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EINFÜHRUNG Friedrich Smetana: „Die Moldau“. Sinfonische Dichtung- für großes Orchester aus „Mein Vaterland“. Der erste Viatastrom — Waldjagd — Mondschein — Nymphenreigen — St.-Johann-Stromschnelle — Der breiteste Strom Vlatas. Zwei Quellen entspringen im Schatten des Böhmer waldes : die eine warm sprudelnd, die andere kühl und ruhig. Die lustig in dem Gestein dahinrauschenden Wellen derselben vereinigen sich und erglänzen in den Strah len der Morgensonne. Der schnell dahineilende Wald bach wird zum Flusse Vlata, der, immer weiter durch Böhmens Gaue dahinfließend, zu einem gewaltigen Strome anwächst. Er fließt durch dichte Waldungen, in denen das fröhliche Treiben einer Jagd immer näher hörbar wird und das Waldhorn erschallt, er fließt durch wiesenreiche Triften und Niederungen, wo unter lustigen Klängen ein Hochzeitsfest mit Ge sang und Tanz gefeiert wird. In der Nacht belustigen sich dieWald-und Wassernymphen beim Mondenschein auf den glänzenden Wellen desselben, in denen sich die vielen Burgfesten und Schlösser als Zeugen ver gangener Zeiten widerspiegeln. In den Johannisstromschnellen braust der Strom durch die Katarakte sich windend und bahnt sich gewalt sam mit schäumenden Wellen den Weg durch die Felsenspalte in das breite Flußbett, in dem er mit majestätischer Ruhe gegen Prag weiter dahinfließt, bewillkommnet vom ehrwürdigen Vyschrad, worauf er in weiter Ferne vor den Augen des Tondichters verschwindet. * Das, was wir vorläufig von Aram Chatschaturian, einem lebenden Komponisten Rußlands, kennen gelernt haben, ist so bedeutend, daß wir ihn mit Recht unter die führenden Musiker der Gegenwart zählen müssen. Sein Klavierkonzert hatte einen so mitreißenden Schwung, ein so ausgesprochen rus sisches Gepräge, einen Zug von so unverbrauchter Wildheit und Kraft, von einer so strotzenden Ge sundheit, daß es wohl bisher als das beste Beispiel für die neue russische Musik zu gelten hat, die mit dem Anspruch zu uns gekommen ist, den müde und verspielt werdenden Komponisten der westlichen Welt neue Impulse und frisches Blut zuzuführeü. Diese Aufgabe erfüllt das 1946 geschriebene Konzert für Violoncello und Orchester auf seine Weise ebenso. Wenn sich auch das Violoncello an Kraftentwick lung mit dem Klavier nicht messen kann, wenn es sich auch seiner ganzen Art nach mehr dem elegisch melodiösen Gesang zuwendet, so verführt das leiden schaftliche Temperament Chatschaturians ihn im ersten Satze dazu, mit dem Orchester wie bei einem wilden ungezügelten Steppenritt davonzubrausen. Das Cello ordnet sich virtuos ein. Der sparsam in strumentierte zweite Satz (Andante sostenuto), der ebenso wie alle neue Musik, impressionistische Einflüsse nicht verleugnen kann, in dem die Streicher das tragende Element sind, gibt dem Cello viel Ge legenheit, seine gesanglichen Eigentümlichkeiten zu