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zweite und vierte Satz ist dagegen langsam und ernst in seiner Aussage. Eine Eigentümlichkeit des Konzertes ist, daß die Kadenz für den Solisten kurz vor Sclduß des Werkes erscheint und gewissermaßen den Höhepunkt dar stellt. Das Orchester verzichtet auf Posaunen und Baßtuba. Ihm sind sin fonische Aufgaben gestellt.. Der Solist wird in die Gestaltung des Ganzen einbezogen, er wirkt nicht mehr als ein Einzelner, der einer Gesamtheit gegenübersteht. ‘ ‘ Im „Quatrieme Concerto de piano pour main gauche“ op. 53, im vierten Klavierkonzert für die linke Hand von Serge Prokofjew, beginnt der Solist sogleich mit dem Orchester - vivace (= lebhaft), einstimmig, non legato (= nicht gebunden) - unmittelbar an die „Technik von einer Präzision ohne gleichen“ gemahnend, die der Pariser Kritiker Rene Dumesnil dem damals berühmten Pianisten Prokof jew und seiner „ans Wunder grenzenden Virtuosi tät mit den stählernen Fingern“ nachrühmt. Bezeichnungen wie „con ele- ganza“ und „poco espressivo“ (= ausdrucksvoll) im Orchester, schließlich energischer Rhythmus in den klopfenden Achteln des Klaviers geben dem 1. Satz den Schwung und Antrieb, die immer wieder mit fortreißen. Dolce und espressivo (= weich und ausdrucksvoll) im 6 / 8 -Takt, legatissimo im Gegensatz zum non legato des ersten Satzes verleihen dem Andante des zweiten Satzes das Gepräge, in dem das Klavier metrisch immer kühner, vollgriffig und technisch geschickt mit dem Orchester rivalisiert. Das Mode rato (= - mäßig im Tempo) des dritten Satzes, des quasi-Scherzos, in dem das Klavier erst später „penseroso, senza pedale“ (= nachdenklich, ohne Pedal) einsetzt, läuft schließlich aus im vierten und letzten Vivace-Satz. Es ist ver wunderlich, daß dieses 4. Klavierkonzert noch immer Manuskript ist - vielleicht darum, daß es im Jahre 1931 in Paris (wie schon der originale französische Titel sagt) für den Sonderfall eines technisch ungewöhnlich begabten Pianisten entstand. Erst 1935 kehrte Prokofjew in seine geliebte Heimat, die Sowjetunion zurück. „Ich muß mich wieder in die Atmosphäre meines Heimatbodens einleben . . . ich muß die russische Sprache in meinen Ohren widerhallen hören, ich muß mit den Leuten reden, die von meinem eigenen Fleisch und Blut sind, damit sie mir zurückgeben, was mir hier fehlt: ihre Lieder, meine Lieder...“ -, diese ergreifenden Worte schreibt Prokofjew einem französischen Freund. Ein gleicher Welten Wanderer, der seine Heimat vor allem anderen liebte, ist Rußlands sinfonischer Klassiker Peter Iljitsch Tschaikowski. Mit seiner 4. Sinfonie will er, wie er seinem Schüler und Amtsnachfolger Tanejew schreibt, „eine Nachahmung der 5. Sinfonie Beethovens“, eine Schicksals sinfonie schaffen. In einem Brief an seine „Geliebte Freundin“ Frau von Meck gibt Tschaikowski den Inhalt dieser inzwischen klassisch und berühmt gewordenen 4. Sinfonie an, der ihn beim Komponieren bewegte: „Unsere Sinfonie hat ein Programm. Ich will versuchen, es Ihnen zu erklären. Die