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ERLÄUTERUNGEN. I. VIVALDI Concerto grosso „La Primavera“ (Der Frühling). Vivaldi, der als vorklassischer Instrumentalkomponist bahnbrechende italienische Zeitgenosse Bachs, hat in seinen Konzertkompositionen gerne tonmalerische Wirkungen gesucht. So will er, nach seiner eigenen Angabe, in diesem „Der Frühling“ betitelten Konzert folgendes schildern: Beginn des Früh lings, Vogelgesang, Murmeln des Quells, Blitz und Donner, Hirtenszene und Tanz der Hirten und Nymphen. II. MOZART Violinkonzert A dur. Mozart schrieb dieses Konzert Ende 1775 zu eigenem Gebrauch. Dem ersten Satz geht ein Prä ludium voraus, das durch eine überraschend eintretende Adagio-Episode der Sologeige abgeschlossen wird. Dann entwickelt sich der Satz in bekannter klassischer Sonatenform mit melodiösen Themen und fröhlich beschwingter Stimmung. Das an zweiter Stelle folgende E-dur-Adagio hat ein einziges, Haydn ab gelauschtes Gesangsthema, das, von feinem Zierwerk umrankt, geruhsame Entwicklung findet. Der dritte Satz ist nicht wie sonst meist ein Rondo, sondern ein Menuett, allerdings in sehr breitem Ausbau, aber doch ganz die Form und den Charakter dieser alten Tanzform wahrend. Das „Trio“ des Menuetts freilich wandelt dem Herkommen zuwider die ungerade zur geraden Taktart und nimmt den Ton ungarischer Volksmusik an. Gerade dadurch fällt es als die interessanteste Episode des ganzen Finales auf. III. BRAHMS Symphonie Nr. 1 in c moll. Als gereifter Künstler, mit 44 Jahren hat Brahms seine 1877 vollendete erste Sinfonie geschrieben. So tut sich in dem Werk kraftvolle Männlichkeit kund, die den Kampf mit dem Leben kühn aufnimmt und siegreich durchführt. 1. Satz. An der Spitze steht eine langsame Einleitung (Un poco sostenuto). Leidenschaftlich drängende chromatische Motive über einem starren, drohenden Orgelpunkt geben ihm sowie der Stimmung des ganzen ersten Satzes das charakteristische Gepräge. Das eigentliche Allegro beginnt mit einem weit geschwungenen Thema der Violinen im Tone ungebändigter Kraft und trotziger Energie. Allmählich sänftigt sich die Bewegung und mit dem in den Oboen einleitenden zweiten Thema gewinnt eine weichere Stimmung die Oberhand, die indessen rauh durch Töne des alten Trotzes abgebrochen wird. Vorwiegend im Zeichen dieses Trotzes steht auch die Durchführung. Wohl klingen flehend und beruhigend Elemente des zweiten Themas herein, wohl scheint die Bewegung zweimal in atemversetzendem Pianissimo gleichsam zu erstarren; immer wieder rafft sich die leidenschaftliche Kraft empor, die zuletzt zu einem Ausbruch wildester Erregung führt, in der der drängende Ausdruckscharakter der langsamen Einleitung mächtig gesteigert wiederkehrt; damit ist der Höhepunkt erreicht, es schließt sich die Reprise des ersten Teiles an, die nach einer weiteren Steigerung in Ermattung endet: das sostenuto der langsamen Einleitung klingt nochmals an, diesmal wehmutsvoll verhallend. 2. Satz. (Andante sostenuto E-Dur.) Eine edle, weich empfindsame, leicht im Ohr haftende Melodie der Violinen bildet das Hauptthema. Ihm tritt ein aus einem langen Halteton und spielerischen Sechzehntelfigureri bestehendes Holzbiäsermotiv als Gegensatz zur Seite; daneben fehlt es auch nicht an herberen Akzenten, die an die leidenschaftliche Stimmungswelt des ersten Allegros gemahnen. Zuletzt übernehmen mit ausdrucksvollem Gesang eine Solovioline und ein konzertierendes Horn die Führung und bringen den Satz in friedsamer Abklärung zu Ende. 3. Satz. (Un poco Allegretto, As-Dur.) Ein zartes, graziöses Klarinettenthema über Pizzicato bässen gibt die gemessen-fröhliche Grundstimmung an. Die Violinen nehmen die Melodie auf und lösen sie in punktierte Rhythmen und fein durchbrochene Bewegung auf. Dann stimmt die Klarinette ein zweites Thema an, das aber mit seinen übermäßigen Sekunden eine Trübung der Stimmung bringt. Ein in terzverwandtem H-Dur stehender Mittelteil kehrt zunächst mit seinem feinen klanglichen Wechsel spiel von Streichern und Bläsern ins Reich der Grazie zurück, schlägt zuletzt aber einen fast leidenschaftlich heftigen Ton an. Die die Grundtonart As-Dur wieder aufnehmende Coda faßt die verschiedenen Emp- findungswelten nochmals kurz zusammen und läßt sie in einem überraschend herbeigeführten zarten Schluß erklingen. Das Finale beginnt wieder mit einer langsamen Einleitung (Adagio, C-Moll), die auf die umdüsterte, verhalten-leidenschaftliche Stimmung des Anfangs der Sinfonie zurückgreift und Motive des nachher ein tretenden volkstümlichen freudigen Hauptthemas in eigentümlich zwielichtartiger Beleuchtung vorweg nimmt. Nach einem jähen Fortissimo-Abschluß lockt über geheimnisvoll gedämpftem Streichertremolo ein Hornruf ins Reich der Romantik (Andante, C-Dur). Dann setzt der schnelle Hauptsatz (Allegro, C-Dur) mit einem sonoren, volksliedmäßigen Sang der Violinen ein. Seine Stimmungsverwandtschaft und selbst technische Ähnlichkeit mit der Freudenmelodie in Beethovens „Neunter“ ist oft beobachtet worden, ln der Entwicklung wird er durch kontrastierende Zwischensätze unterbrochen, in denen neben kräftiger Heiterkeit auch innige und elegische Stimmungen Ausdruck finden. Die Durchführung verflicht diese Gedanken in reicher kontrapunktischer Arbeit. Am Höhepunkt klingt überraschend plötzlich wieder der Hornruf aus der Einleitung herein, den Sturm der Gefühle beschwörend und einem jubelnden Schluß ent gegenführend, der mit einem dithyrambisch gesteigerten Piu allegro im Charakter eines Siegesgesangs ausklingt. — h — PREIS —.50 RM. 60 JAHRE DRESDNER PHILHARMONIE Jubiläums-Festschrift, herausgegeben von Dr. Kurt Kreiser PREIS —.50 RM. Zu haben an der Saalkasse, bei den Kontrolleuren, bei F. Ries, Seestr. 21, und im Geschäftszimmerder Dresdner Philharmonie