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Veila-e Mr „VeGeritz-Zeitu^ Dienstag, am 24. Juli 1934 100. Jahrgang Nr. 170 Kurze Rottzen Der Reichspräsident hat dem Geheimen Regierungsrat Professor Dr Adolf Schmidt in Gotha anläßlich seines 74. Geburtstages den Adlerschild des Reiches mit der Widmung Aem verdienstvollen Forscher und Gelehrten" verliehen. Der Führer der Reichsschaft der Studierenden, Andreas Feickert, hat den bisherigen Stellvertretenden Reichsführer der Deutschen Fachschulschäft, Herm. Ziegler, zum Führer die ser Selbstverwaltungsorganisation der Fachschüler ernannt. Nach einer Meldung aus Tokio wurde der frühere japa nische Handelsminister Baron Nakajima unter der Anschul digung der Beteiligung an einem Bankenskanüal verhaftet. Kleiner WeLtspiegel Im Amsterdamer Hafen ist eine polnische Flottille einqelauscn. die sich aus dem Transportschiff „Wilja" und drei Unterseebooten zusammensetzt. Die polnischen Kriegsschiffe werden sich einige Tage im Amsterdamer Hafen aufhalten. Anläßlich der Anwesenheit der deutschen Kriegsschiffe fand in "Riga ein Gottesdienst in der deutschen reformierten Kirche statt, an dem die gesamte Schiffsbesatzung teilnahm. Am heutigem Dienstagnachmittag verläßt die zweite deutsche Mincnsuchflottille wieder den Rigaischen Hafen. Auf dem Roten Platz in Moskau sand die Beisetzung Dow- galewskis statt. Bei einer Trauerkundgebung sprach u. a. Volks kommissar Litwinow. Das Diplomatische Korps wohnte den Feier lichkeiten bei. Die Urne wurde in der Krcmlmauer beigesetzt. Die französische Regierung hat dem Bölkerbundssekretariat Mitteilung von dem Beitritt Brasiliens zum Briand-Kellogg- Kricgsächtungspakt gemacht. Allerlei Neuigkeiten Ministerialrat Haeckel ertrunken. Bei einer Bootsfahrt auf dem Templiner See ist der langjährige Ministerialrat und Wirkliche Geheime Kriegsrat Georg Haeckel, ein Neffe des berühmten Naturforschers, ertrunken. 14 Jahre lang hat Haeckel dem Rechnungshof des Deutschen Reiches ange hört. Im Kriege war er Korpsintendant im Osten und später Armeeintendant auf verschiedenen Kriegsschauplätzen. Die Leiche ist bisher noch nicht aufgefunden worden. Tödlich verunglückt. Der Kreisamtswalter Görlitz der Reichsbetriebsgemeinschaft 8, Druck, Martin Reich-Görlitz, ist tödlich verunglückt. Er wollte mit einem Arbeitskamerä- den der Bezirksleitung Schlesien, Amtswalter Scholz-Bres lau, nach Muskau fahren. Bis Weihwasser benutzten sie den Zug. Da sie dort nicht sofort Anschluß nach Muskau hatten, kamen sie der Aufforderung eines Herrn nach, der sie im Kraftwagen nach Muskau bringen wollte. Auf der Fahrt wurde das Auto an einem unbewachten Kleinbahnüber ganz vom Zuge erfaßt und zertrümmert. Kreisamts walter Reich wurde so schwer verletzt, daß er bald darauf im Cottbuser Krankenhaus starb. Auch der Fahrer wurde mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliesert, während Amtswalter Scholz nur leicht verletzt wurde. Zwei Todesopfer eines Autounglücks. Auf der Land straße von Ronnenberg nach Ihme (Landkreis Hannover) verunglückte ein Personenkraftwagen aus Bamerode, der die Mitglieder eines Kegelklubs vom Steinhuder Meer heim fahren sollte. Der Kraftwagen fuhr in einer Kurv« gegen «inen Baum. Während das Auto selbst in Trümmer ging, trugen die Insassen schwere Verletzungen davon. Der Satt lermeister Ernst Thymian und der 40jährige Karl Wuelfing fanden auf der Stelle den Tod. Der Fahrradhändler Hein rich Ebeling aus Hannover wurde schwer verletzt. Drei andere Personen kamen mit leichteren Verletzungen davon. Großfeuer in Brake. In den Anlagen der Holzhand lung Gebrüder Schultze in Brake brach nachts ein Brand aus, der in dem aufgestapelten Holzmaterial reiche Nahrung fand und bald einen ganzen Straßenzug gefährdete. Durch das Feuer sind der Schuppen der Holzhandlung, zwei Wohn häuser, ein« ehemalige Fabrik, eine Gastwirtschaft und einige andere Holzschuppen vernichtet worden. Doppelabsturz ln den Bergen. Der Regierungsrat Dauer und der Studienprofessor Wallner aus Kempten, die eine Höfats-Besteigung unternommen hatten, wurden in Oberstdorf seit Donnerstag vermißt. Nunmehr sind die bei- Len Touristen, gute Bergsteiger, als Leichen aufgefunden worden. Eine Bergungsexpedition ist abgegangen. Die Lei chen konnten aber noch nicht zu Tal gebracht werden, da noch weiteres Seilmaterial herbeigeschafft werden muß. Tribüneneinsturz bei einem Kinderfest. Bei einem Kin derfest in Fives bei Lille in Frankreich stürzte eine mit Zu- schauern überladene Tribüne ein. Bier Kinder wurden schwer und zwölf leichter verletzt. Französisches Militärflugzeug abgestürzt. Bei einem Uebungsfluasind zwei Reservisten-Unteroffiziere über dem algerischen Flugplatz Blida aus 300 Meter Höhe abgestürzt. Der MG.-Unteroffizier kam ums Leben, der Pilot erlitt einen doppelten Beinbruch. 250 Hitzeopler in Amerika Aew gork, 23. Juli. Die Gesamtzahl der infolge der anhaltenden erbarmungslosen Hitze ln den Bereinigten Staa ten ums Leben gekommenen Personen ist aus 250 gestiegen. Dabei bestehen vorläufig keinerlei Aussichten auf eine bal- tüge Abkühlung. Gewaltige Unwetterscha-en Zwei Todesopfer, vier Verletzte durch Blitzschlag. Bei einem Gewitter, Las über dem Waldenburger Bergland niederaing, wurden in Jauer drei vom Baden heimkommende Kinder vom Blitz getroffen. Ein Kind war sofort tot, die beiden anderen wurden verletzt. Ueber Pömbsen (Kr, Jauer) ging ein schweres Gewitter nieder, das zwei Bauern und einen zu Besuch dort weilenden Stu denten bei einem Spaziergang über die Felder überraschte. Ein Blitz tötete den Iungbauern Haering und verletzte den Bauern Reinert schwer, während der Student leichtere Verletzungen davontrug. Bahnstrecke unterspült. ' Der Damm der Bahnstrecke Bad Tennstedt—Straußfurt in der Nähe des Bahnhofes Schwerstedt wurde durch die Wassermassen eines wolkenbruchartig niedergegangenen Gewitters an drei Stellen auf 200 Meter Länge unterspült. Die Strecke ist unbefahrbar. Der Personenverkehr zwischen Bad Tennstedt und Straußfurt wird durch Kraftwagen auf rechterhalten. Man hofft, den Betrieb in kurzer Zeit wieder aufnchmen zu können. hagelunwelter über Rheinhessen. Ueber Rheinhessen ging ein schweres Hagelunwetter nieder, das großen Schaden anrichtete. Ungeheure Wasser massen, die die Weinberge herunterströmten, überfluteten die Bahndämme und machten die Straßen unpassierbar. In Nierstein wurden die Keller unter Wasser gesetzt. Der Schaden in den Weinbergen ist sehr groß. Freiwillige Feuerwehr, SA. und Arbeitsdienst waren bald zur Stelle, um wenigstens die Bahnstrecke Nierstein—Nackenheim vom Geröll freizulegen. Warschau noch nicht außer Gefahr. Trotzdem die Flutwelle um zehn Zentimeter gesunken ist, bleibt di? Lage in der Gegend von Warschau und beson ders von Wilanow auch weiterhin sehr ernst. Man rechnet damit, daß die Deiche in der Nähe von Wilanow den Wassermassen nicht standhalten werden. Zwei Kompagnien Infanterie sind in das gefährdet« Gebiet beordert worden. In der südlichen Weichselniederung hat die Flut während ver legien «Stunden wieder zu steigen begonnen. Der Raba-Fluß ist um 50 Zentimeter gestiegen. Der Dunajec steigt fortwährend weiter. Die Weichsel ist in der Nähe von Sandomir über di« Ufer getreten. Ein Gebiet von etwa acht Kilometer Ausdehnung wurde unter Wasser gesetzt. Wolkenbruch und Orkan in der Tschechoslowakei. Ueber der tschechoslowakischen Bezirksstadt Nagy Szöllös und Umgebung ging ein heftiges Gewitter, verbunden mit wolkenbruchartigem Regen, Haaelschlag und orkanartigem Sturm nieder. Das Gewitter forderte ein Todesopfer, 12 Schwerverletzte und einen Leichtverletzten. Außerdem wur den riesige Schäden in den Weingärten, an den Obstbeständen und an den Tabakfeldern angerichtet. Fast alle hölzernen Tabaktrocknungsschuppen wurden weggefegt. Das Haus ei nes Weinbergwärters wurde durch gewaltige Wassermassen zerstört, die große Strinblöcke mit sich führten. Ein drei Monate altes Kind ist ertrunken; die Frau und zwei Kinder wurden schwer verletzt. Auf einem Großgrundbesitz suchten 5 Arbeiter und die Frau eines Verwalters Zuflucht in einem Tabakschuppen, der unter der Wucht des Sturmes zusam menbrach. Alle sechs Personen wurden durch die nieder stürzenden Balken schwer verletzt. Schwere Weinbergschäden Südwesi-Irankrelchs. In Südwest-Frankreich sind wolkenbruchartige Gewit terregen niedergegangen. Im Gironde-Departement hat «in Hag«lunwett«r verheerenden Schaden in den dortigen Wein bergen, Obst- und Gemüsegärten angerichtet. In der Ge gend von Villeneuve-sur-Lot ist ein Zyklon niedergegangen, dem ein Hagelunwetter folgte. Die Hagelschicht lag bis zu 8 Zentimetern hoch. Ein Teil der Wein- und Obsternte wurde vernichtet. Der Sachschaden soll 12 Millionen Francs betragen. Gewilkersturm über London. Ein heftiger Gewittersturm von beinahe tropischer Stärke tobte über den südlichen Vorstädten Londons. In vielen Bezirken siel wolkenbruchartiger Regen und verwandelte die Straßen in wahre Flüsse. Es gab viele Kellerüberschwem mungen und Verkehrsstörungen. Eine Fischfangbombe explodiert Mailand, 24. Juli. In Pulsano, einem Fischerdorf bei Taranto, forderte ein ungewöhnlicher Unglücksfall fünf Men schenleben. Als Hegen Mitternacht der Fischer di Cesario mit seiner Frau und drei Söhnen in seinem Hause saß, um die Fanggeräte, unter denen sich auch selbstoerfertigte Bomben befanden, wie man sie leichtfertigerweis« vielfach zum Fisch fang benutzt, in Ordnung zu bringen, explodierte eine der Bomben. Die Explosion war so stark, daß das Haus und ein Nachbarhaus einstürzten. Unter den Trüm mern fand man den Fischer und zwei seiner Söhne als Leichen. Seine Frau und ein dritter Sohn wurden noch lebend geborgen. In dem eingestürzten Nachbarhaus fand man die Frau und die Tochter des Hausbesitzers tot unter den Trümmern. Die jüngste Mutter der Wett Indien, das Land der Klnderehen, hat in bezug auf Mutterschaft Altersrekorde aufgestellt, denen weite Kreise der Welt einfach verständnislos gegenüberstehen. Aber auch für Indien ist jetzt ein Rekord In bezug auf das Mutterschastsalter festzustellen, der selbst in jenem großen Lande Aufsehen erregte und die Wissenschaftler beschäftigte. Es bat nämlich in Neu-Delhi ein 616 jähriges Kind einem Knaoen das Leben gegeben. Als das Kind seiner Nieder kunft entgegensah, wurde es von einigen Aerzten sorgfältig untersucht. Es tauchten Zweifel an der Möglichkeit einer derartig frühen Schwangerschaft sogar im Lande der Kinder ehen auf, und man äußerte die Ansicht, daß das Kind viel leicht älter sei als die Verwandten behaupteten. Es wurde aber einwandfrei festgestellt, daß die junge Mutter tatsäch lich am 8. Oktober 1925 geboren worden war und daß sie genau sechs Jahre und acht Monate alt war als ihr Kind das Licht der Welt erblickte. Die Geburt des Babys des Kindes ging in einem Hospital im Juni 1932 vor sich. Führende indische Aerzte, die seither die junge Mutter und ihr Kind ständig beobachtet haben, stellten fest, daß dies der früheste bisher in der ganzen Welt vorgekommene Fall von Mutterschaft gewesen sei. Dagegen hat es sich in In dien bereits verschiedentlich ereignet, daß Mädchen im Alter von 11 oder 12 Jahren Mutter geworden sind. Auch außer halb Indiens sind sehr vereinzelt Fälle besonders früher Mutterschaft registriert worden. Ek lebt von leinen AnWen Den Beruf eines „Unfall-Opfers" hatte sich in Lissabon ein „findiger" Mann ausgesucht. Dieser aus der Entwick lung des Kraftfahrwesens entstandene verbrecherische Neben- trieo hatte sich in Lissabon bereits für eine ganze Anzahl von Kraftfahrzeugbesitzern recht kostspielig bemerkbar ge macht. Der Erfinder dieses neuen „Beruses" stellte sich in der Nähe verkehrsreicher Punkte -er Stadt so auf den Bür gersteig, daß er ohne Gefahr für sich selbst jederzeit „vor einen Kraftwagen sollen" konnte. Dabei holte er sich aller dings fast regelmäßig einige Hautabschürfungen. Er erklärte dann aber dem Automobilbesitzer, daß er ihm keine weiteren Säzerereien bereiten würde, wenn ihm ein gewißer Geld betrag ausgehändigt würde. Da die portugiesische Gesetz gebung eine Bestimmung enthält, wonach ieder Kraftfahrer, der in einen Unfall verwickelt ist, In Haft genommen wird bis die Klärung des Unfaes erfolgt, haben die mei sten Kraftfahrer dem berufsmäßgen „Unfall-Opfer" die ge- wünlcht« Zahlung gern geleistet. Als kürzlich aber ein Kraftfahrer mit Zeugen nachweisen konnte, daß das „OZer" sich absichtlich in den Weg warf, konnte der „findige" Por tugiese gefaßt werden. Dillinger in Wlago erschossen Er halte sich gerade einen verbrecherfilm angesehen. Chicago, 23. Juli. Rach einer amtlich beslätiglen Mel dung ist der berüchtigte Bandit llohn Dillinger vor dem „Blogra-Theater" im Rordvlertel Chicagos nachts von Po lizisten erschoßen worden. Dillinger, der sich in dem Kino einen Berbrecherfilm an gesehen hatte, sah sich beim Verlassen des Lichtspieltheaters plötzlich den Revolvern von 15 Bundespolizisten gegenüber, di« sofort auf ibn schossen und ihn mit ihren Kugeln buch stäblich durchlöcherten. Eine in der Nähe befindliche Frau wurde durch einen Fehlschuß schwer verletzt. Die Bundes polizei hatte auf die Mitteilung hin, daß Dillinger in da» Lichtspieltheater gegangen sei, alle Äusgäng« des Theater» mit Kriminalbeamten besetzt. In der Nachbarschaft des Theaters wurde dieses Treiben verdächtig gefunden und, man verständigte die Stadtpollzei davon, daß offenbar elm Ueberfall auf das Theater geplant sei. Das Mißverständnis, wurde jedoch bald aufgeklärt. Widerliche Szenen An der Stelle, wo der Bandit erschoßen worden ist, sammelten sich innerhalb von wenigen Minuten Tausende, von Neugierigen an. Da der tote Verbrecher sehr schnell! abtransportiert worden war und niemand an die Leiche her- 'angelaßen wurde, tauchten die Vordersten in der Menschen menge ihre Zeitungen in die Blutlache; andere wischten das Blut mit ihren Taschentüchern auf. Vehnliche widerliche Szenen wiederholten sich in der Leichenhalle, wo Andenken jäger und Neugierige mit der Polizei um ihr« Zulassung! regelrechte Kämpfe ausführten. Die Polizei gestattet« je» doch niemandem den Eintritt. Das Iustizamt in Washington drückte seine Genugtuung, über das rasche und entschlossene Handeln seiner Beamten, aus. Die Erschießung d«s Verbrechers bildet die Sensation, des ganzen Landes; denn es gab während der letzten Mo nate kaum einen Staat, wo dieser rücksichtsloseste aller ame» rikanischen Banditen nicht angeblich gesehen worden war.! Unter Tausenden von falschen Fährten hatte di« Bundes-!