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"","" ' ' " u»-— --»> La^lgeschtchie. »--Uch««!». — Ix der gestrige» (b7.) Ple«arfttzu»g de» NetchA» t«D», welch« am BundeSrathStisch« Reichskanzler v. Ta- prwi, die Staattsekretair« Frhr. v. Marschall, v. Posa- dov-ky, v. Boetticher, die preußischen Minister Irhr. v. Berlepsch, Thielen, Dr. v. Schelling, v. Heyden, sowie sehr zahlreiche andere Mitglieder de« BundeSrathS bei wohnten, kam der Handel», und Schifffahrt»- vertrag zwi^chey, dem Reich« und Rußland zur ersten Berathung. Da» Han» ist mäßig, die Tribünen sind dicht besetzt. Der erste Redner Abg. Graf v. Mirbach (lons.) hebt zunächst hervor, daß bei Berathung de» rumänischen Han- dettvertrageS er schon auf da» Erscheinen dieser Vorlage hingewiesen habe. Eine Kontinuität zwischen beiden Ver trägen bestehe allerdings nicht, auch sei die Annahme de» rumänischen vertrage» kein Präjudiz für Annahme de» russischen gewesen; da» wäre schon damals die Ansicht der Kommission und speziell auch die des Herrn StaatSsekre- tairS Frhrn. v. Marschall gewesen. Meser Umstand er leichtere aber auch die Stellung zu der gegenwärtigen Vor lage. Eine Einwirkung auf Personenfragen liege seinen Freunden fern; dies« seren ein Vorrecht der Krone. Eine solche Einwirkung überließen sie andern Parteien. Seine Freunde ständen in scharfem Gegensatz zu der WirthschaftS- Politik des Reiches. Denselben seien aber die Linien der Abwehr gegen Männer, die im Dienste Sr. Majestät stehen, sehr eng gezogen. Seine Freunde müßten sich der grüßten Zurückhaltung befleißigen. Die Stimmen für sie im Lande seien inzwischen seit der Abstimmung von 1891 stark an Zahl gewachsen. Man habe im Lande die Annahme des rumänischen Handelsvertrages als einen Pyrrhussieg be zeichnet. So weit gehe er allerdings nicht. Bei der Han delsvertragspolitik sei noch immer viel zu viel Politik mit Wirtschaftspolitik vermengt worden. Ein Land, das uns am meisten bedroht, Rußland — er erinnere da nur an die Begründung der Militairvorlage — sollten wir nie mals wirthschaftlich stärken. Fürst Bismarck, dessen Blick ja allerdings durch den Besitz von vielen Tau senden von Aren getrübt war (Heiterkeit), habe ja sogar kurz vor Ankunft des Zaren in Berlin den russischen Papieren die Belehnbarkeit bei der Reichsbank ent zogen. Schließe man den Vertrag mit Rußland, so ver- liere unser Vertrag mit Oesterreich für Oesterreich jeden Werth. Artikel II. des Vertrages sichere unseren Ange- hörigen den Erwerb und Besitz von jeder Art von beweg lichem und unbeweglichem Vermögen in Rußland, so weit dieses Recht Angehörigen einer fremden Nation überhaupt zustehe. Aber wenn man an den Fall Hohenlohe und an die ganze Stimmung in Rußland denke, so sichere diese Vertragsbestimmung Rußland große Vortheile, während sie für uns gar keinen Werth habe. Sie werde für uns so gar geradezu verhängnißvoll werden. Auch die Eisenbahn- tarif-Zusicherungen, die wir Rußland machen, seien sehr bedenklich. Durch die Herstellung direkter Frachttarife nach den deutschen Häfen, namentlich Memel, Danzig, Königs berg, wie sie in Artikel 19 des Schlußprotokolls vereinbart sei, bekämen wir eine verschärfte Konkurrenz russischen Ge- treides. Um das zu verhindern, müßten die Worte „Durch fuhr über See" hier wiederhergestellt werden. Ein Land könne sich überhaupt nicht in der Weise sein Selbstbe- stimmungsrecht hinsichtlich der Tarife nehmen lassen. Man könne sich eines politischen Rechtes nicht so begeben zu Gunsten eines Nachbarstaates. Die Staffeltarife seien für die süddeutschen Staaten nicht so gefährlich, (??) wie diese glaubten. Aber durch vorliegenden Vertrag und die in demselben vorgesehene Eisenbahnpolitik würden allerdings auch die Süddeutschen geschädigt. Der Schade, welchen der Vertrag der heimischen Landwirthschaft bereite, sei viel größer als der Nutzen für die Industrie. Was in dem Vertrage erreicht worden, das habe die Industrie nur den Agrariern und den Gegnern des rumänischen Vertrages zu verdanken- Die Liberalen und die Industriellen hätten die Interessen der Industrie sehr ungeschickt vertreten. Habe doch ein Industrieller im Zollbeirath unvorsichtiger weise gesagt: „Ein Vertrag mit Rußland um je den Preis!" Man möge indeß nicht fürchten, daß seine Freunde im Falle der Annahme dieses Ver trages hier den Antrag stellen würden, nun auch die Jndustriezölle herabzusetzen! Käme es freilich zur Auf lösung dann würde man im Osten auch das zu erwägen haben. Wie schlimm die Lage unserer Landwirthschaft sei, habe ja auch Minister v. Heyden neulich zugegeben. Ren- tirte die Landwirthschaft, so würde das mobile Kapital sich gewiß darauf legen; aber derartige Aktiengesellschaften für Güterbewirthschaftung gebe es nicht. Wie anders dagegen industrielle Unternehmungen rentirten, das zeigen die hohen Dividenden von Maschinenbau- rc. Aktiengesellschaften. In dustrie und Landwirthschaft seien hinsichtlich ihrer Pro sperität gar nicht zu vergleichen. Em eigenthümlicher Zu- fall sei e», daß Frankreich gerade jetzt mit Zollerhöhungen vorgehe. Der Reichskanzler habe den Freunden des Redners vorgeworfen, die Majorität an Stelle der Auto rität setzen zu wollen. Aber sie seien thatsächlich darauf angewiesen, sich selbst zu helfen und sich zu organisiren. Habe doch Fürst Bismarck gesagt: „Artige Kinder fordern nichts, artige Kinder kriegen auch nichts." (Heiterkeit.) Auch Herr v. Stumm habe ja s. Z. den russischen Han delsvertrag für an und für sich bedenklich erklärt, wofern nicht der Landwirthschaft Kompensationen zugesichert wür den. Der Abgeordnete geht sodann auf Einzelheiten des Tarifs ein und bezeichnet die russischen Konzessionen als unzureichend. Ganz emminent sei inzwischen die Gefahr eines Imports russischer Jndustrievrodukte, namentlich der Textilindustrie,' auch der Eisenindustrie. Das sei aber eigentlich Sache unserer Industrie. Aufmerksam machen müsse er aber doch darauf, daß den russischen Eisenbahnen jeden Augenblick vom Staate der Bezug ausländischer Schiene» rc- verboten werden könne. Sehr bedauern müsse er ferner namentlich di« Herabsetzung de» Zoll» auf grsägte Vertier. Rach weiterer «»gehender Kritik d«S vertrage» beantragte der deutsch-konservativ« Redner schließlich die Ueberweisuna der Vorlage an eine besonder« Kommission von 28 Mit- gli«d«rn. Staat»s«kr«tair v. Marschall: Dervorr«dn«r hat meine frühere Aeußeruna erwähnt, daß die Annahme de» rumänischen Vertrage» Niemanden auch für den russischen Vertrag verpflichte. Und da» ist auch jetzt noch meine Ansicht. Auch bei diesem Vertrage hängt die Annahme nur von sachlichen Erwägungen ab. Aber die Gründe für diesen Vertrag sind durchschlagender Natur. Ohne große Poli- tische Bedenke« können wir eine« großen und mächtigen Nachbar nicht dauernd da» versagen, wa» wir Andere« ge- währt haben. Wa» die Einzelheiten de» vertrage» anlangt, so haben wir erreicht, wa» wir erreichen konnten. WaS die Eisenbahntarife anlangt, so sanktioniren wir nnr, wa» schon jetzt bestehender Zustand ist. Es ist nicht wahr, daß wer un» Rußland in Bezug auf die Etsenbahntarife unter werfen. Die Behauptung, daß vermöge dieser Tarifab machungen da» russische Getreide von Danzig oder König»- berg wieder zurückstrkmen könnte in das Innere unsere» Larwes, ist nur theoretisch richtig. Plastisch richtig nur dann, wenn man annehmen könnte, daß der Getreidetrans- Porteur sein Geld verlieren wollte. Der Herr Vorredner hat auf Frankreichs entgegengesetztes Vorgehen verwiesen. Aber ich glaube, wenn ich heute mit einem Vorschläge kommen wollte, den Getreidezoll auf 6 M. zu erhöhen, so würde ich wohl nicht Ihre Zustimmung finden. (Sehr richtig!) Es ist eigenthümlich, daß, während Rußland diese Umkehr in seiner Zollpolitik vorschlägt, wir in Deutschland solchen Angriffen ausgesetzt sind, Angriffen, welche der Vorredner heute wiederholt hat. Neues zu Gunsten dieses Vertrages noch anzuführen, ist ja nach allem Vorange- gangenen schwer, aber ich sehe zu meiner Genugthuung, daß der Vorredner in derselben Lage ist. Wollen Sie er kennen, WaS mit diesem Vertrage erreicht ist, so müssen Sie «inen Rückblick werfen auf das, was geschehen ist und was etwa noch zu erwarten wäre. Fünf Mal hat Rußland seine Zölle erhöht. Wir haben die landwirthschaftlichen Zölle mit zu dem Zwecke erhöht, Rußland ein Paroli zu bieten für seine hohen industriellen Zölle. Das Werthvollste an diesem Ver trage ist die Stabilität der Zollsätze für unsere Industrie. Man sagt, nur 140 Positionen seien gebunden. Auf diesen Vorwurf werde ich solange nicht antworten, als man uns nicht «inen Staat und einen Vertrag zeigt, in welchem der Staat alle seine Zollsätze gebunden hat. Viele von den nicht gebundenen Sätzen sind für uns unwichtig. Die für uns wichtigen Zölle haben wir in diesem Vertrage gebunden. Wenn man sagt, daß die russischen Zölle immer noch sehr hoch sind, so ist das richtig, aber — es beweist nichts. Ein Zoll von 2 Gulden in Oesterreich kann für uns pro- hibitiv sein, und ein Zoll von 10 Rubel in Rußland kann uns immer noch die Möglichkeit der Einfuhr lassen. Ich würde niemals mit Wärme für diesen Vertrag eintreten, wenn ich glaubte, er schädige die Landwirthschaft. Ich glaub« an die Continuität der Interessen von Landwirth schaft und Industrie. Aber wenn es nöthig und möglich war, 1887 die landwirthschaftlichen Zölle zu erhöhen ohne Kompensation für die Industrie, so wird es jetzt auch mög lich sein, diesen Vertrag zu schließen im Interesse der In dustrie ohne Nachtheile für die Landwirthschaft. Hat denn dieser Differentialzoll der Landwirthschaft einen Nutzen ge bracht? Nur, wenn diese Frage bejaht wird, könnte aus der Beseitigung des Differentialzolles ein Schaden für die Landwirthschaft denkbar sein. Aber diese Frage ist zu verneinen. Das Getreide hat die Tendenz, die Schutz mauer an der Stelle zu überschreiten, wo der Zollschutz am niedrigsten ist. Das Getreide, was überhaupt nach Deutschland hereinkommt, ist daher schon jetzt mit nur 3'/, M. verzollt worden. Man behauptet ja nun auch, daß wir mit russischem Getreide würden überschwemmt werden. Das mag Helleicht in früheren Zeiten zu befürchten ge wesen sein, aber heutzutage richtet sich die ganze Getteide- beweaung nach dem Weltmärkte und seinen Verhältnissen. Es ist das die Folge der modernen Verkehrsverhältnisse. Die Bewegung des Getreides ist jetzt eine internationale. Das kann nur übersehen, wer den Kopf in den Sand steckt. Aber um Solcher willen können wir nicht einen Differentialzoll ver weigern. Der Roggenpreis richtet sich nach der Gesammt- produktion, nicht nach der russischen allein. (Ruf rechts: Nein! — Rickert: Es ist doch so, auch wenn Sie zehnmal Nein sagen!) Diese Erfahrungen haben wir ja erst vor 3 Jahren gemacht, wo Rußland seine Roggenausfuhr ver- bot, und wo wir trotzdem vom Weltmärkte, von anderen Ländern, mit Roggen versorgt wurden. Ich bin von jeher «in Anhänger des Schutzzolles gewesen. Aber er ist nur ein Pallianvmittel; Hano in Hand mit demselben muß ein anderes gehen, das, was ich di« agrarische Reform nenne. Der zunehmenden Belastung der Landwirthschaft ist Ein halt zu thun und eine Entlastung anzubahnen. Daß Alles auf die Höhe des Zolles ankomme, ob 3'/, oder 5 Mk, ist eine Uebertreibung und Irreführung der öffent lichen Meinung. Es kann 3*/. M.-Zoll wirksamer sein, als ein 5 M.-Zoll, der überhaupt nicht in die Erscheinung tritt. Wir haben ja seit August einen 7'/, M.-Zoll gegen Rußland, der also doch Jhrer Ansicht nach noch viel wirk- samer sein müßte, als der 5 M.-Zoll. Trotzdem erweisen die mir vorliegenden Tabellen, daß der Pr«s seit August gefallen ist. Ferner beweisen dieselben Tabellen, daß trotz jenes 7i/, M.-Zolles der Inlandspreis in Deutschland an keiner Stelle um mehr als 3'^ M. Höber war, als der Weltmarstspreis. Sie sehen daraus, vaß der Kampf zoll Ihnen in Bezug auf den Getreidepreis nichts genutzt hat. Wenn der Vorredner von ungeheueren Rog- genvorräthen gesprochen hat, di« jetzt in Rußland liegen sollen, um nach Deutschland hereinzukommen, so ist er das Opfer eines Märchens geworden. Solche ungeheuere Rog- genvorräthe bestehen dort nicht. Verewigen Sie den Zoll- krieg, so wird der Handel ganz loyale Mittel und Wege finden zur Einfuhr von russischem Getreide. Das russisch« Getreide wird «ach andere«, meistbegünstigten Länder» ach«» und vo« dort, zu M«hl vtn»ahl««, zu u«» ko»»««, was der Einfluß de» Rubelcourse» anlauat, so geb«« doch »«b« di«s«m Rubelcours« «och «in« gar»« Reih« anderer Faktoren, welche de» Getreideprei» beeinflusse«. Ich kann Herr» von Kardorff Tabellen zeigen, welche beweis««, wr« »u gl«ich«r Zfit d«, R«b«lcour» hoch und d«r Grtr«id«pr«i» nie», rig sein kann, und umg«kehrt. E» giebt auch k«i««n Staat, welcher auf 10 Jahr« di« Gewähr «ner nicht, schwankende« Valuta gebe» könnte. Will man ein« gleitende Skala ver suchen, so muß man sich doch auch erinnern, daß L8S7,> al» wir den 5 M -Zoll eiurichtet««, der Rubel 180 stand. Da» würde heute, wo wir «inen Rubeleour» von 220 habe», ei««» Zoll von ungefähr 3'/, M bedinge». Ich bin nicht geneigt, die agrarische Strvumng leicht zu nehmen, sie weist a»f em« wunde Stelle i« unserem »irthschaftlichen Körper hi». G» wird Aufgabe de, Regierung und Aller sein, für «Haltung eine« gesunden Bauernstandes zu sorgen, und eines gesunde» Mittelstandes. Aber einer Strömung nachzugehe«, wie fie heute besteht und über deren Endziele sich die Führer wohl selber nicht klar sind (Rufe: o ja!), da« kann man vo« keiner Regierung erwarten ! Und ich glaube, die Laudvirch- chaft selbst würde dabei ein schlechtes Geschäft mache«. Ind wenn man sich von solchen Strömungen tragen läßt, dann würden unvermeidlich nachtheilige Folgen eintreten, und für diese Folgen müßten gerade dl« Kreise verant wortlich gemacht werden, die heute nicht laut genug die Nachgiebigkeit der Regierung verlangen können. Zu» Schluß sage ich meinen besonderen Dank den Männern de» Zollbeirath». Die Erfolge, die wir mit ihnen erreicht haben, werden von dauerndem Werth sein, und auch ei» dauerndes ersprießliches Zusammenwirken verbürgen. Ich bitte Sie, nehmen Sie den Vertrag an! (Beifall.) Abg. Graf v. Moltke (Rp.) führt au», «S handele sich hier vielleicht um die Existenz des ganzen Vaterlandes. Schon jetzt könne man in den Ostprovinzen Getreide nicht mehr los werden, well die Käufer den Abschluß des Han delsvertrag«» und da» Her«inström«n des billigen russische» Getreides erwarten. Es sei sehr zweifelhaft, ob der Ver trag der Industrie wirklich dauernd nütze, namentlich, wenn man die bedenklichen Rechtsverhältnisse in Rußland berück sichtige. (Sehr richtig! rechts.) Wäre der Vertrag nur auf drei Jahre abgeschlossen, so hätte ein Theil der Reichs- Partei vielleicht zugestimmt. Man sage, der Vertrag fördere den Frieden. Aber könne man denn mit einem Nachbarn auf die Dauer in Frieden leben, der eine solche Armee an- sammelt habe? (Beifall rechts). Die östlichen Provinz«» hätten in schwerer Zeit ihre letzten Groschen zur Wieder aufrichtung des BaterlandeS hergegeben; thun wir daher nichts, was diese Provinzen schädigen kann. Abg. Rickert (fr. Vgg ): Ich stimme dem Vertrage zu, weil ich den östlichen Provinzen nützen will. (Gelächter rechts.) Mit den Konservativen ist keine Verständigung möglich. Sie, Herr v. Moltke, sttmmten doch für de« österreichischen Handelsvertrag, der als Anfang alles Uebels betrachtet wird. Der russische Handelsvertrag ist die noth- wendige Konsequenz des österreichischen. Die strenge Inne- Haltung des Vertrages liegt im eigensten Interesse Ruß- lands. Früher riefen die Konservativen den Zaren Niko laus; jetzt thun sie, als wolle Caprivi das Land an die Russen verkaufen. Wäre an Stelle Caprivis Bi»- marck hier, so wäre die Sache anders. Aber da sitzt der arme Caprivi (Heiterkeit), der keinen Grundbesitz hat und von Landwirthschaft nichts versteht. Die Konservativen hemmen den Fortschritt, wie sie schon öfter thaten; sie wollen durch Ablehnung des Vertrages Herrn v. Caprivi beseitigen. Ihr ganzes Verhalten zeigt, daß sie Bismarck gar nicht verstanden haben. (Heiterkeit.) Wir begrüßen den Moment, wo Rußland in die wirthschaftliche Gemein schaft Europas eintritt. — Hierauf wird die Berathung auf Dienstag vertagt. — In der Budgetkommission des Reichstags wurde heute die Berathung de» Militäretats zum Abschluß ge bracht. Bei den einmaligen Ausgaben für Sachsen wur- den die ersten Bauraten von je 50,000 M. zum Neubau von Magazinanlagen in Leipzig und eines Kriegsarchiv» in Dresden, sowie 300,000 M. als erste Baurate für eine Garnisonkirche in Dresden gestrichen. Von der Forderung des sächsischen Etats in Höhe von 2,221,000 M. zur wei teren Beschaffung für artilleristische Zwecke wurden 750,000 M. abgesetzt. — In der nächsten Sitzung der Budgetkom mission, am Donnerstag, soll die Berathung des Marine etats beginnen. — Der „Daily Telegraph" erfährt über Berlin, für Ende März sei eine Begegnung der Kaiser von Deutsch- land, Oesterreich und Rußland mit dem Könige von Ita lien in Abbazia geplant. (?) Berlin, 26. Febr. Di« heutige Börse stand voll ständig unter dem Eindruck der Jnsolvenzerklärung der hiesigen Bankfirma Moritz Pretzsch u. Co., welche durch Cirkular mittheilt, daß sie sich gezwungen sähe, in Liqui dation zu treten, und ihr Status sich zur Zeit noch nicht übersehen lasse. Hierzu geht von dem Kommanditair Herrn A. Heegewaldt, welcher sein Kommanditkapital von 500000 Mk. verliert, die Nachricht ein, daß Herr Pretzsch, welcher kontraktlich keinerlei Spekulation eingehen durfte, durch Spekulationen sehr bedeutende Summen an der Börse verspielt habe. Die Depots sind intakt und sofort durch Herrn Heegewaldt im Verein mit einem Vertrauensmann kontrollirt worden; dieselben können sofort abgehoben wer- den. Gerüchtweise verlautet, daß 70 bis 80 Proz. Deck ung durch Aktiva vorhanden wären. Siegen, 26. Februar. Der Prozeß wegen de» Zusammenbruchs des Siegener Bankverein» hat heute be gonnen. Angeklagt sind Bankdirektor Brüggemann, Bank- kassirer Költzsch, das Mitglied des AufsichtsratHS Schröder und Kaufmann Franz wegen Unterschlagung, Bettuge», Bilanzfälschung und unerlaubten Betreibens von Differenz geschäften mit Bankgeldern, bezw. Beihülfe hierzu. Durch diese Machinationen kam das Bankunternehmen, nachdem