußte er, daß er wieder seinem Ziel einen Schritt nähergekommen war. Ein spöttisches Lächeln auk v-n Sivven, verließ er das Zimmer. Nachdem Burian und Westermaier ihrer ersten srn». digen Genugtuung über die Rettung Ausdruck gegeben, gingen sie daran, zu untersuchen, was von dem „Sturm vogel" noch übriggeblteben war. Sie stellten schon nach oberflächlicher Prüfung fest, daß die Maschine außer dem Bruch des Fahrgestells kaum ernstlichen Schaden erlitten hatte. Leider war das kein Trost sür ste, da ein Aufstieg ohne das Gestell unmöglich war, ebenso eine Reparatur. Ferner ergab auch eine Nachprüfung des Benzintanks, daß kein Tropfen dieses unentbehrlichen Stoffes mehr vorhanden war; er hatte seinen Weg durch die kreisrunde Oeffnung gefunden, die zuzustopfen der brave Wester maier tn der ersten Freude über die Landung auf festem Boden ganz vergessen hatte. Beide untersuchten dann die Ursache jener Oeffnung. Lange Zeit blieb ste ihnen unerklärlich. Plötzlich stieß Burian eigen überraschten Laut aus und wies auf eine gleich große Oeffnung am Boden unter dem Loch des Benzintanks. Man beklopfte die stelle, die einen hohlen Klang von sich gab. Mit dem vorhandenen Werkzeug war die Er höhung bald beseitigt. Zu seinem Entsetzen sah Burian dort ein kleines Gebilde, daS einer Teufelsmaschine in Liliputformat ähnelte. Die nähere Untersuchung ergab, daß es sich um eine sinnreiche Konstruktion handelte, die aus einem Uhrwerk und einer Ars Pistole bestand. Ihm als Ingenieur war jetzt sofort die Sachlage klar. Es war ein Anschlag auf ihn und das Flugzeug verübt worden. Der Anschlag folltß ihst-treffen, als der »Sturm- vogel" etwa die Mitte deS Ozeay» erreicht hatte. Das war von dem Zifferblatt des winzigen Uhrwerks abzulesen. Durch einen glücklichen Zufall mutzte das WerL eine Zeit lang zum Stillstand gekommen und erst später wieder durcb eine Erschütterung in Gang geraten sein. (Fortsetzung folgt.)