Als Ludwig van Beethoven 1809 den Auftrag bekam, eine Bühnenmusik zu Goethes „Egmont" zu komponieren, sagte er mit Freuden zu. In übergroßer Bescheiden heit meinte er: „Ich habe ihn bloß aus Liebe zum Dichter geschrieben!" Die Liebe zu Goethe und zu seinem dramatischen Werk ist aus jeder Zeile, aus jeder Note zu spüren. Die Ouvertüre ist zweifellos das bedeutsamste Stück dieser Bühnenmusik und gilt auch heute noch als eine der populärsten Schöpfungen Ludwig van Beethovens. Leider wurde die Musik nach den ersten Aufführungen durch höfische Intrigen so gut wie totgeschwiegen, und allein E. T. A. Hoffmann erkannte die Größe der Musik und schrieb begeisterte Worte darüber: „Jeder Ton, den der Dichter an schlug, klang in seinem Gemüte, wie auf gleichgestimmter, mitvibrierender Saite wider, und so bildete sich die Musik, die nun wie ein aus strahlenden Tönen ge wobenes, leuchtendes Band das Ganze durchschlingt und verknüpft." Die gleichen Gedanken sprach Beethoven selbst in konzentriertester Form in einem Briefe an Goethe aus: „Wie durch Sie gedacht, gefühlt und in Musik ge geben 1" Bei diesem Werk dürfen wir mit gutem Gewissen die Worte des Dichters mit der Musik gleichsetzen, denn Wort und Musik, Inhalt und Ausdruck sind nicht zu trennen und prägen letzten Endes auch die Form. Und so sind alle Voraussetzungen für das Prädikat „klassisch" gegeben. Unter den zahlreichen Serenaden Wolfgang Amadeus Mozarts ist die in G-Dur, im Köchelverzeichnis unter der Nummer 525 herausgegebene „Kleine Nachtmusik“, gewiß die bekannteste und populärste geworden. Die fünfstimmige Streicherserenade entstand Mitte August des Jahres 1787 in Wien. Die vier Sätze erinnern an die Form der Sinfonie: Der erste schnelle Satz ist in der Sinfonie- und Sonatenform geschrieben, der langsame Satz wurde von Mozart als variierte Romanze komponiert, an dritter Stelle steht das übliche Menuett, und den Beschluß bildet - wie gewöhnlich in der damaligen Zeit - ein Rondo, das im Falle der „Kleinen Nachtmusik" allerdings von Elementen der Sonatenform gestreift wird. In erster Linie hat wohl der heiter-humorvolle Grundklang des Werkes dazu bei getragen, daß es eine solch ungewöhnliche Popularität erreichte. Die Schallplatten- Fassungen sind kaum mehr zu überblicken. Außerdem wird das Werk in den vielfältigsten Besetzungen gespielt, vom Klavier vierhändig bis zu den stillosesten Bearbeitungen. Die fünfstimmige Streicherbesetzung ist im Grunde wenig geeignet, ihre Aufgabe als Freiluftmusik zu erfüllen, aber auch inhaltlich gehört die „Kleine Nachtmusik" mehr zur reinen Kammermusik als zur Ständchenmusik des 18. Jahrhunderts. Ihr fehlt, wie es Hans Mersmann einmal treffend formuliert hat, „die Luft der Straße". Klanglich überwiegen in der Originalbesetzung für Streicher die dunklen Instrumentalfarben, vor allem durch die Aufspaltung der Baßlinie in Cello und Kontrabaß. Die schönen Worte Werner Egks scheinen für die „Kleine Nachtmusik" geschrieben zu sein: „Nichts spielen die Instrumente freiwilliger und lieber als Mozarts Musik; das Äußerste, was ein guter Spieler tun kann, ist, sie nicht zu hindern." Die fünfte Sinfonie, B-Dur, von Franz Schubert wurde 1816 komponiert und im gleichen Jahre zum erstenmal aufgeführt. Das Werk ist eine Art Hausmusik, übertragen auf die kleine Besetzung eines Orchesters mit Streichern, 1 Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotten und 2 Hörnern. Schuberts „Fünfte" gehört als Musiziersinfonie mehr zum 18. als zum 19. Jahrhundert. Erster Satz: Keine Einleitung, aber dennoch ein viertaktiger „Anlauf" zum Haupt thema. Und dann läuft alles schulmäßig ab und doch so heiter, beschwingt und gefällig, daß man am liebsten mitmusizieren möchte. Schwingender 6 ,s-Takt be stimmt den Ablauf des zweiten Satzes mit seiner Folge A-B-A-B-A und Koda. Schubert singt auf den Instrumenten, schwärmerisch und zugleich volksliedhaft innig. Alle Liebhabermusikanten schätzen diesen Satz. Und doch: wie blüht er auf, wenn er von einem Meisterorchester wie der Dresdner Philharmonie gespielt wird. Ungewöhnlich die Molltonart des Menuetts mit seiner schroffen Melodik. Dafür ist das Trio um so pastoraler gehalten und erinnert ein wenig an Joseph Haydn, während die Tonart g-Moll des Menuetts fast an Mozarts g-Moll-Sinfonie denken läßt. Zufall ? Wer weiß es ? — Auf alle Fälle verbindet hier Franz Schubert die klassische Welt Mozarts mit der Zukunft der Brucknerschen Welt, die 40 Jahre später in Erscheinung treten sollte. Der letzte Satz wird manche Liebhaber der Hausmusik leicht ins Schwitzen bringen, denn er will gespielt sein! Sonatenform mit der klassischen Ordnung der Tonarten, und doch mehr als Klassik: eben Schubert mit allen Vorzügen und Schönheiten seiner romantischen Welt. Das reizvolle Werk wurde von einem Liebhaberorchester im Hause des Burg theatermusikers Otto Hadwig in Wien zum erstenmal gespielt. Als Peter Tschaikowski in den Monaten Mai bis August 1888 an seiner 5. Sinfonie arbeitete, wurde er oft von Stimmungen des Zweifels und der Resignation über fallen: „Ist es nicht an der Zeit aufzuhören? Habe ich nicht meine Fantasie überanstrengt? Ist die Quelle nicht versiegt?" Nach der Petersburger Urauffüh rung am 5. November 1888 war der russische Meister überzeugt, daß seine „Fünfte" ein mißglücktes Werk sei. Tschaikowski irrte. Durch den Abstand der Zeit wurde eine gerechte Wertung möglich: Die „Fünfte" bedeutet im Schaffen Tschaikowskis einen glanzvollen Höhepunkt. Sie steht gleichberechtigt neben der „Symphonie pathetique"; ja, es gibt sogar Stimmen, die meinen, daß die „Fünfte" überhaupt die bedeutendste Sinfonie ist, die Tschaikowski je geschrieben hat. Wie dem auch sei: Tschaikowskis 5. und 6. Sinfonie bilden einen Gipfelpunkt vollendeter Sin- fonik im 19. Jahrhundert. Mit einer langsamen Einleitung wird der erste Satz eröffnet. Diese Melodie - in allen Sätzen als treibende Kraft wiederkehrend - stellt gleichsam eine Art Schicksalsmotiv dar, über das der Komponist in einem Brief an seine mütterliche