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Der erste Satz hat einen vorwiegend energischen Charakter, den die Solovioline gleich zu Beginn mit ihrem durch die Triole bestimmten Thema betont. Den zweiten Satz leitet sic mit einem innigen F-Dur-Gesang ein. Der dritte Satz verarbeitet Anregun gen aus dem Volkstanz. Er ist in Rondoform gehalten, das Hauptthema hat die kraft volle Rhythmik des Furiants, für den die Gegentakt-Betonungen charakteristisch sind, während im weiteren Verlauf eine Dumka, ein melancholisches Lied, als lyrische Episode eingeschaltet wird. Über die Bedeutung Dvoraks urteilt Hermann Sirp in seiner kürzlich erschienenen Biographie des Meisters: „Eine der reichsten und ursprünglichsten Begabungen unter den Erweckern des völkischen Musikdenkens im 19. Jahrhundert hatte die Augen für immer geschlossen. In den Ruhm, Schöpfer der nationaltschechischen Musik zu sein, teilen sich im wesentlichen Smetana und Dvorak. Das Verdienst, der tschechischen Musik die Weltgeltung erkämpft zu haben, gebührt Dvorak allein.“ Konzertierend leicht und unbeschwert ist das sinfonische Haupt werk, die Achte Sinfonie Ludwig van Beethovens. Und doch möchte man davor warnen, sie als ein Nebenwerk abzutun. Im Gegenteil. Sie ist im Bild der neun wichtig, wie sie für das Porträt Beethovens wichtig ist. Sie zu kennen und richtig einzuschätzen bedeutet, Beethoven richtig zu kennen und nicht einseitig zu verzeichnen. Man hat diese Sinfonie mit Recht einen „Triumph des Humors“ genannt. Es ist ein Zeugnis für das rheinische Blut in Beethoven, sie entspringt jenem leichten Sinn, die den Rheinländer vor anderen deutschen Stämmen auszeichnet. Das gilt vor allem für die drei ersten Sätze. Der erste beginnt mit einem kleinen Spiel zwischen Violinen und Klarinette, einem zärtlichen Geplauder. So leicht und locker dieses Hauptthema ist, an ihm kann man ablesen, was „Einfall“ und „Ver arbeitung“ bedeuten. Wir sind nämlich in der glücklichen Lage, bei Beethoven zu wissen, wo der Einfall aufhört und die Arbeit beginnt. Er hat uns in seinen Skizzen büchern ein kostbares Gut hinterlassen, in ihnen können wir nachlesen, wie er seine Einfälle geformt, wie er um seine Themen gerungen hat. Und gerade dieses scheinbar so leichte Thema dieses ersten Satzes der Achten Sinfonie ist nicht auf den ersten Anhieb, sondern erst nach vielen Skizzen und Entwürfen so geworden, w r ie es heute vor uns steht. In dieser „Sinfonie der guten Laune“ ist für einen ernsten, langsamen Satz kein Platz. Beethoven ersetzt ihn durch ein „Allegretto scherzando“, er nimmt das Scherzo vorweg. Es ist ein witziges, frohgemutes Plaudern, mit dem er uns da unterhält. Das Thema entnahm Beethoven einem Musikstück, das er an Mälzel, den Erfinder des Metronoms, jenes tickenden Tempozeigers, gerichtet hat. So etwas wie Uhrenticken steckt in diesem zweiten Satz, den man die „vielleicht kostbarste Miniatur unserer sinfonischen Literatur“ genannt hat. Der dritte Satz ist dann, dem ganzen Charakter der Sinfonie entsprechend, ein Menuett, wie in der Haydnschen Sinfonie. Es klingt wie ein etwas derber Bauerntanz, der im Trio, dem Mittelteil, eine volksliedhafte Episode einschließt. Es ist ein Zwie- gesang zwischen den Hörnern und der Klarinette — eine instrumentale Färbung, die in uns den Gedanken an das Ländliche, an Bauernmusik, an Tanz und Gesang unter der Dorflinde auf kommen läßt. Auch im vierten Satz herrscht der leichte Ton vor. In das Geigengeraschel kichern Flöten und Oboe hinein. Dann aber kommt ein fremder Ton hinein, auf einen kurzen Augenblick scheint die Stimmung umzuschlagen, so, als ob mitten in einem rauschenden Fest voll Lebenslust und Lebensfreude am Fenster ein bleiches, von Elend zermürbtes Gesicht auftauchte, ein Gespenst. Aber es dauert nur einen Augenblick, das fremde, todtraurige Gesicht verschwendet wie w r eggew r ischt, und das Fest nimmt seinen Fortgang. Dr. Kail Laux. L. van Beethoven: Achte Sinfonie M/0252