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ERLÄUTERUNGEN $ Beethovens „Neunte“. \ Dem Musikfreund bedeutet eine Aufführung der 9. Sinfonie immer k eine außergewöhnliche, künstlerische Feier. Die Beliebtheit des genialen Jr Werkes datiert erst seit der denkwürdigen Vorführung durch Richard X Wagner in Dresden (1846), 22 Jahre nach der Wiener Uraufführung \ (7. Mai 1824). Die erste Dresdner Aufführung hatte 1838 unter Reissigers \ Leitung in einem Armen-Konzert der Hofkapelle im Palais des Großen Gartens v stattgefunden. Die Zeitgenossen Beethovens (1770—1827) und auch das X nächste Geschlecht fand an der Sinfonie aber noch wenig Gefallen. Beet- X hoven, den Klassiker, verstand man, der mit seiner „Fünften“ eine ganze h Entwicklungsepoche der Instrumentalmusik zum Gipfel geführt hatte (So- Y naten- oder Sinfonieform von den Mannheimer und Wiener Vorläufern X bis zum leuchtenden Dreigestirn Haydn-Mozart-Beethoven). Beethoven, $ den Romantiker, den Eröffner neuer Wege, den formfreien Beethoven der I letzten Streichquartette, der Missa solemnis, der 9. Sinfonie, den konnte man noch nicht gleich verstehen. Sogar ein anerkannter Meister, wie der Komponist Spohr, sah in der „Neunten“, deren Schlußsatz menschliche Stimmen erklingen läßt, nur — „eine Entgleisung eines Genies“. Beethoven war fast völlig ertaubt, als er die „Neunte“ schrieb, außer dem von anderer Krankheit und von Sorgen um seinen Neffen heimgesucht. Schwere, dumpfe Stimmung lastet auf dem ersten Satz (Allegro ma non troppo. Un poco maestoso = nicht zu rasch, erhaben). Berühmt ist die ge heimnisvolle Einleitung und Vorbereitung des Hauptthemas durch die leeren Quintschritte. Wagner schrieb für seine Aufführung eine Erläuterung des ganzen Werkes und kennzeichnete den Charakter der einzelnen Sätze mit Worten aus Goethes „Faust“ sehr treffend, denn die „Neunte“ ist ja ein Abbild faustischen Ringens, eines Grübelns, welches sich bis zu einem alle Fes seln sprengenden Freudentaumel durchringt. Ober den ersten Satz schrieb Wagner: „Entbehren sollst du, sollst entbehren“. Dem zweiten Satze (Molto vivace, Presto = sehr lebendig und schnell) gibt er die Worte „Von Freude sei nicht mehr die Rede, dem Taumel weih’ ich mich, dem schmerzlichsten Genuß“. Der ganze Abschnitt ist ein grandioses Scherzo. Der Humor ist ja eine der großen Seiten Beethovenscher Kunst. Hätte er nicht Humor, also heitere Weltanschauung besessen, wie hätte er sonst sein schweres Schicksal ertragen können? Äußert sich sein Humor in der achten Sinfonie in naiver Weise, so hier im zweiten Satze der „Neunten“ fast dämonisch. Das Adagio (3. Satz, langsam) ist ein inniger breitaus- geführter Gesangssatz. „Sonst stürzte sich der Himmelsliebe Kuß auf mich herab in ernster Sabbatstille, da klang so ahnungsvoll des Glockentones