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Eine der Leidensstation der deutschen Operngeschichte — sie ist reich daran, angefangen bei dem unersetzlichen Verlust der ersten Oper, Schützens „Daphne“ — wird mit diesem Werk bezeichnet. Denn diese „Euryanthe“, die nach dem Willen ihres Schöpfers das „große, alle Künste einende deutsche Musikdrama“ werden sollte, von der Weber selbst sagte, sie sei „ein rein dramatischer Versuch, seine Wirkung nur von dem vereinigten Zusammenwirken aller Schwesterkünste erhoffend, sicher wirkungslos, wenn ihrer Hilfe beraubt“; gerade dieses Werk sollte nie auf der Bühne heimisch werden, sollte immer des Zusammenwirkens aller Schwesterkünste entbehren müssen. Schuld daran ist die Unzulänglichkeit des Textbuches, der man immer wieder erfolglos aufzuhelfen suchte. Robert Schumanns Urteil über die Oper gilt heute noch: „Geschwärmt haben wir wie lange nicht. Die Musik ist noch viel zu wenig erkannt und anerkannt. Es ist Herz blut, sein edelstes, was er hatte; ein Stück Leben hat ihm die Oper gekostet — gewiß. Aber auch unsterblich ist er durch sie. Eine Kette glänzender Juwelen von Anfang bis zum Schluß. Alles höchst geistreich und meisterhaft. Die Charakteristik der einzelnen, namentlich Eglantinens und Euryanthens, wie herrlich — und wie klingen die Instru mente! Aus der innersten Tiefe sprechen sie zu uns. Wir waren noch ganz voll davon, sprachen noch lange darüber ...“ Einen Begriff von der dramatischen Schlagkraft der Weberschen Musik zur „Eury- anthe“ erhält man beim Anhören der Ouvertüre, die zu den beliebtesten Konzertstücken geworden ist. Ist auch der Stoff der Oper in ein französisches Gewand gekleidet, so ist der Charakter des Werkes dennoch deutsch; die Welt des deutschen Rittertums wird in ihm beschworen. Gleich im ersten, marschmäßig stolzen Thema, aber auch im zweiten, das von der Liebe Adolars zu Euryanthe kündet, ein Thema von echt W eber scher Einprägsamkeit und Volkstümlichkeit, eines von jenen, das — wie den „Jungfern kranz“ aus dem „Freischütz“ — die Schusterjungen auf der Straße pfiffen. Die Durch führung wird von einem Fugato eingeleitet, dessen Thema unverkennbar aus Thema Nr. 1 gewonnen ist. Beide Themen werden verarbeitet, der Abschluß wird durch das glanzvoll gesteigerte zweite Thema herbeigeführt. Mit der „Akademischen Festouvertüre“ bedankte sich Johannes Brahms bei der Universität Breslau für die Verleihung der philosophischen Ehrendoktorwürde. Trotz des vorwiegend heiteren Charakters, der mit der Verarbeitung der Studenten lieder „Was kommt dort von der Höh’“ und „Gaudeamus“ gegeben ist, glüht mit der Benutzung des Liedes „Ich hab mich ergeben“ der vaterländische Gedanke in hellen Flammen auf. Ja mit seinem Moll-Anfang scheint Brahms betonen zu wollen, daß es ihm um Höheres geht als um eine heitere Revue von Studentenliedern. Ihre kunstvolle Bearbeitung, die „Mischung von Vergangenheit und Gegenwart, Ernst und Fröhlich keit, Wehmut und Übermut“ (Niemann) haben es mit sich gebracht, daß dieses „Ge legenheitswerk“ längst Allgemeingut unserer Sinfonieprogramme geworden ist. Anton Dvorak, der hervorragende tschechische Komponist, der sich der besonderen Förderung von Johannes Brahms erfreute, ist vor allem mit seinen Instrumentalkonzerten in unseren Kon zertsälen heimisch geworden. Mit seinem Cellokonzert und diesem Violinkonzert in a-moll, das er im Jahre 1879 schrieb. Es erschien 1883 im Verlag Simrock, dem Brahms-Verlag, und wurde im Oktober dieses Jahres in Prag von dem Geiger Franz Ondricek zum erstenmal gespielt. Auffallend an dem dreisätzigen Werk ist die Tatsache, daß der erste und der zweite Satz ineinander übergehen, wobei der erste zugunsten des zweiten etwas verkürzt er scheint. Man ersieht daraus, daß es dem Komponisten gerade auf den zweiten Satz und seine aus dem Volkslied gespeiste Melodik ankam. Als sich der musikalische Berater des Verlages damals für eine Erweiterung des ersten Satzes aussprach, wehrte sich Dvorak mit aller Heftigkeit dagegen. Anton Dvorak: Violinkonzert a-moll Johannes Brahms: Akademische Festouvertüre K. M. v. Weber Ouv. zu »Euryanthe"