welch ursprüngliche Begabung mit Rudi Stephan allzufrüh ins Grab sank. Von größter Eigenart ist in der „Musik für Geige und Orchester“ die Mischung von Elementen des Konzertanten mit denen eines rhapsodisch freien sym phonischen Stils. Holl rühmt die überaus „bewegliche Orchestertechnik“ Stephans, aber auch die von einem Thema ausgehende Entwicklung des Melodischen und die reiche Begabung auf formalem Gebiete fordern unein geschränkte Bewunderung. Oft scheint es, als sei der spätere Weg Arnold Schönbergs nicht nur angedeutet, sondern schon vorweggenommen. Einstein hatte Recht, als er Stephan einen der „frühen Pfadfinder der deutschen Neuen Musik“ nannte. Bereits 1915, am 29. September, fiel Rudi Stephan bei Tarnopol: Ein Werdender, ein Frühvollendeter, der ein gutes Stück musikalischer Zukunft mit ins Grab nahm. Wir wollen ihn und seine Musik nicht vergessen. Im Gesamtwerk Max Regers nimmt das Liedschaffen einen verhältnismäßig breiten Raum ein: Reger komponierte weit über 200 Lieder für Gesang und Klavier, von denen er ein Dutzend ungefähr auch für Orchester bearbeitete. Hinzu kommen mehrere Duette mit Klavier, etwa 20 Lieder mit Begleitung von Orgel oder Harmonium sowie 10 Duette mit Orgel. Gesänge mit Orchester kennen wir nur zwei: „An die Hoffnung“, (op. 124) und „Hymnus der Liebe“ (op. 136), entstanden zwei Jahre vor des Meisters Tod: In den Sommermonaten des Jahres 1914 vollendete Reger in kürzester Zeit eine erstaunlich große Zahl bedeutender Werke, u. a. die bekannten „Mozart- Variationen“, das „Klavierquartett“ (op. 133) und die in acht Tagen geschrie benen „Telemann-Variationen“ (op. 134). 12 Tage danach, am 27. August, setzte er bereits den Schlußstrich unter seinen „Hymnus der Liebe“ für Bariton (oder Alt) und Orchester (op. 136), zutiefst bewegt vom Inhalt des textlichen Vorwurfes aus der Dichtung „Vom Geschlecht der Promethiden“ von Ludwig Jacubowski. Wir Hörer von 1956 haben allerdings von dem mystischen Überschwang der zeitverhafteten Dichtung merklich Abstand gewonnen. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum Regers „Gesang an die Hoffnung“ nach Fried rich Hölderlin weit mehr aufgeführt wird als der Orchestergesang nach Jacubowski. Reger widmete den „Hymnus der Liebe“ seinen Freunden „Fritz und Gretel Stein zur Erinnerung an Meran 1914.“