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1. Don Juan von Ricfiard Strauß. Ein wesentlicher Zug im Charakter Richard Strauß' <geb. 1864) ist die Diesseitigkeitsfreude. Damit wird es wohl Zusammenhängen, daß er den von ihm als Führer der lebenden Tonsetzer erwarteten musikalischen Aus- druck für das Weltleid des vergangenen Jahrzehntes bis heute nicht finden konnte. Don Juan dagegen, das ist ein Thema, an dem sich seine künstle rische Eigenart entflammen konnte. Die leidenschaftlich erregten Seelenzustände Don Juans, des größten Lebensbejahers, in ihren einzelnen Phafen zu ver folgen und zu schildern: vom ersten Aufkeimen einer Liebessehnsucht bis zum Ekel und lieberdruß, ist ja auch an sich eine musikalisch dankbare Aufgabe. Strauß' Don Juan-Tondichtung (entstanden im 24. Lebensjahre des Komponisten) hat mit dem Mozartschen Opernwerk nichts gemein. Sie ist vielmehr durch Lenaus dramatisches Bruchstück angeregt. Don Juans glänzende Gestalt steht in ihrer Lebensfülle und zugleich edelmännischen Haltung durch die beiden das Werk eröffnenden Themen mit einem Schlage vor unserem geistigen Auge. Alles Weitere ist Schilderung der seelischen Erlebnisse mit den versdiiedensten Frauencharakteren: dem flehenden, zart tändelnden Weibe, der geistig höheren Frau usw. Wider stände gegen sein stürmisches Werben werden stets gebrochen. Einmal scheint sich der Ritter in Koserei und Schwärmerei selbst zu verlieren. Es folgt aber eine Aufraffung zu neuen Siegen (drittes Don Juan-Thema,- dionysisch, Waldhörner und Celli im Einklang). Doch auf dem Gipfel der Lebenskraft: plötzlich Erlahmung. „Ein Blitz aus Höhen hat tödlich meine Lebenskraft getroffen." Das Ende: Liebersättigung. 2. Violin-Konzert D=dur von Johannes Brahms. Für den berühmten Geiger Joseph Joachim hat Brahms (1833— 97) sein 1878 veröffentlichtes Violinkonzert komponiert. Es fällt auf, daß das Werk weniger virtuosen, als vielmehr streng sinfonischen Charakter trägt. Also das rein Technische beim Soloinstrument ist nicht Selbstzweck, und die Be gleitung des Orchesters ist nidit etwas Untergeordnetes, sondern Solo instrument und Orchester arbeiten jedes gleichberechtigt organisch ineinander. Der Schwerpunkt liegt sogar fast mehr im Orchester. Im ersten Satz (Allegro non troppo = nicht zu rasch) herrsdit roman tisch-ländlicher, auch behaglicher Charakter. Hörnerklang gibt dem Haupt thema die Grundfarbe. Ein freundlidi anmutendes Gesangsthema bringt Abwechslung, ebenso einige Nebengedanken sentimentaler oder auch kräftiger Art. Im zweiten Satz (Adagio = langsam) gibt die Oboe das Hauptthema an, welches die Solovioline dann abwandelt. Zartheit und Milde, Keusch heit ist der Charakter des Satzes. Der Schlußsatz (Adagio giocoso ma non troppo vivace heiter, belebt, aber nicht zu lebendig) ist in Rondoform. Ein Hauptthema A wechselt immer ab mit Nebenthemen B, C, D usw. Diese machen gewissermaßen die Runde (Rondo) um A. Schwungvoll ist das Ganze gehalten. Ungarisdie Rhythmen geben einen pikanten Reiz.