Volltext Seite (XML)
Veila-e zur „Weißeritz-Teitung" Dienstag, am 7. August 1934 Nl.182 100. Jahrgang KickckrA bleibt Leiitschlii«bs emiM ZchiGm! Trauersitzung des Reichstages Die Stunde des Abschieds naht. Umflorte Fahnen flat tern in allen Straßen und Gassen. Von den Türmen klagen mit ehernem Ton die Glocken. Eine ganze Welt neigt sich in Ehrfurcht vor einem Großen, der sein irdisches Wallen voll endet hat, vor einem Manne, der das Schicksal eines ganzen Volkes auf seine Schultern nahm, der es still und freudig, demütig und fromm, treu und tapfer trug, so schwer es auch sein mochte: „Bis zu meinem letzten Atemzuge wird die Wiedergeburt Deutschlands meine einzige Sorge, der Inhalt meines Bangens und Betens sein." Ein ganzes Volk aber steht in diesen Stunden ver härmten Herzens und mit tränennassen Augen vor seinem Bild. Ein ganzes Volk sieht nicht den Lorbeer der Ehren, die Kaiser und Könige vor ihm, dem Toten, ausbreiten. Es sieht nicht die schwarzumflorten Fahnen aller Nationen dieser Erde, die halbmast gesetzt sind. Es sieht nicht einmal die flatternden Lichter, die tröstlich und hoffungsreich um ihm erstrahlen. Ein ganzes Volk sieht nur sein Bild, das es im Herzen trug, seit dieser Mann der Retter seines Vater landes war. Es sieht mit einem Male die Runen, die der Harm um dieses Volkes Ehre, Freiheit und Leben in dieses majestätische Antlitz grub. Es sieht die Augen, die in unendlicher Liebe und Güte jedem seines Volkes entgegen leuchteten und die nun für immer geschlossen sind. Es sieht und spürt im dumpfen Schmerz: hier ist unser aller Vater von uns gegangen. Denn er war unserl Trauer liegt über dem Deutschen Reichstag und seiner Umgebung. In allen Anfahrtstraßen bilden SS., SA., der Arbeitsdienst und Abordnungen aller anderen Verbände Spalier. Vor dem Gebäude weht uns Trauer entgegen. Hohe mit Girlanden umwundene Masten tragen die Flaggen des Reiches halbmast. Die ganze Fassade ist mit dunklem Grün verdeckt am Sims mit weißen Blumen, Lilien, um säumt am Fuße blauweiß abgetönte Hortensien. Das Halb rund des Eingangs ganz mit Flor bedeckt: ein gewaltiger Baldachin. Das Grün, Schwarz und Weiß umrahmt auch die Vorhalle, worin der riesige Kranz des Diplomatischen Korps auf einer Staffelei ruht. Der große Saal ist ge dämpft durch die mit Flor und Kränze behangenen Kron leuchter und Lampen. Die Brüstungen der Ränge, Türen und Spiegel, alle sind florbedeckt. Die Logen mit schmalen Lorbeerzweigen eingerahmt. Das riesige Rund, der Sitz der Reichsregierung, ist rückwandig völlig umflort. Die Fah nen des Reiches schimmern niatt hindurch. Die Reihen der Regierungsbänke tragen ein Fries weißer Lilien. In einem dunklen Beet umgeben von weißen Lilien steht, vor dem Rednerpult, die riesige weiße Büste des verstorbenen Reichs präsidenten von Hindenburg. Scheinwerfer beleuchten sie, kein Blick kann sich von ihr wenden. Zwei groß Wachslichter zu beiden Seiten geben der Trauer Ausdruck. Zwei Trauer weiden neigen sich von den Schlußstücken des Ranges herab. Hinter einer Wand von Tannen und lebenden Blumen steht Chor und Orchester. Gedämpft klingen die Trauermelodien durch den von dem schweren Duft der Lilien durchwehten Raum. Stimmung tiefster Trauer atmet alles in diesem Raum, umfängt die Menschen, die hier versammelt sind, Abschied zu nehmen von einem großen Toten, von einem Großen des Reiches. Zu der Trauersitzung des Reichstages konnte nur für ge'adene Gäste Zutritt erfolgen. Außer den Reichstagsab- aeardneten waren Abordnungen aller Stände und Orga nisationen, der Beamtenschaft, der Reichswehr, der Arbeits front, der Wirtschaft usw. eingeladen worden. Die Anfahrt der Gäste begann bereits gegen 11 Uhr. Dem Krollgebäude gegenüber hatten eine Ehrenkompagnie der Reichswehr so wie Abordnungen der Landespolizei, der Feldjäger, der Flieger, des Arbeitsdienstes und ein SA-Sturm Aufstellung genommen. Aijf dem Königsplatz hatte eine große Volks menge sich eingefunden, um dem Trauerakt beizuwohnen, der durch Lautsprecher auf dem Platz übertragen wurde. Um N12 Uhr war der Saal bereits dicht besetzt. Die Abgeordneten waren fast ausschließlich in ihren braunen und schwarzen Parteiuniformen erschienen, während auf den Tribünen der schwarze Anzug überwog. In der Diplo matenloge hatte das Diplomatische Korps unter Führung des Apostolischen Nuntius Orsenigo vollzählig, zum Teil mit Damen, Platz genommen. Punkt 12 Uhr erschien Reichskanzler Adolf Hitler, von der Trauerversammlung stehend mit erhobener Hand be grüßt, im Saale, um mit dem Kabinett am Regierungs- tisch Platz zu nehmen. Der Reichskanzler trug ebenfalls die braune Uniform. Neben ihm nahm der bisherige Vizekanz ler von Papen Platz. Daran schloßen sich Reichsaußenmini ster von Neurath, der Stellvertreter des Führers, Minister Heß, und die übrigen Kabinettsmitglieder. An den weite ren Regierungstischen hatten die Minister der deutschen Länder und die Staatssekretäre des Reiches und der Länder Platz genommen. Vor den Abgeordnetenplätzen waren drei Stühle aufgestellt, die von Oberst von Hindenburg und Gattin und Staatssekretär Dr. Meißner eingenommen wur den. Kurze Notizen Der Polizeipräsident von Berlin von Levetzow hat mit Genehmigung des preußischen Staatsministeriums und auf Anregung des Oberbürgermeisters der Hauptstadt Berlin den Platz vor dem Brandenburger Tor in Hindenburg-Platz umbenannt. Der Amtsleiter des Amtes für Volkswohlfahrt bei der Obersten Leitung der PO. hat den Dienststellen der NSV. genehmigt, anläßlich des Todes des Reichspräsidenten an Stell« von Kranzspenden gestiftete Beträge für Wohlfahrts- zwecke entgegenzunehmen. Auf ein Gesuch des deutschen Abgeordneten im Dänischen Reichstag, Pastor Schmidt-Modder, an den dänischen Justiz minister hat dieser die Erlaubnis erteilt, daß die Deutschen in Nordschleswig am Tage der Beisetzung des Reichspräsi denten mit den deutschen Farben aus halbmast flaggen können. In französischen radikalsozialistilchen Kreisen find gegen wärtig Bestrebungen im Gange, zwischen rechts und links eine Mittelpartei unter Führung der Radikalsozialisten zu schaffen. Der aus der Faschistischen Partei ausgeschlossene früheres Staatssekretär im Innenministerium, Arpinati, ist zu fünf! Jahren Verbannung verurteilt worden. Reichstagspräsident Göring eröffnete die Trauer sitzung und begrüßte insbesondere die Vertreter der auswär tigen Mächte, die Verwandten des Generalfeldmarschalls und die übrigen geladenen Gäste sowie die Mitglieder des Reichstages. Das ganze Haus erhob sich von den Plätzen. Der Präsident stellte fest, daß sich der Deutsche Reichstag zum Zeichen des Andenkens und der Trauer von den Plä tzen erhoben habe. Die Trauerfeier selbst wurde elngeleitet durch die Co- riolan-Ouvertüre von Beethoven, die das Staatsorchester unter Leitung von Professor Heger zum Vortrag brachte. Nachdem die Musik verklungen ist, erteilt Präsident Göring dem Führer und Reichskanzler das Wort. Reichskanzler Adolf Hitler betritt die Tribüne und wendet sich zunächst an den trauernden Sohn des verstorbenen Reichspräsiden ten. Dieser erhebt sich und dankt dem Führer mit dem deutschen Gruß. Moll Wer tiefbewegt, hielt folgende Rede: Herr und Frau von Hindenburgs Verehrte Trauergemeinschaft! Abgeordnete, Männer des Deutschen Reichstags! Seit Monaten litten wir unter einer schweren Sorge. Die Kenntnis von der Erkrankung des hochehrwürdigen allen Herrn erfüllte Millionen deutsche Herzen mit innerer Ban gigkeit um das Leben eines Greises, der uns mehr war als nur das Staatsoberhaupt. Denn dieser Mann, den seit nunmehr bald 87 Zah?eq