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ZUR EINFÜHRUNQ W. A. Mozart (1756—1791) schrieb im Jahre 1783, als er sich auf der Heimreise von Salzburg nach Wien befand, bei einem kurzen Aufenthalt in Linz für den Grafen Thun in aller Eile eine Sinfonie in C-Dur, die aus diesem Anlaß nun die Linzer Sinfonie genannt wird. Sie ist ein Beweis für die einmalige Begabung Mozarts und für sein Genie, das fast un unterbrochen und für jede Gelegenheit und für jeden Auftrag Musik produzieren konnte. Sie beginnt mit einer langsamen pathetischen Ein leitung, die so sehr chromatisch und angefüllt mit Dissonanzen ist, daß seine Zeitgenossen Mozart als einen „Dissonanzenjäger“ ansahen, der „Eisen in den Ohren“ haben sollte.' Der erste Satz ist lebhaft und freudig, ein wunderbarer Glanz strahlt von ihm aus. Die zwei Themen sind klar und eindeutig voneinander unterschieden. In diesem Satz steckt ein über ragendes handwerkliches Können. Der zweite (langsame) Satz schlägt trotz seiner lieblichen, melodiengesegneten Haltung schon einige Töne an, die Beethoven später aufgreift und in ihrer Düsterkeit verstärkt. Das schlichte, immer volkstümliche Menuett bringt eine Melodie, die später in der Zauberflöte von neuem voii Mozart verwendet wird. Der Schluß satz (Presto, also mit höchster Geschwindigkeit zu spielen) ist wiederum; in der Sonatenform, also mit zwei kontrastierenden Themen komponiert worden, wobei Mozart eine Menge kontrapunktischer Künste einge arbeitet hat. Es ist kaum vorzustellen, daß in zwei bis drei Tagen Mozart dieses Werk geschrieben haben soll. Aber solche Beweise höchster Schaffenskraft gab er in seinem kurzen Leben viele. W.A. Mozart (1756—1791) schrieb seine Klavierkonzerte für den eigenen Gebrauch. Sie waren für sein pianistisches Auftreten in der Öffentlichkeit bestimmt. Wie es Mozart schon von früher Jugend an Freude bereitete, öf fentlich mit eigenen Werken zu konzertieren, so setzte er auch in Wien diese Tätigkeit bis wenige Jahre vor seinem Tode rege fort. Immer wieder ist er in dieser musikfreudigen Stadt in Adelspalästen, in reichen Bürger häusern oder in öffentlichen „Akademien“, die hauptsächlich in der Fasten zeit, wenn Opern- und Schauspielhäuser geschlossen waren, in, freien Theater räumen stattfanden, als Interpret des eigenen Schaffens anzutreffen. Seine Konzerte fanden stets regen Zuspruch. Die Reize des Persönlichen und Virtuosen, die bei dem Konzertieren eines Komponisten mit eigenen Wer ken Zusammentreffen, sicherten auch Mozart die besondere Anteilnahme des Wiener Konzertpubiikums. Seine öffentlichen Konzerte waren daher für ihn stets auch eine wesentliche Einnahmequelle. Das in den Konzert sälen seltener anzutreffende Klavierkonzert in Es-Dur (K.V. 482) gehört zu jener Gruppe von 15 Klavierkonzerten, die in den schaffensreichen Jahren zwischen der „Entführung aus dem Serail“ und „Figaros Hochzeit“ ent standen. Es wurde im Jahre 1785 komponiert und noch im Dezember des gleichen Jahres von Mozart selbst zum ersten Male öffentlich gespielt. In seiner ernsten Lieblichkeit, seinem anmutigen Wechselspiel zwischen den Bläsern und dem Soloinstrument, in seiner eindringlichen Orchestersprache überhaupt, gleicht dieses Anmut mit Würde paarende Konzert fast einer Sinfonie mit konzertantem Klavier. Es hat als eine der herrlichsten Kom positionen jener von schweren Existenzsorgen, aber auch von einem kühn vorwärtsstrebenden Lebensgefühl gekennzeichneten Jahre zu gelten, in denen Mozart durch die schwierigen äußeren Verhältnisse seiner jungen Ehe gezwungen war, mit seinen pianistischen Fähigkeiten öffentlich zu glänzen und durch eigene Konzerte seine materielle Lage zu verbessern. Wohl erwächst angesichts dieser gespannten Lebenslage auch das Es-Dur- Konzert auf einem ernsten Untergründe, der immer wieder in elegischen 1